Radreise ins Glück - München - Kathmandu

von: Helios

Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 08.04.21 18:27



Jetzt bin ich also unterwegs. Gerade schläft Kuku auf meinem Arm und die laute Musik unten fängt wieder an zu dudeln.
Ich liege im riesigen Haus von Zoran, der mich vor 3 Stunden aufgegabelt hat. Gestern ist mir Kuku - eine Husky-Mischlingshündin zugelaufen und die Pläne ändern sich komplett - wo kriege ich nur in Serbien einen Hundeanhänger her?
Seit 13 Tagen unterwegs und soviel bereits passiert...
Der Plan war bis nach Nepal in 4 Monaten, doch jetzt... ohne Anhänger werden das nur noch 30km am Tag.

Ich werde diesen Faden benutzen um sporadisch meine Berichte einzustellen. Habe nur ein Handy dabei, damit ist das kopieren der Texte nicht so einfach. Ich werde allerdings mein bestes versuchen, um euch auf dem laufenden zu halten.

Tag 13: Jagodina - Paracin, 27km, 1.344 Gesamt.
von: indomex

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 08.04.21 18:54

Dann drück ich dir - nein: euch - die Daumen und schon mal sehr gespannt, was du hier zu berichten haben wirst.
Viel Erfolg bei allem und bleib(t) vor allem gesund!
von: irg

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 09.04.21 05:46

Auch wenn deine Reise eine ganz andere wird, als du gedacht hast (das ist in manchen Bereichen auch ein Sinn von Reisen), wünsche ich dir eine schöne Weiterreise, egal, wie weit und wohin!

Wenn du mit Kuku über Grenzen willst, wirst du um diverse Impfungen nicht herum kommen. Ich würde mich möglichst bald darum kümmern!

lg!
georg
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 09.04.21 20:40

Jagodina – Paraćin

Tag 13: Der richtige Weg

Distanz: 27 km

Eine kühle Nacht im unbeheizten Raum bei Vojislav und eine aufgedrehte Pfote am Morgen.
Vojislav ist ein Sammler und Verkäufer von unendlich vielen Sachen. Die Toilette dieses Nebenhauses hat er selber, aut eigener Aussage schon einen Monat nicht mehr betreten. Als ich diese morgens betrete, ekelt es mich ein wenig. Zudem denke ich, dass es eine gute Vorbereitung für spätere Gegenden ist, in der Sauberkeit noch eine viel weniger grosse Rolle spielt.
Was aber ist Ekel? Für mich eine Art Angst vor Infektionen, merke ich, als ich nachspüre. D.h. ich habe wohl eine Art Messlatte in mir, ab der sich ein Unbehagen zu Ekel wandelt, bzw. Zur Angst sich am Schmutz anzustecken. Ich denke, hierbei liegt meine Messlatte schon sehr hoch:
Beim Eintreten ins Klo rieselt Staub vom Türsturz, es hängen ein wenig Spinnweben herum und hinter der Toilette liegen undefinierbare (ha, Wertung!) Lappen. Es riecht nach… Verschiedenartigem. Und alles ist nicht nur mit einem Stsubfilm bedeckt, sondern zudem noch mit einer Art braunem Staub.
Als ich zurückkomme ist Pfote ganz aufgewühlt, springt Wasserschlabbern, legt sich wieder aufs Bett, knabbert an meiner Hand ubd pinkelt schliesslich, als ich es immer noch nicht verstehe, auf den Boden. Ok, ok, morgens als allererstes raus mit dir. Schon verstanden.
Vojislav schläft bis um 12, hat er gesagt. Was mache ich? Ich druckse um die Entscheidung und setze mich erst ans Handy.
Dann ein Spaziergang durch Jagodina. Der Fahrradladen hat noch zu. Dafür finde ich Miau&Wau und darin ein Halsband, eine Zugleine.
Ich – oder Pfote? – werde zu diesem Einkauf mit Leckerlies belohnt.
Zurück bei Vajislav suche ich mir aus den Haufen mehrere kisten aus. Festpannen kllappt, doch ÖgP…. bin eingeschlafen… Kuku humpelt, wir sind in einem riesigen Haus… schuss Nacht.


… festspannen klappt, doch Pfote (der Name ist schön, doch wenn ich ihr „pfote geben“ beibringen will, etwas doof) springt immer wieder raus. Mit viel Übung schaffen wir es, dass sie sich zumindest in eine der Boxen setzt. Doch hinlegen schaffen wir kein einziges Mal. Somit fällt die Option Gepäckträger wieder flach.
Pfote spielt mittlerweile mit dem kleinen Kläffer.
Der dicke Dackel hinten an der Kette bellt manchmal.
Ich packe gerade die Sachen zusammen, als der dicke Dackel plötzlich angelaufen kommt. Zuerst gemächlich wandernd, dann schiesst er auf einmal auf Pfote zu und greift sie geradezu an. Pfote jault. Ich renne dem dicken Dackel hinterher, alle drei Hunde rennen von mir weg. Der kleine Kläffer fängt wieder an, Pfote anzubellen, wie wenn er den grossen als Erlaubnis gebraucht hätte.
Da erwische ich den grossen, packe ihn und werfe ihn über den Zaun, in das Gehege, in dem Pfote gestern zunächst war.
Der Dackel fällt mit dem Bauch voraus – pflatsch – voll auf einen Stein. Autsch. Gedemütigt, langsam humpelnd (mit Schmerzen?) rappelt er sich auf.
Das hatte ich nicht erwartet. Von Katzen bin ich es gewohnt, dass sie immer weich landen… ich fühle mit dem Dackel, bin traurig, wütend und merke, dass es eine Kurzschlussreaktion war. Ich hoffe, dass er sich nichts getan hat.
Ich beschliesse, diesen einzigen Fahrradladen zu aufzusuchen. Im vorigen Spaziergang hatte ich ins Schaufenster geschaut – es war noch zu. Durch das Fenster sah es nicht so vielversprechend aus.
Pfote also in den Schlafraum und alleine hin?
Sie dort einzusperren behagt mir nicht.
Also packe ich all meine Sachen, wir fahren, ohne uns vom noch schlafenden Vojislav zu verabschieden. Vielleicht kommen wir gleich nochmal zurück…(?)
Im Radladen sitzen zwei rauchende Männer, die sprachliche Hürde erwirkt kurze Distanz. Ich stelle einen Stuhl hinter ein Fahrrad zeige mit den Händen ein Gestell und zeige auf Pfote. Beide machen sie „aah“ und sagen direkt „nema“ als Verneinung.
Ich erkläre ihnen, dass ich nicht weiss, was ich tun soll. Der eine Mann raucht weiter, während der andere im Keller verschwindet und ein paar Sachen auf serbisch ruft.
Der Raucher gibt Pfote was zu fressen und überreicht mir eine Tüte Hundefutter.
Dann kommen Rufe von unten. Der hagere Mann sitzt an einem Computer und zeigt mit der in der Hand qualmenden Zigarette auf den Bildschirm.
Sasomange.rs – wohl das serbische ebay kleinanzeigen – dort hat er mehrere Hundeanhänger zur Auswahl. Für 50-90€, in Serbien verteilt. Zwei davon seien in Nis. Den einen ruft der Händler an, während ich stark daran zweifle, dass ich an meiner Steckachse oder überhaupt links an der Kettenstrebe irgendwas montieren kann.
„Its sold.“ Erklärt mir der hagere Raucher. Wir schreiben es ab. In meinem Hinterkopf speichere ich dieses Anzeigenportal und die Info, dass dort noch ein zweiter Anhänger war.
Ich kaufe noch ein Schloss. Als 2. Gegenstand auf der Tour habe ich gestern nämlich meinen Schlüssel verloren. Daraufhin habe ich das Schloss gleich in die Tonne geworfen.
Das neue Schloss dann mit Zahlenschloss und, da ich mit Pfote eine hohe Gewichtszunahmd habe, lieber ein leichtes Schloss.
Währenddessen flirren fragen durch meinen Kopf: wie soll ich so weitermachen? Will ich das wirklich? In dieser Unklarheit überlege ich, die Drohne zurückzuschicken, damit das Gewicht wieder etwas ausgeglichen wird.
Wir fahren weiter. Den Versuch, mit Leine Fahrrad zu fahren, habe ich sofort wieder aufgegeben.
Die Fahrt wird auch so zu einer psychischen Gewaltaktion: Pfote läuft hinter mir, vor mir, auf der anderen Strassenseite, aber am allerseltensten einfach rechts von mir. Hunde bellen, Autos rauschen vorbei. Nicht so ein ruhiger Verkehr wie gestern, als du mich auserwählt hast…
Tja, das hast du nun davon – suchst dir ein Herrchen aus, das jeden Tag mehrere Stunden auf der Strasse verbringt.
Ich merke, dass das nichts bringt: ich fühle Wut, weil Unklarheit in mir. Das Eintreten Pfotes in meine Radlaktion ist ein Grenzübertritt, der die Tour im gesamten verändert. Und ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. Und dieses Nichtwissen macht mich wütend und das versuche auf Pfote abzuwälzen.
Also entscheide ich: wir probieren es heute einfach so weit zu kommen, wie möglich. Dumm nur, dass ich durch das basteln und den Fahrradladen erst um 13.30 das Stadtgebiet von Jagodina verlasse.
Serbien scheint mir an dieser Strssse recht dicht besiedelt. Und in jedem zweiten Haus in den Vororten und Dörfern sitzt ein unzufriedenes Kläfferchen. In den meisten Fällen hinterm Zaun. Doch auf 10km habe ich so häufig die Situation, dass von rechts zwei aggressive Hunde angerast kommen und Pfote entweder ängstlich zu mir springt und so fast in oder unter die Räder kommt oder gleich mitten auf die Strasse, auf der das überholende Auto Pfote zum Glück im letzten Moment noch sieht.
Wir machen Pause. Nach 11km, an einem Fluss. Pfote trinkt, bekommt was zu fressen. Aus dem Gras schlabbert sie es nicht auf. Springt mir stattdessen an den Käse in meiner Hand. Ja, ich esse ein pures Stück Käse, weil ich vor lauter Hund vergessen habe, mir was dazu zu besorgen. Und das versuchst du mir jetzt auch noch wegzuschnappen.
Währenddessen kommt ein hellbrauner Hund ganz vorsichtig dazu und schnappt sich das Hundefutter aus dem Gras. Nein… ich kann nicht 2 Hunde aufnehmen.
Weiter. Irgendwie weiter. Wir rollen mit 8-12 km/h am Gehweg entlang, bis es mir zu bunt wird und ich beschliesse, an die Autobahnauffahrt zu fahren und zu versuchen, zu trampen.
Dort stehen wir. Warten. Nach 10 min sind nur 3 Autos rauf gefahren. So geht das nicht.
Auf der Karte entdecke ich einen schmalen Pfad an der Autobahn entlang. Vielleicht ist das ja was. Etwas feucht-schlammig hier, dafür keine Autos und keine Tölen… die dann doch wieder kommen, da ich mit diesem Weg an der Rückseite des nächsten Ortes rauskomme. Und hier sind noch ganz viele weitere Kläffer.
25km. Yes!
Wir sind wieder an der Strasse und rollen am Gehweg. Ein Reifenladen, dort steht ein angelehntes Mountainbike mit farbig leuchtender Federgabel. Kein normales Fahrrad, wahrscheinlich gibt es das nirgends in Serbien zu kaufen.
Ich denke mir nichts weiter, rolle vorbei. Ich denke mir auch nichts, als jemand ruft.
Wir gehen wieder auf die rechte Strassenseite und häufigen Lieferwägen verleiten mich dazu, erneut den Daumen rauszustrecken. Währenddessen lese ich Astrids und Miris Namensvorschläge und bin sofort einverstanden. Pfote heisdt ab jetzt Kuku. Abgekürzt vom nepalesichden Feiertag "kukur tihar", an dem die Strassenhunde ein Fress-Fest erhalten.
Es kommen erneut Rufe.
Ein älterer Mann auf dem neuartigen Mountainbike.
Es ist Zoran, ein Serbian-Aussie… und dann ist plötzlich alles gut. Essen. Warm. Raki und ein Bett für mich und … Kuku schmunzel.
Der Hundeanhänger in Nis wird noch vorgemerkt. Irgendwie besorge ich den.
Zoran bietet mir an, in seinem riesigen Haus „1 day, 2 days, 1 week, 5 months – feel at home, you can stay as long you want..." zu bleiben.
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 10.04.21 03:38

Hallo,
da du ja jetzt daran denkst, den Hund (Kuku) mitzunehmen, kann ich dir nur den dringenden Rat geben, als erstes einen Tierarzt aufzusuchen.
Der Hund muss geschippt und geimpft werden. Selbst wenn du ihn heute gegen Tollwut impft, muss man 21 Tage abwarten, bis man über die Grenze damit kann. Das heißt für dich, du bist mindestens noch 3 Wochen in Serbien.
Die meisten (billigen) Hundeanhänger sind für so eine Tortour nicht geeignet. Wenn du jetzt sowieso 3 Wochen in Serbien festsitzt, würde ich mir an deiner Stelle einen "vernünftigen" Hundeanhänger aus Deutschland schicken lassen.
Mein Hund fährt z.B gut im BOB YAK mit. Das klappt aber nicht mit jeden Hund.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 10.04.21 04:58

Unabhängig von alldem: wie bringe ich ihr bei, im Hänger zu sitzen und auch sitzen zu bleiben. Habe jetzt einen Anhänger und sie setzt sich nach einiger Übung auch selbstständig rein. Sobald ich aber schiebe, springt sie heraus...
von: Hartmut.L

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 10.04.21 05:32

Anhänger fahren ist für viele Hunde nicht einfach. Man kann nur immer wieder üben indem man positiv verstärkt wenn sie einsteigt und sitzten bleibt, sodass sie den Hänger auf jeden fall mit guten Gefühlen verbindet! Falls Kuku Leckerlis zugänglich ist immer dann eines geben wenn sie einsteigt. Du kannst das auch mit der "Klicker-Methode" verbinden: jedesmal wenn sie es richtig macht sofort ein Schnalzen mit der Zunge (einen Knackfrosch wirst Du nicht haben) irgendwann kannst du dann auf die Leckerli verzichten und nur noch schnalzen...
Also immer wieder Wiederholen und Geduld...
Hartmut
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 10.04.21 22:15

Tag 15: 15km nach Osten und wieder zurück nach Niš, 30km, 1370 gesamt

Motto des Tages: Wenn du nicht weisst wohin, geh irgendwohin und das Leben entscheidet für dich

Bratislav, der Fahrraddoktor und herzenslieber Hundeliebhaber hat mir gestern den Anhänger organisiert. Zudem hat er eine Konstruktion installiert, die jedem Ingenieur Haarausfall besorgen würde. (Zum Glück für mich ;))
Statt der eigentlichen Eckplatte, die lit einer grossen, mittigen Schraube an der Kettenstrebe sowie an Achs-Oberrohrstrebe befestigt wird, gab es nur eine zugesägte Unterlagscheibe, die in das freie Dreieck an meinem Gepäckträger gepresst wurde.
Bratislav hat mich ebenfalls beibdich übernachten lassen. Und er hat einen 5 Monate alten Sony, ein Rottweiler-Mischling, der liebend gerne mit Kuku spielt. Kuku hat dagegen erst einmal einen Fladen über Nacht hinterlassen. Also ab jetzt nur noch lit offener Tür, Kuku!
Bratislav zeigt lir voller Stolz seinen Garten. Ein Gewächshaus mit fertigen Salaten, Birnen, Kirschen, Feigen und Aronia-Bäumchen.
Wiedermal begann ein Morgen, an dem ich nicht weiss, was ich tun soll.
Die ersten Versuche gestern, Kuku in den Anhänger zu setzen, sind gescheitert.
- Komme ich überhaupt voran? Von Miri kam der Plan mit ihr solange zu laufen, bis sie erschöpft im Hänger bleibt. (... jetzt schlafe ich beim Schreiben des Blogs wieder ein...)

[...]

Megaaaa kompliziert. Ergebnis: ich sitze nach 13km an einem Imbiss, an dem ein Rennradfahrer sitzt, der sagt:
"Hey, this was my carrier (anhänger)..."
Und genau demieser Marko hat einen Freund, der Hunde züchtet und aus Griechenland einen europäischen Hundepass organisiert. 4-10 tage wartezeit. Dann meinte ich: okay dann geh ich vielleicht auf den Berg da (trem, 1.810m) im hintergrund. Dazu antwortet er: "you can come with me tomorrow. I was planning to hike up there with my girlfriend anyway."

Marko telefoniert. Und schliesslich machen wir aus, dass wir uns in Nis wieder treffen. Er fährt jetzt nach Hause mit dem Rennrad und ich bin später zum nachmittaglichen Lunch eingeladen. Ich kann über Nacht bei ihm bleiben.
Also: weiter Kuku trainieren. Reinsitzen. Festschnüren. Sie liegt und kuckt. Ich schiebe. Sie springt hinten durch das Loch hinaus. Ein lautes Nein von mir. Sie krabbelt rückwärts zurück- das ergibt ein Leckerli. Und disch und zack und hin und her. Ich gebe auf. Und sie läuft wieder auf der Strasse. Links und rechts. 52 Fastkraschs (geile Deutschvariante des Wortes Crash, was?) später reicht es mir. Ab in den Hänger mit ihr. Doppelt festgebunden.
Dann sitzt sie. Ganz plötzlich. Und bleibt sogar. Nach 5 std. Training haben wir ganze 30km, davon ist Kuku 21 neben dem Hänger hergelaufen, aber ganze 7,5km am Stück im Hänger sitzen geblieben. Als ich die Schnüre schliesslich abmache vor Markos Tür, kommt sie gar nicht erst heraus.
Ich werde mit Kuku in Markos wunderlich warmen Atmosphäre empfangen: Sonja, schwarzhaarige Englischlehrerin mit einwandfreiem, akkuraten amerikanischem englisch, sowie Tochter Lara und Dira.
Es gibt richtiges Gemüse für mich! Eine Tomatensupper, gebratene Kartoffeln, gebackene Zwiebeln und ein Krautsalat. Wow! Ich bin so erschlagen von der Gastfreundschaft Serbiens.
Kuku kriegt 2 Knochen zum kauen und Sonja erklärt mir, wie es zum Bürgerkrieg, bzw. Zum Zerfall Jugoslawiens in Einzelstaaten kam.
Währenddessen läuft die baskische Radrundfahrt am Fernseher und wir verfolgen, wie Roglic das Ding in einem Höllenritt nach Hause fährt und sogat in einer Sportsgeist zeigenden Aktion für den Etappensieger 10 sekunden opfert.

Markos Telefon klingelt mehrmals. Mehrmals hebt er ab, schliesslich hat sein Freund bereits einen Pass bestellt. Wir machen ein Foto von Kukus Zähnen, um ihr Alter abzuschätzen und ich gehe mit der 8-jähigen Lara 2mal mit Kuku Gassi. Ich muss mitkommen. Kuku geht ohne mich nirgendwo hin.
Kuku ist allerdings ordentlich fertig und verbringt den Rest des Tages dösend.
Evtl sind ihre jungen Pfoten doch etwas ramponiert worden. Ich weiss einfach nicht, wie weit ein Hund läuft, ohne zu jaulen.

So. Jetzt ist 12. Länger als das zu schreiben ist ungesund.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 11.04.21 21:13

Danke, Hartmut! Genau das habe ich probiert und es hat funktioniert - ein wenig.
von: Hartmut.L

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 13.04.21 05:52

- ein wenig heisst : der Ansatz ist richtig und der Rest ist Geduld und immer wieder üben.
Unser Hund hat gelernt auf Komando ein und auszusteigen und vor allem nie ohne Komando auszusteigen (wichtig im Verkehr) trotzdem ist er kein begeisteter Anhängerfahrer geworden... Weiterhin viel Geduld!
Hartmut
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 07:28

Hi Hartmut,
Danke nochmal. Waren gestern 20km unterwegs. Noch habe ich sie angeleint im Hänger, da sie sehr, sehr gerne hinten rausschaut und mittlerweile ein sogrosses Loch gerissen hat, dass sie da aussteigen kann.
Wenn ich die richtige Anleinposition habe, bleibt sie für etwa 30 Minuten problemlos sitzen.

Übung, Übung. Morgen geht es weiter Richtung Sofia, mal schauen, wie weit wir kommen schmunzel
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 08:15

Ich radel ja seit 2017 mit Hund durch die Gegend.
Vieles kommt durch die tgl. Routine.
Morgens lasse ich Sannie die ersten Kilometer immer nebenher laufen. Da kann die dann ihre Toilettengänge erledigen. Danach kommt sie in den Anhänger.
Wenn Kuku schon 30 Minuten im Anhänger bleibt, würde ich das an deiner Stelle immer im Wechsel machen. 5 Kilometer laufen, 30 Minuten Anhänger, danach wieder laufen usw. Wenn sie länger ruhig bleibt, kann man das Anhänger fahren auch immer weiter verlängern. Ich schaffe so bis zu 90 Kilometer am Tag bei guten Straßenverhältnissen.
Sannie läuft selber auf der rechten Seite des Fahrrads, morgens die ersten Kilometer, wenn es bergauf geht, wenn es durch den Wald auf schlechten Belag geht. Im Anhänger sitzt sich immer, wenn wir auf stark befahrenden Straßen sind, in Städten, bergab.
Sie kennt das mittleweile und fährt sogar schon im BOB YAK mit. Ich brauche noch nicht einmal absteigen schmunzel. Stehen bleiben, hop hop rufen und der Hund sitzt (meistens) dann im Anhänger. Stehen bleiben, hop rufen und der Hund springt aus dem Anhänger.
Wichtig ist, das Kuku auf Straßen IMMER angeleint ist, wenn du sie laufen lässt. Und am besten, dass sie immer rechts läuft, also weg von den Autos!
Wenn du viel übst, sieht das, wenn du in in ein paar Monaten wieder kommst so relaxt aus, wie bei mir grins


von: Mütze

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 08:20

Ist sie denn im Anhänger angeschnallt? Wahrscheinlich eher nicht, wenn sie frei ein- und aussteigt. Und wie machst Du das, dass sie angeleint mitläuft, also dass die Leine immer straff ist, und Du nicht drüberfährst?
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 13:32

In Antwort auf: Mütze
Ist sie denn im Anhänger angeschnallt? Wahrscheinlich eher nicht, wenn sie frei ein- und aussteigt. Und wie machst Du das, dass sie angeleint mitläuft, also dass die Leine immer straff ist, und Du nicht drüberfährst?


Nein, sie ist im Anhänger nicht angeschnallt.
Ich benutze eine 5 Meter lange Flexi Leine. So habe ich immer ein wenig Spiel, wenn Sannie plötzlich mal stehen bleibt, oder zur Seite springt.
Die Leine hängt, wenn der Hund im Anhänger sitzt, immer am rechten Lenker Hörnchen und der Karabiner ist an der Bremsleitung eingehakt, damit er nicht rumklappert.
Wenn Sannie raus springt, rolle ich das Fahrrad passend so an sie, dass ich sie anleinen kann.
Ich weiß auch nicht, ob es eine gute Idee wäre, den Hund an den BOB zu binden. Wenn der mal losrennt, reist der mich dann warscheinlich samt Fahrrad um.
von: panta-rhei

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 16:00

In Antwort auf: Helios
Hi Hartmut,
Danke nochmal. Waren gestern 20km unterwegs. Noch habe ich sie angeleint im Hänger, da sie sehr, sehr gerne hinten rausschaut und mittlerweile ein sogrosses Loch gerissen hat, dass sie da aussteigen kann.
Wenn ich die richtige Anleinposition habe, bleibt sie für etwa 30 Minuten problemlos sitzen.


Naja habe schon Radreisen mit Hund gemacht (gross und lieb und brav) aber für so eine Tour würde ich mir sicher keinen zulegen, waere mir echt viel zu stressig - zu sehr einschränkend. Kind im Hänger ... geht grad noch, aber sonst? Na halt eher was für Hundeliebhaber ...
von: irg

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 14.04.21 16:01

Als erstes: Deine Sannie ist wirklich knuffig und sympathisch!

Zu den anderen Punkten, wie ein Hund Radreisen lernen kann: Bei einem Straßenhund ist das sicher nicht besonders leicht, weil er Basics nie gelernt hat, die jeder menschengewohnter Welpe von klein auf kennt. Aber möglich ist viel, allerdings abhängig vom Hundehalter, wie liebevoll-konsequent er agiert, wie auch vom Hund. Meine Mutter hat mit einem ziemlich alten Kettenhund noch einiges geschafft, nur in den kurzen Urlauben auf dessen Hof. Aber der war besonders nett, das ist bei einem alten Kettenhund nicht zu erwarten.

Mit kleinen Schritten, viel Geduld, leider auch viel Zeit, und eben Liebe zusammen mit Konsequenz, lässt sich aber sicher einiges erreichen.

lg!
georg
von: Fuchter

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 15.04.21 09:17

so....Hundthemen geklärt!?

Wie geht es jetzt mit dem Reisebericht weiter?

Ach ja, nen Blog hat er ja auch noch.
von: Michael B.

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 15.04.21 10:34

In Antwort auf: Fuchter
so....Hundthemen geklärt!?...
Wie geht es jetzt mit dem Reisebericht weiter?


er muss ja auch noch fahren zwinker
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 19.04.21 05:38

Danke fpr die ganzen Hinweise zum Anhängerfahren. Habe sehr viel ausprobiert und bin schliesslich losgefahren von Niš.
Bei einer Abfahrt - ich weiss nicht wie - ist Kuku hinten rausgeflogen. Zum Glück hat es den Riemen gelöst und ihr ist nichts passiert. Ich war emotional erst einmal am Ende vor Angst sie zu verletzen und auch nicht weiter zu können.
Letztendlich hatte der Unfall etwas Gutes: Seitdem steht Kuku nicht mehr im Hänger, sondern legt sich brav hin.
Wir sind 70km am ersten Tag und 85km am zweiten Tag gefahren und somit in Sofia angekommen. Dort habe ich dann mit einem interessanten Fahrradbastler den Stoffhang repariert. So kann Kuku gar nicht mehr auf der Rückseite hinaus. Das ist sehr gut. Allerdings sind wir gestern - da ich nichts mehr zu essen hatte, 92km gefahren und ich glaube, das hat es ihr etwas verdorben. So richtig fröhlich sprang sie nicht mehr in den Hänger.
Ich weiss es nicht. Bin ehrlich gesagt überfragt ubd es fällt mir sehr schwer, diese Verantwortung auf dieser Reise zu übernehmen.
Die ganze Reise hat sich verändert - innerlich habe ich bereits gesagt, dass es in Istanbul zu Ende ist - und damit muss ich erstmal klar kommen.

Das Kopieren meiner Blogeinträge hier hinein ist am Handy sehr umständlich, deshalb wird der richtige Bericht (und dann auch mitsamt Bildern) erst später folgen.

Eine Frage noch an die Hundeerfahrenen. Wie komme ich mit einem grossen Hund über weiter Strecken zurück? (Kuku wiegt 15kg, damit müsste sie in den Frachtraum, das ist für mich keine Option)
Mein Plan wäre mehrere Busse in Etappen zu nehmen:
Z.b. von Istanbul nach Sofia oder Niš, dann ein Bus nach Zagreb und von dort aus den Zug nach München.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 19.04.21 05:41

Hallo Fuchter,
Ich weiss nicht, wie du sonst sprichst, aber jemanden im Raum mit "er" anzusprechen, fühlt sich für mich nicht gut an zwinker.
von: Fuchter

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 19.04.21 13:44

In Antwort auf: Helios
Hallo Fuchter,
Ich weiss nicht, wie du sonst sprichst, aber jemanden im Raum mit "er" anzusprechen, fühlt sich für mich nicht gut an zwinker.


naja ganz normal halt.
Welcher Raum soll das gewesen sein? Einen gemeinsamen Chat-Raum mit dir und einer fixen Anzahl an eingeladenen Teilnehmern kann ich hier jedenfalls nicht erkennen.
Deine sehr unhöfliche Bemerkung hat Helios treffend beantwortet. Weitere Kommentare von dir sind nicht notwendig und werden, da sie nichts mit dem Thema zu tun haben, gelöscht. Solltest Du damit nicht einverstanden sein, kannszt Du dich an Das Team wenden
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 19.04.21 14:43

Hallo,
ja, mit 15 Kilo muss sie in den Frachtraum.
Wenn du allerdings einen Direktflug buchen kannst, ist da für den Hund vieleicht sogar stressfreier, als eine Odysse mit Zug und Bus.
Ein Dirktflug von Istanbul nach Düsseldorf dauert zum Beispiel nur 3.15 Stunden. Wenn du dem Hund ein leicht homopatisches Beruhigungsmittel gibt, "verschläft" der den Flug vieleicht sogar. Es gibt bei you toube von einer Hilfsorganisation Videos, wo die Hunde aus Griechenland (?) ankommen. Trotz Frachtraum wirkten die alle recht entspannt.
In Fernbussen (Flix Bus) dürfen Hunde nicht transportiert werden. Ich wollte mit meinem Hund gerne den Donauradweg bis zum Schwarzen Meer radeln und kann es nicht, weil ich keine vernünftige Möglichkeit habe, den Hund zurück zu bekommen. (Shar Peis werden von vielen Fluggesellschaften nicht mitgenommen).
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 20.04.21 18:10

Hi Sharima,
Vielen dank für den Hinweis. Ich werde das mit in die Überlegung einbeziehen. Mir graut es allerdings etwas vor der Vorstellung:
Fliegen + Fahrrad + Corona + Anhänger + Hund
Fliegen + Fahrrad kann ich mit hängen und würgen. Aber das? zwinker.
von: panta-rhei

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 03:03

In Antwort auf: Helios
Ich weiss es nicht. Bin ehrlich gesagt überfragt ubd es fällt mir sehr schwer, diese Verantwortung auf dieser Reise zu übernehmen.


Verstehe ich vollkommen - ein selbstgebasteltes Kleinkind mitzerren, ok, aber bei einem zugelaufenen Strassenhund...

In Antwort auf: Helios

Die ganze Reise hat sich verändert - innerlich habe ich bereits gesagt, dass es in Istanbul zu Ende ist - und damit muss ich erstmal klar kommen.


Das versteh ich wiederum nicht so ganz - habe ich da was überlesen? Wg. Alleinereisen? Oder die grosse weite Welt ist mehr mühsam als interessant?!
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 04:51

Hi.
Liege mit QQ im Zelt. Es hat 3 Grad. Der Schlafsack hält solange warm, solange QQ mich nicht von der Isomatte schiebt schmunzel.

Zu Ende, weil es mir zu schwer fällt, die Reise mit Hund weiter zu machen.
Habe nun folgenden Plan:
Istanbul, dann mit Bus nach Hause. Dann 2 Wochen in Deutschland - 1 Woche mit Kindern + QQ kleine Tour.
Dann QQ bei meinen Eltern lassen und nach Istanbul fliegen und durch die Türkei radeln und hoffen, dass Iran bis Juni wieder offen ist.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:30

[img]https://ibb.co/25Sh2mn[/img]

[img]https://www.directupload.net/file/d/6160/faogez2k_jpg.htm[/img]

[bild]https://s8.directupload.net/images/210421/faogez2k.jpg
Das Bild hat eine Größe von 4.032px × 3.024px. Das ist eindeutig zu viel. Deshalb habe ich es zum Link gewandelt.
Es gibt, wenn Du es nicht selber kannst, online Bildverkleinerer, bei denen Du die Pixel angeben kannst. Zum Beispiel, aber ohne Gewähr: https://www.bildverkleinern.com/ (habe ich eben mal probiert. Es funktioniert)
von: Biotom

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:32

Sieht toll aus - und Kuku scheint ein sympathisches Kerlchen zu sein verliebt
Alles Gute für die Fortsetzung, egal wie du dich entscheidest!
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:32

Ich weiss nicht, ob ich es erwähnt habe - Kuku ist erst etwa 6 Monate alt. Ich will ihr das einfsch nicht antun noch wochenlang täglich soviel zu laufen.
von: Juergen

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:34

Wenn Du Bilder einbinden möchtest, brauchen die eine Datei Endung jpg, img oder auch png. Bitte nicht mehr als 1024px in der Breite,
Nochwas zur Info: https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/haus-und-zootiere/heimtiere-einreiseregelung.html
Wenn Du planst, mit dem Hund nach Deutschland einzureisen, könnte das ne Menge Hindernisse bedeuten.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:37

Ich habe bereits einen Eu-Hundepass, sie ist geimpft und gechipt. Habe ich alles bei einer Pause erledigt!

Jetzt aber Bilder:
[bild]https://s18.directupload.net/images/210421/qmv78fxq.jpg

Das Bild hat eine Größe von 3.024px × 4.032px. Das ist eindeutig zu viel. Deshalb habe ich es zum Link gewandelt.
Es gibt, wenn Du es nicht selber kannst, online Bildverkleinerer, bei denen Du die Pixel angeben kannst. Zum Beispiel, aber ohne Gewähr: https://www.bildverkleinern.com/ (habe ich eben mal probiert. Es funktioniert)
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 05:52

Tag 25: von Pirdop nach Kalofer (75km)

Zunächst 20km bergauf. Die Luft noch feucht, es geht bis auf 1.105m rauf. Dort Fahrrad abstellen, Rucksack auf und Drohne mit - habe Kuku ja Schnee versprochen - und ich breche Richtung Vezhen (2.198m) auf.
Im tiefen Schnee tanzt Kuku umher, während ich mit dem immer stärker werdenden Wind zu kämpfen habe. Von Westen zieht eine schwarze Wolkenwand daher. Also ist auf einem felsigen Vorgipfel auf 1.672m Schluss.
Von der Passhöhe wirkt das Gespann das erste mal wie ein Team: Kuku sitzt ganz still im Fahrtwind, während ich mich an die 45km/h bergab rantaste. So kommen wir schnell nach Karlovo, ein recht sauberes, deshalb reich wirkendes Städtchen. Auf dem Stadtplatz spielt ein 7-jähriges Mädchen mit Luku, während ich mir eine ausgiebige Jause gönne. Elia will Kuku gar nicht mehr hergeben und erstaunt mich plötzlich mit sehr gutem englisch. In der Schule gehe sie nicht in den Englischunterricht, weil der sie vollkommen langweilt.
Es geht weiter, bis auf 400m runter, nur um dann erneut auf 650m anzusteigen. Also darf Kuku erneut laufen und wir zelten direkt neben der Hauptstrasse hinter Büschen versteckt.
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 21.04.21 07:52

Das klingt nach einer vernünftigen Idee. Zur Zeit ist der Iran ja sowieso noch dicht. Für QQ ist es auch besser, auch wenn sie das warscheinlich anders sehen wird träller. Lässt du das Fahrrad dann in Istanbul, oder nimmst du das mit zurück nach Deutschland?
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 23.04.21 09:55

Wenn dann letzteres, also nach Deutschland.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 26.04.21 23:25

Tag 31: Dimitrovgrad - Edirne, 102km
Ein Tanz im intensiven Lebensland

Die erste Portion Pasta ist gemampft. Jetzt wird losgeschrieben und die Gedanken und Erlebnisse rausexplodiert. Wow. Was füf ein Tag. Kuku liegt rechts von mir und ist schon eingeschlafen. Es ist 21.12 Uhr hier in der Türkei. Auf meiner Stirn fühlt es sich an, als hätte ich den Helm immer noch auf. Hätte mir jemand die Geschichte dieses Tages erzählt, hätte ich es ihm nicht geglaubt, dass man das alles an einem Tag erleben kann.
Aber gut, fangen wir von vorne an:

In den ersten wachen Momenten realisiere ich meinen kühlen Kopf. Dann Tageslicht. Schwach, gedämpft. Und ich überlege, wo Kuku liegt. Sie liegt links von mir. Der Kopf auf der Isomatte, ansonsten eingerollt auf dem nackten Zeltboden. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass sie ein Schneehund ist - Snowbutt, wie Miro liebevoll sagte - und im Winter geboren ist. Sehr wahrscheinlich hat sie häufig bei 0 Grad draussen geschlafen.
Ich hebe meinen Kopf und luge aus dem Zelt. Das schwache Licht rührt von dem undurchdringlichen Nebel.
Nein. Das ist kühl. Ich will noch nicht aufstehen.
Dennoch muss ich pinkeln, rüttle mich aus dem Schlafsack und gehe danach gleich wieder hinein und mümmele mich nochmal ein.
Beim zweiten aufwachen scheint Sonne durch den schwächeren Nebel. Es ist kurz vor 8. Nein, nein, nein, ich schaue jetzt nicht nach, ob Miri oder irgendwer mir geschrieben hat.
Ab in den Tag: Stuhlgang. Dann Schluck Wasser und das Aussenzelt auf den Betonblock in die Sonne hängen; dann 12 Minuten meditieren. Die Schlafsackrolle auf einen anderen Stein. Darauf sitzen, Augen zu.
Ich atme und spiele mit meinem Zentrum. Dinge, die mich betreffen: Heute. Die Grenze. 100km. Kann ich das schaffen mit Kuku? Ich lasse den Zweifelfaden weitergleiten. Gedanken an Miri, Gedanken an ihre Entscheidung zur weiteren Facharztausbildung - Halt! - wo ist mein Zentrum? Atmen. Atmen. Und so fühle ich Dankbarkeit. Fühle Sätze wie "ich bin grossartig" in mir umherschwirren. Merke eine Ruhe auftauchen, die dann wieder verschwindet. Das Handy klingelt. 12 Minuten vorbei.
Ich begrüsse die Welt. Begrüsse Kuku und springe mit ihr zweimal im Kreis.
Dann ein spärliches Frühstück: ein dicker Schokoriegel namens "Flapjack".
Bis Simeonovgrad sind es ca. 23km. Dort gibt es dann ein richtiges Frühstück, denke ich mir.
Also rollen wir los. Schwer. Es geht in sehr lang gezogen leichten Anstiegen bergauf. Immer noch schwer, bis ich merke, dass das Dynamolicht von gestern Abend noch auf an ist. Keine Ahnung wie gut der Dynamo ist. Jetzt ist er aus. Dann sollte es zumindest 3-5 Watt leichter gehen. Ha! Das spürt man nicht wirklich... (ungeprüfte Annahme: ich trete etwa 120 Watt im Schnitt).
Es geht an einem schönen Fluss entlang, dessen Ufer immer wieder von Müllhaufen übersät ist. Das macht mich traurig...
Kurz vor dem Ortsschild Simeonovgrads kommt ein Eselwagen entgegen, den ich freundlich grüsse. Als ich vorbeirolle, schaue ich auf die Ladefläche und sehe einen Stuhl, eine ranzige Decke, undefinierbares Zeug. Er kam rechts von mir entgegen. Was macht er denn auf der Strassenseite? Ich rolle und drehe den Kopf dabei, schaue hinterher und sehe, wie er zwischen den Bäumen steil nach links Richtung Fluss geht... Stuhl, ranzige Decke... verdammt! Er wird doch nicht...
Ich drehe um, sehe, wie er er gerade das Zeug über Bord mitten zwischen die Bäume in glänzend grünes Gras wirft.
Ich pfeife nach Kuku, packe das Handy aus der Hülle, schalte den Flugmodus aus und suche im google translator nach "bitte nicht den Müll in Natur werfen".
Ich halte vor dem Abhang an. In 15 Sekunden ist bereits der ganze Müllberg vom Wagen.
Dennoch rufe ich:
"Heide. Molya ne izkhvürlyiaite bokluka sred prirodata."
Der Mann reagiert. Ist aber schon fertig mit seinem Werk. Er kommt ohne Wagen zu mir und brabbelt irgendwas auf bulgarisch. Ich verstehe kein Wort.
Übersetze noch: "die natur in Bulgarien ist so schön.."
Er hebt die Hände entschuldigend hoch.
"A pudka" wiederholt er immer wieder.
Pudka heisst Loch.
Ich Blicke in die Augen des Mannes. In das wettergegerbte Gesicht. In die gelben, schrägen Zähne und spüre Traurigkeit und Wut. Spüre irgendwie Verständnis für diesen Mann und ein Volk das zum Mitmachen an der rasenden Globalisierung gezwungen wurde. Keiner konnte sich gegen den Glanz von Autos, Fernseher, Internet und Handues wehren. Jetzt haben wir uns daran gewöhnt. Und fliegen in 24 Stunden einmal um die Erde und scheissen am liebsten Plastikmüll. Die einen sortieren es und blasen es in den Himmel hinaus, die anderen schmeissen es eben in den allgemeinen Bürgergarten: Natur. Und dieser Mann, der mit einem Eselwagen seinen Müll wegbringt. Nein. Ich kann es ihm nicht verübeln. Dieses Volk darf auch seine Fehler machen.

Wir rollen weiter. Der Müll Mann mit seinem Eselwagen ist etwas langsamer als ich mit laufender Kuku. So geht es nach Simeonovgrad rein. Frühstück? Ruft mein Bauch. Da kommt aber irgendwie nichts. Und auch die Tatsache, dass ich keine Lewa mehr habe in Bar verunsichert mich etwas. So rolle ich durch die Hinterstrassen des Kleinstädtchens, über eine Brücke, die aus Metallgittern besteht, einspurig. Die laufende Kuku hinter mir setzt zwei Pfoten aufs Gitter, bleibt stehen. Läuft nach links und rechts - dabei sehe ich den abgetrennten Fussgängerweg der aus weniger löchrigen Metallplatten besteht. Ich versuche mit Handbewegungen der Hundedame kalr zu machen, dass sie da hin soll.
Derweil wartet hinter mir ein Auto. Auch gegenüber wartet ein Auto. Mein Zentrum springt zu denen, ich werde schneller im Sprechen, maule, pfeife Kuku an, die immer noch an den Gittern links und rechts läuft.
Dann versteht sie und sie den Nebenweg, geht darauf. So kommen wir über die Brücke und damit fast aus Simeonovgrad heraus. Noch kein Frühstück. Nun gut. Ist ja auch schon 11.00. Und das nur 13km entfernte Harminli sieht auch noch grösser aus, da gibt es...
"Ho" ruft es von rechts.
Links von mir steht an einer Strassenecke Polizei.
Rechts ist... da sind mehrere undefinierbare Jungs hinter einem Zaun, etwa 50 Meter entfernt. "Otvoreno" steht in kyrillischen Buchstaben auf einem roten Schild.
Was...? Fragt mein Kopf. Schule? ...
Ich bleibe unschlüssig an der Strassenecke stehen. Trinke einen Mini Schluck Wasser aus Unschlüssigkeit. Kuku legt sich derweil in den Schatten.
Obwohl es mir nicht gefällt, diese paar Meter nach Westen zu fahren, fahre ich rüber.
3, 4... nein nach 2 Minuten stehen unzählbare Jungs vor mir, zwischen 8 und 13 Jahre alt. Die verschiedenen vorlautesten und Alphajungs der Gruppe versuchen sich im englisch. Mit meinen drei bulgarischen Wörtern erkläre ich, dass ich aus Deutschland bin und nach Istanbul fahre.
Sie bewundern mein Rad. Bewundern Kuku. Ich gebe sogar jedem die Hand. Im Hintergrundn stehen drei Mädchen, von denen eine - mit Lolli im Mund - schüchtern "Hallo" (oder war es Hello?) Sagt. Ich sage etwas ähnliches schüchtern zurück.
Mittlerweile habe ich alle Namen vergessen. Jedenfalls versuchen sie mir mehrmals klar zu machen, dass ich einfach kur geradeaus fahren soll. Harminli, Svilengrad und ein ominöses "kapitan andreevo", was ich bisher noch nicht auf dem Schirm hatte.
Als der eine Junge seinen Satz mit "magistrada" und einer pfeilschiessenden Handbewegung schliesst, lachen die anderen Jungs halb gedämpft. Was auch immer. Ich verstehe kaum was. Was ich später verstehe, ist, dass der eine mich auf die Mädels hinweist, indem mit den Händen Brüste, Hintern und eine Scheide andeutet. Er "brüstet" sich sozusagen mit seinem Gehabe. Ich weiss nicht, wie ich darauf reagieren soll, weil ich es für eine Unverschämtheit halte. Das zu sagen weiche ich aus und sage - was auch stimmt - dass die Mädels viel zu jung sind. Kuku wird mit Wasser beschenkt, ich bekomme eine halbvolle Flasche Cola - "partydrinks cola", widerliches Billigzeugs, dass ich später wegschmeissen werde - im Moment hilft es mir aber über den viel zu grossen Hunger hinweg.
Dann versuchen wir über verschiedene Wege, facebook-Kontakte auszutauschen, was erst beim 3. Jungen klappt, da dieser seinen Namen in lateinischen Buchstaben eintippen kann.
Schliesslich fragen sie mich, wieviel mein Handy und mein Fahrrad gekostet haben. Beim Handy stecke ich es unbewusst erst einmal in die Hosentasche mit Reissverschluss, da ich es wirklich brauche, bekomme ich selbst bei diesen netten Jungs Angst, dass sie - ja, bei diesem Unterschied zwischen arm und reich - es stehlen könnten.
Und dann mogle ich den Preis hinab. Sage bei Fahrrad und Handy nur den halben Preis. Für beides zusammen müssten die meisten Arbeiter in Bulgarien ein halbes Jahr arbeiten. Ich habe Angst, diese Jungs mit dieser Tatsache zu konfrontieren, habe Angst sie damitbzu beschämen und in ihren Augen so überaus reich zu gelten.
Ich muss weiter. Habe Hunger. Und komme bald nach Harminli. Dort gibt es wieder einen Lidl. 3 mal Mozzarella, Tomaten, eine Salami, Bananen und nen frischen Orangensaft. Das aber für später. Denn erstmal möchte hier was essen. Ist ja mittlerweile schon 12. Zuerst aber gönne ich mir ein Kinder Maxi King.
Und wechsle dann noch 10 € in Lewa, damit ich mir eine Pizza holen kann. Zu dem Zeitpunkt weiss noch nicht, dass mich Cüneyt im Restaurant Verona einladen wird.
Das tut er aber. Spricht mich an. Älterer Mann, stellt einsilbige Fragen im Wechsel auf englisch und deutsch. Seine blonde Frau nebendran raucht schweigend. Sein Sohn macht Hundetransporte von der Türkei und Bulgarien nach Deutschland. Kontakte werden ausgetauscht. Ich esse eine Pizza, zu der ich mal wieder nach Ketchup oder Mayo gefragt werde. NEIN! Bloss ja nicht!
Cüneyt fragt, ob ich noch mehr will. Kein Kaffee. Lieber diesen leckeren rotorangenen Salat vom Nachbartisch. Ok. Klar doch.
Da fängt seine Frau plötzlich an zu schimpfen. Mit zitternden Händen und Mund schimpft sie.
Ich versuche, zu verstehen, sie betont aber, dass es kein Problem sei.
Ich esse still und atme still den Rauch ein. Während Cüneyt auf dem Klo ist, schweigen wir uns weiter an. Ich versuche ihrem Rauch auszuweichen und beobachte gleichzeitig neugierig, wie intensiv die Gefühle mit ihrem Gesicht kämpfen. Sie raucht Zigarette um Zigarette. Ich glaube, da ist eine gigantische Wut versteckt. Hier kann ich nichts machen. Cüneyt und die Dame verschwinden. Alles idt bezahlt. Dennoch luge ich auf den Zettel und bin wieder erstaunt, wie billig das alles war.
Kurze Hose an. Kuku liegt im Schatten.
Damit weiter nach Svilengrad. 32km bis dahin. Es ist schon 2 Uhr. Klappt das noch bis Edirne?
Mit diesem Geschenk auf der Strasse sicher: nach etwa 10km kommt ein Düngetrekker von der Seite, der sich mit genau 27km/h vor mich klemmt. Ha! Also, ran an den Speck. Kuku sitzt ruhig. So schaffe ich etwa 10 ganz schnelle Kilometer. Danach rolle ich nur mit 17kmh weiter.
Ein Rennradfahrer kommt mir entgegen. Wow. Der dritte im ganzen Land.
Dann überholt mich einer.
Und plötzlich bin ich in Svilengrad. Der letzten Stadt in Bulgarien. Und hier sind Fahrradfahrer. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Nirgends sind sie Rad gefahren. (Mit Ausnahme von Sofia) Und hier sehe ich Rennräder, Mountainbikes, Trekkingräder.
Dazu etliche Casinos.
Ich gehe in den Stadtpark, fast am Ostende des Ortes. Mein Körper schreit nach zehn Minuten Schatten.
Es gibt Tomate-Mozzarella Salat mit den letzten Tropfen gutem Balsamico und ja, dieses Mal schmecke ich deutlich den Unterschied. Ich spritze mich an einem Bodenhahn nass, ruhe mich nicht aus und gehe stattdessen durch dieses Tor - wodrüber die olympischen Ringe sind. Ein Fussballfeld? Was ist darin? Rasen, ja, da ist wohl eins. An den Tribünen vorbei... und:
Des Rätsels Lösung:
Hier ist eine Outdoor Radbahn mit fetten Steilwandkurven.
Juchey. Das will ich mal probieren. Schiebe mein Rad rein und werde aufgehalten: ein junger, etwas breit-sportlicher Kerl geht mit einer älteren Dame auf die Bahn, dehnt sich ungelenk und schliesst die Tour zur Bahn.
Er will laufen. 2-3 Runden. Da mache ich doch mit.
Rad abstellen. Handy und Geldbeutel weg. Und dann laufe ich mit ihm. Feuere ihn an. Am Ende von Runde 2 legt er einen satten Endspurt hin.
Da bekomme ich Lust auf strava und mache eine Runde 1km, um zu sehen was so geht:
3'23. Na also. Etwas laufen kann ich noch.
Stefan - der Läufer - fragt, wo ich schlafen werde. Und bietet mir einen Schlafplatz an.
Da werfe ich die Planung um. 34km wären es noch bis Edirne gewesen. Dann eben nicht. Dann höre ich hier eben auf. Auch gut.
Stefan, seine beiden Trainer und ich gehen nach draussen.
Sie reden noch etwas. Dann fragt mich Stefan, ob ich noch was brauche.
Nein, sage ich. Und damit geht er zu seinem Auto - und fährt davon.
Hä? Was habe ich da wieder falsch verstanden?
Oder hat er mein:
"Okay then i stay with you." - missverstanden?
Na gut. Ich schaue noch kurz hinterher.
Dann geht es eben weiter.
Ab zur Grenze.
Wieder kommt Angst auf.
Die 6. Grenze. Bisher war alles easy mit den Grenzen.
Bulgarien raus - ok.
Türkei, tja. Da wollen sie einen Pcr Test. Den hab ich nicht.
"You got 2 options:
Go back to bulgaria and make pcr test. Or go to turkey with 10 days of quarantine."
Ich überlege hin und her. Lese mir den Quarantänewisch durch und erinnere mich an andere Reisende, die davor gewarnt haben, seine Unterschrift darunter zu setzen.
Ich schreibe mit Yusuf, meinem Freund in Istanbul. Schliesslich unterschreibe ich das Papier mit zitternden Händen. 10 Tage Quarantäne im 250km entfernten Istanbul. Ein grosser Teil von mir findet die Idee, morgen um 3 aufzustehen, um bis Istanbul zu fahren, echt geil. Möglich? Keine Ahnung. Ohne Kuku easy. Aber mit?
Ich verschiebe die Entscheidung und hoffe auf mein Glück und Yusufs Aussage, dass da eh nicht kontrolliert wird. Gut. Dann eben in 2 Tagen nach Istanbul.
Die Türkei begrüßt mich mit einer flammenden untergehenden Sonne im Rücken und einem riesigen aufsteigenden Mond vor mir. Der Orient beginnt...
von: Juergen

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.04.21 11:22

bravo bravo
Es kommt selten vor, dass ich einen Reisebericht ohne Bilder und dann noch aus einer Gegend konzentriert lese, die mich nicht interessiert. ABER: Die ersten Zeilen fand ich spannend und so bin ich dabei geblieben.
Gefällt mir sehr.
Jetzt hoffe ich mit dir, dass in der Türkei alles bestens funktioniert. Bei den doch sehr freundlichen Menschen mache ich mir überhaupt keine Sorgen.

Bleib gesund und neugierig schmunzel
Jürgen
von: iassu

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.04.21 16:28

Nur daß ab jetzt dort strikt gelockdownt wird. Keine Ahnung, wie sich das auswirkt.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.04.21 18:18

Hey, Jürgen, freut mich. Es ist eine Zettelei, das am Handy zu schreiben und hat etwa 1.30 std. Gedauert. Wenn ich es allerdings direkt nach dem Erleben schreibe, funktioniert das auch mit dem Schreibstil.
Heute brennt der Kopf noch heisser. Das wird nicht mehr viel mit Schreiben.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.04.21 18:20

Hi Andreas,
Danke. Allerdings haben die Türken für Touristen Sonderrechte. Ich bin vogelfrei, während das Volk drinnen sitzen muss ab Donnerstag. Ich schäme mich dafür.
von: natash

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.04.21 18:55

Du brauchst Dich nicht zu schämen, das sollen lieber die tun, die diese Regel verbrochen haben.
Ich bin Deinem Bericht ebenfalls bislang mit Teilnahme gefolgt und fand ihn sehr lebendig.
Ich selbst wäre sicherlich eher noch ein wenig in Bulgarien (was ich mag und auch spannender finde als die Westtürkei) verblieben, schon alleine deshalb, weil ich einen Test der Quarantäne vorgezogen hätte. Aber Du wirst das für Dich schon richtig entschieden haben.
Ich wünsche Dir und Kuku noch gutes Weiterkommen.

Gruß
Nat
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 28.04.21 06:04

Danke dir, nat.


Damit auch Tag 32, etwas gekürzt:
Tag 32: Edirne - Lüleburgaz 77km - und die richtig hart!

Ich wache übermüdet auf. Konnte nicht schlafen, weil in der ganzen Stadt von 2 uhr bis etwa 4 Uhr getrommelt wurde. Was soll die Scheisse? Dachte ich mir. War wütend. Vor allem ist Kuku die ganze Zeit von links nach rechts gerannt und konnte auch nicht schlafen. Später soll ich erfahren, dass das normal ist im Monar Ramadan. Nur zu dieser Zeit darf man essen. Hach, wie unerfahren ich dich bin. Somit akzeptiere ich das und verstehe es als Teil der Kultur.
Das Frühstück in dem Hotel ist sehr spärlich und einer der beiden Käsesorten ungeniessbar. So beginnt wieder ein hungriger Morgen, bei dem ich mir in jedem Ort etwas zu Essen verspreche.
Ich fahre auf der D100, weil mir die 20km Mehrstrecke doch etwas zu viel sind und peile zunächst Tekirdag an. Während des Tages bin ich allerdings vollkommen erschöpft und reduziere mein Ziel deutlich. (Tekirdag wären 135km gewesen)
Hier ist es zwar nur maximal 175m ü NN, dazu aber immer wieder kurze, knackige Anstiege. Das dumme ist jetzt, dass ich auf der Schnellstrasse bin. Hier kann ich Kuku nicht aus dem Hänger lassen. Also muss ich sie bei kurzen 7% auch im Hänger lassen. Ohne sie war das ganz passabel machbar. Mit ihr im Anhänger fühle ich mich wie eine Schnecke, die am Boden kleben bleibt. Nach 25km bin ich so am Ende, dass ich den Versuch wage, mit hochgestrecktem Daumen am Strassenrand zu stehen. Es ist Corona. Und gestern hat Erdogan einen harten Lockdown angekündigt. Und ich stehe mit Fahrrad, Anhänger und Hund am Strassenrand. Ich versetze mich in die Grundhaltung beim Trampen: wer anhalten will, hält auch an.
Das Ergebnis ist nach 30 Minuten, dass ich wild hoffend bei einem blauen Wagen, der auf mich zurollt, den Daumen hochhalte. Auf dem Wagen steht "Jandarma". Hach schalte ich langsam.
In defensiver Haltung erkläre ich, was ich mache. Habe Angst bestraft zu werden und noch viel mehr: dass mein Pass kontrolliert wird und herauskommt, dass ich mich spätestens in 4 Stunden in Quarantäne befinden sollte. Genau aus diesem Grund habe ich ja angefangen, zu trampen.
Sie sind ganz nett.
"Not easy" kommt als Kommentar zu meiner Reise.
Sie erklären mir, dass Autostoppen wegen Corona verboten ist. Ok.
Somit baue ich den Anhänger wieder auf, Kuku wieder rein und los gehts...
In Babaeski treffe ich auf Süleyman, der passables Deutsch spricht. Hier lerne ich noch einmal ein paar türkische Worte. Neben den Zahlen, bitte, danke und guten Tag kann ich dann auch noch "çok ta tl" oder so: sie ist süss.

Es gibt mit Käse belegte Iskender Stücke, Salat und Ayran. Kuku sitzt draussen, Fahrrad nicht abgesperrt, Habdy und Geldbeutel auf dem Tisch. So schlafe ich vor Übermüdung am Tisch ein.
Süleyman weckt mich, ich bezahle ihm 25 Lira für das Mittagessen.

Nach dieser Erholung fühlen sich die 25km nach Lüleburgaz viel leichter an.

Als ich dort ankomme, schlafe ich sofort ein.
von: Helios

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 30.04.21 12:21

So, jetzt Tag 34: Silivri - Istanbul (Kagithane) 64km

Der Sieg riecht nach Diesel. Der Sieg klingt nach notorischem Hupen.
Siegen fühlt sich grausam an. Und doch fühle ich mich mächtig.
In etlichen Berichten habe ich von dieser Stsdt gelesen - in "Pedal the world" ist Felux Starck sogar mit der Gopro mit seinem Vater kilometerweit durchgefahren. Und ich jabe geträumt davon. Hatte Angst und hätte doch glatt ein Taksi genommen.
Aber Nein: ich habe gesiegt. Ich habe diese Stadt ganz klassischem auf meinem Streitwagen erobert - vorne das Ross (ich) und hinten das nach Tod hungernde, hechelnde Monster (Kuku). Ha.
Ich habe mich in Kücükcekmece den Berg auf einer Nebenstrasse hochgekämpft (2,5km mit 7%) und bin dann auf die Autobahn gewechselt - zwischen den tosenden Autos hindurch, um dann mit 53km/h die Abfahrt nach Avcilar runterzuwetzen - mit dem Gedanken im Kopf: "Wenn sich jetzt der Hönger löst oder so, sind wir beide tot, Kuku!"
Nichts passierte. Mächtig wie ich mich fühlte, trat ich am nächsten Hügel mächtig in die Pedale, versuchte mit den Autos und Motorrädern gleichauf zu bleiben - nur um Sekunden später mit 7 km/h die Autobahn hochzutrödeln.
Und dann gab es sogar einen Radweg. Statt über Stadtteile wie Esenyurt über Norden nach Kagithane zu Yusuf zu fahren, entschied ich mich für einen 10km weiten Umweg über das Zentrum.
Radwege gibt es hier als spezielle "Trainingsabschnitte", d.h. sie beginnen an einer Wand, oder direkt am Ufer und enden auch so. Sie dienen keineswegs als Transportstrecke. Ich frage mich, wie die wenigen, die tatsächlich mit eigenem Fahrrad auftauchten hierherkamen. Schieben sie ihr Fahrrad oder tragen sie es hierher?
Ich weiss es nicht. Kuku jedenfalls macht es mit, setzt sich zeitweise freiwillig in den Hänger.
Wieder auf Nebenstrassen stehe oder ich plötzlich mitten durch einen Basar. 1,50 Meter breiter Durchgang und ich mit meinem 1 Meter breiten Hänger, Kuku und Fahrrad. Und dann, wie mir später auffällt auch noch ohne Maske. Die Einkäufee schieben sich durch, steigen pber den Hänger, weichen ängstlich Kuku aus, wodurch ich Berührungen nicht mehr ausweichen kann.
Noch einmal Fahrrad + Anhänger die Treppeb rauf, über eine Überführung und die letzten 2km Schnellstrasse, dann nur noch einmal 80 Höhenmeter aufwärts mit einem gnadenlos schmalen Drängel-Bürgersteig - die letzten Meter schiebe ich.
Und dann lande ich in Kagithane, 100 Meter von der nächsten Schnellstrasse entfernt, es geht mit 12% bergab - ich bete, dass das die richtige Strasse ist, frage einen Passanten nach Nummer 14, rufe "Yusuf" und tatsächlich: 5 Sekunden später ruft es: "Marian" aus dem 4. Stock. In der grössten, lautesten und bestimmt auch kompliziertesten Stadt auf diesem Trip finde ich die Adresse sofort.

Dort angekommen wird Kuku auf den Balkon gesperrt, Rad und Anhänger dazu, ich lege mich erschöpft aufs Sofa ubd tauche in Yusufs geniale Mischung aus Deutsch und Englisch ein. Das praktiziert er so seit Jahren, das er gar nicht mehr unterscheiden kann, was welche Sprache ist. Oh wow. Seine Frau ist extra zu den Eltern gegangen, damit Platz für mich ist.
Wie lange bleibe ich? Ich weiss es noch nicht.
von: fabianovic

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 30.04.21 18:25

Echtes Heldenepos!
Ich warte schon gespannt auf die nächsten Abenteuer!
von: kili

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 02.05.21 10:06

Hallo Marian,
auch ich bin gerade über deine Tagesberichte gestolpert und möchte dir ein herzliches Danke dafür da lassen! Letztes Jahr, kurz vor Corona, war ich selbst noch in der Ecke unterwegs, von Istanbul nach Svilengrad. Immer wieder aufregend von der Fahrt in diese verrückte, wunderbare Stadt am Bosphorus zu lesen. Vermutlich auf der berüchtigten D100, richtig? ;-)
Ich bin erleichtert, dass du ohne Kratzer angekommen bist. Hab eine gute, erholsame Zeit in Istanul und bleib gesund; wie auch immer deine Reise unter den aktuellen Umständen weiter gehen wird.

Bin ebenfalls sehr gespannt auf weitere Berichte!
von: Fuchter

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 04.05.21 09:17

den Felix Starck würde ich jetzt mal nicht als Referenz hernehmen. Seine komplette Reise war negativ behaftet, alles war ein Problem, überall ist er angeeckt. Ich hatte nach seinem Buch und seinem Film echt schlechte Laune.
von: Sharima003

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 13.06.21 19:00

Bist du immer noch unterwegs, oder schon wieder in Deutschland?
Leider hast du auch auf deiner Hompage keine neuen Einträge drin.
LG
von: Peschkopi

Re: Radreise ins Glück - München - Kathmandu - 27.09.21 09:21

Wie geht es dir jetzt und wo bist du?
Ich würde mich über mehr Bericht freuen.