Re: Korsika 2012

von: veloträumer

Re: Korsika 2012 - 17.12.12 20:29

KAPITEL 11 Gitarrennächte, Qualitätsweine und eine einsame Kirchenschönheit: Das Nebbio und die Region Bastia

Exkurs Nuits de la Guitare Patrimonio: Abends bin ich also nach Patrimonio, um einen Konzertabend im Rahmen des Festivals „Nuits de la Guitare“ zu besuchen, das bereits zum 23. Mal stattfindet. Die Kulisse liegt in einem Parkgelände, von der aus man die angestrahlte, exponiert liegende und für Patrimonio gesichtsgebende Kirche San Martinu sehen kann. Der Torbogen des Parks im Hintergrund der Bühne wird von zwei gut erhaltenen Menhiren eingerahmt, die in der Nähe im 20. Jh. gefunden wurden. Die Musiker spielen also im Rahmen einer 3000-jährigen Geschichte. Schon an der Seitenstraße zum Festival liegen ein paar Kneipen, die wohl nicht nur zur Festivalzeit kultige Nacht-Treffpunkte sind. Autofahrer werden vor dem Ortszentrum auf bereitgestellte Wiesenflächen von zahlreichen Ordnungskräften zum Parken verwiesen.

Um Karten hätte ich keine Sorgen haben müssen, an der Abendkasse gab es noch genügend. Allein schon durch die Anlage des Parks besteht über die Sitzplätze hinaus noch eine Menge Platz um ggf. stehend den Konzerten zu lauschen. Die Gitarrennächte erfreuen sich sehr hoher Popularität, im Gegensatz zum Calvi Jazz Festival konnte ich in ganz Korsika Werbeplakate für das Patrimonio-Festival finden. Offenbar steht auch ein großer Pool privater Sponsoren bereit, man baut nicht allein auf staatliche Unterstützung. Auf vielen Websites der Weingüter in und um Patrimonio fehlt der Hinweis auf das Festival nicht, ist Teil der Regio-Werbung überall. Wie ich einem Gespräch entnehmen konnte, sind viele Besucher treue Stammgäste, die jedes Jahr wiederkommen. „Einmal Patrimonio, immer Patrimonio!“ lautete das überschwängliche Lob eines amerikanischen Konzertbesuchers.

Das Ambiente mit Verkaufständen für Devotionalien, kleine Snacks und Getränke ist stimmungsvoll gehalten – u.a. mit den für Patrimonio charakteristischen Weinfässern, die an allen Ecken in und um Patrimonio auf das wichtigste Produkt der Region hinweißen. Glücklicherweise war ich nicht am Folgeabend dort, denn ich wurde darauf hingewiesen, dass dann strenges Fotografierverbot gelte und ich keine Kamera mit hinein nehmen könne. So war es aber gut möglich, auch um die Bestuhlung herumzulaufen und auch von unterschiedlichsten Positionen vor der Bühne Fotos zu machen. Dokumentation und Genuss kämpfen da immer ein wenig miteinander in der eigenen Brust.

Ich konnte im Internet sogar passende Live-Videos von den einzelnen Konzerten auftreiben. Je ein Bespiel zu den Hauptakteuren werde ich daher hier verlinken – wer will kann also authentische akustische Eindrücke sammeln, die Klangqualität ist aber nicht immer die beste. Der Abend war so aufgebaut, dass mit Ausnahme des ersten Acts alle folgenden Gruppen ineinander griffen. D.h. es spielten immer Musiker gemeinsam mit der vorhergehenden Gruppe mit, bevor das Personal dann in einer neuen Formation die vorhergehenden Musiker ganz ersetzt hatten.

Den Auftakt macht der aus Kamerun stammende Blick Bassy in einer kurzen Soloperformance, ein Singer/Songwriter-Typus, der über Lokua Kanza und Richard Bona bekannt wurde. Mit seiner hellen Stimme singt er sehr eindringliche Lieder mit feinen Melodien und Klängen aus seiner Heimat verbunden, sich selbst an der akustischen Gitarre begleitend. Kein echter Jazz – aber wie häufig aus Kamerun – ein moderner, kreativer Umgang mit afrikanischen Wurzeln. Musikbeispiel 1: Blick Bassy in Patrimonio

Der nach meiner Erwartung Topact des Abends folgt mit Biréli Lagrène, der in einer Quartettformation antritt. Lagrène ist ein Sinto, gebürtig im Elsass, und verbindet den Sinti-Swing eines Django Reinhardt mit modernem Mainstream-Jazz. So können auch mal Rockadaptionen von Bob Marley bis Jimi Hendrix in seine Musik einfließen, Klassik oder Latin Music – Berührungsängste kennt er nicht. Stochelo Rosenberg, Gil Evans oder John McLaughlin sind nur ein paar unter vielen Weggefährten gewesen. Je nach Besetzung und verwendeter Gitarre kann ein Abend mit Lagrène sehr unterschiedlich ausfallen. Hier spielt er groovig, Elektrojazz-orientiert, mit E-Gitarre und Hammondorgel in seiner Gruppe. Seine Improvisationen sind wieselflink, scheinbare Routine bricht Lagrène nahezu spielerisch leicht mit Licks jenseits des Erwarteten. Das Zusammenspiel der Gruppe ist traumwandlerisch, besondere Akzente setzt in meinen Ohren der Elsässer Saxophonist Franck Wolf (Ensemble straSax). Musikbeispiel 2: Biréli Lagrène in Patrimonio

Der Höhepunkt des Abends ist sicherlich die Jam Session mit Biréli Lagrène und Sylvain Luc zusammen auf der Bühne. Beide verstehen sich kongenial miteinander haben auch schon im Duett mindestens eine CD eingespielt. Sylvain Luc bestimmt die Bühnenshow mit seinen rollenden Augen und einer schalkhaften Mimik. Improvisation at its best! Nach dem Umbau kehrt Luc im eigenen Trio wieder, spielt sodann weniger für die Show, wirkt konzentriert und introvertiert. Sein Spiel ist auch mal deutlich gegen den Strich gebürstet, die Linien intelligent in weiten Bögen gedacht, bevor sie auf das Grundmotiv zurückgeführt werden. Ausgebildet ist er klassisch an Geige, Cello und Gitarre. Luc stammt konträr zu Lagrène aus der anderen Ecke Frankreichs, aus dem Baskenland, und hat in seiner Karriere unterschiedlichste Musiker begleitet – vom Chansonnier Georges Moustaki über den Musette-Neudeuter Richard Galliano, den Jazz-Violinen-Innovator Didier Lockwood bis zum Avantgarde-Saxophonisten Michel Portal. Ein gewisser Eklektizismus ist entsprechend in seinem Spiel nicht zu leugnen – so gespielt aber homogene, um nicht zu sagen höchste Kunst. Musikbeispiel 3: Sylvain Luc in Patrimonio

Für den letzten Auftritt der Nacht bleiben der Schlagzeuger André Ceccarelli und der Pianist Julian Mazzariello auf der Bühne. Sie spielen in einer erweiterten Variante der Formation Troc, einer Jazzrock-Formation um den charismatischen schottischen Soulsänger Alex Ligertwood. Ligertwood hat Troc jüngst neu belebt, die Band spielte bereits Anfang der 1970er Jahre (als Trio mit Ceccarelli und Yannick Top). Er ist schon ein Urgestein, wichtige Stationen in seiner Karriere waren u.a. Arbeiten mit Brian Auger, Santana, Spyro Gyra und Ben E. King. Ungeachtet der großen Begeisterung des Publikums und seinen zweifellos ansteckenden Entertainment-Qualitäten sind meine Eindrücke etwas gedämpft. Die Stimme scheint mir ausgelaugt, nicht auf dem Höhepunkt ihrer Möglichkeiten, auch die Musikausrichtung nicht ganz auf meiner Wellenlänge. So fällt es mir leichter, gegen ein Uhr die Konzertnacht vor Ende zu verlassen. Radler sind eben Kulturbanausen – immer ist Essen und Schlafen wichtiger. schmunzel Musikbeispiel 4: Troc in Patrimonio

Fr 20.7. Farinole/Patrimonio (Catarella) - Col de San Bernardino (76m) - Patrimonio - Col de Teghime (536m) - Oletta - Col de San Stefano (368m) - "Col du Bisou" - Ortale - Biguglia - Defilé de Lancone - Col de San Stefano (368m) - Murato (+/D5)
62 km | 10,6 km/h | 5:51 h | 1315 Hm
W: sonnig, < 30 °C
E (La Terrasse): Entrecôte, PF, Käseku., Rw, Cafe 24 €
Ü: C wild 0 €

Es bedarf einer Erklärung, dass der Tag nicht so schwungvoll beginnen konnte und ich nochmal Routenänderungen vornehmen und eine recht kurze Tagesdistanz akzeptieren musste. Ich dürfte mir einige Salmonellen von der zu rohen Ente am Vorabend einverleibt haben, die mich sodann kaum zum Schlaf kommen ließen und entsprechend schwer der Kopf am Morgen hing. Die Einsicht sagt mir, nur ruhig – ich bin Korsika und den Tag gemütlich beginnen. Das Tandempaar aus Lille hingegen hat es eilig – sie spurten gleich mit hohem Tempo mir davon. Zunächst also lieber ein entspanntes Frühstück in einem Café, ein paar Motivfotos von diesem charmanten Ort und seiner Weinkultur – ein gutes Stichwort den letzten Sach-Ausflug hier. schmunzel

Exkurs Weingüter Patrimonio: Die Weine aus Patrimonio gelten als die besten Korsikas. Fast immer werden Rot- und Roseweine sowie Muscat von allen Weingütern angeboten. Die hier verkauften Muscat-Weine kommen fast meist nicht aus dem Nebbio sondern von Rebhängen am Cap Corse. Leider sind Patrimonio-Weine regulär nicht im internationalen Weinhandel erhältlich. Eine komplette Übersicht korsischer Weine wie auch aller Weingüter von Patrimonio/Cap Corse gibt die Seite Vins de Corse – auch auf Deutsch.

Neben dem Weingut Catarelli (keine Website) mit dem Camping möchte ich noch zwei weitere Weingüter vorstellen. Mehr oder weniger am oberen Ortsausgang von Patrimonio (Richtung Bastia) findet sich direkt an der Straße die Domaine Lazzarini (eine weitere Verkaufsstelle gibt es in St-Florent). Von dem Innenraum hat man einen wunderbaren Balkonblick über Patrimonio hinweg mit den Weinbergen und einer Kette mehrerer markanter Kuppenberge, zwischen denen die Bucht von St-Florent erkennbar ist. Diesen Blick hat man allerdings mehrfach noch lange auf dem Weg zum Col de Teghime und weit darüber hinaus auf der Halbhöhenstraße Richtung Oletta.

Gino Lazzarini kam 1928 aus der Toskana nach Patrimonio, um dort das Weingut aufzubauen. Die Website ist sehr schön gemacht mit der Familiengeschichte, den Traubensorten, Sehenswürdigkeiten der Region und polyphonem Gesang unterlegt. Der 2010er-Rotwein ist gleich von drei Verbänden mit Goldmedaille ausgezeichnet worden. Leider ist das Bestellen aus dem Ausland wie auch bei den meisten anderen Weingütern weder einfach noch billig. Vor Ort wurde ich auch nur auf das Internet verwiesen. Als Radler blieb mir nichts anderes übrig, als es bei einer Weinprobe zu belassen. Es gibt dort auch noch andere korsische Spezialitäten zu kaufen, darunter Honig, Marmeladen und Trockenwürste.

Das andere Weingut habe ich zwar nicht persönlich besucht, ist aber trotzdem eine besondere Erwähnung wert. Dominique Rossi vom Weingut Aliso Rossi verbindet traditionelle und neue experimentelle Winzermethoden für seine Weine – dafür arbeitet er mit Forschern der Universität Corte zusammen. Auch Rossis Weine sind teils mehrfach ausgezeichnet worden. Zu den Besonderheiten gehören aber zwei Sondereditionen. Die süße gelbe Traube wird in einer erotischen Edition als Muscat d'Eross'i angeboten. Vom Rotwein gibt es eine Künstleredition, deren Etikett mit jedem Jahrgang wechselt. Dazu arbeitet Rossi mit dem Maler und Bildhauer Gabriel Diana, der aus der Toskana stammt und ein Museum in Lido de la Marana aufgebaut hat, an dem ich noch am letzten Korsika-Tag vorbei kommen sollte. Neben einer Verkaufsstelle in St-Florent hat Rossi auch eine in Bastia – hätte ich dass doch vorher gewusst, dann hätte ich am letzten Tag … hätte, wenn, dann – die unliebsamen Wörtchen.


Das Panorama der nächsten Kilometer habe ich ja bereits soeben im Exkurs beschrieben. Der Preis dafür ist eine weitgehend der Sonne ausgesetzte Route. Da ich die Ostseite des Col de Teghime nicht fahre, werfe ich einen kleinen Blick von oben herunter – es ist letztlich das gleiche Panorama, was ich schon jenseits von Bastia erhalten habe. Die zunächst halbhohe Route vom Pass in Richtung Oletta erlaubt nur noch das Westpanorama in das Golf von St-Florent und auf die Berge der Désert des Agriates. Vor Olmetta muss man aber zunächst wieder unter Höhenmeterverlust in eine Talmulde, der quirlige Ort – für Handwerkskunst bekannt – liegt an Steilterrassen recht schwer zugänglich am Berg – die Ortsdurchfahrt ist Einbahnstraße entgegen meiner Fahrtrichtung.

Immer noch matt und erschöpft döse ich an einem kühlen Brunnenplatz mit Aussicht auf den Stausee Padula weit unterhalb der Straße. Endlich danach finde ich wieder zu halbwegs frischer Kraft. Die Lancone-Schlucht kann man sowohl auf einer Süd- wie einer Nordseite befahren – scheinbar. Tatsächlich ist die Südroute soweit oberhalb, dass Schluchteinblicke kaum möglich sind. Diese D 82 ist auch verkehrsreich, fast ohne Schatten und landschaftlich bis auf den Ausblick auf den Etang de Biguglia recht bescheiden – also idealerweise in der von mir gefahrenen Richtung abwärts zu fahren. Unangenehm ist eine kurze Zwischenmulde nach dem Col de San Stefano. Unmittelbar geht es eine Steilrampe rauf bis zum Abzweig nach Rufali. Dort kann man auf mehreren geschichteten Steinblöcken aufgemalt Col de Bisou lesen – vielleicht ein Scherz eines von der Härte der korsischen Berge geplagten Radlers – denn es handelt sich hier definitiv um keinen Pass (wenngleich ein Zwischenhochpunkt).

Nach dem kurzen Intermezzo auf der N 198 wende ich mich wieder nach Westen, diesmal also die Défilé de Lancone von unten nach oben und weitaus schöner. Knorrige alte Korkeichen spenden Schatten, die oberen Teile der Straße sind teils heikel eng am Fels – zumindest für Autos – Absturz in die Tiefe nicht ausgeschlossen. Ob die hier zu findenden Rostleichen gewollt abgestürzt wurden? – das scheint hier gar nicht so sicher. Noch eine Besonderheit, die nicht direkt auf meiner Strecke liegt, aber nur wenig daneben. Das kleine Örtchen Biguglia, am Fuße dieser Auffahrt über eine parallele Straße zu erreichen, war für ca. 100 Jahre die Hauptstadt Korsikas in der Zeit pisanischer Herrschaft – bevor 1372 diese Funktion an Bastia überging.

Zurück am Col de San Stefano folgt wieder das Panorama weit hin nach Oletta und die Bucht von St-Florent, zunehmend bestimmt Farn die Hänge, dazwischen Weidevieh. Noch deutlich unterhalb und außerhalb von Murato begegnet man einer besonderen Schönheit – eine Kirche im pisanischen Baustil gehalten und in so umsichtiger Lage, dass man lange den Blick darauf halten darf. Die Église de San Michele gilt als die schönste Kirche Korsikas – in jedem Fall ist sie auffallend anders. Das Schwarzgrau/Weiß-Muster ist in der Front geringfügig unterbrochen – ein Umstand, der einer unprofessionellen Aufstockung des Kirchturmes geschuldet ist. Ein bisschen ein „Fehldruck“ wie die Blaue Mauritius – und eben deswegen noch ein Stück wertvoller.

Unweit unterhalb befindet sich ein schönes Terrassenrestaurant – es wäre der bessere Platz gewesen als das von mir später aufgesuchte Restaurant im Ort Murato. Ohne die Kirche wäre Murato wohl heute bedeutungslos – so gibt es aber immerhin neben dem klimatisierten Restaurant (und dadurch unangenehm kühl) noch eine Art Pizzabude, wohlmöglich auch der Pizzawagen direkt bei der Kirche San Michele ein Außenposten dieser Pizzeria, und eine Art Dorfdisco, die so einige Male pro Monat offen hat. In dem klimatisierten Restaurant ist ein Konzert mit einem Akkordeonspieler angekündigt. Als der Musiker älterer Statur eintrifft, ist es immer noch komplett leer. Es scheint eine Diskussion zu geben, ob er überhaupt auftreten soll. Offenbar verspricht der Gastwirt, dass noch Gäste kommen werden. So geschieht es wohl auch, wenngleich die meisten Bekannte des Akkordeonisten zu sein scheinen. Die Session beginnt aber wohl zu später Stunde, sodass ich noch ohne einen Höreindruck bereits weiterradele.

Die Gegend ist leider vollständig ungeeignet zum Wildzelten. Es folgt recht dichter Kastanienwald an eher steilen Hängen, mit dornigem Untergrund. Auch gibt es noch ein paar Weiler, wo man Hunde kläffen hört. Wohl hätte ich im Dunkeln den leichten Pass auch ganz durchfahren können, denn an der Passhöhe gibt es größere freie Flächen um ein Zelt aufstellen zu können. Doch weiß man so was nicht vorab und ich möchte ja die Landschaft nicht ungesehen passieren. So finde mal wieder eine Nische, die eher zu den schrägen Plätzen zählt – ein kleiner Schrottplatz mit etwas Schnittgut, mit dem ich den rauen Boden zu einer Zeltabstellfläche präpariere. Hier hätte ich Schweine und Füchse erwartet – aber es kam niemand. schmunzel

Sa 21.7. Murato (+/D5) - Col de Bigorno (885m) - Campitello - Volpajola - Scolca - Vignale - Col du Campo (451m) - Borgo - Lucciana - Crocetta - La Canonica - Plage de la Marana - Bastia 19:30 || Corsica Ferries 33,37 € || 23:30 Livorno - Tirrénia/Lido
86 km | 15,7 km/h | 5:33 h | 520 Hm
W: sonnig, zunehmend bew. in den Bergen, Küste bleibt frei, ~ 28 °C
E (Corsica Ferries): Ravioli, Mangocrème, Wasser 13,40 € + SV (Rw, Tintenfischsalat, Käse)
Ü: C Internationale 19 € (–)

Der Col de Bigorno war am Morgen recht schnell und einfach genommen. Nach Süden ergibt sich ein weites Binnenpanorama über das Golo-Tal hinweg hinüber bis zum Hochgebirge im Cortenais und Niolo. Im Gegensatz zum oberen Bereich auf der Nordseite ist hier kaum Kastanienwald zu sehen, hingegen kann man weithin die eindrucksvollen Straßenkehren im offenen Hang erkennen. Es geht zwar etwas auf und ab, aber ohne ernste Steigungen. Eine Ausnahme bildet die kurze Strecke von Volpajola nach Scolca – da sind zweistellige Steigungswerte. Ein Einheimischer erlaubt sich einen augenzwinkernden Scherz, dass das so 30 Kilometer weiter geht. Naja, dann müsste der Pass aber die 3000m-Marke knacken, davon weiß ich aber in Korsika nichts. lach Der einzige Ort, in dem es ein bescheidenes touristisches Angebot gibt, ist Borgo, das als letztes der Dörfer auf dieser offenen Bergroute hier bereits dem Meer zugewandt ist. Statt nach Nordost in die Ebene abzufahren lohnt der etwas weitere Wege nach Südost über Lucciana. Der Ort hat sehr hübsche Winkel – ein schöner Abschluss meiner Hommage an die korsischen Dörfer, von denen ich ja eine ganze Menge besucht und im Bilde gewürdigt habe.

Fährt man südlich des Flughafens zum Plage de Pineto ans Meer, so passiert man noch einen wichtigen historischen Ort auf Korsika. In La Canonica stehen zwei Kathedralen im pisanischen Baustil, San Parteo und die recht wuchtige, in dezenten Erdtönen gehaltenen Santa Maria Asunta (früher: La Canonica). Die eigentliche historische Bedeutung des Ortes liegt aber nahezu unauffällig wie eine verlassene Baugrube daneben: Es sind Ausgrabungen mit Resten der römischen Stadt Mariana, die sich nach der römischen Epoche jedoch aufgrund der ungeschützten Lage nicht halten konnte. Die Ausgrabungen sind frei zugänglich, aber weit weniger beeindruckend als die von Aléria.

Was bleibt zum Abschied von Korsika – sicherlich ist das Meer nicht die schlechteste Wahl. An dem lang gestreckten Arm, der Meer und Biguglia-See trennt, findet sich fast durchgehend Sandstrand. Trotz der vielen Touristenzentren bleiben da auch noch genügend freie Plätzchen. Am ruhigsten ist es wohl im Süden beim Plage de Pineto. Der Etang de Biguglia ist eigentlich ein Süßwassersee, der aber durch den Ausfluss unweit von Bastia und die flache Lage je nach Strömung und Meeraktivität zum Brackwassersee wird. Das entsprechend interessante Biotop mit vielen Wasservögeln lässt sich nur schwer erkunden – zumindest nicht mal eben nebenbei.

Auf dem Weg zum Fährhafen kaufe ich noch in einem Supermarkt in Lido de la Marana ein (Marana heißt es hier überall, auf mindestens 10 Kilometern), der an/in einem Camping gelegen ist und ein stark touristisches Angebot hat – also nochmal die Möglichkeit, ein paar kulinarische Souvenirs einzupacken – vor allem Canistrelli. Den gewünschten Patrimonio-Wein und speziellere Käse bekomme ich aber nicht. Zuvor nahm ich aber überraschend noch ein Museum wahr, dass bereits im frei zugänglichen Außenbereich eine Reihe origineller Skulpturen zeigt. Das Museum kostet Eintritt, wäre sicherlich für mich von Interesse gewesen; ich muss mit Blick auf die Abreisezeit aber von einem Besuch absehen. Wie ich dann erst in der Nachbearbeitung der Reise erfahre, handelt es sich um das Dian’Arte Museum des bereits oben genannten Künstlers Gabriel Diana, der auch für die Kunstedition der Weine von Aliso Rossi verantwortlich zeichnet.

Die Zeit wurde dann knapp, ich musste Gas geben, der Hafen liegt ja von Süden gesehen auf der falschen Seite, man muss quasi nochmal durch ganz Bastia durch. Ziemlich unfreundlich war dann noch das wohl italienische Fährpersonal, das mich zunächst anherrschte, ich solle mir was über den nackten Oberkörper ziehen – sodann getan, wollten sie auch noch, das ich eine andere Hose anziehen solle, sie sähe zuviel nach Unterhose aus. Diesen „Gefallen“ habe ich ihnen dann aber nicht gemacht. Ist ja kein islamisches Vatikanschiff verwirrt - und wenn ja, wo bleibt die Kleiderkontrolle für die Autofahrer? – Auf dem Schiffsdeck überwog dann über den Ärger schon wieder die große Wehmut – die Île de Beauté entfernte sich zunehmend am Horizont. Ich bekomme dieses beklemmende Gefühl, dass ich da gar nicht weg wollte. traurig

Bildergalerie zu Kapitel 11 (130 Fotos):



Fortsetzung folgt