Re: Jakobsweg mal wieder

von: Fricka

Re: Jakobsweg mal wieder - 14.07.12 12:12

7. Tag

Die Mosel entlang machen wir uns auf den Weg nach Toul. Das ist nicht weit. Über eine große Brücke geht es in den Ort. Rundherum gibt es Festungswälle. Wir kurven ein Weilchen herum, bis wir an die Kathedrale kommen. Leider ist sie verschlossen. In der Touri-Information nebendran bekommen wir einen Pilgerstempel (das ist in Frankreich die übliche Anlaufstelle dafür) und man erklärt uns, dass gerade eine Orgel-Tonaufnahme stattfinde, also keine Hoffnung bestünde, irgendwann doch noch eine Besichtigungsmöglichkeit zu finden.

Wir beschließen also, weiterzufahren. Dazu verlassen wir das Moseltal, um über ein paar Hügel die Meuse zu erreichen. Allzuviele Höhenmeter sind dazu nicht zu überwinden. Zwischen beiden Flüssen gibt es einen Kanal mit vielen Schleusen, um die Wasserscheide zu überwinden. Daran entlang gibt es einen nett zu befahrenden Radweg, den wir am Ortsausgang auch schnell finden. An den Schleusen geht es jeweils etwas bergauf, aber nicht allzu viel. Wir kommen gut voran.

Später nähern wir uns einem Hügelkamm und – siehe da – der Kanal verschwindet in einem Tunnel. Natürlich ohne einen Radweg dabei. Wir versuchen, über einen Feldweg den Hügel zu überqueren. Aber der Weg verläuft sich zwischen den Hügeln und an der Autobahn. Wir müssen also zurück in den letzten Ort. Dort erklimmen wir den Hügel an der steilsten Stelle, bis wir auf seinem Kamm auf eine Straße stoßen, die auf der anderen Seite wieder nach unten führt. Dort treffen wir auf den Kanal, der ab hier aber nicht mehr in unsere Richtung führt.

Bis Domremy la Pucelle folgen wir nun der Meuse. Es geht eine Straße entlang. Ein bisschen hügelauf- und –abwärts. Im Ganzen aber problemlos zu befahren. Dort angekommen, picknicken wir im Vorgarten von Jeanne d’Arcs Geburtshaus. Das kennen wir schon. Also sparen wir uns den Eintritt für die Besichtigung. Wir besuchen lieber die kleine romanische Kirche daneben und die große Basilika oben am Berg, wo eine Jubiläumsfeier vorbereitet wird. Man stellt gerade jede Menge Stühle auf. Eine Kindergruppe probt ein Theaterstück. Es ist ungemütlich.

Im Ort gibt es einen Campingplatz. Wir wollen aber weiter bis Thonnance les Moulins. Ab Domremy werden die Campingmöglichkeiten noch knapper. Da passt die Einteilung besser, wenn wir noch weiterfahren. Dazu geht es zurück nach Greux, wo wir das Meuse-Tal in Richtung Westen verlassen. Wir folgen einem schmalen Tal. Es geht zunächst sanft aufwärts. Das Abendlicht verschönt die Landschaft zusätzlich. Am Talboden kringelt sich ein Bach. Die grünen Wiesen sind mit bunten Blüten übersät. Wir sind ganz allein. Kein Auto kommt uns entgegen. Wir passieren ein kleines, völlig verlassen daliegendes Dörfchen.

Am Talende wird die Straße steiler. Der nächste Ort heißt Vaudeville le Haut und das ist wörtlich zu verstehen. Wir sehen ihn lange bevor wir ihn erreichen, oben auf der Hügelkuppe liegen. Das letzte Stück müssen wir schieben. Nicht schlimm, wenn die „Passhöhe“ schon sichtbar vor einem liegt. 130 Höhenmeter haben wir damit bewältigt, von der Meuse aus. Das ist natürlich erst der Anfang. Zunächst weiter durch Wiesen, dann durch den Wald geht es noch einmal 30 m aufwärts. Die Straße ist zwar völlig unbefahren, aber gut ausgeschildert. Die Orte haben hier etwa 7 km Abstand. Der nächste liegt natürlich unten an einem Fluss. Wir rauschen entspannt abwärts, ahnen aber natürlich schon, dass wir alles, was wir abwärts fahren, auch wieder hinauf müssen. Wir wissen das noch nicht, aber das wird eines der Grundmuster dieser Tour.

Anscheinend liegen die Dörfer hier häufig an einem Bach. Von einem zum anderen liegt dann jeweils eine Höhe dazwischen. Von oben hat man einen weiten Blick. Von unten türmen sich die nächsten Hügel teilweise beängstigend. Die Durchquerung der Dörfer ist manchmal etwas verzwickt, da niemand auf den Straßen ist, den man fragen könnte. Und das schmale Sträßchen verliert sich regelmäßig in den Dorfgassen. So fahren wir etliche Extrarunden durch verträumte Dörfer. Was natürlich kein Schaden ist. Jedes besteht aus idyllischen Winkeln, mindestens einer alten Kirche und vielen alten Häusern. Ab und zu hört man einen Hund bellen. Dank IGN-Karte finden wir irgendwann die richtige Ausfahrt.

Langsam wird es dämmerig und wir merken die vielen Steigungen zunehmend in den Beinen. Die Strecke zieht sich. Wir zählen die noch zu fahrenden Kilometer rückwärts. In Soulaincourt verlassen wir den Jakobsweg und biegen nach Süden ab. Wir tun das gern. Er macht sich gerade mal wieder an einen heftigen Anstieg über eine Hügelkette. Wir folgen nun, deutlich zügiger, einem Bachtal abwärts bis an die Thonnance. Hier liegt Thonnance les Moulins zwischen diversen Mühlen. Und hinter dem Ort, in der Forge Ste Marie ein großer Campingplatz, den man so abgelegen gar nicht erwarten würde.

Es ist schon dunkel, als neben uns ein erleuchteter fahnengeschmückter Eingang erscheint. Zwischen historischen Gebäuden ein großer Platz mit allem, was dazu gehört. Sogar einem Hallenbad, das gerade schließt. Er wird von Holländern betrieben, beherbergt viele Wohnmobile und Wohnwagen. Man sieht uns an, als wären wir vom Mond geplumpst, nimmt uns aber auf, obwohl wir nicht reserviert haben. Wir bauen erleichtert unser Zelt auf, gehen duschen und essen im angeschlossenen Restaurant. Glücklicherweise – morgen ist Sonntag und wir haben seit Ewigkeiten keinen Laden mehr passiert – gibt es auch einen Laden, der uns morgen früh mit allem versorgen wird, was wir brauchen.