Re: Zeigt her eure tiefen Pässe!

von: veloträumer

Re: Zeigt her eure tiefen Pässe! - 06.03.20 12:17

In Antwort auf: StefanS

Auf etwa 70m ü.d.M. im Landkreis Hildesheim. Außerdem haben wir da noch den Bettmarer Pass (99 m), Uppener Pass (141 m) und Itzumer Pass (83 m) schmunzel

Freilich befindet sich keiner dieser Pässe auf einem Berg. Sie haben ihren Namen vielmehr der Tatsache zu verdanken, dass man an diesen Stellen einst die Hildesheimer Landwehr passieren konnte.

Entsprechend sind das auch keine "Pässe" im geografischen Sinne, hier genauer: Bergpässe. Die Höhenangabe sind dabei dann auch unsinnig. Es gibt auch verkehrstechnische Pässe, die keine Bergpässe sind, aber geografisch bedingt sind, sog. Talpässe (Engpässe). Sie definieren meist Engstellen in Tälern (ähnlich einer Pforte) oder aber auch andere Hindernisse, die ein besondere Verkehrsführung erfordern. Typisch für eine Engstelle ist der Pass Lueg an der Salzach, auch gerne die gesamte Klamm der Salzachöfen so bezeichnet, obwohl so auch wieder nicht ganz korrekt.

In vielen Fällen werden aber auch solche schluchtigen Engstellen nicht als Pass bzeichnet, ist also eher zufällig bzw. vom Kulturraum oder der Historie abhängig. In Französischen ist mir die Bezeichung "Col" für einen Talpass auf einer Karte noch nie begegnet, obwohl es den "Col de la vallée" auch begrifflich gibt. Im Deutschen hat der Ausdruck "Pass" ja auch noch eine andere Bedeutung (Ausweis) - auch das ist in anderen Sprachen oder Flurbezeichungen nicht der Fall.

Irreführend sind Höhenangaben bei Talpässen, weil das ja nicht die Hindernisgröße angibt wie beim Bergpass. Die Höhe spielt gar keine Rolle, eher müsste die minimale Breite angegben sein. Warum das teils trotzdem gemacht wird, konnte ich noch nicht herausfinden. Manchmal ist Eng- und Bergpass schwer voneinander zu unterscheiden. So scheint der Finstermünzpass (Reschenpassstraße) beide Bedingungen zu erfüllen: Im Schwerpunkt zwar ein Engpass, aber zudem auch ein kleiner Tal-zu-Tal-Übergang, also Bergpass.

Weil Talübergänge nicht immer klar erkennbar sind, hatte ich lange Schwierigkeiten, die Talpässe in meiner Liste als Bergpässe zu neutralisieren (ich habe sie nur noch gelistet, werden aber nicht gezählt). Nicht verwechseln darf man es aber mit Überrollpässen, auch mal als Tangentialpass bezeichnet, also eigentlich echte Pässe, die aber in Fahrtrichtung der Straße keinen Pass darstellen, sondern quer dazu. Berühmtes Beispiel hierfür ist der Falzarego-Pass in den Dolomiten, wenn man ihn zwischen Cortina und d'Ampezzo und Valparola-Pass überquert. Radlerisch bzw. fahrtechnisch ist das zwar dann kein Hochpunkt, aber geografisch dennoch ein überfahrener Bergpass. Würde man nach Cerndoi fahren, wäre es auch der höchste Punkt. Ebenso muss der höchste Punkt einer durchgehenden Straße kein Pass sein, wie z.B. bei der Bonette-Schleife oder Mont-Cenis-Pass. Typischweise streifen Kammstraßen oft zahlreiche Bergpässe, ohne dass sie Hochpunkte markieren müssen bzw. die Täler ausgefahren werden (können).

Weitere Problem für "Passologen" bereiten Flurbezeichnungen, die geografisch nicht eindeutig zugeordnet sind. So werden etwa "-berg", "höhe", "-bühl/-buel", "-egg/-eck" usw. auch typischerwesie für Passhöhen verwendet, können aber aber auch schlicht Berggipfel oder gar Orte bezeichnen, die keinerlei geografisch exponierte Lagen aufweisen.