von: faltblitz
Re: Frage zum Thema "Fahrad im Bahnhof" - 03.07.11 14:45
In Antwort auf: HvS
Zu den Reisezentren: bei uns in Schwenningen kann man das Rad mit in die Bahnhofshalle mitnehmen, dort ist Steinboden und der kann auch dreckig werden. Der Fahrkartenverkauf ist in einem Extraraum und der ist mit Teppich ausgelegt.
Ich denke, wir missverstehen uns, weil wir hier unterschiedliche Assoziationen und Vorstellungen haben. Auf dem Bahnhof, wo oben Geschildertes geschah (Gera), ist das anders. Da ist das Reisezentrum gleich am Bahnhofseingang, sind im Besucherraum, also vor den Schaltern, einfach Fliesen, genauso wie in der Bahnhofshalle davor. Das Rad wurde nicht bis zum Schalter geschoben, sondern gleich hinter der Tür kurz abgestellt (bei der Tür gaz links ist genügend Platz). In den 0,5-1 Minuten taute da auch nix ab, das passiert danach im Zug - und da ist dann tatsächlich eine Pfütze. Also Deine Vorstellung, ich hätte da eine große, dreckige Pfütze auf einem Teppich hinterlassen, ist in Deinem Kopf entstanden...und die Fliesen dort waren auch nass und schmutzig, bevor ich reinkam.
Desweiteren wurde das Rad von mir vor Betreten des Bahnhofs grob gesäubert, soweit das möglich war.
Bei Supermärkte/Buchhandlungen etc., auch auf dem Bhf, lasse ich das Rad auch an der Tür stehen. Auch einfach deshalb, weil da nirgendwo Platz für ein Rad wäre. Manche Supermärkte haben aber Vorräume bzw. Platz am Ausgang, hinter der Kasse, wo man auch einpacken kann. Dort habe ich schon größeres Gepäck (Faltboot etc.) abgestellt, quasi im Blick der Kassiererinnen. Im Zweifelsfall habe ich gefragt...auch bei Gaststätten, Ausstellungen, Biergärten, Geschäften, Museen...ob das vollbepackte Rad/Faltbootgerödel auf dem Gelände oder im Gebäude in Sichtweite des Personals stehen bleiben darf...und fast immer durfte es und mir/uns wurde freundlich gehofen.
Damit wir uns nicht wieder missverstehen: Es geht hier hier vor allem um das mit Reisegepäck bepackte Fahrrad. Das war auch im oben geschilderten Fall so. Ein "nacktes" Fahrrad lässt sich viel leichter gefahrlos irgendwo deponieren.
Zitat:
Es ist schlichtweg gefährlich über die Gleise zu gehen. Ich halte das nicht für ein Kavaliersdelikt, zu dem man ganz lässig im Forum anregen kann.
Ist es gefährlich, auf Fußwegen zu radeln, Einbahnstraßen gegen die Richtung zu fahren, bei Rot über die Fußgängerampel zu gehen, beim Radeln durch die Stadt zwischen Fußweg und Fahrbahn zu wechseln, die für Straßenbahnen und Busse reservierten Bereiche mit dem Rad mitzubenutzen...darüber und über viele andere Gesetzesverstöße, die Radfahrer und Fußgänger alltäglich machen, wird hier ganz offen diskutiert. Sie werden ganz offensichtlich als "sozial akzeptiert" in Radfahrerkreisen angesehen (Autofahrer sehen das aber z.T. anders...), obwohl sie durchaus ein Gefährdungspotential haben können, wenn man da was übersieht und sich verschätzt.
"Bei Euch" ist das nicht so? Du hältst Dich an alle Vorschriften?
Offenbar ist hier die Wahrnehmung doch selektiv...

Ich habe auch niemanden "angeregt". Ich habe nur Erlebnisse berichtet. Ob es "richtig" war, das hier zu tun, darüber kann man streiten. Ich habe dazu gelernt und werde nicht mehr dazu schreiben.
Zitat:
Beruflich habe ich es leider ständig mit Leuten zu tun, die alles besser wissen und ein einfachen Hinweis oder Schild ignorieren. Das dumme als Verantwortlicher, du kannst nicht einfach sagen: "lass die mal machen, sind dann eben selber Schuld wenn was passiert" sondern es sind meist auch andere von den dadurch verursachten Problemen betroffen. Dann bleibt langfristig nur, die Unverantwortlichen mit betrieblichen oder baulichen Mitteln daran zu hindern ihr unverantwortliches Tun auszuleben. Wird dann meist sehr teuer und hat weitere Nachteile oft sogar für alle.
Siehst Du, da haben wir unterschiedlichen Perspektiven.
Für Dich sind Leute, die sich anders verhalten, als die "Vorschriften" es "vorschreiben", eben "unverantwortlich" und "Besserwisser".
Ich frage Leute, die sich anders verhalten, nach Ihrem Grund und was ihr Ziel ist. Oft (nicht immer) zeigt sich dann ein Mangel im System, ein Auseinanderklaffen von praktischen Erfordernissen und umgesetzten Lösungen inklusive Regelungen.
Leider ist die Haltung, dies dann durch noch ein Verbotsschild mehr, noch einen höherne Zaun usw. zu "lösen", immer noch weit verbreitet. Obwohl (hier beispielhaft) die Anforderung "Ich muss meinen Anschlusszug bekommen und rechtzeitig von A nach B kommen" weiter besteht und dadurch kein bisschen besser gelöst ist. Die Folge: Noch mehr Konflikte, Unzufriedenheit...
Zum Glück setzt sich die Erkenntnis in unserer Gesellschaft zunehmend durch, dass es eines ausreichenden Konsens bedarf, will man Probleme dauerhaft lösen. Macht auszuüben und die Bedürfnisse der "Schwächeren" zu übergehen, hat noch nie als "Lösung" getaugt.
Im konkreten Fall heißt dass, ein nutzerfreundliches System mit einer ebensolchen Infrastruktur zu schaffen, dass es überflüssig macht, Gleise zu überqueren, nur damit ich meinen Zug noch bekomme und ich wegen meines Gepäcks (oder Kindern, Behinderung, Alter...) langsamer bin als andere.
Und solange eher Verbotsschilder aufgestellt werden, statt wirklich Lösungen im o.g. Sinn zu suchen, sehe ich die partielle Nichtakzeptanz von "Vorschriften" als Form des zivilen Ungehorsams an, die auch auf den Mangel hinweist. Regelungen werden solange stabilisiert, solange alle mitmachen. Erst wenn sie nicht mehr funktionieren, weil sie nicht mehr akzeptiert werden, entsteht ein "Änderungsdruck". Und von daher frage ich mich an vielen Stellen, warum eine so große Masse so viele Mängel leidend erträgt oder gar im vorauseilenden Gehorsam meint, das müsse so sein oder das wäre ja sowie so nicht zu ändern. Ich sehe eher diese Haltung als unverantwortlich an.
Wer verhält sich also veratwortlich, wer unverantwortlich?
Das ändert nichts daran, dass ich die Bahnangestellten verstehe, die ihrem beruflichen Auftrag nachkommen, Menschen davon abzuhalten, z.B. die Gleise zu überqueren. Das ich Verständnis für die Reaktion von Menschen in solchen Rollen habe, sage ich ihnen auch, wenn wir ins Gespräch kommen. Ich mache es nicht, um sie zu ärgern, sondern weil ich meine Gründe habe und es in dem Moment keine andere Lösung für mein Anliegen gibt. Oft kam es in vergleichbaren Fällen schon zu guten Gesprächen über die Sichweise von beiden Seiten.
Nichtsdestotrotz entlasse ich auch den Bahnangestellten nicht aus seiner Verantwortung, zur Verbesserung des Systems beizutragen, statt es brav mitzutragen und die Mängel zu stabiliseren.
Zu guter letzt: Jeder wählt seinen Job selbst und die Rolle, die er darin einnimmt - aber auch, wie er diesen ausfüllt. Wenn Du Henning Dich jetzt mit den betreffenden Bahnangestellten idendifizierst, weil Du das mit Deiner beruflichen Rolle assoziierst und Dich quasi persönlich "angepisst" fühlst, ist das auch was, was bei Dir liegt.
Viele Grüße
Christoph