Jakobsweg mal wieder

von: Fricka

Jakobsweg mal wieder - 09.07.12 16:06

1. Tag

Ein Sonntag, schon eher Mitte als Anfang Mai. Ursprünglich wollten wir mal im April los. Aber es kam immer wieder etwas dazwischen. Gar nicht so einfach, sich für einen solchen Langzeiturlaub freizuschaufeln. Aber endlich haben wir es geschafft. Naja, mittags kommen wir los.

Die Räder haben wir gerade erst gebraucht gekauft. Sie sind zehn Jahre alt. Den Kettenverschleiß habe ich gemessen. Das muss noch reichen. Ansonsten sind die Räder ganz in Ordnung. Wir haben nicht viel dran geändert. Einen veralteten Nabendynamo ausgetauscht. Einen Lenker. Meine guten Vorsätze, vorab zu trainieren, ein paar Pfunde zu verlieren, das Fahrrad ordentlich auszuprobieren – ging alles unter, in der vielen Arbeit, die noch anfiel. Na gut, dann findet das eben unterwegs statt. Geht auch.

Wir starten in Mainz Castel, das, wie jeder weiß, zu Wiesbaden gehört, also rechtsrheinisch liegt. Zunächst einmal geht es den Rhein-Radweg entlang. Weil Sonntag ist und dazu schönes Wetter, ist alles, was laufen kann draußen unterwegs, so dass wir nur langsam vorankommen. Macht nichts. An die neuen Räder mit der schweren Beladung müssen wir uns erst gewöhnen. Wir haben Zelt und alles, was man sonst so braucht, dabei. Kochen werden wir unterwegs auch selbst.

Das schöne Wetter ist nur eine kurze Phase. Die letzten Wochen war es gleichbleibend schlecht und das soll laut Wetterbericht auch so bleiben, so dass es keinen Sinn macht, die Abreise zu verschieben. Es ist nicht besonders warm. Dafür regnet es ununterbrochen. Auch jetzt drohen dunkle Gewitterfronten am Himmel. Wir fahren zunächst mal kurzärmlig, wenn auch langhosig. Und sind optimistisch, während wir um die zahlreichen Pfützen kurven.

Die Räder rollen, wie sie sollen. Das ist doch schon mal was. Aber kaum haben wir Wiesbaden hinter uns, macht das Wetter ernst. Wir können uns gerade noch unter das Dach einer Tankstelle flüchten, als ein heftiges Gewitter losbricht. Wir setzen uns dort auf eine Bank und packen unsere belegten Brote aus.

Nach dem Gewitter nieselt es ausdauernd. Mal mehr mal weniger. Wir ziehen unsere Regenjacken über und fahren weiter. Immerhin haben die Sonntagsausflügler jetzt ihre Unternehmungen abgebrochen und der Radweg gehört uns. Zügig radeln wir bis zur Fähre in Rüdesheim. Auf der Fähre werden wir zum ersten Mal auf unsere Muscheln angesprochen. Man hält uns eine Standpauke. Mit Sicherheit hätten wir keinerlei religiöse Motivation. Insofern sei unser Unternehmen eine Unverschämtheit. Da wir keine Lust haben, unsere religiöse Motivation mit einer wildfremden Frau auszudiskutieren, lassen wir das mal so stehen. Die Überfahrt ist sowieso bald vorbei. Wir fahren durch Bingen und biegen in den Naheradweg ein. Immer noch auf sehr vertrautem Terrain. Den Nahe-Radweg kennen wir gut. Und von Bingen bis Bad Kreuznach gefällt er uns nicht besonders. Der Dauerregen macht das nicht gerade besser.

Bis Bad Münster am Stein kommen wir zügig voran. Hier könnten wir auf den dortigen Campingplatz gehen. Wir beschließen aber, noch weiterzufahren. So wird es schon langsam dunkel, als wir am Campingplatz in Monzingen auflaufen. Dort gibt es Holzhütten, die kaum mehr kosten als die Zeltübernachtung. In Anbetracht des Dauerregens und der triefenden Landschaft erscheint uns das ziemlich verlockend. Wir finden dort zwar ein Dach zum Unterstellen, aber niemand, der uns weiterhelfen könnte. Theoretisch, laut Anschlag, wäre noch geöffnet. Praktisch ist aber niemand da. Eine Telefonnummer zum Anrufen. Es geht aber niemand ran. Irgendwann doch, derjenige kommt zu uns und wir können in eine Holzhütte einchecken. Draußen prasselt der Regen. Unsere Räder stehen auf der Veranda.