Westliche Pyrenäen 2019

von: Tom72

Westliche Pyrenäen 2019 - 19.12.19 23:19



Prolog

Dieses Jahr (2019) zog es mich wieder in die Pyrenäen, obwohl oder gerade weil ich sie mit dem Rad bereits etliche Male bereist hatte und jedes Mal aufs Neue fasziniert war. Von einigen dieser Touren habe ich hier im Forum ja auch berichtet. Auf zahlreichen meiner Frankreich mit Spanien verbindenden Radreisen hatte ich sie überquert, mal im östlichen, katalanischen Bereich, mal im mittleren, mal im westlichen, baskischen. Meist war die Pyrenäenüberquerung „nur“ Teil einer auch andere französische und spanische Regionen umfassenden Tour, z. B. im Rahmen meiner Radreise Paris-Barcelona 2011 und Alpen, Haute-Provence, Okzitanien, Katalonien 2018 und mehrerer weiterer Reisen. 2016 habe ich die Pyrenäen erstmals zum „Hauptthema“ einer Reise gemacht und habe sie von Ost nach West, vom Mittelmeer zum Atlantik, durchradelt.

Den Schwerpunkt habe ich diesmal auf die westlichen Pyrenäen gelegt, weil ich bisher vor Allem den katalanischen Teil und den zentralen Bereich des Gebirges bereist hatte, während ich westlich des Somport-Passes die hochgelegenen und somit interessanten Pässe noch nicht kannte. Auf der Reise vom Mittelmeer zum Atlantik 2016 musste ich mich am Ende der Tour, zwischen Oloron-Sainte-Marie und der Atlantikküste, aus Zeitgründen nämlich auf eine niedrigere Route in den nördlichen Pyrenäenausläufern beschränken, so dass ich diesbezüglich noch Nachholbedarf hatte.

Ich wählte also als Startpunkt Bordeaux, um zunächst entlang der Atlantikküste (Côte d’Argent) südwärts zu fahren, damit ich auch noch den einen oder anderen Strandaufenthalt in die Tour einbauen konnte. Den Radweg entlang der Côte d’Argent („Vélodyssée“) kannte ich zwar bereits von meiner Tour Lyon-Kantabrien 2012, aber das ist schon wieder ein paar Jahre her, und die endlosen Sandstrände hatten mir gut gefallen. Die Küste wollte ich in Bayonne verlassen und habe mir ab dort eine Route zurechtgelegt, die mehrfach von der französischen auf die spanische Seite der Pyrenäen und umgekehrt wechselt. Grob geplant habe ich die Tour bis Aínsa auf der spanischen Seite etwa auf halber Strecke zwischen Atlantik und Mittelmeer. Wie ich ab Aínsa den weiteren Verlauf gestalten würde und ob mir die dann verbleibende Zeit reichen würde, um vielleicht sogar bis ans Mittelmeer zu gelangen, habe ich bewusst offengelassen. Ich habe daher zunächst auch keine Fahrkarten für die Bahn-Rückreise gebucht, um hinsichtlich des Endpunktes der Reise flexibel zu bleiben. Da ich in Frankreich im TGV, in dem es ja kaum (noch) Fahrradmitnahme gibt, seit jeher die Methode „teildemontiert und verpackt“ praktiziere, spielte das Thema „Fahrradreservierung“ ohnehin keine Rolle.

Die Tour umfasste zahlreiche Streckenabschnitte, die ich bereits kannte, bot aber auch die Gelegenheit, viel Neues zu entdecken,

Ich hatte auch, wie schon mehrfach auf meinen Radreisen, einige Tage für Wanderungen vorgesehen, um Landschaftseindrücke zu erleben, die sich von der Straße aus nicht bieten. Deshalb habe ich wieder das zusätzliche Gewicht in Kauf genommen und meine Wanderschuhe eingepackt.

Wie üblich, habe ich für die Übernachtungen überwiegend Campingplätze vorgesehen.

Und wie für mich ebenfalls üblich, habe ich ganz altmodisch für die Planung und die Navigation unterwegs Papierkarten (Michelin 1:200 000 und 1:150 000) verwendet, kann also leider keinen GPS-Track oder eine sonstige elektronische Darstellung der Route anbieten. Die Route dürfte jedoch anhand der Angaben im Text bei Interesse nachvollziehbar sein.

Meinen Reiseführer „Pyrenäen“ aus dem „Reise Know-How“-Verlag, den ich auf meiner Pyrenäen-Tour vor drei Jahren dabei hatte, habe ich aus Gewichtsgründen diesmal schweren Herzens zu Hause gelassen, obwohl er sich als sehr informativ und für meine Zwecke optimal herausgestellt hat und vor allem der einzige Reiseführer zu sein scheint, der die Pyrenäen länderübergreifend (Frankreich und Spanien) behandelt. Ich habe ihn aber bei der Vorbereitung der Tour ausgiebig konsultiert. Da ich ja auch den einen oder anderen Tag wandern wollte und die Wanderschuhe eingepackt hatte, habe ich auch die Wanderführer „Pyrenäen 1“ und „Pyrenäen 4“ aus dem Rother-Verlag dabeigehabt. Entsprechende Wanderkarten habe ich mir dann jeweils vor Ort besorgt.

Anreise war mit dem TGV über Paris nach Bordeaux, Rückreise von Pau über Paris.

Die Verständigung unterwegs und die eine oder andere interessante Unterhaltung war sowohl in Frankreich als auch in Spanien durch entsprechende Sprachkenntnisse sichergestellt. Ein Grund mehr, warum ich seit Jahren bevorzugt diese beiden Länder für meine Radreisen auswähle.

Meine Aufzeichnungen bezüglich Strecke und Höhenmetern anhand meines Radcomputers sind mir leider unterwegs verlorengegangen, so dass ich diese Werte teilweise mit Hilfe von Google Maps rekonstruieren musste. Die entsprechenden Werte sind daher wohl mit Vorsicht zu genießen.

Auftakt: Freiburg

Weil es auf dem Weg von Erfurt nach Frankreich liegt, beginne ich die Reise mit einem Wochenende in meinem alten Studienort Freiburg, um alte Bekannte zu besuchen.

Erstmals nutze ich die erst recht neue Möglichkeit der Fahrradmitnahme im ICE. Bisher hatte ich mein Rad allerdings bereits zigmal problemlos teildemontiert und verpackt im ICE transportiert. Die neue „echte“ Fahrradmitnahme ist natürlich angenehmer.



Umstieg in Karlsruhe



Der Turm des Freiburger Münsters ist nach langer Zeit wieder frei von Gerüsten.



Blick vom Biergarten an den Hängen des Schlossbergs oberhalb des Schwabentors



1. Tag (30.06.2019), Bahn-Anreise Freiburg – Bordeaux

In einer guten halben Stunde bin ich mit dem ICE in Basel SBB. Da ich für die anschließenden TGV-Fahrten das Rad ohnehin verpacken muss, habe ich im Vorfeld erst gar nicht versucht, für die kurze ICE-Fahrt einen Fahrradplatz zu reservieren und das Rad gleich, wie es für mich seit Jahren im Hochgeschwindigkeits-Bahnverkehr in Deutschland und Frankreich Routine ist, teildemontiert und in meine Fahrradtransport-Hülle verpackt. Im Bahnhof Basel SBB fährt der TGV nach Paris praktischerweise am selben Bahnsteig gegenüber, so dass ich Gepäck und verpacktes Rad nicht weit bzw. gar nicht schleppen muss.

Im TGV Lyria findet mein Fahrradpaket senkrecht Platz. Die Fahrt nach Paris über Mulhouse, Straßburg und Dijon dauert gut drei Stunden.



Nach der Ankunft in Paris, Gare de Lyon, mache ich mein Rad direkt nach dem Aussteigen auf dem Bahnsteig wieder fahrbereit, denn ein Umstieg in Paris geht ja immer mit einem Wechsel des Bahnhofs einher. Fahrten mit dem Rad zwischen den verschiedenen Pariser Bahnhöfen habe ich daher auf meinen Radreisen schon mehrfach absolviert. Ich muss für die Weiterfahrt zur Gare Montparnasse; bis zur Abfahrt des TGV nach Bordeaux habe ich gut zwei Stunden.



Ich fahre zur nahegelegenen Seine und folge ein Stück deren Südufer nach Westen.

Île de la Cité und Île Saint-Louis, auf den ersten Blick wie seit eh und je; erst bei näherem Hinsehen fällt der schwere Schaden an Notre Dame de Paris auf. Der verheerende Brand, der den Dachstuhl der Kathedrale vernichtet hat und dessen weitere Auswirkungen wohl noch nicht in allen Konsequenzen absehbar sind, ist hier erst wenige Wochen her.



Trauriger Anblick…



Ein Foto von gleicher Stelle mit Blick von der Fußgängerbrücke Pont des Arts auf die Westspitze der Île de la Cité mit der Pont Neuf findet sich auch in meinem Reisebericht Paris-Barcelona. Damals war das Geländer noch voller Liebesschlösser. Da aber irgendwann unter deren Last ein Teil des Geländers zusammengebrochen ist, wurde mittlerweile, um die Unsitte zu unterbinden, das Geländer mit Plexiglasscheiben versehen. Die Liebenden scheinen nunmehr erfindungsreich mit den Schlössern auf die Laternenmasten auszuweichen und die Scheiben mit Herzen vollzukritzeln.



Die kurze Sightseeing-Tour entlang der Seine ist zwar interessant, ich bin aber doch froh, den nervigen Touristenrummel schließlich Richtung Montparnasse zu verlassen.

Ich habe noch ausreichend Zeit, als ich am Bahnhof Montparnasse eintreffe. Nun heißt es warten, da in Frankreich aus irgendwelchen Gründen das Abfahrtgleis der Züge erst kurz vorher bekanntgegeben wird. Einigermaßen zeitig wird das Geheimnis hinsichtlich des Bahnsteigs für den TGV nach Bordeaux gelüftet, so dass ausreichend Zeit bleibt, das Rad bis zu dem Wagen zu schieben, in dem mein reservierter Sitzplatz ist, und das Rad erst dort zu demontieren und zu verpacken.

Die Fahrt nach Bordeaux dauert nur gut zwei Stunden.

Im Bahnhof Bordeaux-Saint-Jean mache ich noch auf dem Bahnsteig mein Rad zum zweiten Mal an diesem Tag fahrbereit.



Vor dem Bahnhof Bordeaux Saint-Jean. In Bordeaux bin ich zuvor schon zweimal im Rahmen meiner Fahrradreisen gewesen, zuletzt 2012. Damals habe ich die Stadt aus der Auvergne kommend entlang der Dordogne erreicht, um anschließend entlang der Küste Richtung Spanien zu fahren. Letzteres steht auch ab morgen wieder auf dem Programm.



Ich habe übers Internet ein zentral gelegenes Hotel gebucht. Nachdem ich mich einquartiert habe, fahre ich mit dem Rad in die Altstadt; aus der Erinnerung weiß ich, wo es sich lohnt, nach einem geeigneten Restaurant zu suchen. Obwohl es schon recht spät ist, sind die Tische vor den Restaurants noch dicht bevölkert. Auf der Place St.-Pierre genieße ich ein leckeres Entrecôte und sehe mich anschließend noch am Ufer der Garonne um.





2. Tag (01.07.2019), Bordeaux – Le Porge-Océan
Strecke: ca. 90 km


Heute geht es Richtung Küste. Die heutige Strecke nach Lacanau-Océan auf einem Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse bin ich bereits im Rahmen meiner Tour von Lyon nach Nordspanien vor sieben Jahren gefahren, genauso wie die für die kommenden Tage auf dem Programm stehende Route entlang der Côte d’Argent südwärts nach Bayonne. Ich kann daher für diesen und die nächsten vier Tage ergänzend auch auf die Bilder und Ausführungen in meinem entsprechenden Reisebericht verweisen (dort Tag 12 bis 16).

Da der Bahntrassenradweg nördlich der Innenstadt beginnt, kann ich zum Auftakt erst einmal eine Sightseeing-Tour entlang des Garonne-Ufers nordwärts genießen und auf diesem Wege zahlreiche, mir ja bereits bekannte, Eindrücke von Bordeaux sammeln (dabei erinnere ich mich daran, dass ich auch schon einmal, auf meiner Pyrenäen-Tour 2016, an der Quelle der Garonne unterhalb des Passes Port de la Bonaigua vorbeigekommen bin).

Die Pont de pierre, die älteste Garonne-Brücke in Bordeaux





Weiter entlang des Garonne-Ufers:







Aus ästhetischen Gründen wird die Straßenbahn im Bereich der Altstadt nicht über eine Oberleitung, sondern über eine zwischen den Schienen verlegte Stromschiene mit Elektrizität versorgt. Sie ist in einzelne Abschnitte unterteilt; eine spezielle Technik stellt sicher, dass immer nur der vollständig unter dem Fahrzeug befindliche Abschnitt Strom führt.









Diese Hubbrücke über die Garonne war noch im Bau, als ich sieben Jahre vorher hier vorbeigekommen bin.



Wie schon vor sieben Jahren, fällt es mir aufgrund der eher bescheidenen Ausschilderung schwer, den Beginn des Radwegs nach Lacanau-Océan zu finden, zumal sich auch meine Erinnerung diesbezüglich als weniger verlässlich erweist, als ich gehofft hatte. Nach einigen Irrungen stoße ich endlich an einer anderen Stelle auf den Bahntrassenradweg als „damals“.



Dass es sich um eine stillgelegte Bahnlinie handelt, sieht man auch an den ehemaligen Bahnhofsgebäuden entlang der Strecke. In diesem gibt es eine Snackbar, in der ich, wie bereits „damals“, auf ein Bier einkehre.



Der Radweg auf der ehemaligen Bahntrasse Richtung Lacanau vermittelt einen ersten Eindruck der für die kommenden Tage bevorstehenden Fahrt durch die endlosen Kiefernwälder, die sich bis hinunter nach Spanien erstrecken.





Ich erreiche die Küste in Lacanau-Océan, wo ich auf besagter Tour vor sieben Jahren übernachtet habe. Diesmal aber fahre ich noch ein Stück weiter entlang der Küste. Der durchgehende Radweg entlang der Atlantikküste von der Bretagne bis zur spanischen Grenze trägt die Bezeichnung „Vélodyssée“.



Der Radweg verläuft durch die Kiefernwälder, nur durch die Dünen vom Strand getrennt.





Im winzigen Strandort Le Porge-Océan beende ich die heutige Etappe. Der direkt hinter den Dünen gelegene Ort besteht im Wesentlichen aus einigen Buden mit Restaurants; als ich das letzte Mal in der Spätsaison Ende September hier vorbeigekommen bin, hatten alle bereits geschlossen. Das ist jetzt, Anfang Juli, natürlich anders; trotzdem geht es hier angenehm ruhig und beschaulich zu. Es gibt hier einen schönen Campingplatz, auf dem ich mein Zelt aufschlage.



Ich esse in einem der Restaurants in Le Porge-Océan zu Abend und genieße anschließend den Sonnenuntergang über dem Meer. Bedingt durch die deutlich westlichere Lage innerhalb der Mitteleuropäischen Zeitzone geht die Sonne hier deutlich später unter als in Deutschland; das Bild habe ich um 21.52 Uhr aufgenommen.



3. Tag (02.07.2019), Le Porge-Océan – Arcachon
Strecke: ca. 30 km


Zur Beschreibung des Radwegs entlang der Côte d’Argent kann ich zunächst im Wesentlichen auf den leicht überarbeiteten Text meines Reiseberichts zu meiner Tour von 2012 zurückgreifen:

Heute und die nächsten Tage geht es nun entlang der Côte d’Argent Richtung Spanien. Bis dorthin besteht die Küste aus einem durchgehenden, über 100 km langen, breiten Sandstrand. Dahinter erstreckt sich eine herrliche Dünenlandschaft, und dahinter ausgedehnte Kiefernwälder. Der Radweg („Vélodyssée“) verläuft ganz überwiegend durch diese Wälder. Man hat daher während der Fahrt keinen Meerblick, kann aber dafür die Strecke überwiegend, wenn auch nicht ganz durchgehend, unabhängig von Straßen fahren. In regelmäßigen Abständen gibt es durch die Dünen Zugänge zum Strand; dazu muss man aber jeweils mehrere hundert Meter über sandige Pfade schieben, oder man lässt das Rad stehen und geht zu Fuß an den Strand. Der endlose, breite und abseits der Ortschaften herrlich einsame Sandstrand entschädigt dafür allemal. Besonders reizvoll sind die Strandabschnitte, die nicht per Straße zugänglich sind (küstenparallele Straßen gibt es kaum, stattdessen in größeren Abständen Stichstraßen, die jeweils in einem Parkplatz hinter den Dünen mit Strandzugang enden, so dass es zwischen diesen Straßenzugängen jeweils kilometerlange Abschnitte gibt, wo man vom Radweg aus auch dort an den Strand kommt, wo er für Touristen mit Kfz nicht anfahrbar ist).

Mir gefällt die Atlantikküste Frankreichs auch wegen der auch bei schwachem Wind stets aufgewühlten See. Den besonderen Reiz gerade der Côte d’Argent macht die Tatsache aus, dass es, wie gesagt, direkt an der Küste keine Straßen gibt, so dass eine küstennahe Route nur mit dem Rad möglich ist, und die Strandorte überwiegend von überschaubarer Größe sind, weitgehend ohne Hochhäuser und große Hotelanlagen, und jeweils mit einer bescheidenen Strandpromenade die endlose Dünenlandschaft nur für ein paar hundert Meter unterbrechen.

Soweit der im Wesentlichen von meinem alten Reisebericht übernommene Text. Zurück zur in diesem Bericht beschriebenen Tour: Leider schaffe ich heute nur eine sehr bescheidene Etappe, da ich aufgrund des regnerischen Wetters erst nachmittags aufbreche. Ich schlafe also lange aus und esse zu Mittag in einem der Restaurants in Le Porge-Océan Miesmuscheln mit Pommes (Moules-Frites), ein Gericht, das ich auf meinen Reisen in den französischen Küstenregionen seit Jahren lieben gelernt habe.



Der Strand ist hier in Le Porge-Océan herrlich einsam. Wetterbedingt ist mir aber nicht nach einem Bad im Meer zumute.





Ich warte, bis der Nieselregen aufhört; als ich schließlich aufbreche, ist es bereits so spät am Nachmittag, dass ich mir für heute nur noch die Strecke bis Arcachon vornehme, wo es, wie ich aufgrund meiner mehrfach angesprochenen Reise vor sieben Jahren weiß, einen Campingplatz gibt.

Ich folge also der „Vélodyssée“ durch die Kiefernwälder hinter den Dünen nur ca. 30 Kilometer bis Cap Ferret.





Arcachon liegt in einer Bucht, dem Bassin d’Arcachon, und ist, das weiß ich noch von meinem letzten Besuch, von Cap Ferret mit einer kleinen Fähre erreichbar. Sie fährt auch kurz nachdem ich dort eintreffe; Glück gehabt – die nächste Fahrt wäre erst gegen 20 Uhr gewesen.

Blick von der Fähre auf die Uferpromenade von Arcachon kurz vorm Anlegen



Abladen der Fahrräder nach Ankunft in Arcachon



Ich steuere den mir bereits bekannten Campingplatz an, auf dem ich schon einmal übernachtet habe. Obwohl die Landschaft der Côte d’Argent überwiegend flach ist, liegt das Stadtgebiet von Arcachon teilweise am Hang; zum Campingplatz geht es über zum Teil recht steile Straßen recht weit aufwärts.

Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, fahre ich zurück zur Uferpromenade, wo ich vorhin mit der Fähre angekommen bin, und genieße den Sonnenuntergang.





In einem der zahlreichen Restaurants an der Uferpromenade esse zu Abend. Zu dem Fischmenü, das ich bestelle, bekomme ich als Vorspeise für ein paar Euro Aufpreis sechs Austern.



4. Tag (03.07.2019), Arcachon – Gastes
Strecke: ca. 60 km


Bei der Fahrt hinunter vom Campingplatz, der in einem erhöht gelegenen Stadtteil Arcachons gelegen ist, zurück zur Uferpromenade sehe ich mich noch im schönen historischen Villenviertel Ville d`hiver um, an das ich mich noch vom letzten Mal erinnere.





Südlich von Arcachon erhebt sich die Dune du Pilat, die größte Wanderdüne Europas. Weil ich sie auf meiner Tour 2012 unverzeihlicherweise nur aus der Ferne betrachtet habe, muss die Besteigung diesmal natürlich dringend nachgeholt werden.



Der Aufstieg im Sand ist anstrengend, aber ich bin bei Weitem nicht der Einzige, der sich der Mühe unterzieht...



Von der Spitze der Düne in ca. 100 m Höhe bietet sich ein weiter Ausblick auf die Küstenwälder und das Meer.







Etwas weiter südlich mache ich eine längere Pause am herrlichen Sandstrand und gönne mir auch ein Bad im Meer.







Nach etlichen weiteren Kilometern durch die Kiefernwälder verlässt die „Vélodyssée“ schließlich in Biscarosse-Plage die Küste und umfährt landeinwärts ein Militärgelände. Überwiegend straßenbegleitend verläuft der Radweg über Biscarosse und Parentis-en-Born und schließlich entlang des Ostufers des Étang de Biscarosse et de Parentis, eines nahe der Küste gelegenen Sees. Am Seeufer gibt es mehrere Campingplätze; auf dem Camping „Les Prés Verts“ in Gastes schlage ich mein Zelt auf. Ich bin in den bisher drei Tagen wesentlich weniger weit gekommen, als ich eigentlich vorhatte; ich wollte nach meiner ursprünglichen Planung fast schon in Bayonne sein… Egal, Hauptsache unterwegs. Der Campingplatz hat ein Restaurant, in dem ich zum Abendessen ein ganz hervorragendes Entrecôte serviert bekomme.

Während des Abendessens auf der Terrasse des Campingplatzrestaurants kann ich den Sonnenuntergang über dem Étang de Biscarosse et de Parentis genießen.



5. Tag (04.07.2019), Gastes – Messanges-Plage
Strecke: ca. 80 km


Zunächst geht der Radweg weiter am Seeufer entlang, dann führt er mich durch die Kiefernwälder zurück an die Küste bei Mimizan-Plage.



Das Hôtel de France in Mimizan-Plage ist mir deshalb ein Foto wert, weil ich dort auf meiner mehrfach erwähnten Tour sieben Jahre zuvor übernachtet habe.



Weiter geht es durch die Kiefernwälder Richtung Süden.





Ich lasse das Rad stehen und gehe zu Fuß ein paar Hundert Meter durch die Dünenlandschaft an die Küste, bade in den Atlantikwellen und genieße den endlosen Sandstrand, den ich fast für mich allein habe, da hier weit und breit kein Küstenort ist und keine Möglichkeit, den Strand mit dem Kfz anzufahren.



Ab St.-Girons-Plage verläuft die „Vélodyssée“ laut meiner Michelin-Karte erst einmal nicht mehr ganz so unkompliziert und strikt parallel der Küste weiter, so dass ich beschließe, um des zügigen Vorankommens willen für den restlichen Tag ein wenig weiter im Landesinnern die Straße zu nehmen. Teilweise entspricht dies auch dem Verlauf des Radwanderwegs. Ich komme durch die Orte St.-Girons, Léon, Moliets-et-Maa und Messanges.

Mein heutiges Etappenziel ist Messanges-Plage, das im Wesentlichen nur aus einem Parkplatz hinter den Dünen und einem wunderschön am Strand gelegenen Restaurant besteht und wo ich vor sieben Jahren auch übernachtet habe. Ich habe den Ort auch diesmal wieder für eine Übernachtung eingeplant, weil ich das Restaurant, von dessen Terrasse man einen herrlichen Blick über den Strand und das Meer hat, noch in guter Erinnerung habe und dort gerne nochmal zu Abend essen will. Von Mesanges aus erreicht man Messanges-Plage über eine Stichstraße zur Küste. Diese führt kurz vorher an einem Campingplatz vorbei; ich schlage dort, wie bereits das letzte Mal, mein Zelt auf. Es ist schon relativ spät; ich beeile mich, mein Zelt aufzubauen und anschließend die paar Hundert Meter vom Camping zum Strand zu radeln.



Doch leider zu spät, das Restaurant hat zwar noch geöffnet und die Terrasse ist gut besucht, aber die Küche nimmt keine Bestellungen mehr entgegen. Schade. Ich muss meine erhoffte Einkehr in dieser nach meinem Geschmack wunderschön gelegenen Location also auf ein Bier beschränken und zunächst hungrig bleiben. Mit dem Schicksal versöhne ich mich aber recht schnell, als ich später im sehr netten, einfach und familiär geführten Restaurant meines Campingplatzes ein ganz ausgezeichnetes Lammkotelette genießen kann.

6. Tag (05.07.2019), Messanges-Plage – Bayonne
Strecke: ca. 50 km


Nach dem Zeltabbau fahre ich nochmal an den Strand, um in dem Restaurant zu frühstücken, in dem ich ja gestern kein Abendessen mehr bekommen habe. Vorher genieße ich aber noch ein Bad im Meer; der Strand ist am frühen Vormittag noch herrlich einsam.



Nach einigen weiteren Kilometern durch die Kiefernwälder verläuft die „Vélodyssée“ erstmals seit ich ihr folge (abgesehen von Arcachon) über eine längere Strecke durch fast urban wirkende größere Ortschaften; ich komme durch die ineinander übergehenden Küstenorte Seignosse, Hossegor und Capbreton. Hier gönne ich mir nochmal einen letzten Strandaufenthalt und genieße in einer Strandbar ein regionales Craft Beer.



Weiter geht der Radweg teils wieder durch Wälder, teils durch Ortschaften, die Wegführung wird trotz einigermaßen nachvollziehbarer Beschilderung komplizierter und die Besiedlung sowie die Verkehrsinfrastruktur dichter, je mehr ich mich dem Ballungsgebiet Bayonne/Biarritz nähere.



Die Küste habe ich endgültig verlassen, Bayonne liegt etwas landeinwärts am Südufer des hier, kurz vor seiner Mündung, recht breiten Adour; von dessen Nordufer ergibt sich bereits aus der Ferne ein Blick auf die Stadt mit den beiden Türmen der Kathedrale.



Ich bin nun im Baskenland. Mir fallen zahlreiche mehrsprachige Schilder auf. Neben Französisch ist nicht nur Baskisch, sondern auch das Okzitanische berücksichtigt.



Die sehr schöne Altstadt von Bayonne, die mir schon bei meinem letzten Besuch gut gefallen hat, ist reizvoll an den Ufern der hier zusammentreffenden Flässe Nive und Adour gelegen; markantestes Wahrzeichen ist die Kathedrale Sainte-Marie.



Eigentlich wollte ich nicht in Bayonne übernachten, sondern noch ein Stück weiterfahren und somit bereits heute endlich schonmal ein Stück in die Berge vorstoßen (ganz ursprünglich hatte ich ohnehin vorgehabt, ein bis zwei Tage vorher in Bayonne zu sein). Obwohl es erst gegen 15 Uhr ist, beschließe ich aber dann doch, hier nach einer Unterkunft zu suchen und morgen dafür eine entsprechend längere Etappe ins Auge zu fassen und bis nach St.-Jean-Pied-de-Port zu kommen.

Anhand einer in der Tourismusinformation erhaltenen Broschüre mache ich mich auf die Suche nach einem möglichst preiswerten Hotel; nach Überquerung der Nive und des Adour werde ich im nördlich der Altstadt gelegenen Viertel um den Bahnhof fündig.

Dann begebe ich mich wieder in die Altstadt. Hier der Blick über den Adour mit der Kathedrale:



Ich sehe mich ein wenig in den Altstadtgassen um, vor allem um die Kathedrale Sainte-Marie.



Die Altstadt von Bayonne ist sehr sehenswert. Interessanterweise soll hier auch das nach der Stadt benannte, auf den Lauf von Gewehren aufpflanzbare Bajonett erfunden worden sein. Eine der Sehenswürdigkeiten sind die umfangreichen von Vauban, dem Festungsbaumeister Ludwigs des XIV, entworfenen Befestigungsanlagen. Die zahlreichen auf Vauban zurückzuführenden Festungsbauwerke kann man fast überall in Frankreich besichtigen; ich bin wohl auf jeder meiner Radreisen in Frankreich an mindestens einem davon vorbeigekommen.





Morgen geht es, nachdem ich länger für die Fahrt entlang der Küste bis hierher gebraucht habe als geplant, endlich in die Pyrenäen.

Fortsetzung folgt…




von: Need5Speed

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 10:37

Tolle Eindrücke, bin auf die Fortsetzung gespannt
von: Uli aus dem Saarland

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 12:19

Hi Tom,

toller Bericht. Danke! Bin schon auf die Fortsetzung gespannt, weil ich in der folgenden Region 2018 mit meinem Sohn unterwegs war.

Wie ist denn die "Verkehrslage" auf dem Vélodysée im Juli? Sind dort viele Reiseradler unterwegs? Oder eher Tages-Fahrer?

Frage in die Runde: Bin ich zu doof, oder ist der Velodyssee-Radweg tatsächlich nicht in der Open Cycle Map verzeichnet? Zumindest in dem von Tom beschriebenen Abschnitt ab Boredeaux ist da nichts zu finden.

Gruß aus dem Saarland, wo es übrigens auch ein paar Vauban-Bauten zu besichtigen gibt...
Uli
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 14:43

In Antwort auf: Uli aus dem Saarland
Wie ist denn die "Verkehrslage" auf dem Vélodysée im Juli? Sind dort viele Reiseradler unterwegs? Oder eher Tages-Fahrer?

Ich habe da zwei Erinnerungen:

Im Jahre 2004 war in zur ersten Juli-Hälfte zwischen Biarritz und Arcachon immer mal wieder auf Teilen des Küstenradweges, der damals noch nicht unter dem Namen Vélodysée bekannt war und wohl auch lückenhafter war als heute. In Teilen war der Radweg aber bereits recht gut ausgebaut und diente im hinter den Dünenstränden dem Tagesverkehr von "Aktivurlaubern" der Strandtouristen, gerne komplett mit Familie und Strandausrüstung. Auch Hänger sah ich damals schon. Echte Radtouristen dürfte es aber nur wenige gegeben haben, in den Pyrenäen sah ich mehr. Da klasssiche Ferienzeit war, war es auch entsprechend voll. Damals war ich auch noch besonders sportlich aufgelegt, also von manchen Familienbummlern genervte und war teils auf Straßen ausgewichen. Heutzutage darfst du zur Ferienzeit mit mehr Radtouristen rechnen (wird heute auch vom touristischen Veloreiseveranstaltern angeboten), der Tagesverkehr dürfte dabei nicht geringer geworden sein. An Straßenquerungen gibt es zudem gelegentlich Drängelgitterbarrieren (meist aus Holz), wo sich schon mal ein Pulk stauen kann. Rücksichtnahme und gelegentlich nachsichtige Geduld solltest du schon mitbringen, wenn du dort zur Hauptsaison radelst - zumindest in diesem Flachbereich der beliebten Strandorte.

In 2018 war ich bereits Mitte Juni einen kurzen Abschnitten auf der Vélodyssée unterwegs, allerdings südlicher, zwischen Bayonne und St-Jean-de-Luz. Ob es dort ein durchgehende Route gibt, blieb mir aber verborgen, bin aber zumindest zufällig dann und wann dort auch auf als solch ausgewiesener Route gelandet, hier bei Guéthary:



Auf dieser Etappe, es war immerhin Samstag, sah ich quasi gar keine Reiseradler, Wetter war zudem eher sehr durchwachsen. Andere Tagesradler auch eher Fehlanzeige. Eher schon Wanderer, aber meist dann auf anderen Wegen. Der Ausschnitt war indes aber auch nur klein, sonst war ich dort eher auf Straßen oder konträr auf reinen "Fußwegen". Zudem ist es hier schon leicht hügelig auf der Route, also nicht flach wie nördlich Bayonne - das reduziert die Klientel sehr, insbesondere die Tagesstrandtouristen. Nochmals andere Tour (2014, Mitte Juli) traf ich in Espelette auf eine Familie der Niederlande, die waren komplett Vélodyssée gefahren. Habe aber nicht nach der Reiseradlerfrequenz auf der Strecke gefragt.

Anmerkung zu Bordeaux: Liegt nicht expizit auf der Vélodyssée, sondern auf dem Eurovelo 3. Offenbar gibt es aber verschiedene velophile Anschlüsse zur Atlantikroute, Tom ist nördlich vom Arcachon-Becken rüber, habe aber auch was über einen südlicheren Bahntrassenweg gelesen. Ich selbst bin damals Arcachon - Bordeaux auf einer regulären Straße gefahren.
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 14:58

Hallo Tom,
wahrscheinlich hast du ein Festtagsmenü mit zahlreichen Gängen vorbereitet - zumindest für mich und die trostlosesten Tage des Jahres. bravo lach Die meisten Orte werde ich vermutlich selber schon irgendwie erradelt haben, aber immer wieder sind die Perpektiven anders und die Erinnerungen auch schon sehr unterschiedlich lange her oder frisch. Die moderne Tram in Bordeaux gab es schon 2004, das Radwegenetz dort drumrum weniger. Austern lagen in Arcachon auch auf meinem Teller. In Bayonne aber eher Schokolade als Bier auf der Zunge. Bayonne ist ja noch frisch in meinem Kopf vom letzten Jahr. Mal sehen, welche Spur du nunmehr in die Berge aufgenommen hast.
von: Axurit

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 15:52

In Antwort auf: Uli aus dem Saarland
Frage in die Runde: Bin ich zu doof, oder ist der Velodyssee-Radweg tatsächlich nicht in der Open Cycle Map verzeichnet?
Die Radroute ist in diesem Bereich in OpenStreetMap als Eurovelo 1 und somit als internationale Radroute eingetragen. Die OpenCycleMap stellt aber internationale Radrouten nicht dar, ein seit Jahren bekannter Mangel, der wohl in absehbarer Zeit nicht beseitigt werden wird.

Auf WayMarkedTrails ist der EV1 zu sehen.
von: Uli aus dem Saarland

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.12.19 21:14

aha, Danke für die Info. Das ist aber echt seltsam....
von: indomex

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 21.12.19 07:41

In Antwort auf: Uli aus dem Saarland
Wie ist denn die "Verkehrslage" auf dem Vélodysée im Juli? Sind dort viele Reiseradler unterwegs? Oder eher Tages-Fahrer?

Ich fand, dass dieses Jahr im August extrem viele Reiseradler unterwegs waren, täglich kamen mir dutzende entgegen (ich fuhr allerdings nach Norden, was wohl wenige taten, da man dann auch den Wind oft gegen sich hat). Und zusätzlich gab es, je nach Abschnitt, manchmal hunderte, manchmal auch über tausend "Tages-Fahrer"...

In Antwort auf: Uli aus dem Saarland
... oder ist der Velodyssee-Radweg tatsächlich nicht in der Open Cycle Map verzeichnet?

"Velodysee" scheint mir eine französische Bezeichnung für den in Frankreich verlaufenden Abschnitt der "Eurovelo 1" zu sein; ich bin nicht digital unterwegs, aber vielleicht findet man unter Eurovelo 1 was...???

LG, Peter
von: indomex

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 21.12.19 07:43

Hallo Tom, bin sehr gespannt auf die Fortsetzung, da ich letzten Sommer auch dort unterwegs war; habe bereits jetzt sehr viel wieder erkannt... Danke für deinen Bericht.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 22.12.19 12:01

@ veloträumer: Ja, es ist noch Einiges in Vorbereitung, aber bis zu den Festtagen werde ich bei Weitem nicht mehr alle Gänge servieren können schmunzel . Aber die nächste Fortsetzung ist schon fast fertig.

Zur Frequentierung der "Vélodyssee", also des französischen Abschnitts des Eurovelo 1, durch Reiseradler: Es gab zwar immer wieder Situationen, wo mir Reiseradler, teilweise auch in Gruppen, aufgefallen sind. Aber generell hatte ich, ebenso wie bereits vor einigen Jahren, nicht den Eindruck, dass es besonders viele waren. Eher schon "normale" Radler. Besonders dicht kam mir der Radverkehr dort seltsamerweise generell nicht vor, eher schon in der Nähe der größeren Ortschaften. Unangenehm voll kam mir der Radweg eigentlich nie vor.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 24.12.19 14:44

7. Tag (06.07.2019), Bayonne – St.-Jean-Pied-de-Port
Strecke: ca. 90 km
Höhenmeter: ca. 1800


Heute verlasse ich erstmals auf der Reise die mir bereits bekannte Route, und es geht endlich in die Pyrenäen. Falls man das erste Mal in dieser Gegend ist, sollte man sich, auch wenn man von hier eine Pyrenäen-Tour startet, unbedingt auch den Küstenbereich weiter westlich mit Biarritz, St.-Jean-de-Luz, der Küsten-Panoramastraße Corniche Basque, Hendaye und vielleicht bis Donostia-San Sebastian ansehen. Da ich all das aber auf meinen Radreisen bereits, teilweise zwei- und dreimal, gesehen habe einschließlich des küstennahen, markanten Gipfels La Rhune, auf den man mit einer Zahnradbahn mit historischen Fahrzeugen gelangt, kann ich diesmal guten Gewissens ab Bayonne eine direkte und mir noch nicht bekannte Route in die Berge nehmen, die mir schon vor Jahren auf der Karte aufgefallen ist und die Bezeichnung „Route impériale des Cimes“ trägt, ein kleines, verkehrsarmes und in der Michelin-Karte als landschaftlich reizvoll gekennzeichnetes Sträßchen (D 22). Im weiteren Verlauf der heutigen Etappe werde ich dann noch zweimal auf meine Reiseroute einer früheren Tour treffen.



Problemlos finde ich aus Bayonne hinaus; die D 22 bietet schon bei der Ausfahrt aus dem Stadtgebiet ordentliche, wenn auch nicht allzu lange Steigungen. In stetigem Auf und Ab geht es fast ohne Verkehr durch die hier noch eher hügelige als gebirgige, grüne Landschaft des Baskenlandes. Höhere Berge sieht man noch kaum, und der Fernblick gen Süden, wo man vielleicht schon das Hochgebirge erahnen könnte, bleibt wegen des bewölkten Wetters weitgehend verwehrt. Anders als am östlichen, katalanischen, Ende steigen die Pyrenäen hier, auf der baskischen Seite, vom Meer her gesehen erst recht allmählich an; ich werde heute noch nicht über 700 m hinausgelangen.

In der Nähe von Cambo-les-Bains verlasse ich die D 22; in Cambo treffe ich wieder auf die Route meiner Pyrenäen-Tour von 2016, der ich nun auf der D 20 über Espelette und über den Col de Pinodiéta bis Ainhoa folge. Der Col de Pinodiéta ist mit seinen bescheidenen 176 m der erste Pass der Reise.



Ainhoa ist ein hübsches, typisch baskisch anmutendes Örtchen, das augenscheinlich auch eine gewisse touristische Bedeutung hat und mit mehreren Läden für regionale baskische Produkte aufwartet.



Während ich auf meiner damaligen Pyrenäen-Tour ab hier Richtung Nordwesten an die Küste bei Ciboure gefahren bin, um die am Mittelmeer begonnene Reise in Hendaye zu beenden, geht es diesmal für mich südwärts über den Puerto de Otxondo (602 m), dessen Auffahrt in Ainhoa beginnt. Nach wenigen Kilometern überquert sie in Dantxarinea die spanische Grenze. Ein Schild weist mit dem typischen gelben Muschel-Symbol auf den Jakobswegs hin. Die beiden Hauptrouten des Pilgerwegs überqueren die Pyrenäen aber weiter südöstlich; die eine über den für mich morgen auf dem Programm stehenden Ibañeta-Pass und die andere über den Somport-Pass.



Die Autonome Gemeinschaft (Comunidad Autónoma) Navarra begrüßt mich mit einem Schild überwiegend in baskischer Sprache; nicht nur das eigentliche Baskenland (Cominidad Autónoma del País Vasco), sondern auch dieser nördliche Teil Navarras gehört zum baskischen Sprach- und Kulturraum, und die Bedeutung der baskischen Sprache, die hier neben dem Spanischen einen offiziellen Status genießt, zeigt sich überall anhand zweisprachiger Beschilderungen.



Die Auffahrt auf den Puerto de Otxondo (D-121 B) und der Pass mit seinen 602 m sind eher unspektakulär.



An der Passhöhe beginnt das Sträßchen zum 1090 m hohen Pico Gorromakil; die Auffahrt soll landschaftlich traumhaft sein, ebenso die Aussicht vom Gipfel, aber da nach meinen Informationen die Qualität des Straßenbelags eher bescheiden sein soll und der Abstecher auch schlecht in den Zeitplan für den heutigen Tag gepasst hätte, verzichte ich darauf, wohl wissend, etwas verpasst zu haben.

Stattdessen rolle ich vom Otxondo südwärts wieder talwärts.



Ich verlasse die N-121 B und biege Richtung Osten auf das Sträßchen ab, das mich auf den nächsten Pass, den Grenzpass Puerto de Izpegui führt (französisch Col d’Ispéguy, baskisch Izpegi). Vor dem eigentlichen Anstieg gönne ich mir in Erratzu eine kurze Pause mit Einkehr.



Nicht allzu steil und in wunderschönen Serpentinen führt mich das Sträßchen praktisch ohne Kfz-Verkehr hinauf zum Pass.







Das Schild auf der Passhöhe mit 690 m, über die die Grenze zu Frankreich verläuft, gibt die baskische Namensform an. Ich werde die Grenze auf der Tour einschließlich der beiden heutigen Male insgesamt sechsmal überqueren, zuzüglich zweier weiterer Male auf einer Wanderung. Gleichzeitig überquere ich hier zum ersten Mal auf der Tour den Pyrenäen-Hauptkamm.



Auf dem Pass gibt es eine willkommene Einkehrmöglichkeit, so dass ich mich mit einem Bier belohnen kann, und freilaufende, sehr zutrauliche Pferde.





Blick vom Pass voller Vorfreude auf die abwärts führende Straße



Auf der Abfahrt begeistert mich die Landschaft noch mehr als bereits bei der Auffahrt.





Ich vermute, dass es sich bei diesem Raubvogel, der hier majestätisch über der Bergwelt dahingleitet und an den ich mit dem Zoom meiner Kamera leider nicht näher herankomme, um einen der für die Avifauna der Pyrenäen typischen Gänsegeier handelt.







Vom Talort St.-Étienne-de-Baïgorry sind es noch gut 10 km über einen kleinen Pass, der offenbar keinen Namen hat, bis St.-Jean-Pied-de-Port. Dieser bedeutende Pilgerort liegt, wie der Name andeutet, am Fuß des Passes, über den die westlichere die beiden Hauptrouten des Jakobswegs die Pyrenäen überquert, nämlich des Puerto de Ibañeta, über den auch mich mein Weg morgen führen wird. Hier habe ich bereits 2016 auf meiner Pyrenäenreise übernachtet, ohne damals aber den Ibañeta überquert zu haben.

Der Campingplatz, auf dem ich nun also das zweite Mal übernachte, ist sehr zentral gelegen, in Sichtweite der Porte Notre-Dame, eines der historischen Stadttore, durch das der Jakobsweg Richtung Spanien und Ibañeta-Pass führt. Die Brücke vor dem Tor überspannt die Nive, die in Bayonne, dem Startpunkt meiner heutigen Etappe, in den Adour mündet.



Auf dem Campingplatz übernachten viele Reiseradler. Die allermeisten werden, anders als ich, auf dem Jakobsweg unterwegs sein, der sich seit langem auch bei Radpilgern einer großen Beliebtheit erfreut; auch ich habe ihn vor etlichen Jahren, allerdings erst in Pamplona startend, mit dem Rad bereist, so dass ich morgen gleichsam auch die dazugehörige Pyrenäenquerung nachhole.



Fortsetzung folgt…
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 02.01.20 22:08

8. Tag (07.07.2019), St.-Jean-Pied-de-Port – Ochagavía
Strecke: ca. 65 km
Höhenmeter: ca. 1500


Ich bin auf dem Campingplatz von St.-Jean-Pied-de-Port nicht der einzige Radreisende, der morgens aufbricht; so viele Reiseradler habe ich auf der Reise auf keinem anderen Campingplatz gesehen – wie gesagt, werden es überwiegend Jakobsweg-Radpilger sein.



Der sehr schöne Ort am Fuß des Ibañeta-Passes ist geprägt von den durchreisenden Pilgern und ganz auf deren Bedarf ausgerichtet. Hier beginnt der „Camino Francés“, der spanische Abschnitt des Pilgerwegs nach Santiago de Compostela.



Als ich losfahre, ist es bewölkt und trüb, und ab und zu nieselt es. Eigentlich typisches Pyrenäenwetter. St.-Jean liegt auf einer Höhe von etwa 150 m. Ich habe also bis zum 1057 m hohen Puerto de Ibañeta etwa 900 Höhenmeter vor mir. Nach etwa einem Drittel überquert die zum Pass hinaufführende D 933 in Arnéguy die Grenze nach Spanien, ab da verläuft sie weiter als Carretera Nacional 135. Schließlich tauche ich in die tief hängenden Wolken ein; von der weiteren Auffahrt zum Puerto de Ibañeta sehe ich daher nicht viel mehr als die Straße und bekomme von der Landschaft nicht viel mit. Der Jakobsweg scheint ungefähr parallel zur Passstraße zu verlaufen; ab und zu weisen Schilder auf dessen Querung der Straße hin.



Während der Auffahrt mache ich die Bekanntschaft eines Reiseradlers, der heute ebenfalls von meinem Campingplatz aufgebrochen ist, der mal mich überholt, mal ich ihn; ab und zu fahren wir kurz nebeneinander und tauschen uns auf Englisch über unsere jeweiligen Touren aus. Er ist Amerikaner, lebt aber zur Zeit in Bilbao, das auch das Ziel seiner Reise ist. Er ist wie ich einer der wenigen Radler, die diesen Pass überqueren, ohne dies wegen des Jakobswegs zu tun. Er ist irgendwo am Mittelmeer gestartet und hat die Pyrenäen längs durchfahren.

Ich komme etwas vor dem Amerikaner auf dem Pass mit einer Höhe von 1057 m an; kurz danach taucht auch er sichtlich zufrieden aus dem Nebel auf.



Ich habe das erste Mal auf dieser Reise 1000 Höhenmeter überschritten und überquere ein weiteres Mal den Pyrenäen-Hauptkamm.



Auf der in Nebel gehüllten Passhöhe macht eine Gruppe Radreisender eine Pause.



Die Abfahrt führt mich nach nur etwa zwei Kilometern durch Roncesvalles, die bedeutende Station am Jakobsweg mit Kloster und historischer Pilgerherberge, seit jeher von den Pilgern nach dem oft, gerade bei ungemütlichen Wetterbedingungen wie heute, mühsamen und gefährlichen Passübergang ersehnter Etappenort. Und während ich vor wenigen Minuten auf der Passhöhe noch mitten im dichten Nebel losgerollt bin, überrascht mich hier, gerade einmal 100 Höhenmeter tiefer, ein blauer, fast wolkenloser Himmel und Sonnenschein. Diese wohl für die Pyrenäen typische Konstellation – sonniges Wetter auf der spanischen Seite und Nebel und Regen auf der französischen – habe ich bereits mehrfach bei der Überquerung der Pässe des Hauptkamms erlebt; dessen Eigenschaft als Wetterscheide werde ich auf der Tour noch zwei weitere Male erfahren.



Unterhalb von Roncesvalles verläuft die vom Puerto de Ibañeta herabführende N 135 mit wenig Gefälle weiter Richtung Pamplona, wo ich vor etlichen Jahren eine Jakobsweg-Radtour begonnen habe und das ich, hätte ich dort hingewollt, nach etwa 40 km erreicht hätte. Dort finden gerade die jährlichen Sanfermines statt mit den weltbekannten Stierläufen (Encierros). Ich verlasse aber die Nationalstraße wenige Kilometer hinter Ronvesvalles und biege nach Südosten auf eine untergeordnete Straße (NA 140) ab, die über den nächsten Pass, den Alto de Remendia, parallel zum Pyrenäenhauptkamm verläuft, den ich dann morgen über den Port de Larrau wieder zur französischen Seite überqueren werde.

Nach der vernebelten Auffahrt auf den Ibañeta kann ich jetzt bei klarem Wetter die herrliche Pyrenäenlandschaft genießen; die Dörfer (Garralda, Aribe, Garaioa, Abaurrea (Baja und Alta)) wirken verschlafen; touristisch hat diese Region offenbar keine große Bedeutung.



Nachdem ich bei Aribe noch einmal etwas hinunter in ein Flusstal gerollt bin, beginnt die Auffahrt zum Alto de Remendia. Kurz vorher, hinter dem Ort Abaurrea Alta, eröffnet sich ein herrlicher Blick auf den Pyrenäen-Hauptkamm, dann ist der Pass, mit 1040 m nur unwesentlich niedriger als der Puerto de Ibañeta, erreicht.





Nach einer längeren Abfahrt erreiche ich Ezcároz



und kurz darauf Ochagavía, wo es einen Campingplatz gibt. Der Platz verfügt auch über ein Restaurant, aber ich bevorzuge es, in einem der Restaurants im Ort zu Abend zu essen.



9. Tag (08.07.2019), Ochagavía – Larrau
Strecke: ca. 32 km
Höhenmeter: ca. 840


Beim Frühstück im Campingplatzrestaurant sehe ich, wie einige Gäste des Platzes gebannt die Fernseh-Berichterstattung mit den spektakulären Bildern von den gerade im nahen Pamplona ausgetragenen Sanfermines verfolgen, bei denen Menschen, überwiegend junge Männer, aus aller Welt tollkühn vor den durch die engen Gassen zur Stierkampfarena getriebenen Stieren herlaufen und wobei es häufig zu Verletzten (so auch dieses Mal) und gelegentlich auch Toten kommt.

Ich sehe mich noch ein wenig in Ochagavía um, dann nehme ich die Auffahrt zum Port de Larrau (1585 m) in Angriff. Da der Ort auf etwa 760 m Höhe gelegen ist, habe ich gut 800 Höhenmeter vor mir.





Landschaftlich interessant wird die Auffahrt, sobald die Baumgrenze erreicht ist und sich der Blick auf die Passhöhe eröffnet (im Bild etwas rechts der Mitte).



In weiten Serpentinen gewinnt die Straße mit herrlichen Ausblicken auf die Berglandschaft an Höhe. Laut einer Informationstafel am Straßenrand handelt es sich bei der Bergspitze am Horizont um den Monte Ori, den westlichsten, also von der Atlantikküster her gesehen ersten, Zweitausender-Gipfel der Pyrenäen.





Ein paar letzte Höhenmeter werden dem Radler durch einen kurzen Tunnel wenige hundert Meter vor dem Pass erspart.



Auf dem 1585 m hohen Port de Larrau, der mich ein weiteres Mal über den Pyrenäen-Haupkamm und über die Grenze zwischen Spanien und Frankreich führt, erlebe ich auch ein weiteres Mal das bekannte Wetter-Phänomen: Nachdem ich auf der spanischen Seite bei der Auffahrt Sonnenschein und überwiegend blauen Himmel genießen konnte, kriechen von der französischen Seite tief hängende Wolken die Passhöhe empor, von der ich zunächst noch eine weite Fernsicht habe, die sich während meines Aufenthalts aber rasch in Nebel hüllt.



Auf der Abfahrt habe ich daher noch weniger Sicht als gestern bei der Auffahrt zum Puerto de Ibañeta.





Nach wenigen Kilometern Abfahrt und einem kurzen, kaum wahrnehmbaren Gegenanstieg komme ich über einen weiteren Pass, den Col d’Erroimendy, der einem ohne das entsprechende Schild kaum aufgefallen wäre.



Hier kommt mir bellend ein respekteinflößender Hirtenhund entgegen, so dass ich in leichte Panik gerate und umso erleichterter bin, als kurz darauf aus dem Nebel der dazugehörige Schäfer auftaucht und ihn zurückruft.

Ein im Nebel kaum zu erkennendes Schild kündigt ein Gefälle von 10 % an und rät Kfz-Fahrern zum Gebrauch der Motorbremse. Das ruft mir wieder in Erinnerung, warum ich die Tour im Vorfeld so geplant hatte, dass ich den Larrau von Spanien nach Frankreich überquere und nicht in die andere Richtung – die Auffahrt auf der französischen Seite wird bei „quäldich.de“ als einer der härtesten französischen Pyrenäen-Anstiege beschrieben, und das bestätigt sich mir nun, als ich fast ohne Sicht die steilen Serpentinen hinabrolle und selbst das Bremsen als anstrengend empfinde (ich habe allerdings Felgenbremsen). Ich bin also froh, hier nicht hinauffahren zu müssen.



Schließlich fängt es aus den Wolken, durch die ich abwärts rolle und die mir fast jegliche Sicht nehmen, auch noch an zu regnen. Ich bin zu faul, anzuhalten und meine Regenklamotten herauszukramen und rolle tapfer weiter abwärts; die Abfahrt zieht sich endlos hin, ich werde immer nasser – schade, dass ich diese lange Abfahrt nicht genießen kann und deren Ende und den nächsten Ort, Larrau, herbeisehne.

Hier suche ich Zuflucht vor dem Regen und finde sie im Restaurant des offenbar einzigen geöffneten Hotels des Ortes und überlege bei einem Bier, ob ich heute noch weiterfahre. Ich entscheide schließlich, da das Hotel noch ein Zimmer frei hat, mich hier für die Nacht einzuquartieren.

Als der Regen nachlässt, mache ich noch einen Spaziergang durch das Dorf. Auch hier gibt es, wie für Gemeinden sowohl im spanischen als auch im französischen Teil des Baskenlandes typisch, einen Platz für den baskischen Nationalsport, Pelota.



Die Wolken liegen noch immer malerisch wie Bettlaken auf den Berghängen. Ein Schild am unteren Ortsausgang zeigt die polarisierende Wirkung der hier erfolgten Wiederansiedlung des Braunbären; die aus Slowenien eingeführten Tiere werden zwar einerseits (von Befürwortern des Artenschutzes) begrüßt, aber andererseits, wie hier, auch als Bedrohung für die heimische Weidewirtschaft empfunden.





Fortsetzung folgt…
von: Keine Ahnung

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.01.20 09:17

Die Pyrenäen bieten recht viel Abwechslung - von sehr karger Felslandschaft bis hin zu dichtem Grün bin ich dort durch alle Landschaftsformen geradelt. Von dem dichten Nebel bin ich allerdings verschont geblieben. Für meine 2019er-Radreise hatte ich eine Zeit lang mit dem Gedanken gespielt, einen Teil des Jacobs-Pilgerwegs zu fahren und dabei auch wieder die Pyrenäen zu queren. Es wurde dann aber doch eine andere Route ...

Vielen Dank für den Bericht! Ich bin schon auf die Fortsetzung gespannt (während ich noch an den Fortsetzungen zu meinem eigenen Bericht arbeiten muss ... zwinker ).
von: amati111

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.01.20 09:23

Hallo Tom,
Tolle Bericht und schöne Bilder!
Ich bin immer neidisch (weiß) wenn ich solche Berichte lese.
Mir fällt leider Zeit und Lust eventuell auch Talent für meine Touren so was zu schreiben.
LG Michael
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.01.20 12:23

In Antwort auf: Tom72


...
Hier kommt mir bellend ein respekteinflößender Hirtenhund entgegen, so dass ich in leichte Panik gerate und umso erleichterter bin, als kurz darauf aus dem Nebel der dazugehörige Schäfer auftaucht und ihn zurückruft.

Wahrlich kenne ich den Pyrenäenregen, aber es geht auch ohne "Wettergrenze", mit Sonne und friedliebenden Pottoks: lach





von: gatzek

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 07.01.20 17:13

Hallo Tom! Vielen Dank für den hübschen Tourenbericht. Amüsant finde ich es, dass wir uns in St.-Jean-Pied-de-Port begegnet sein müssten. Wir verbrachten dort auf dem Campingplatz zwei Nächte und sind dann auch am 07.07., allerdings zu Fuss, nach Roncevalles aufgebrochen. Den Wetterumschwung habe ich noch lebhaft vor Augen, das Licht und der Nebel in den wunderschönen alten Buchenwäldern erzeugten eine märchenhafte Stimmung. In Ochagavia zelteten wir dann ebenfalls, allerdings drei Tage später.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 07.01.20 22:30

Das ist ja interessant, welch ein Zufall schmunzel - wenn Ihr nach der Passüberquerung von St.-Jean nach Roncesvalles anschließend nach Ochagavía weitergewandert seid, seid Ihr ja offensichtlich auch nicht auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen. Das scheint mir für Wanderer in der Region noch seltener zu sein als für Radreisende...
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 07.01.20 22:45

10. Tag (09.07.2019), Larrau – Tardets-Sorholus und Wanderung zu den Gorges d‘Holzarté
Strecke: ca. 18 km
Höhenmeter: ca. 430 abwärts


Heute ist es immer noch bewölkt und regnerisch, so dass ich mich darauf einstelle, heute nicht besonders weit zu kommen und erst einmal ausschlafe. Als ich von meinem Hotel in Larrau aufbreche, ist es bereits fast halb zwölf.



Ich fahre die vom Port de Larrau kommende Straße (D 26), auf der ich gestern hierher herabgerollt bin, weiter abwärts; es regnet erst einmal nicht, aber die Wolken hängen noch tief auf den Berghängen.





Trotz des unbeständigen Wetters unternehme ich die erste, wenn auch kurze, Wanderung der Reise, denn schließlich habe ich ja auch die Wanderschuhe mitgeschleppt, und der Wanderweg, der auf einer spektakulären Hängebrücke eine tiefe Schlucht, die Gorges d’Holzarté, überquert, beginnt an der Straße, auf der ich ohnehin unterwegs bin. Nach etwa einer Dreiviertelstunde erreiche ich auf dem stark ansteigenden Weg die Hängebrücke, aber dann fängt es wieder an zu regnen, so dass ich schnell ein paar Fotos mache und zügig wieder umkehre.





Trotz Regenkleidung ziemlich durchnässt erreiche ich wieder mein unten abgestelltes Rad und flüchte mich vor dem immer noch recht starken Regen zum direkt am Ausgangspunkt des Wanderwegs an der Straße gelegenen Restaurant, vor dem man unter einer Markise regengeschützt draußen sitzen kann. Hier nehme ich ein spätes Mittagessen ein und fahre, nachdem der Regen aufgehört hat, weiter abwärts bis zum nächsten größeren Ort, Tardets-Sorholus.



Obwohl es noch nicht spät ist und ich heute nur bescheidene 18 km, noch dazu ausschließlich abwärts, gefahren bin, beschließe ich, hier zu übernachten. Für morgen ist wieder schönes Wetter angesagt, so dass ich morgen den nächsten bedeutenden Programmpunkt, den Col de Marie-Blanque, in Angriff nehmen kann; heute ist es dafür eindeutig zu spät. Und es gibt in Tardets einen Campingplatz, auf dem ich mein Zelt aufschlage. Der Regen hat endgültig aufgehört. Der Platz ist nur sehr schwach ausgelastet. Das Rad muss als Wäscheständer herhalten, um die bei der Wanderung durchnässten Klamotten zu trocknen.



In Tardets-Sorholus finde ich ein Restaurant, auf dessen Terrasse ich mir zum wiederholten Mal auf dieser Reise ein vorzügliches Entrecôte servieren lasse. Hier komme ich ins Gespräch mit zwei jungen Amerikanerinnen, die auf Radreise durch Europa unterwegs sind (hier ihre Räder). Sie sind in der Bretagne gestartet und haben Istanbul als Ziel. Dafür haben sie noch einige Monate Zeit; ich meine, sie sprachen von September (jetzt ist es früher Juli). Ach, hätte ich doch auch einmal soviel Zeit für eine Radtour…





Auf dem Papier-Untersetzer unter meinem Teller wird für regionale Veranstaltungen zweisprachig auf Französisch und Baskisch geworben. Das Baskenland werde ich aber morgen verlassen.

11. Tag (10.07.2019), Tardets-Sorholus – Laruns
Strecke: ca. 60 km
Höhenmeter: ca. 1160


Heute steht die anspruchsvolle Querung des Col de Marie-Blanque auf dem Plan; Ziel für heute ist Laruns, wo der Anstieg zum Col du Pourtalet beginnt. Ich frühstücke in dem gleichen Restaurant in Tardets-Sorholus, in dem ich gestern auch zu Abend gegessen habe.



Ich verlasse das Tal, in dem die Straße (D 26) verläuft, auf der ich vorgestern vom Larrau-Pass herabgekommen bin. Die D 918 führt mich von Tardets ins parallele Aspe-Tal. Auf der verkehrsarmen Straße komme ich durch die Orte Montory, Lanne-en-Barétous, Arette und Issor; der Übergang zwischen den beiden vom Pyrenäen-Hauptkamm herabführenden Tälern ist, wenn auch nicht immer so flach wie auf dem Bild, doch mit überraschend wenigen Höhenmetern verbunden.



Ich fahre nun ein kurzes Stück auf der Nationalstraße N 134 das Vallée d‘Aspe aufwärts Richtung Somport-Pass. Hier bin ich bereits drei Jahre zuvor auf meiner Pyrenäen-Tour in die entgegengesetzte Richtung vom Grenzpass Col du Somport/Puerto de Somport (1640 m) herunterkommend entlanggeradelt. Die Bedeutung der über den Somport führenden Pyrenäenquerung, die diesmal aber nicht auf meinem Programm steht, zeigt sich anhand eines Wegweisers nach Saragossa. Bedeutsamer für mich sind hingegen die Hinweisschilder für das hier, in Escot, beginnende (und entgegen dem durch die Pfeile vermittelten Eindruck nach links abzweigende) Sträßchen, auf dem ich das Vallée d’Aspe schon wieder verlassen werde und das mich über den Col de Marie-Blanque in das nächste parallel verlaufende Tal, das Vallée d’Ossau, führen wird, da ich für die nächste Überquerung des Pyrenäen-Hauptkamms nach Spanien den etwa 10 km östlich des Somport-Passes gelegenen Col du Pourtalet vorgesehen habe.



Nicht weit von der Stelle, wo ich die zum Col du Somport hinaufführenden Hauptstraße N 134 verlasse, kann ich eines der Viadukte der ebenfalls das Aspe-Tal hinaufführenden Bahnlinie bewundern, Teil der ehemaligen, seit 1970 nicht mehr durchgehend betriebenen, internationalen Bahnverbindung Pau – Saragossa, die den Somport-Pass mit einem Tunnel unterquerte. Der hier zu sehende Abschnitt ist erst vor wenigen Jahren wiedereröffnet worden. Näheres zu dieser interessanten Bahnstrecke kann man in meinem Bericht zu meiner Pyrenäen-Reise 2016 (dort Tag 16) nachlesen. Dass sich der Kreis meiner diesjährigen Radreise entgegen meiner (allerdings teilweise nur groben) Planung am Ende doch wieder genau an dieser Stelle schließen wird und sowohl der Somport-Pass als auch die besagte Bahnstrecke später auch auf dieser Tour doch noch eine Rolle spielen werden, wusste ich hier noch nicht.



In Escot, dem Ausgangspunkt der verkehrstechnisch unbedeutenden und daher kaum befahrenen Straße D 294 über den Col de Marie-Blanque, gibt es eine Info-Tafel, der, wie es in Frankreich bei vielen Pässen üblich ist, die für Radfahrer interessanten Daten des bevorstehenden Anstiegs zu entnehmen sind. Was ich bei der Vorbereitung der Reise vielleicht irgendwo gelesen, aber wohl wieder verdrängt habe (in meinem Reiseführer wird das Sträßchen als landschaftlich ausgesprochen schön angepriesen, was sich auch bewahrheiten sollte), wird mir hier deutlich auf Französisch, Spanisch und Englisch verkündet: Die Auffahrt auf den mit 1035 m nicht allzu hohen Pass ist zwar nur 8 km (nach einem späteren Schild gut 9 km) lang, stellt aber, wie es auf der Tafel heißt, wegen der Steigung von über 10 % auf den letzten 4 km für Radfahrer eine besondere Herausforderung dar. Da habe ich wohl noch etwas „Arbeit“ vor mir…



Die 700 zu bewältigenden Höhenmeter sind tatsächlich sehr ungleichmäßig auf die 9 km lange Auffahrt verteilt. Zunächst geht es noch recht gemütlich aufwärts mit 4, dann 5 %, wie den (auch das ist ja bei vielen französischen Passauffahrten üblich) im Abstand von jeweils einem Kilometer zur Informationen der Radfahrer aufgestellten Schildern zu entnehmen ist (sie geben jeweils die aktuelle Höhe, die verbleibende Strecke bis zum Pass und die durchschnittliche Steigung des folgenden Kilometers an).







Dann geht es auf den letzten 4 km, wie angekündigt, zur Sache; der auf den Schildern angegebene Steigungswinkel erhöht sich fast von Kilometer zu Kilometer, was auch die Messung meines Radcomputers bestätigt: 4 km vor dem Pass sind es 11 %



und auf dem letzten Kilometer 12 %.



Ich lasse mir Zeit und lege auf den letzten Kilometern alle paar Hundert Meter eine kurze Verschnaufpause ein; so erreiche ich schließlich zufrieden die Passhöhe. Im Endeffekt war es doch recht gut machbar.



Auf dem Pass unterhalte ich mich mit einem französischen Radreisenden, der mit leichtem Gepäck in meine Richtung unterwegs ist und dem ich am kommenden Tag auf der Auffahrt zum Col du Pourtalet wieder begegnen werde. Dann kommt aus der anderen Richtung ein spanischer Rennradler auf der Passhöhe an und ergänzt die interessante Gesprächsrunde. Er ist über 60 und berichtet, dass er auf einer Tages-Rundtour unterwegs sei: Gestartet sei er heute morgen in Jaca in Spanien (die Stadt liegt am Fuß des Somport-Passes, sie ist mir von zwei meiner Radreisen bekannt), dann sei er über den Pourtalet gefahren, jetzt über den Col de Marie-Blanque, und nun werde er nach der Passabfahrt das Vallée d’Aspe aufwärts fahren und über den Puerto de Somport wieder zurück nach Jaca. Er erzählt, dass er diese für mich extrem beeindruckend klingende Runde nicht das erste Mal fahre; während er jetzt allerdings dafür etwa acht Stunden veranschlage, habe er dafür in jüngeren Jahren nur etwa sechs Stunden gebraucht (wenn ich mich an seine Angaben richtig erinnere). Respekt! Wenn ich diese Runde bei Google Maps „nachspiele“, komme ich auf etwa 180 km und 3000 Höhenmeter.

Die Abfahrt ist landschaftlich fast noch reizvoller als die Auffahrt. Zunächst eher flach führt das nach wie vor kaum befahrene Sträßchen über das Plateau de Bénou.





Dann geht es steiler hinunter ins hier, in seinem unteren Bereich, noch recht breite Vallée d’Ossau, in dem ich auf die Richtung Col du Pourtalet hinaufführende D 934 treffe. Ich folge ihr heute aber nur noch etwa 10 km bis Laruns, dem eigentlichen Ausgangspunkt der morgen auf dem Programm stehenden Passquerung.





In Laruns treffe ich wieder auf bekanntes Terrain; ich habe hier bereits 2013 auf einer Radreise übernachtet (damals habe ich den Ort vom Col d’Aubisque herabkommend erreicht) und am Folgetag den Col du Pourtalet überquert; diese Überquerung des Pyrenäen-Hauptkamms nach Spanien, die ich als landschaftlich äußerst reizvoll in Erinnerung habe, darf ich morgen also zum zweiten Mal genießen.



In Laruns gibt es mehrere Campingplätze. Ich entscheide mich für denselben, auf dem ich auch vor sechs Jahren übernachtet habe und kehre nach dem Zeltaufbau auch wieder im selben Restaurant im Ortszentrum ein, an das ich mich noch von damals erinnere.

Fortsetzung folgt…
von: Keine Ahnung

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 08.01.20 08:53

Ein weiterhin schöner und interessanter Bericht. Als ich das letzte Mal mit dem Fahrrad in den Pyrenäen unterwegs war, war Regen nicht in Sicht, es war sehr warm bis heiß. Etwas bedeckten Himmel hätte ich mir damals zwischendurch gewünscht zwinker .

In Antwort auf: Tom72

Trotz Regenkleidung ziemlich durchnässt ...


Wenn ich körperlich aktiv bin, bin ich unter Regenkleidung immer durchnässt, wobei die Feuchtigkeit hierbei eher von innen kommt . Ich schwitze so stark, dass es wohl keine Bekleidung gibt, die so atmungsaktiv ist, dass ich verhindern kann, am Ende doch durchnässt zu sein. Allerdings bleibt der Windschutz und es gibt schon noch einen Unterschied zwischen "durchnässt" und "triefend nass" zwinker .

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!
von: gatzek

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 08.01.20 13:08

Hallo Tom! Also wir waren schon auf Pilgerpfaden unterwegs. Wir begannen die Wanderung in Le Puy-en-Velay auf dem Via Podiensis. Ab Roncesvalles liefen wir auf dem GR 11, der klassische Jakobsweg verlässt die Pyrenäen leider zu schnell. Am Rio Aragon ging es dann wieder weiter in Richtung Jaca. Nur kurz zur Erklärung, da Ochagavia natürlich etwas weit entfernt ist vom Jakobsweg. Gruß, Gatzek.
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 08.01.20 13:59

Die Jakobswege sind ja eher ein Wegesystem. Dass die Hauptwege so festgeklopft wurden, ist eher eine Folge jüngerer Zeit, u.a. weil der Jakobsweg als Weltkulturerbe verbrieft worden ist. Da brauchte man Fakten. Historisch ist sogar der Weg über den Somport-Pass eher noch bedeutender als der über Roncesvalles, weil Jaca zu den Königsstädten zählte, die der Weg einst verbinden sollte, bzw. der Pilger besuchen sollte. Das ist dann der Weg am Rio Aragón entlang und führt letztlich nach Puenta de la Reina, wo er sich mit dem Roncesvalles-Weg verbindet. Da Pamplona auch Königsstadt war, ist das auch wieder nicht authentisch, denn dieser Weg bleibt südlich außerhalb von Pamplona.

Während die Somport-Querung auch zu den offiziellen Hauptwegen zählt, gibt es aber auch weitere Nebenwege, die irgendein Mönch oder Geistlicher mal notiert hat. Letztlich also jeder Weg, den ein Geistlicher mal eingeschlagen hat. Das sind dann auch Wege, die heute weder offiziell gekennzeichnet noch überhaupt bekannt sind. Anders gesagt, es war früher den Pilgern weit mehr egal und für sie verpflichtend, wo sie herliefen als heute.

Logisch, entwickelt sich Infrastruktur nur dann, wenn sich die Wege vereinheitlichen. Soweit Heiligtümer besucht werden müssen, sinkt auch wiederum die Flexibilität, gleichwie für Stationen für den Pilgerstempel. Und schließlich trifft man Gleichgesinnte eher dann, wenn es einheitliche Wege gibt.

Anders herum erlauben sich heute Pilger aus touristischen Gründen (Natur, Kultur, Sport etc.), den Weg nach ihren Ideen zu modifizieren, zumal das Spirituelle nicht immer im Vordergrund steht. Aber auch, wer allein sein möchte, muss heute schon mal nach Alternativen schauen. Genauso haben sich ja auch die Möglichkeiten erweitert, nicht nur zu Fuß zu pilgern, sondern auch mit Rad, Pferd oder gar Wohnmobil (auch wenn das nicht ganz korrekt ist), neuerdings eben auch mit E-Bike. Und schließlich gibt es eine geringe Mindestwegstrecke, die deutlich unter dem liegt, was der gesamte Camino Francés abdeckt.

An alle "fremdgehenden" Pilger, die ich mal nebenbei gesehen habe, erinnere mich nicht mehr, aber eine Gruppe kam z.B.über den Alto Sorgain, das ist ein westlicher Nebenpass zum Ibaneta-Pass (Roncesvalles). So verkehrt ist also Ochagavia nicht gewesen. Ich hätte da auch gerne mal Station gemacht, war aber dann doch immer zur falschen Tageszeit dort.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 19.01.20 23:19

12. Tag (11.07.2019), Laruns – Col du Pourtalet
Strecke: ca. 30 km
Höhenmeter: ca. 1300


Die heute auf dem Plan stehende Überquerung des mit 1794 m höchsten Passes der Reise, des Col du Pourtalet, um wieder auf die spanische Seite zu wechseln, kenne ich bereits von einer sechs Jahre zurückliegenden Radtour. Damals bin ich am Mittelmeer bei Perpignan gestartet und bin nach der Pyrenäenquerung über den Pourtalet westwärts Richtung Kantabrien und Picos de Europa weitergefahren. Die im Schnitt nicht besonders steile, aber mit knapp 30 km recht lange Auffahrt, auf der 1300 Höhenmeter zu bewältigen sind, hatte mir dabei landschaftlich sehr gut gefallen. Diese wirklich schöne Passquerung steht mir nun also ein zweites Mal bevor.

Von der Passhöhe aus habe ich für morgen die erste größere Wanderung geplant. Besonders hatte es mir nämlich bei der Vorbereitung der Reise und der Suche nach geeigneten Wanderrouten die Tour 34 in meinem Wanderführer „Pyrenäen 4“ aus dem Rother-Verlag angetan, eine Besteigung des 2487 m hohen Pic Peyreget, des direkten Nachbarn des bekannten und für die Region als Wahrzeichen fungierenden Pic du Midi d’Ossau (2884 m). Da ich hierfür einen ganzen Tag vorgesehen hatte, hatte ich überlegt, wo ich strategisch günstig übernachten konnte. Erst hatte ich mit Gabas, dem letzten Ort vor dem Pass auf etwa halber Höhe, geliebäugelt, habe dann aber gestern online ein Zimmer im (einzigen) Hotel direkt auf der Passhöhe gebucht, nicht ganz billig zwar, aber ideal als Ausgangspunkt für die Wanderung.

Ich fahre vom Campingplatz ins Zentrum von Laruns zum Frühstücken. Ein paar Wolken an den Berghängen machen mir etwas Sorge, ob ich bei der Auffahrt die erhoffte ungetrübte Sicht auf die Berge haben würde, was sich aber als unbegründet herausstellen wird.



Auf dem Dorfbrunnen von Laruns eine Rennrad-Skulptur



Etwas oberhalb des Ortes beginnt „offiziell“ die Aufahrt zum Pourtalet mit der obligatorischen Informationstafel für Radfahrer. Sie gibt eine Strecke von 28 km bis zur Passhöhe an.



Direkt daneben steht auch die Info-Tafel für die hier ebenfalls beginnende, diesmal nicht auf meinem Programm stehende, Westauffahrt des Col d’Aubisque. Sie ist nur gut halb so lang wie die Pourtalet-Auffahrt, aber aufgrund ihrer Steigung ungleich härter. Das Schild ist mir ein Foto wert, weil ich das letzte Mal, als ich in Laruns war, den Ort vom Col d‘Aubisque her erreicht habe und damals froh war, diese anspruchsvolle Auffahrt nur hinunterrollen zu müssen (die Überquerung des Col d’Aubisque in die umgekehrte Richtung, von Ost nach West, wie ich sie damals absolviert habe, ist hingegen deutlich einfacher).



Die unteren Kilometer der Straße zum Col du Pourtalet verlaufen durch eine enge Schlucht.



Ich komme durch Eaux-Chaudes,



dann geht es bei mäßiger Steigung weiter aufwärts. Erster landschaftlicher Höhepunkt ist der erste Blick auf den Pic du Midi d’Ossau mit seiner markanten Doppelspitze, der das Vallée d‘Ossau und die Landschaft um den Col du Pourtalet dominiert und in dessen unmittelbare Nähe mich meine morgige Wanderung führen wird.



In Gabas kehre ich zum Mittagessen ein; währenddessen wird laut bimmelnd eine Kuhherde die Passstraße aufwärts durchs Dorf getrieben – VIDEO, HIER KLICKEN.

Oberhalb von Gabas erhebt sich die Staumauer des Lac de Fabrèges.



Hier kommt mir auch der französische Radreisende entgegen, mit dem ich mich gestern auf dem Col de Marie-Blanque unterhalten habe und der heute den Pourtalet hinaufgefahren ist, aber nun auch auf der gleichen Seite wieder herunterfährt. Oberhalb des Stausees bietet sich noch einmal eine Einkehrmöglichkeit; während ich mein kühles Bier genieße, genießt nebenan eine Schafherde das saftige Gras der Bergwiese.



Nachdem ich die Baumgrenze weitgehend hinter mir gelassen habe, bietet sich mir bei perfektem Wetter und blauem, fast wolkenlosem Himmel das fantastische Hochgebirgspanorama im oberen Teil des Vallée d’Ossau. Die Angaben der Restkilometer bis zum Pass auf den auch auf dieser Auffahrt im Abstand von je einem Kilometer aufgestellten Hinweisschildern für Radler sind jetzt immerhin nur noch einstellig. Ich lasse einfach mal die Bilder sprechen…













Le dernier kilomètre wird von diesem letzten Kilometer-Schild verkündet – letzter Kilometer zum Pass,



der kurz darauf in Sicht kommt, nach 1300 Höhenmetern seit meinem heutigen Start in Laruns. Das Gebäude ist das Hotel, in dem ich für heute Nacht ein Zimmer gebucht habe.



Mein Hotel auf der Passhöhe des Col du Pourtalet, Blick zurück auf die Straße, auf der ich hochgekommen bin, und auf den charakteristischen Doppelgipfel des Pic du Midi d’Ossau. Davor (bzw. aus dieser Perspektive links davon, in der Bildmitte) der Pic Peyreget, dessen Gipfel das Ziel meiner morgigen Wanderung ist.



Blick in die andere Richtung (meine Fahrtrichtung) mit dem Schild, das den Pass markiert, über die Grenze auf die spanische Seite. Während sich auf der französischen Seite nur mein Hotel befindet, gibt es auf der spanischen Seite mehrere Supermärkte (das hier zu sehende Gebäude ist nur einer von ihnen), deren Geschäftsmodell auf den im Vergleich zu Frankreich niedrigeren Preisen beruht, was einen Einkauf selbst hier auf dem Pass für Franzosen offenbar attraktiv macht. Auch die den Geschäften angegliederten Restaurants auf der spanischen Seite orientieren sich an deren Öffnungszeiten, so dass der Touristenrummel abends irgendwann vorbei ist und es auf der Passhöhe dann angenehm ruhig ist, da außer den wenigen Gästen meines schwach ausgelasteten Hotels, das hier oben die einzige Übernachtungsmöglichkeit darstellt, offenbar sonst niemand mehr hier oben ist. Das Restaurant meines Hotels freilich ist noch lange offen und bietet den Übernachtungsgästen und somit auch mir ein ordentliches Abendessen, für das ich mich gleich beim Einchecken anmelde.



Von meinem Zimmer im Hôtel du Pourtalet habe ich einen herrlichen Blick auf den Pic du Midi, genauso wie von meinem Tisch im direkt unter meinem Zimmer gelegenen Speiseraum (das Hotel hat auch eine schöne Terrasse, aber hier oben auf knapp 1800 m ist es spätabends selbst jetzt im Sommer zu kalt um draußen zu sitzen).



Später am Abend kann ich von meinem Platz aus ein, wie die Kellnerin meint, fast täglich um diese Tageszeit zu beobachtendes Schauspiel bewundern: Von der französischen Seite kriechen (wie ich das bereits am Port de Larrau und davor am Ibañeta-Pass erlebt habe) Wolken das Tal herauf und türmen sich immer höher empor, bis sie schließlich auch die Gipfel der umliegenden Berge und auch des Pic du Midi einhüllen.



13. Tag (12.07.2019), Wanderung auf den Pic Peyreget

Der heutige Tag ist nun also komplett für die erste größere Wanderung eingeplant. Meinem Wanderführer („Pyrenäen 4“, Rother-Verlag) habe ich die Anregung zur Tour auf den Nachbargipfel des Pic du Midi d’Ossau, den ca. 400 m niedrigeren Pic Peyreget (2487 m), entnommen, die knapp unterhalb der Passhöhe des Pourtalet beginnt. Eine geeignete Wanderkarte für die Region habe ich mir vorgestern Abend in Laruns besorgt. Bereits nach dem Aufstehen kann ich von meinem Hotelzimmer, wie schon gestern Abend, den Blick sowohl auf den Pic du Midi als auch den Pic Peyreget (links davon) genießen.



Rad und Gepäck bleiben im Hotel. Am Ausgangspunkt der Wanderung, einem Parkplatz etwa einen Kilometer unterhalb der Passhöhe, bin ich gestern bei der Auffahrt bereits vorbeigekommen. Von hier führt der Pfad erst etwas abwärts, und dann aufwärts Richtung Pic du Midi.



Der Pic Peyreget



Blick zurück auf die Passstraße und, ganz klein in der Bildmitte, die Gebäude auf der Passhöhe des Pourtalet



Der Pic du Midi vom Col de Soum de Pombie gesehen; von hier aus umwandere ich den Pic Peyreget einmal komplett im Uhrzeigersinn, um ihn etwa nach etwa der halben Umrundung von der „Rückseite“ aus zu besteigen.



Sanft ansteigend zieht sich der Weg entlang des Hangs des Pic Peyreget; die hier allgegenwärtigen Schafe dürfen natürlich auch nicht fehlen.





Es geht etwas abwärts ans Ufer eines malerisch am Fuß des Pic du Midi gelegenen kleinen Bergsees.



Hier mache ich Rast und kühle meine Füße im Wasser. Außer mir sind nur wenige andere Wanderer hier in dieser herrlich einsamen Bergwelt.



Unter lautem Gebimmel eilt eine umfangreiche Schafherde zum Trinken ans Ufer. Für VIDEOS davon HIER und HIER klicken.





Jetzt geht es steil aufwärts auf einen zwischen dem Pic du Midi und dem Pic Peyreget gelegenen Sattel, den Col de Peyreget, von dem der Weg weiter steil hinauf zum Pic Peyreget führt, mit fantastischem Blick auf den hier zum Greifen nahen Pic du Midi.



Blick vom Gipfel des Pic Peyreget hinunter zum Col du Pourtalet



Hier, auf 2487 m, genieße ich eine Weile die traumhafte Aussicht.



Beim Abstieg komme ich am Refuge de Pombie vorbei, eine einfache Übernachtungsmöglichkeit für Wanderer und für mich eine willkommene Einkehr.





Es ist schon gegen 18.00 Uhr, als ich mich wieder der Passhöhe des Pourtalet und meinem Hotel nähere.



Entgegen meinem ursprünglichen Plan, heute Abend noch ein kurzes Stück weiterzufahren, genauer gesagt die nur etwa 15 km bis Escarilla hinunterzurollen, wo es den nächsten Campingplatz gibt, entscheide ich mich spontan, mir doch noch eine zweite Nacht in dem landschaftlich so traumhaft auf der Passhöhe gelegenen Hotel zu gönnen (was auch im Hinblick darauf, dass ich morgen ganz in der Nähe eine weitere ganztägige Wanderung plane, Sinn macht). Ich bekomme wieder dasselbe Zimmer mit der fantastischen Aussicht, schleppe mein an der Rezeption deponiertes Gepäck wieder nach oben und genieße anschließend im Wellnessbereich ein Bad im Whirlpool mit herrlichem Blick durch große Fensterscheiben auf die Bergwelt. Ein würdiger Ausklang der langen, aber wunderschönen Wanderung.

Wie auch gestern Abend, kommen gegen 21.00 Uhr von der französischen Seite wieder Wolken aus dem Tal heraufgekrochen, um schließlich die umliegenden Gipfel zu verhüllen.



Fortsetzung folgt…


von: iassu

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 19.01.20 23:36

bravo bravo bravo
von: Biotom

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 20.01.20 19:32

Sehr schöne Tour! Die Kombination von Radeln und Wandern finde ich einfach toll bravo
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 22.01.20 21:11

Ja, die Ergänzung von Radreisen durch einige Wanderungen habe ich bereits mehrfach in den Pyrenäen, auf Korsika und in den Picos de Europa praktiziert. Die Problematik des zusätzlichen Gewichts und Volumens, das die Wanderschuhe im Gepäck mit sich bringen, wird mehr als ausgeglichen durch die Möglichkeit, grade im Hochgebirge auch Landschaftseindrücke zu sammeln, die sich mit dem Rad von der Straße aus nicht ergeben.

In der nächsten Fortsetzung gibt es Bilder von einer weiteren Wanderung...
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 22.01.20 23:14

14. Tag (13.07.2019), Col du Pourtalet – Escarilla und Wanderung zum Ibón de Anayet
Strecke (Rad): ca. 15 km


Ich verlasse nach zwei Nächten im Hôtel du Pourtalet endgültig die Passhöhe.



Heute habe ich aber nur eine sehr kurze Strecke eingeplant und werde nur etwa 15 km bis zum nächsten größeren Ort, Escarilla, hinabrollen, da als Hauptprogrammpunkt für heute bereits die nächste längere Wanderung vorgesehen ist. Ziel ist der 2225 m hoch gelegene Ibón de Anayet, ein Bergsee am Fuß des 2545 m hohen Pico Anayet, eines markanten Gipfels, der weniger als 10 km Luftlinie vom Pic du Midi entfernt ist. Auch die Idee für diese Wanderung habe ich meinem Wanderführer entnommen (Rother-Verlag, „Pyrenäen 1“, Tour 1). Dass ich mich gestern spontan für eine weitere Übernachtung auf der Passhöhe entschieden habe, anstatt gestern Abend noch nach Escarilla hinunterzufahren, passt insoweit sehr gut, denn sonst hätte ich heute zum Ausgangspunkt der Wanderung wieder gut 10 km zurück- (und hoch-)fahren müssen.

Kurz nach Beginn der Abfahrt vom Pass begrüßt mich ein Schild in Aragonien (Comunidad Autónoma de Aragón).



Bereits nach wenigen Kilometern stelle ich das Rad am Beginn der Stichstraße zum Skigebiet Formigal-Anayet ab, schnüre die Wanderschuhe, vertraue darauf, dass mein Gepäck bei meiner Rückkehr noch da ist und marschiere los, hinauf zu den zu dieser Jahreszeit stillstehenden Liftanlagen.



Nachdem ich die Skistation und die Lifte hinter mir gelassen habe, führt mich der weitere Aufstieg durch die herrliche, unberührte Berglandschaft.



Ich erreiche nach gut 600 m Aufstieg den höchsten Punkt der Wanderung, vor mir erhebt sich der 2545 m hohe Pico Anayet.



Von hier bietet sich ein fantastischer Blick auf das Ziel der Tour, den Ibón de Anayet in 2225 m Höhe. Ibones ist vor allem in Aragonien die Bezeichnung für kleine Gebirgsseen eiszeitlichen Ursprungs. Das Panorama umfasst links den Pico Anayet und reicht rechts bis zum Pic du Midi, den ich bei meiner gestrigen Wanderung aus nächster Nähe bewundern konnte.





Der Pico Anayet



und nochmal der Pic du Midi



Ich bin begeistert von der einsamen Hochgebirgslandschaft; der See ist nur zu Fuß zu erreichen. Einige der nicht allzu vielen Wanderer, die hier oben anzutreffen sind, sind offenbar auf längeren Touren unterwegs – würde ich von hier weiter gehen, wäre es zur Straße über den Somport-Pass kaum weiter als zurück zur Straße über den Pourtalet, von der ich gekommen bin; man müsste nur auf der anderen Seite des Ibón durch ein Tal, den Canal de Roya, abwärts gehen und käme ein paar Kilometer unterhalb (südlich) des Puerto de Somport auf die Passstraße (dass ich am Ende der Reise in einer Woche auch dort vorbeikommen werde, wusste ich hier noch nicht, da meine ursprüngliche Planung den Puerto de Somport zunächst nicht vorsah).

Für mich geht es aber nach einer Umrundung des Ibón de Anayet auf dem gleichen Weg wieder hinunter zu meinem Fahrrad, und dann rolle ich weiter hinunter Richtung Escarilla. Die Straße verläuft entlang des Stausees Embalse de Lanuza.



Nach nur etwa 10 km erreich ich Escarilla; dort gibt es einen Campingplatz, auf dem ich mein Zelt aufschlage.

15. Tag (14.07.2019), Escarilla – Torla
Strecke: ca. 40 km
Höhenmeter: ca. 620


Ziel für heute ist Torla, von wo aus ich für morgen eine Wanderung im Parque Nacional de Ordesa y Monte Perdido geplant habe, eine der landschaftlich spektakulärsten Regionen der Pyrenäen, auf die ich sehr gespannt bin.

Aufbruch vom Campingplatz in Escarilla



Zunächst geht es weiter abwärts auf der vom Col du Pourtalet herabführenden Straße (A-136), bis ich nach ca. 15 km Biescas erreiche.





Im hübschen Ort Biescas habe ich vor sechs Jahren (2013) bei meiner Überquerung des Pourtalet übernachtet, um dann auf der A-136 weiter abwärts zu fahren bis Sabiñánigo, und von dort weiter westwärts bis in die Picos de Europa. Diesmal verlasse ich aber hier die vom Pourtalet herunterführende Hauptstraße und biege auf die etwas oberhalb des Ortes nach Osten abzweigende Nationalstraße N 260 ab, die mich parallel des Pyrenäen-Hauptkamms über den Puerto de Cotefablo nach Torla führen wird.

Vorher kehre ich in Biescas zum Mittagessen ein und werfe noch einmal einen Blick auf mein damaliges Hotel.



Die Carretera Nacional N 260, auch als „Eje pirenaico“, also „Pyrenäische Achse“, bezeichnet, verläuft auf der spanischen Seite auf fast der gesamten Länge der Pyrenäen in West-Ostrichtung parallel zum Hauptkamm. Auf meiner Durchquerung der Pyrenäen vom Mittelmeer zum Atlantik 2016 (dort Tag 15) bin ich ihr mehrfach über jeweils längere Abschnitte gefolgt. Die Strecke über den Puerto de Cotefablo kenne ich allerdinge noch nicht, da ich damals über eine weiter unterhalb verlaufende, völlig neu trassierte Variante der N 260 gefahren bin, die nun als die Hauptroute der „Eje pirenaico“ gilt, weshalb die ursprüngliche (und landschaftlich reizvollere) Trasse, auf der ich nun unterwegs bin, als N 260 a bezeichnet wird.



Die Auffahrt auf den 1423 m hohen Puerto de Cotefablo ist nicht besonders anspruchsvoll; nach 13 km und bescheidenen 600 Höhenmetern erreiche ich den Pass. Es ist eigentlich kein Pass im klassischen Sinne, sondern die Straße durchsticht an ihrem Höhepunkt den Berg durch einen kurzen Tunnel, so wie beim vor einigen Tagen überquerten Port de Larrau.



Nach dem Passtunnel erwartet mich eine schöne, 11 km lange Abfahrt.

Unten im Tal liegt Broto, wohin ich übermorgen weiter hinabrollen werde; jetzt zweige ich erstmal auf das Sträßchen ab, das mich nach wenigen Kilometern nach Torla führen wird, dem „Tor“ zum Parque Nacional Ordesa y Monte Perdido.



Kurz darauf der erste Blick auf die Landschaft des Nationalparks mit dem Canyon des Valle de Ordesa. Dass diese beeindruckend sein würde, darauf war ich ja eingestellt, und deshalb habe ich ja auch zwei Übernachtungen in Torla und eine Wanderung im Ordesa-Tal eingeplant. Trotzdem ist der erste Gedanke, der mir bei dieser Aussicht durch den Kopf geht: „Wow!“



Torla, kurz vor der Grenze des Nationalparks malerisch vor der Kulisse der hoch aufragenden Felswände gelegen, ist der wichtigste Ausgangspunkt für Wanderungen im Valle de Ordesa. Der Ort ist von seiner Infrastruktur daher ganz auf die Bedürfnisse der Wanderer ausgelegt mit Hotels, mehreren Campingplätzen und Geschäften für Trekking- und Outdoor-Bedarf, hat aber trotzdem den Charme eines Bergdorfes weitgehend bewahrt. Mir ist der Ort sofort sympathisch.



In der Tourismusinformation hole ich mir die nötigen Auskünfte für die morgige Wanderung. Die Straße in den Nationalpark ist ab dem oberen Ortsausgang, jedenfalls in den Sommermonaten, für den Individualverkehr gesperrt; auf meine Nachfrage heißt es, dass das auch für Fahrräder gelte. Die Serpentinenstraße hinauf zum Parkplatz in Pradera de Ordesa, von dem die meisten Wanderer ihre Tour im Ordesa-Tal starten (auch mein Plan sieht das vor), komme man mit den regelmäßig etwa alle halbe Stunde (und zurück bis in die späten Abendstunden) verkehrenden Bussen. Obwohl ich mir nicht so recht vorstellen kann, dass die Auffahrt nach Pradera de Ordesa auch für Radfahrer gesperrt sein soll, hinterfrage ich das auch nicht weiter; angesichts der für morgen ins Auge gefassten langen Wanderung, für die mein Wanderführer 6 ¾ Stunden veranschlagt, kommt mir der Bustransfer sehr gelegen; zusätzlich mehrere hundert Höhenmeter mit dem Rad wäre mir wirklich, sowohl leistungs- als auch zeitmäßig, zuviel gewesen.

Von den mehreren Campingplätzen entscheide ich mich für den Camping Ordesa, zu dem ich vom Ortszentrum noch ein Stück weiter ins Tal hineinfahre.



An der Rezeption fragt man mich, ob ich eher einen Platz im Schatten oder in der Sonne haben möchte – angesichts der grandiosen Landschaft gilt meine Präferenz jedoch in erster Linie einer schönen Aussicht. Ich werde daher zum hintersten Ende des Platzes geführt, von wo sich ein wirklich traumhafter Blick auf die steilen Felswände des Valle de Ordesa eröffnet. Überraschenderweise ist dieser Bereich des Campings trotz guter Auslastung und des fantastischen Ausblicks noch weitgehend frei. Perfekt; hier baue ich mein Zelt auf und bin sehr zufrieden und voll der Vorfreude auf die morgige Wanderung.



Fortsetzung folgt…
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 26.01.20 23:29

16. Tag (15.07.2019), Wanderung im Valle de Ordesa (Faja de Pelay)

Schon im Anfangsstadium der Reiseplanung hatte ich eine Wanderung im Ordesa-Tal als einen der Höhepunkte festgelegt. Hierzu erschient mir der Tourenvorschlag Nr. 21 im Rother-Wanderführer „Pyrenäen 1“ am vielversprechendsten: Eine sehr ausgedehnte Wanderung, die von Pradera de Ordesa zunächst hoch oben in den steilen Hängen des Canyons bis zu dessen Ende führt, bis zu einem an einen Pferdeschweif erinnernden Wasserfall (Cascada Cola de Caballo), und dann unten im Talgrund wieder zurück. Hierfür gibt der Wanderführer 6 ¾ Stunden und 870 Höhenmeter an. Aber ich habe den ganzen Tag Zeit; ich werde heute nochmal auf dem Campingplatz in Torla übernachten und kann daher Zelt und Gepäck stehenlassen.

Bereits gegen 8 Uhr bin ich an der unterhalb des Ortskerns von Torla gelegenen Haltestelle für den Bustransfer nach Pradera de Ordesa. Da Pradera, das im Wesentlichen aus einem großen Parkplatz besteht, der wichtigste Ausgangspunkt für Wanderungen im Valle de Ordesa ist und die Straße dort hinauf für PKW in den Sommermonaten gesperrt ist, sind die Busse entsprechend voll; im gerade abfahrbereiten Fahrzeug bekomme ich gerade noch den letzten Platz. Der nächste Bus steht aber schon bereit und wäre wohl auch recht bald losgefahren.

Die etwa 300 Höhenmeter von Torla nach Pradera de Ordesa überwindet der Bus über ein schmales Serpentinensträßchen, das sich landschaftlich spektakulär emporschlängelt und nur an einigen Stellen die Begegnung mit entgegenkommenden Bussen ermöglicht. Verständlich, dass hier in der Hauptsaison kein Individualverkehr zugelassen ist. In einigen engen Kurven am steilen Hang wird mir tatsächlich etwas mulmig…

In Pradera de Ordesa endet die Straße; ab hier ist das Valle de Ordesa nur zu Fuß zugänglich. Meine Wanderung beginnt gleich mit dem anstrengendsten Teil, dem langen und steilen Aufstieg zum Aussichtspunkt Mirador de Calzilarruego auf einer Höhe von 1950 m; bis dorthin sind etwa 600 Höhenmeter zu bewältigen.



Die Aussicht vom Mirador auf die steilen Felswände des Canyons ist grandios und entschädigt für die bisherigen Mühen des Aufstiegs. Diesen haben sich allerdings auch zahlreiche andere Wanderer, teilweise auch in größeren Gruppen, unterzogen; allein bin ich hier oben nicht.





Ab hier verläuft der Weg bis zum Ende des Canyons entlang der Faja de Pelay, wobei Faja die in der Gegend häufig vorkommende Bezeichnung für einen im Steilhang verlaufenden Höhenweg (Gesimsweg) ist. Über mehrere Kilometer kann ich nun immer neue Blicke tief hinunter ins Tal, in dem der Río Arazas fließt, und auf die gegenüberliegenden Felswände genießen.





Schließlich kommt das Ende des Tals in Sicht. Darüber erhebt sich das Massiv der „drei Schwestern“, „las Tres Sorores“, mit dem 3355 m hohen Monte Perdido in der Mitte.



Wer hier nicht , wie ich, nur auf einer Tageswanderung unterwegs ist, dem bieten sich ab dem Ende des Ordesa-Tals für weiterführende mehrtägige Touren vielfältige Möglichkeiten, zum Beispiel nach einer Übernachtung im oberhalb des Tals gelegenen Refugio de Góriz der weitere Aufstieg zur Brecha de Rolando an der von hier nur wenige Kilometer entfernten Grenze zu Frankreich und weiter in den Nationalpark auf der französischen Seite mit dem Felsenkessel des Cirque de Gavarnie.



Für mich geht es aber nur bis zum Talende, wo die Cascada Cola de Caballo („Pferdeschweifwasserfall“) ein beliebtes Ziel für Wandertouren ist. Hier mache ich nochmal eine längere Rast und vertilge meine letzten Proviantvorräte (Einkehrmöglichkeiten gibt es im Ordesa-Tal oberhalb von Pradera de Ordesa nicht).





Der Rückweg verläuft unten im Tal; linkerhand die Felswände, unterhalb derer ich oben im Hang entlang der Faja de Pelay hierher gekommen bin.



Die Wanderung war bis hierher schon recht lang und anstrengend, aber der Rückweg im Tal kommt mir nochmal besonders langwierig vor und scheint schier kein Ende zu nehmen. Ich bin froh, als ich Pradera de Ordesa erreiche und im Bus sitze. Ich war über acht Stunden unterwegs und spüre meine Füße. Ich genieße noch einmal den leichten Nervenkitzel der Busfahrt durch die abenteuerlichen Serpentinen hinunter nach Torla und lasse den Tag zufrieden mit einer Pizza ausklingen, denn hungrig bin ich auf alle Fälle nach der wunderschönen, aber auch, vor allem aufgrund ihrer Länge, recht anstrengenden Wanderung.

17. Tag (16.07.2019), Torla – Aínsa
Strecke: ca. 50 km
Höhenmeter: ca. 190


Nach zwei Nächten auf dem Campingplatz mit der wunderbaren Aussicht baue ich mein Zelt ab, frühstücke im hübschen Ortszentrum von Torla und fahre zurück auf der Straße, auf der ich vorgestern vom Puerto de Cotefablo herabgekommen bin (N 260). Ich rolle ein paar schöne Serpentinen hinab nach Broto, von wo ich einen letzten Blick zurück auf die Felswände des Valle de Ordesa werfen kann.



Ziel der nicht allzu langen heutigen Etappe ist das sehr hübsche Städtchen Aínsa, das ich bereits von meiner 2016er Pyrenäen-Tour kenne. Dorthin folge ich weiterhin der Nationalstraße N 260, der „Pyrenäischen Achse“ („Eje pirenaico“), die bis Aínsa im Wesentlichen nur abwärts verläuft, wenn auch überwiegend zu flach, um es nur rollen zu lassen. Diese Pyrenäen-Ost-West-Hauptachse ist zwar trotz ihrer verkehrlichen Bedeutung angenehm schwach befahren, aber auch landschaftlich ohne Besonderheiten. Landschaftlich wesentlich reizvoller, aber auch sehr reich an Höhenmetern, wäre das nördlich (oberhalb) davon parallel von Sarvisé kurz unterhalb von Broto über Fanlo und Escalona verlaufende Sträßchen (HU 631) gewesen. Aber auch, als ich vor drei Jahren in umgekehrter Richtung hier entlanggekommen bin, habe ich diese Option nicht wahrgenommen – auf alle Fälle ein Versäumnis.

An dieser Stelle bei Fiscal zweigt eine vor einigen Jahren völlig neu trassierte Variante der „Eje pirenaico“ N 260 vom alten Streckenverlauf ab; diese direkte Verbindung nach Sabiñánigo, die am höchsten Punkt durch einen knapp 3 km langen Tunnel führt, hatte ich vor drei Jahren, von Aínsa kommend, aus Zeitgründen genommen (in meinem Bericht Tag 15), anstatt, wie vorgestern, die interessantere Strecke über den Puerto de Cotefablo und Biescas zu fahren.



Die mir bereits bekannte Strecke nach Aínsa ist wie gesagt ohne besondere landschaftliche Höhepunkte. Seltsamerweise habe ich sie trotzdem vom letzten Mal als interessanter in Erinnerung.



In Aínsa habe ich bei meinem letzten Aufenthalt im Hotel übernachtet, weil ich dachte, es gebe keinen Campingplatz. Inzwischen bin ich besser informiert. Der Campingplatz ist ein ganzes Stück vom Ortszentrum entfernt, was dazu führt, dass man von dort, insbesondere von der Terrasse des Restaurants, einen wunderbaren Blick auf die auf einem Bergrücken gelegene Altstadt hat.



Bevor ich nach dem Zeltaufbau in die Altstadt zum Abendessen fahre, mache ich mir Gedanken über den weiteren Verlauf der Reise, denn meine grobe Planung endet hier in Aínsa, den Rest hatte ich bewusst offengelassen. Unter Berücksichtigung einer zweitägigen Bahn-Rückreise (von wo aus auch immer) verbleiben mir nun noch vier Fahrtage. Eine Idee, nämlich vielleicht doch noch die Pyrenäen vollständig zu durchqueren und die Tour in Katalonien und am Mittelmeer zu beenden, hat sich damit im Grunde bereits erledigt, da ich erst ziemlich genau in der Mitte zwischen Atlantik und Mittelmeer bin. Ich fasse erstmal einen Plan für den morgigen Tag: Eine Tour in die Schlucht des Cañón de Añisclo, die sich mit einer in meinem Wanderführer beschriebenen Wanderung verbinden lässt; die Strecke entspricht dem östlichen Teil der oben angesprochenen landschaftlich vielversprechenden Straße von Sarvisé nach Escalona (HU 631), die ich bereits heute alternativ hätte nehmen können (aber in die andere Richtung), so dass ich dieses Versäumnis teilweise nachholen kann. Anschließend werde ich wieder nach Aínsa zurückkehren, so dass ich mein Zelt stehenlassen kann und mich gleich noch an der Rezeption für eine weitere Nacht anmelde. Wie ich die letzten dann verbleibenden drei Tage gestalten werde, das werde ich mir dann morgen Abend überlegen.

Von meinem letzten Aufenthalt in Aínsa weiß ich, dass es um den am höchsten Punkt der malerischen Altstadt gelegenen zentralen Platz (Plaza Mayor) zahlreiche Restaurants gibt (die neueren Viertel unterhalb sind eher unansehnlich). Von den Mauern der Burg (Castillo) hat man einen schönen Blick auf die umliegende Bergwelt und auf die Plaza Mayor, auf der ich den Tag mit einem vorzüglichen Abendessen vor der den Platz umgebenden historischen Kulisse ausklingen lasse.







Fortsetzung folgt…
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 27.01.20 22:26

Hattest du denn den Eindruck, dass das Fahrverbot zum Pradera de Ordesa auch für Velos überwacht/durchgesetzt wird?

Mein Ordesa-Abstecher geht auf das Jahre 2004 zurück, war Ende Juni. Übernachtet hatte ich zwar auch in Torla, bin aber mit Rad zu dem Parkplatz gefahren, auch weil ich nach der Wanderung noch ein Stück meiner Tour weiterfahren wollte. Mein Gepäck hatte ich indessen im zum Camping gehörenden Hotel deponiert. Ich kann mich zwar nicht mehr genau erinnern, aber wohl waren auch Autos unterwegs. Insofern weiß ich nicht, ob des damals die Beschränkung schon gab und ich ggf. noch vor der Hauptsaison dort war. Bus gab es aber damals auch schon. Vermutlich hatte ich auch etwas über Verkehrsbeschränkung gelesen, aber nichts über Velos heruasgefunden. Obwohl die Füße nach der Wanderung auch bei mir gequalmt hatten, habe ich es immerhin am Spätnachmittag noch über Fanlo und Anisclo-Schlucht bis Puyarruego geschafft, was nicht mehr allzu weit von Aínsa entfernt liegt. Weiß noch gut, dass es eine Volmond-Nacht war auf der dortigen Camping-Terrasse.

Schöne Fotos übrigens, meine Analog-Fotos von damals sind doch recht bescheiden ausgefallen. War ja auch eher noch meine "sportliche" Phase.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 27.01.20 23:48

Für den Individualverkehr ist die Auffahrt nach Pradera de Ordesa im Sommer (wohl von Juni bis September) tatsächlich gesperrt; wie gesagt, ergab meine Nachfrage in Torla in der Tourismusinformation, dass das auch für Fahrräder gelte. Hat mich auch gewundert und ich konnte es mir auch nicht wirklich vorstellen, weiß aber auch nicht, ob es wirklich stimmt und kontrolliert wird, da mir die lange Wanderung als Tagesleistung ohnehin ausreichend erschien, und ich von vorneherein ins Auge gefasst hatte, nach Pradera den Bus zu nehmen. Deinen Bericht von Deiner Tour 2004 habe ich natürlich schon gefunden und mit Interesse gelesen; obwohl ohne Bilder, habe ich sehr vieles mental durch meine eigenen Radreise-Erinnerungen von mehreren Touren illustrieren können, nicht nur in den Pyrenäen. Dass Du nach der langen Wanderung (mit Radschuhen! Ich hatte ja immerhin neben Klickpedal-Schuhen auch noch regelrechte Wanderschuhe dabei) auch noch bis in den Cañón de Añisclo und bis Puyarruego geradelt bist, finde ich ja schon sehr beeindruckend schmunzel . Die Añisclo-Schlucht kommt aber in der nächsten Fortsetzung meines Berichts auch noch dran.
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 28.01.20 17:55

Du kennst meine Berichte besser als ich. grins Ich musste erstmal nachschauen, ob ich Radschuhe auf der Wanderung an hatte. Es gab nämlich auch Wanderungen mit Sandalen auf anderen Touren - das war wohl zum Beispiel Äigüestortes (2014), wo auch die Anfahrt und der Parkplatz ein wenig an Ordesa erinnert. Da war ich aber mit Komplettgepäck angeradelt. Es gibt einige Erinnerungsbilder, die sind noch so klar, als wäre es gestern gewesen, anderes verwischt nahezu komplett bis zur Ahnungslosigkeit. Auch der Camping mit abgestellten Taschen im Hotel war mir entfallen, musste ich ebenso nachlesen. Dagegen hat sich das Mondlicht am Abend fest eingeprägt, da spüre ich jetzt noch den milden Luftzug, der vom Fluss herkam.

Noch eine Offtopic-Anekdote: Traf ich auf der Piemontreise 2016 auf ein deutsches Reiseradlerpaar mit Trikots von quaeldich-de im Vallone dell’Arma (Südrampe von Colle dei Morti/Fauniera/Cúneo). Sie kamen aufwärts. Meinte ich, ihr kommt also von unten und seid schon durch den Goldregen gefahren (das Gewächs). Blickte sie mich fragend an, "Goldregen?", wäre ihr nicht aufgefallen. Fuhr ich hinunter und der Goldregen, der mir noch aus 2007 im Gedächtnis haftete, war immer noch da - eigentlich unübersehbar. verliebt
von: Bafomed

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 29.01.20 14:45

Grandiose Tour, deren Beschreibung ich mit großem Interesse verfolge. An vielen Punkten gibt es Überschneidungen oder teilidentische Abschnitte mit meiner Pyrenäentour von Bilbao nach Barcelona, so auch hier in Ordesa y Monte Perdido. Der Nationalpark ist tatsächlich beeindruckend. Durch die gute Infrastruktur ist auch für Reisende, die eigentlich nicht hauptsächlich zum Wandern dorthin kommen, ein Eintauchen in diese außergewöhnliche Gebirgslandschaft gut machbar. In Torla erlebten wir nach unserer Tageswanderung zur Cola de Caballo bei strahlendem Sonnenschein kurz nach der Rückkehr zum Hotel eine im wahrsten Sinne des Wortes faustdicke Überraschung, die auch zum Leidwesen der mit dem Auto angereisten Urlauber ihre Spuren hinterließ und uns vor Augen führte, wie schnell das Wetter im Hochgebirge umschlagen kann.

Ich bin auf die Fortsetzung Deines Berichts über die letzten Tage dieser Reise gespannt.

Gruß
Martin
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 02.02.20 00:09

18. Tag (17.07.2019), Aínsa – Cañón de Añisclo – Aínsa
Strecke: ca. 60 km
Höhenmeter: ca. 930


Entsprechend dem gestern gefassten Plan steht heute die Fahrt durch den Cañón de Añisclo auf dem Programm, wo ich auch eine Wanderung vorgesehen habe. Abends werde ich dann wieder nach Aínsa zurückkommen. Ich lasse also mein Zelt stehen und nehme nur eine Packtasche mit meinen Wanderschuhen und meinen Rucksack mit Picknick-Proviant mit.



Ich fahre zunächst von Aínsa nordwärts ein Stück auf der A-138, einer der Hauptverkehrsachsen zwischen Spanien und Frankreich, die den Pyrenäen-Hauptkamm oberhalb von Bielsa durch einen mehrere Kilometer langen Tunnel unterquert (der übrigens, was ja hier im Forum schon mehrfach thematisiert wurde, für Radfahrer gesperrt ist). Ich folge dieser hier im unteren Bereich nur sanft ansteigenden Hauptstraße aber nur etwa 10 km bis Escalona.



In Escalona zweigt das winzige Sträßchen (HU 631) nach Westen ab, das durch den Cañón de Añisclo führt. Ab dem nächsten Ort, Puyarruego, gilt talaufwärts, also Richtung Westen, durch die Schlucht eine Einbahnregelung (was ich aber vorher wusste und eingeplant habe); für die Rückfahrt werde ich daher eine südlich parallel und wesentlich höher verlaufende Alternativstrecke nehmen, so dass ich ab hier eine Schleife fahre, die mich wieder hierher zurückführen wird.

Die Fahrt durch die enge Schlucht mit teilweise überhängenden Felswänden ist grandios. Unten fließt der Río Bellós.







Ich erreiche den Parkplatz, an dem die im Wanderführer (Rother-Verlag, „Pyrenäen 1“, Tour 28) mit drei Stunden angegebene Wanderung beginnt. Ich bin jetzt wieder im Parque Nacional de Ordesa y Monte Perdido, in dem ich bereits vorgestern von Torla aus gewandert bin, wenige Kilometer Luftlinie von hier entfernt.

Der Wanderweg führt zunächst ein Stück weiter in den Cañón de Añisclo hinein. Ich komme an der Ermita de San Úrbez vorbei, einer historischen Einsiedelei, deren Mauern sich in eine Spalte unter der auskragenden Felswand schmiegen.



Ich folge der Schlucht noch etwa einen weiteren Kilometer, dann führt mich ein steiler Pfad an den Hängen des Canyons hinauf auf eine Hochebene und zum verlassenen Dorf Sercué, in dem aber einige Häuser von offenbar Neuhinzugezogenen wieder hergerichtet wurden. Die Fauna bietet heute mal etwas Anderes als Schafe, Pferde und Kühe:



Die Aussicht in die Añisclo-Schlucht ist fantastisch.



Auf dem Abstieg zurück zur Straße komme ich über ein verwunschen wirkendes uraltes Brückchen (Puente de la Espucialla).



Ich erreiche den Parkplatz, auf dem mein Rad auf mich wartet. Nun geht es heftig aufwärts. Es ist nicht mehr weit bis zu der Stelle, wo ich die westwärts führende Straße (HU 631), auf der ich, wäre ich ihr weiter gefolgt, nach Broto gelangt wäre (wo ich ja gestern durchgefahren bin), verlasse und auf das Sträßchen abbiege, das mich Richtung Osten zurück nach Puyarruego bringt. Es geht ein paar hundert Höhenmeter weiter aufwärts,



bis sich kurz vor dem höchsten Punkt der Straße ein einmaliger Blick in den Cañón de Añisclo bietet, in dem ich vorhin auf meiner Wanderung unterwegs war: Tief unten der Río Bellós und (am unteren Bildrand in der Mitte) die Ermita de San Úrbez, links oberhalb der Schlucht die Hochebene, auf der auch das durchwanderte Dorf Sercué liegt, und unten links die Straße, auf der ich hier heraufgefahren bin. Im Hintergrund wäre wohl, wenn nicht Wolken die Sicht versperren würden, das Massiv des Monte Perdido zu sehen. Das Valle de Ordesa, wo ich vorgestern gewandert bin, befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Añisclo-Schlucht.



Die Straße führt hinauf bis auf etwa 1300 m; die Landschaft begeistert, Kfz-Verkehr findet fast überhaupt nicht statt (allerdings ist die Straße leider voller Schlaglöcher).



Schließlich kann ich eine wunderbare Serpentinenabfahrt nach Puyarruego genießen, wo sich die Runde schließt.





Zurück geht es dann wie auf dem Hinweg; in Escalona treffe ich wieder auf die Hauptstraße A-138, die mich abwärts zurück nach Aínsa führt. Heute Abend bleibe ich auf meinem Campingplatz; nachdem ich ja gestern in der Altstadt von Aínsa zum Abendessen war, genieße ich jetzt ein Steak auf der Terrasse des Campingplatzrestaurants mit Blick auf Aínsa.



Beim Abendessen fasse ich auch endlich den endgültigen Plan für die verbleibenden drei Tage (plus zwei Bahn-Rückreise-Tage): Morgen verlasse ich erstmal die Pyrenäen Richtung Südwesten durch den Parque Natural de la Sierra y los Cañónes de Guara, ein den Pyrenäen vorgelagertes kleines Gebirge, das mich in meiner Michelin-Karte neugierig gemacht hat; Tagesziel Huesca. Übermorgen fahre ich dann von dort mit dem Zug nach Canfranc-Estación auf etwa halber Höhe des Somport-Passes, und über-übermorgen überquere ich den Somport, verbunden mit einer letzten Wanderung, und beende die Reise auf der französischen Seite in Oloron-Sainte-Marie. Zug-Rückfahrt von Pau, TGV nach Paris, dort Übernachtung, ICE zurück nach Deutschland.

Die Buchungen mit dem Smartphone für den TGV Pau-Paris und den anschließenden ICE (in Frankreich herrscht im Fernverkehr ja Reservierungspflicht) sowie für das Hotel in Paris kosten mich bei der wackligen W-LAN-Verbindung auf der Terrasse des Campingplatzrestaurants noch Einiges an Zeit, Nerven und Flüchen. Aber schließlich gelingt es, und ich habe eine optimale Planung für den Rest der Reise unter Dach und Fach.

19. Tag (18.07.2019), Aínsa – Huesca
Strecke: ca. 110 km
Höhenmeter: ca. 1380


Die heutige Etappe wird mit etwa 110 km die längste der Tour. Es geht durch die den Pyrenäen südlich vorgelagerte Gebirgslandschaft der Sierra de Guara bis Huesca, um von dort morgen mit dem Zug wieder in die Pyrenäen hinein nach Canfranc-Estación auf etwa halber Höhe des Puerto de Somport zu fahren, dessen Überquerung dann übermorgen auf dem Programm steht. Wie viele Höhenmeter mich heute erwarten, ist anhand meiner Michelin-Karte nur schwer abzuschätzen, jedenfalls ergibt sich aus ihr, dass das Sträßchen, das ich ausgewählt habe und das den Parque Natural de la Sierra y los Cañónes de Guara ganz im Osten in Nord-Südrichtung durchquert (A-2205), durch die entsprechende grüne Markierung als landschaftlich reizvoll ausgewiesen ist und über zwei Pässe von 860 und 810 m führt.

Vor diesem Hintergrund ärgert es mich, dass es fast 13 Uhr ist, als ich vom Campingplatz in Aínsa endlich loskomme (das beginnt damit, dass ich erstmal lange ausschlafe). Zunächst genieße ich ein ausgiebiges Frühstück auf der Terrasse des Restaurants des Campingplatzes.



Zudem muss ich erst noch eine der beiden gestern Abend online getätigten Fahrkarten-Buchungen für die Rückfahrt wiederholen, weil es gestern doch nicht geklappt hat. Das kostet bei schwachem W-LAN wieder Zeit und Nerven. Eine der beiden Fahrkarten ist auch kein Handy-Ticket, sondern muss ausgedruckt werden, was aber der hilfsbereite Señor in der Campingplatz-Rezeption problemlos für mich erledigt. Das verzögert meinen Aufbruch aber weiter.

Ich lasse Aínsa auf dem winzigen Sträßchen A-2205 hinter mir und bin kurz darauf in einer beeindruckend einsamen und kargen Landschaft. Die Sierra de Guara weist zwar nicht mehr den Hochgebirgscharakter der Pyrenäen auf (die man beim Blick zurück in der Ferne sehen kann), hat aber aufgrund ihrer Abgeschiedenheit und extrem dünnen Besiedelung einen ganz eigenen Charme. Auf der A-2205, die mich in den Naturpark hineinführt und auf der sich ständig kurze, anstrengende Anstiege mit kurzen Abfahrten abwechseln, begegnen mir nur äußerst selten Fahrzeuge.



Ich komme durch die Dörfer Guaso, Arcusa und Eripol, kurz darauf erreiche ich den ersten der beiden heutigen Pässe, den Collado de Eripol mit (im Vergleich zu den Pyrenäenpässen der vergangenen Tage bescheidenen) 860 m. Mir kam das ständige Auf und Ab bis hierher aber schon recht anstrengend vor.



Mir steht daher der Sinn nach einer Einkehr, aber alle Orte, durch die ich komme, weisen keinerlei Gastronomie auf. Zum Glück habe ich zu Not noch eine Chorizo und etwas Baguette als Proviant dabei. Etwas abseits der Straße, bei dem Dorf Lecina, steuere ich einen in meiner Karte verzeichneten Campingplatz mitten im Nirgendwo an in der unrealistischen Hoffnung auf ein Restaurant, und tatsächlich, hier bekomme ich wider Erwarten ein kühles Bier und dazu ein paar Oliven und Erdnüsse (warmes Essen hätte es wohl auch gegeben, aber ich habe noch einiges an Strecke vor mir, daher will ich mich nicht allzu lange aufhalten).

Auch die Sierra de Guara kann mit Schluchten aufwarten. Obgleich die Gegend sehr einsam wirkt und tatsächlich extrem dünn besiedelt ist, hat sie eine gewisse touristische Bedeutung, offenbar vor allem bei Wanderern, von denen mir ganz vereinzelt ein paar auffallen.



Schließlich ist der zweite Pass erreicht, der 810 m hohe Collado de San Caprasio, von dem sich ein weiter Blick über die Sierra de Guara bietet.



Ich kann eine schöne, relativ lange Abfahrt in ein tief eingeschnittenes Tal genießen, dann geht es auf der anderen Seite nochmal aufwärts zum Dorf Colungo.







Ab hier hatte ich die Karte eigentlich so interpretiert, dass ich jetzt abwärts aus der Sierra de Guara herausrolle und dann auf der restlichen noch recht langen Strecke bis Huesca nicht mehr mit allzu vielen Höhenmetern zu rechnen ist. Doch weit gefehlt. Es geht weiterhin ständig auf und ab. Nach den Dörfern Adahuesca und Abiego habe ich zwar das eigentliche Gebirge verlassen, aber auch die nun direkt Richtung Huesca parallel der Autobahn (Autovía 22) verlaufende Nationalstraße A 240, die in der Karte recht „flach“ wirkte, zieht sich in mehreren langen, wenn auch nicht allzu steilen Anstiegen von Höhenrücken zu Höhenrücken durch mehrere dazwischenliegende Täler. So habe ich, als ich auf die Nationalstraße treffe, noch gut 30 sich endlos anfühlende öde Kilometer ohne landschaftlichen Reiz vor mir, und es ist schon nach 19.30 Uhr.



Als ich mich schließlich Huesca nähere (die erste Großstadt seit Bayonne vor gut anderthalb Wochen), hat sich die Nationalstraße zu einer verkehrsreichen Schnellstraße mit autobahnähnlichen Ausfahrten entwickelt. Ich bin froh, sie an einer geeignet erscheinenden Ausfahrt verlassen zu können (es ist versehentlich eine später als nötig). Es ist fast 21 Uhr. Recht unproblematisch finde ich den Weg in die Innenstadt von Huesca und treffe auf Wegweiser zu mehreren Hotels. Das erste, auf das ich stoße, das große, moderne Hotel Abba Huesca, hat vier Sterne und ist dementsprechend teuer. Aber ich bin nach 110 km und fast 1400 Höhenmetern erschöpft, es ist spät, und ich habe Hunger und keine Nerven mehr, nach einer preiswerteren Alternative zu suchen. Also quartiere ich mich hier ein. Mein Zimmer entpuppt sich als regelrechte kleine Suite mit separatem Wohn- und Schlafraum (beide Räume haben einen Fernseher) und einem Bad mit in die Badewanne integriertem Whirlpool. Man gönnt sich ja sonst nichts... Das Rad kann mit aufs Zimmer. Nun ist es nach 22 Uhr, es ist mir zu spät, um noch zum Abendessen in die Altstadt zu gehen oder zu fahren, und so bin ich froh, dass das Hotel eine recht lange geöffnete Tapas-Bar hat.

Fortsetzung folgt…


von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.02.20 15:29

In Antwort auf: Tom72

Auch die Sierra de Guara kann mit Schluchten aufwarten. Obgleich die Gegend sehr einsam wirkt und tatsächlich extrem dünn besiedelt ist, hat sie eine gewisse touristische Bedeutung, offenbar vor allem bei Wanderern, von denen mir ganz vereinzelt ein paar auffallen.

Du bist da insgesamt etwas dem Irrtum aufgesessen, dass man die Landschaft in einem leichten Federstrich per Rad zu sehen bekommt. Tatsächlich fährst du auf der von dir geradelten Route nur am Rande entlang. Um die Schluchten tatsächlich zu erschließen, musst du mindestens wandern (und auch mind. einen Tag einplanen), ggf. aber auch erstmal in die Stichstraßen reinfahren, um zu den Ausgangspunkten für die Wanderungen zu gelangen. Die herausragenden Elemente sind dann nicht nur Schluchten, sondern regelrechte Felsnadeln und Steinskulpturen oder auch Steinbrücken. Die teils auch ausgetrockneten Flussbetten in den Schluchten sind zuweilen nicht einmal begehbar, sondern können nur durch Canyoning erschlossen werden. Entsprechend treffen sich dort als touristische Spezialgruppe vor allem die Felskletterer bzw. Canyoning-Spezialisten. In der Szene ist das Revier sogar weltbekannt. Die Wanderer sind also nur die "Laienrandgruppe", die da rumläuft, aber natürlich zahlenmäßig auffällig genug ist. Die Parkplätze an der von dir gefahrenen A-2205 sind dabei gut geeignet, um kürzere Wanderungen zu machen mit Geierbeobachtungen usw., also eher die Tagestouristen.

Du hättest noch eine Route südlich der Sierra de Guara fahren können (A-1227), die zumindest in Sichtweite verläuft, Bierge ist dabei noch ein Basisort für den Canyoning-Tourismus am Rande. Sonst sind die Zentren eher Rodellar, Vadiello oder Nocito (von Norden oder Westen aus zu erreichen). In den Zentren kann man bei Bedarf aber Ausrüstung leihen und Kletter-/Canyoningkurse belegen, da sind dann auch die Camping-/Unterkunfts-Schwerpunkte, wenn es auch immer wieder am Rande kleinere Basisorte gibt. Canyoning und Klettern ist allerdings nichts für mich, indes ist das Wandern da aufregend genug. Obwohl die A-1227 auch nur Randstrecke ist, bleibt diese auch sehr hügelig und dauert nach Huesca um einiges länger als die von dir gewählte Route bei der Autobahn, die zwangsläufig langweiliger sein muss (das überblickt man sehr gut von einem Aussichtspunkt, wenn man Richtung Rodellar fährt).
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.02.20 21:32

Dass die Sierra de Guara eine Hochburg des Canyoning ist, hatte ich im Nachgang der Tour auch gelesen. Die Wanderer sind mir tatsächlich vor allem an den Parkplätzen entlang der A 2205 aufgefallen, von wo sie ihre Touren starteten.

Natürlich konnte ich die Sierra de Guara auf meiner gefahrenen Route nicht erschöpfend erkunden und alle landschaftlichen Highlights erleben. Darum ging es mir aber auch nicht. Die Sierra (mit zugehörigem Parque Natural), von der ich zuvor noch nichts gehört hatte, fiel mir in meiner Michelin-Karte erstmals während der Reise, ein paar Tage zuvor, bei den Überlegungen, wie die verbleibenden Tage sinnvoll zu gestalten sind, auf; in Kombination mit der Entscheidung für Huesca als Etappenziel (wegen der Lage an der Bahnlinie Richtung Somport-Pass) fiel dann angesichts der Ausweisung des Sträßchens, das sich durch das östliche Ende des Naturpark schlängelt, als landschaftlich reizvoll (grüne Markierung) spontan die Entscheidung. Ich habe sie nicht bereut. Etwas anstrengend bzw. stressig kam mir die Etappe lediglich deswegen vor, weil ich viel zu spät aufgebrochen bin.
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 03.02.20 22:07

In Antwort auf: Tom72
Die Wanderer sind mir tatsächlich vor allem an den Parkplätzen entlang der A 2205 aufgefallen, von wo sie ihre Touren starteten.

Das gleicht sich alles, so auch auf meiner Tour schmunzel

In Antwort auf: Tom72
Die Sierra (mit zugehörigem Parque Natural), von der ich zuvor noch nichts gehört hatte, fiel mir in meiner Michelin-Karte erstmals während der Reise, ...

Immer diesen Pirineosaurus lesen... zwinker

Ja klar, um die Kurve noch zu kriegen, musstest du irgendwie einen schnellen Bogen drehen. Huesca hätte ich sogar vermieden, wenn die Gegend nördlich davon nicht so ausgestorben wäre - gibt da kaum etwas zu essen, keine Läden usw. Von Huesca aus hatte ich erst in Arguis wieder eine geöffnete Bar gefunden. Leider hatte ich zuvor in Huesca wegen früher Abfahrt auf Einkauf verzichtet. Und auf der Südtangente der A-1227 gab es vortags auch fast nichts, irgendwo bei einem fast verlassenen Camping fand ich noch etwas Brot, mittags auch kein Essen, nur abends. Hätte mich morgens besser in Rodellar eindecken müssen, obwohl das Campinglädele da auch nicht opulent bestückt war.
von: Biotom

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 04.02.20 03:50

Dein Bericht begeistert mich nach wie vor bravo Falls es mich mal in die Pyrenäen verschlägt werde ich bei Dir das eine oder andere abgucken.
Was sieht man bei Tag 16 für gelbes Zeugs in den Hängen: sind das Blumen oder Gräser?
von: Uli aus dem Saarland

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 04.02.20 09:46

In Antwort auf: Biotom

Was sieht man bei Tag 16 für gelbes Zeugs in den Hängen: sind das Blumen oder Gräser?



Ich würde auf eine Ginster-Art tippen.

Und auch ich finde den Bericht weiterhin großartig!

Gruß
Uli
von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 04.02.20 13:17

Das ist sogar definitiv Ginster. Um hier den Bericht nicht zu stark zu löchern, habe ich einen eigenen Beitrag zu Ginster-Routen erstellt, zunächst mal nur mit Beispiel/Tipps aus den Pyrenäen: Die Welt in Gelb: Bedeutende Ginster-Routen.
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 26.02.20 21:44

20. Tag (19.07.2019), Zugfahrt Huesca – Canfranc-Estación

Heute steht im Wesentlichen die Zugfahrt nach Canfranc-Estación auf dem Programm. Der Ort liegt auf etwa halber Höhe der Auffahrt zum Puerto de Somport. Dort endet seit etwa 50 Jahren die ehemalige internationale, die Pyrenäen durchquerende Bahnlinie von Saragossa nach Pau. Bereits auf meiner Pyrenäen-Tour 2016 hatte ich die Bahnverbindung genutzt (allerdings damals vom direkt am Fuß der Pyrenäen gelegenen Jaca aus, während die Fahrt ab Huesca noch deutlich länger ist); und wie damals werde ich anschließend den Rest der Somport-Auffahrt aus eigener Kraft absolvieren, um wieder auf die französische Pyrenäen-Seite zu wechseln.

Auf der ehemaligen pyrenäenüberquerenden internationalen Bahnstrecke, die vor Jahrzehnten auf der französischen Seite stillgelegt wurde, verkehren derzeit täglich nur zwei aus einem Triebwagen bestehende Züge pro Tag von Saragossa über Huesca und Jaca nach Canfranc-Estación, aber immerhin mit Fahrradmitnahme. Ich habe mich für den Zug am Nachmittag entschieden (kurz vor 17.00 Uhr), weil mir der am Vormittag zu früh ist, da ich mich auch noch ein wenig in Huesca umsehen möchte (obwohl ich mir von der Stadt nicht allzu viel verspreche und sie vor allem wegen der Zugverbindung ausgewählt habe).

Ich stehe spät auf und mache ausgiebig von der Badewanne mit Whirlpool-Funktion in meinem Hotelzimmer Gebrauch (der zweite Whirlpool dieser Reise nach dem Hotel auf dem Col du Pourtalet), dann checke ich so spät wie möglich aus, lasse mein Gepäck an der Hotelrezeption und radle kreuz und quer zum Sightseeing durch die Innenstadt. Entsprechend meinen geringen Erwartungen hat Huesca keine besonderen Höhepunkte zu bieten, weswegen ich mich auch mit dem Fotografieren zurückhalte. Hier die Kathedrale



und hier die Stierkampfarena.



Immerhin bekomme ich in einer der Altstadtgassen ein vorzügliches Mittagessen. Schließlich hole ich mein Gepäck aus dem Hotel und begebe mich zum Bahnhof; es handelt sich, wie ich das schon häufig in Spanien erlebt habe, um einen gesichtslosen modernen Zweckbau.

Die Bahnfahrt dauert knapp drei Stunden; sie führt durch kaum besiedelte, karge, aber beeindruckende Landschaften über Sabiñánigo und Jaca am Fuß der Pyrenäen, wo ich auf meiner Tour vor drei Jahren in den Zug eingestiegen bin, so dass ich die restliche Strecke ab dort bereits kenne. Die Bahnlinie (und die Straße zum Puerto de Somport) folgt ab Jaca dem Tal des Río Aragón aufwärts, der namensgebend für die Autonome Gemeinschaft Aragonien ist und unterhalb des Somport-Passes entspringt. Gegen 19.40 Uhr erreiche ich Canfranc-Estación.

Der Triebwagen wirkt etwas verloren vor dem im Vergleich riesigen, heute ungenutzten Empfangsgebäude.



Ich gebe hier zum eisenbahnhistorisch sehr interessanten Bahnhof Canfranc der Einfachheit halber nochmal meinen Text aus meinem Bericht von meiner 2016er-Pyrenäen-Tour wieder: Die umfangreichen, heute weitgehend ungenutzten Bahnanlagen mit dem eindrucksvollen, über 200 m langen historischen Bahnhofsgebäude wirken seltsam überdimensioniert und in dem engen Hochgebirgstal irgendwie deplatziert.

Die internationale Bahnstrecke Pau – Saragossa wurde 1928 eröffnet. Die Strecke von Frankreich aus führte durch einen ca. 8 km langen Tunnel unter dem Somport-Pass, dessen südliches Portal unmittelbar nördlich des Bahnhofs von Canfranc liegt. Der auf spanischem Gebiet gelegene Bahnhof Canfranc war die Grenzstation, in der aufgrund der unterschiedlichen Spurweiten umgestiegen werden musste – auf der einen Seite des Empfangsgebäudes endeten die normalspurigen Gleise der französischen Strecke nach Durchquerung des Somport-Tunnels, und auf der anderen (auf der auch mein Zug angekommen ist) endeten (und enden noch heute) die Gleise in iberischer Breitspur der spanischen Strecke von Saragossa über Jaca kommend. Der französische Abschnitt war, anders als der spanische, von Anfang an elektrifiziert.

Die Strecke hat während der gut vier Jahrzehnte ihres Betriebs nie die erwartete Bedeutung für den internationalen Bahnverkehr erlangt und hat sich wohl letztlich als Fehlplanung erwiesen. Sie konnte als Gebirgsbahn mit entsprechend langen Fahrzeiten im Endeffekt nicht mit den schnelleren Bahnverbindungen zwischen Frankreich und Spanien an der Atlantik- und der Mittelmeerküste konkurrieren. Deshalb nahm die SNCF den Einsturz einer Brücke infolge eines Bahnunfalls 1970 als willkommenen Anlass, die Strecke auf französischer Seite stillzulegen. Seitdem findet nur noch auf der spanischen Teilstrecke ein bescheidener Bahnverkehr nach Canfranc-Estación statt; derzeit täglich zwei Regionalzugpaare von Saragossa über Jaca.


Ich hatte schon vor längerer Zeit gelesen, dass das historische, nunmehr funktionslose Bahnhofsgebäude dem Verfall preisgegeben sei und war bereits vor drei Jahren umso überraschter, dass offenbar in neuester Zeit mit der Renovierung begonnen wurde – der gesamte Dachbereich ist augenscheinlich in jüngerer Zeit komplett und originalgetreu erneuert worden.



Der Ort Canfranc-Estación besteht im Wesentlichen aus einer Gebäudezeile entlang der Hauptstraße gegenüber dem Bahnhof. Dort sind auch einige Hotels; ich frage in einem davon nach einem freien Zimmer. Ich bekomme ein recht preiswertes, mit dem ich sehr zufrieden bin, und erfahre gleichzeitig, dass der Campingplatz ein Stück oberhalb des Ortes an der Passstraße, den ich auch in Erwägung gezogen hatte, über dessen Existenz ich im Internet aber widersprüchliche Informationen fand, tatsächlich nicht mehr existiert.

21. Tag (20.07.2019), Canfranc-Estación – Oloron-Ste.-Marie und Wanderung auf den Pico de Canal Roya
Strecke: ca. 70 km
Höhenmeter: ca. 580


Heute ist der letzte Fahrtag. Ich werde ein letztes Mal den Pyrenäen-Hauptkamm über den 1640 m hohen Puerto de Somport überqueren und somit eine mir von meiner Pyrenäentour drei Jahre zuvor schon bekannte Strecke wiederholen. Auch damals war ich mit dem Zug bis Canfranc-Estación hinaufgefahren. Aus der Erinnerung weiß ich daher, dass die nun verbleibende restliche Auffahrt zum Pass (es sind nur noch etwa 500 Höhenmeter) landschaftlich einiges zu bieten hat und angenehm zu fahren ist, wozu auch beiträgt, dass ein großer Teil des Durchgangsverkehrs den Pass durch einen 2003 eröffneten unterhalb des Ortes beginnenden Straßentunnel unterquert und die Strecke über den Pass daher angenehm wenig motorisierten Verkehr aufweist. Von Astún oberhalb der Passhöhe habe ich außerdem eine Wanderung auf den 2345 m hohen Pico de Canal Roya geplant, auf der ich in Sichtweite des Pic du Midi d’Ossau unterwegs sein werde und damit nur wenige Kilometer von der Route meiner vor neun Tagen vom Col du Pourtalet aus unternommenen Wanderung entfernt.

Bevor ich losfahre, sehe ich mir nochmal den Bahnhof an, der das Ortsbild dominiert; hier der Blick von der Hauptstraße, an der auch mein Hotel liegt, über den direkt vor dem Bahnhof verlaufenden Río Aragón auf das Empfangsgebäude. Davor steht noch der Triebwagen, mit dem ich gestern Abend hier angekommen bin; er wird kurz darauf als erste von zwei der heutigen Zugverbindungen wieder über Jaca und Huesca nach Saragossa abfahren. Am Geländer des Bahnsteigs hängt ein Transparent mit dem Slogan „¡¡Reapertura!!“. Ob dieser Ruf nach Wiedereröffnung lediglich einen frommen Wunsch nach der durchgehenden Wiederinbetriebnahme der Strecke durch den Somport-Bahntunnel zwischen Spanien und Frankreich zum Ausdruck bringt oder Bezug nimmt auf aktuelle Entscheidungen, die dies tatsächlich realistisch erscheinen lassen, weiß ich nicht; jedenfalls habe ich später gelesen, dass derzeit die zuständigen Akteure eine durchgehende Wiederherstellung ernsthafter prüfen und vorbereiten als in den vergangenen 50 Jahren.



Unmittelbar nördlich des Bahnhofs endet der Passtunnel der stillgelegten französischen Strecke. Die Gleise sind demontiert. Die Passstraße, auf der mich mein Weg gleich aufwärts Richtung Puerto de Somport führen wird, verläuft direkt oberhalb des Tunnelportals. Auch 50 Jahre nach der Betriebseinstellung stehen noch die Oberleitungsmasten und hängen noch Reste der Fahrleitung. Die spanische und französische Flagge am Portal hingen dort, als ich das letzte Mal hier war, noch nicht; auch dies vielleicht ein Hinweis darauf, dass die Reaktivierung der Bahnstrecke durch den Passtunnel aktuell ernsthafter als bisher in Erwägung gezogen wird?



Die mir ja bereits bekannte Auffahrt zum Somport ist von der Steigung her nicht allzu anstrengend, führt aber landschaftlich sehr reizvoll durch einige schöne Serpentinen und ist bei Radfahren sichtlich sehr beliebt und insbesondere von Rennradfahrern stark frequentiert.



Spätestens ab dieser Stelle wurde mir bei meiner Tour vor drei Jahren der Blick auf die umliegenden Berge durch tiefhängende Wolken verwehrt. Diesmal habe ich aber Glück und bei blauem Himmel einen ungestörten Landschaftseindruck.





Ich habe daher, als ich den 1640 m hohen Somport-Pass erreiche (wenn ich richtig gezählt habe, erreiche ich hier zum sechsten Mal auf der Reise die Grenze und zum fünften Mal den Pyrenäen-Hauptkamm), klare Sicht, während ich drei Jahre zuvor hier oben wegen des Nebels nicht allzu viel sehen konnte.



Bevor ich allerdings vom Pass auf der französischen Seite hinunterrolle, fahre ich die an der Passhöhe abzweigende, etwa zwei Kilometer lange Stichstraße weiter aufwärts zum Wintersportort Astún, von wo aus ich noch eine Wanderung geplant habe. Deren besonderer Reiz besteht darin, dass ich mich, diesmal von Westen her, nochmal dem Pic du Midi d’Ossau annähern werde, in dessen unmittelbarer Umgebung ich ja bereits vor gut einer Woche vom nicht viel mehr als 10 km Luftlinie östlich des Puerto de Somport gelegenen Col du Pourtalet aus gewandert bin.

In dem Skiort ist auch jetzt im Sommer einiges los, da viele Wanderer unterwegs sind, und auch ich schnüre hier das letzte Mal auf der Reise meine Wanderschuhe. Einer der Sessellifte ist für die Wanderer in Betrieb; ich entscheide mich aber, aus eigener Kraft aufzusteigen, auch wenn die Skipisten, über die der Weg führt, außerhalb der Wintersaison keinen allzu schönen Anblick bieten.



An der Bergstation des Skilifts hat eine Hütte geöffnet, wo ich eine kurze Imbisspause einlege.



Kurz darauf komme ich an einem kleinen Bergsee vorbei, von dem aus der Weg weiter ansteigt bis zu einem Pass, über den die Grenze zu Frankreich verläuft (im Bild im rechten Viertel).



Vom Pass (Collado de Astún) ergibt sich der Blick auf den Pic du Midi d‘Ossau und rechts davon den Pic Peyreget, auf dessen Gipfel ich vor acht Tagen vom Col du Pourtalet aus gewandert bin.



Vom Ziel der Wanderung, dem 2345 m hohen Pico de Canal Roya, reicht der Blick bis zur nur noch wenige Kilometer entfernten Straße über den Col du Pourtalet knapp unterhalb des Passes, wo ich letzte Woche von Laruns kommend hochgefahren bin (im Bild etwa in der Mitte, leider zu klein, um es zu erkennen; links nochmal der Pic du Midi); ich erkenne in der Ferne auch den Parkplatz, von dem ich am folgenden Tag meine Wanderung zum Pic Peyreget gestartet habe. Hätte ich etwas mehr Zeit, könnte ich weitergehen und würde bald auf meine Wanderroute von neulich treffen.



Aber ich kehre, nachdem ich den Gipfel des Pico de Canal Roya erreicht habe, um und marschiere zurück auf einer teilweise etwas anderen Route, die mich an einem weiteren kleinen Bergsee vorbei (natürlich immer mit Blick auf den Pic di Midi) führt, zurück über den Collado de Astún auf die spanische Seite und zur Bergstation des Sessellifts.



Angesichts der noch recht langen heute zu fahrenden Strecke nach Oloron-Ste.-Marie (auch wenn es nur noch abwärts geht) nehme ich für den Abstieg zurück nach Astún und zu meinem dort wartenden Rad den Lift in Anspruch.



Als ich zurück am Puerto de Somport bin, kommen von der französischen Seite, auf der ich jetzt hinunterfahren werde, tiefhängende Wolken heraufgezogen, so dass ich nun wieder ungefähr dieselbe Wettersituation habe wie bei meiner letzten Passüberquerung drei Jahre zuvor (damals hatte es dann später auch noch angefangen zu regnen, so dass ich am Ende die letzten 20 bis 30 km im Regen fahren musste). In meinem Bericht dazu hatte ich ja scherzhaft die Vermutung geäußert, dass dies die Strafe bzw. der Zorn der Berggötter für meinen Frevel war, mich teilweise mit dem Zug „heraufzumogeln“… schmunzel (Wobei ich auf der aktuellen Tour die Situation Sonne und blauer Himmel auf der spanischen Seite/Nebel und Regen auf der französischen Seite ja auch schon mehrfach hatte). Ich bin aber froh, dass ich die Wanderung noch bei vernünftigem Wetter durchführen konnte.

Die Abfahrt ist trotz der tiefen Wolkendecke landschaftlich reizvoll. Auch nach der Stelle, an der der Verkehr aus dem Somport-Straßentunnel wieder auf die Passstraße geführt wird, bleibt das Kfz-Aufkommen erträglich.





Parallel der Straße sieht man die Viadukte und Tunnel der stillgelegten Bahnstrecke zum Somport-Passtunnel und nach Canfranc-Estación.



Die Bahnstrecke wurde, kurz nachdem ich das letzte Mal hier war, bis Bedous, etwa auf halber Strecke zwischen Oloron-Ste.-Marie und dem Somport-Passtunnel, wieder in Betrieb genommen.

Bei diesem Bahnviadukt bei Escot, das schon im wiedereröffneten Abschnitt der Bahnstrecke liegt, schließt sich der Kreis; der geneigte und geduldige Leser schmunzel wird sich an das entsprechende Foto von vor 10 Tagen erinnern, das ich an gleicher Stelle (und bei deutlich weniger bewölktem Wetter) gemacht habe, bevor ich, aus der Gegenrichtung, also von unten, kommend die Somport-Passstraße, auf die ich erst wenige Kilometer unterhalb, von Westen kommend, gestoßen war, Richtung Col de Marie-Blanque wieder verlassen habe.



Und ziemlich genau hier beginnt auch aus der tiefhängenden Wolkendecke der Regen, der zwar zu erwarten war, von dem ich aber gehofft hatte, dass er mir erspart bleiben würde. Also fahre ich doch wieder, genau wie das letzte Mal vor drei Jahren, die letzten 20 km bis Oloron-Ste.-Marie im Regen. Er ist allerdings etwas schwächer als damals, trotzdem bin ich froh, als ich endlich Oloron erreiche (das Gefälle der Straße ist längst nicht mehr ausreichend, um es rollen zu lassen, so dass ich engagiert strample, um die Regenfahrt möglichst zügig zu beenden). Der Blick von dem am Fuß der Pyrenäen gelegenen Städtchen zurück auf die Gebirgskette, der offenbar recht malerisch ist, bleibt mir wegen des Mistwetters somit zum zweiten Mal verwehrt. Es ist schon recht spät. Ich steuere auf der Unterkunftssuche zunächst das Hotel von vor drei Jahren an, aber die Rezeption hat schon zu. Im einfachen und preiswerten, aber sympathischen Hotel „Le Bristol“, das damals geschlossen war, habe ich dafür diesmal Glück.



Und ich muss – es regnet immer noch – das Hotel auch gar nicht mehr verlassen, denn im zugehörigen, sehr gut besuchten Restaurant bekomme ich in sehr netter Atmosphäre zu einem sehr fairen Preis ein ausgezeichnetes viergängiges Menü. Ich bin sehr zufrieden mit dem heutigen letzten Fahrtag und der letzten Wanderung.

Fortsetzung folgt…

von: Keine Ahnung

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 27.02.20 08:06

Da Teile Deiner Route auch zu meiner ersten großen Radreise (mit drei Freunden) 1981 gehörten, lese ich mir Deinen Bericht gerne durch. Die Bilder z. B. von der Atlantikküste bei Arcachon lassen die Erinnerungen wieder hochkommen. Auch wenn ich ein miserables Namensgedächtnis habe, kann ich mir doch sehr gut die Bilder meiner Radreisen einprägen und ich bin immer wieder selber erstaunt, wie genau sich diese über so viele Jahre im Kopf eingebrannt haben. Und das gilt insbesondere für Radreisen oder Wandertouren, wo offensichtlich die körperliche Betätigung die Aufnahmefähigkeit deutlich erhöht.

Nochmals danke für den Bericht! bravo
von: weasel

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 06.03.20 11:09

Super Bericht und auch toll, daß man in die verlinkten Bilder reinzoomen kann.

Mal eine Frage zu den Campingplätzen: was kosten diese im Schnitt/Nacht? Gibt es hohe Preisunterschiede?
von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 25.03.20 22:04

22. und 23. Tag (21.und 22.07.2019), Bahn-Rückreise über Paris

Heute beginnt die Bahn-Rückreise; zunächst mit dem Regionalzug nach Pau und von dort mit dem TGV nach Paris, wo ich übernachten werde. Es regnet nicht mehr, aber die Pyrenäen, die man von dieser Brücke, wenn man nach rechts schauen würde, eigentlich in der Ferne sehen könnte, sind nach wie vor in Wolken gehüllt (wie ja auch schon bei meinem letzten Aufenthalt hier vor drei Jahren). Die Brücke führt über den Gave d’Aspe, dessen Verlauf ich gestern vom Somport-Pass durch das Vallée d‘Aspe abwärts gefolgt bin.



Kurz vor 10 Uhr steige ich am winzigen Bahnhof von Oloron-Ste.-Marie in den Regionalzug mit Fahrradmitnahme nach Pau (er kommt von Bedous an der bis dorthin vor wenigen Jahren wiedereröffneten, ehemals weiter zum Somport-Passtunnel führenden Strecke).



Eine gute halbe Stunde später bin ich bereits in Pau. Mein TGV nach Paris geht erst um kurz nach halb drei, so dass ich ein paar Stunden zum Sightseeing habe. Erst vorgestern war Pau der Schauplatz der 13. Etappe der Tour de France, als hier das Einzelzeitfahren stattfand. Die Spuren des Ereignisses finden sich noch überall in der Stadt; so sind auf dem Asphalt der Straße, die hinauf zur auf einer Anhöhe oberhalb des Bahnhofs gelegenen Innenstadt führt, die Namen der Sieger der Tour-de-France-Geschichte in chronologischer Reihenfolge aufgemalt.



Oberhalb des Bahnhofs, von dort auch über eine historische Standseilbahn erreichbar, liegt der Boulevard des Pyrénées, wo ich mich auf der Terrasse eines der zahlreichen Bistros niederlasse. Der sicher beeindruckende Blick auf die Pyrenäen, den man normalerweise von hier hat, bleibt mir heute aber, wie auch schon vorhin in Oloron, wegen des bewölkten Wetters leider versagt.



Hauptsehenswürdigkeit von Pau ist das Château.



Im Rahmen der diesjährigen Tour de France wurde auch des 100jährigen Jubiläums der Einführung des Gelben Trikots gedacht.



Für die Fahrt mit dem TGV nach Paris, für den ich mir ja vor wenigen Tagen mit dem Smartphone online eine Fahrkarte gebucht habe, muss ich, wie auch auf der Hinfahrt, mein Rad wieder teilweise demontieren und in meine Fahrrad-Transporthülle verpacken. Aber das ist ja für mich seit etlichen Jahren im französischen Fernverkehr Routine.





Die Fahrt dauert etwa viereinhalb Stunden; ab Bordeaux ist es dieselbe Strecke wie auf der Hinfahrt. Das Hotel, das ja ich erst vor wenigen Tagen online gebucht habe, ist am Fuß des Montmartre gelegen, also mitten in einem der touristischen Hotspots, trotzdem war ich überrascht, es (zumal so kurzfristig) für 50 € bekommen zu haben. Es liegt günstig zur Gare de l’Est, von wo aus morgen mein ICE nach Deutschland fährt, und bietet mir heute Abend noch einen willkommenen Anlass, von der südlich des Stadtzentrums gelegenen Gare Montparnasse, wo mein TGV ankommt, Richtung Norden eine schöne lange Tour durch die gesamte Innenstadt zu machen und an einigen Sehenswürdigkeiten vorbei zu radeln.



Ich überquere die Seine (hier nochmal, wie schon auf der Anreise, der Blick auf die durch den verheerenden Brand drei Monate zuvor ihres Dachstuhls und des Vierungsturms beraubte Kathedrale Notre-Dame).





Für ein Foto vor dem Eifelturm nehme ich einen längeren Abstecher Richtung Westen entlang des nördlichen Seine-Ufers in Kauf. Das letzte Mal, dass ich mein Rad vor dem Eifelturm fotografiert habe, war 2011 zum Start meiner Radreise Paris-Barcelona.



Der Louvre



Es ist schon fast halb zehn, als ich mein Hotel (Hotel Audran) am Fuß des Montmartre erreiche. Das Zimmer ist einfach, aber okay, und das Viertel ist sehr interessant und lebendig, und das Hotel hat auch ein Restaurant, vor dem ich auf der Terrasse auf dem schmalen Trottoir in typischer Pariser Atmosphäre ein hervorragendes Entrecôte genießen kann.



Nach dem Abendessen erreiche ich nach wenigen Minuten Aufstieg durch die Gassen des Montmartre-Viertels die Basilika Sacré-Coeur, mache aber nur kurz ein paar Fotos, da aufgrund der Touristenmassen selbst jetzt am späten Abend keine Lust auf ein längeres Verweilen aufkommt.





Am nächsten Tag geht mein ICE um kurz vor elf; von meinem Hotel zur Gare de l’Est ist es nicht mehr weit.





Wie oft ich in den vergangenen gut zehn Jahren mein Rad an dieser Stelle vor dem Pariser Ostbahnhof fotografiert habe, kann ich spontan gar nicht sagen…



Natürlich muss ich auch heute für die Fahrt im ICE das Rad wieder teilweise demontieren und in meine Fahrrad-Transporthülle verpacken. Wieder wird, getreu der französischen Unsitte, das Abfahrtsgleis erst recht spät angegeben. Da aber nur auf einem Gleis ein ICE steht, ist schon vor der offiziellen Ankündigung klar, wo ich hinmuss, so dass ich in Ruhe am Beginn des betreffenden Bahnsteigs das Rad für den Transport präparieren kann.





Nach Erfurt gelange ich mit nur einmal Umsteigen in Stuttgart, das ich in dreieinhalb Stunden erreiche. Der anschließende ICE nach Erfurt fährt in Stuttgart am selben Bahnsteig gegenüber, so dass ich das verpackte Rad nicht weit schleppen muss. Perfekt. Knapp vier Stunden später bin ich zurück in Erfurt.

Fortsetzung folgt…


von: veloträumer

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 26.03.20 20:23

In Antwort auf: Tom72
Eine gute halbe Stunde später bin ich bereits in Pau. ...
Oberhalb des Bahnhofs, von dort auch über eine historische Standseilbahn erreichbar, liegt der Boulevard des Pyrénées, wo ich mich auf der Terrasse eines der zahlreichen Bistros niederlasse. Der sicher beeindruckende Blick auf die Pyrenäen, den man normalerweise von hier hat, bleibt mir heute aber, wie auch schon vorhin in Oloron, wegen des bewölkten Wetters leider versagt.

Von diesem Blick habe ich auch im Reiseführer gelesen, aber nichts gesehen. traurig Mir scheint, der den gibts weniger "normalerweise", sondern nur ausnahmsweise - wahrscheinlich Reiseführerautoren, die dort ein halbes Jahr verbringen und dann von den selten Ereignissen berichten. lach

So langsam wirds Zeit, dass deine Reise zu Ende geht, denn ich bekomme so langsam das Gefühl, du wärest Jahre unterwegs gewesen... Gelohnt hat es sich aber allemal. Auch wenn man mal nichts sieht, die Pyrenäen sind halt immer zum verliebt