Re: Brooks in der Mikrowelle

von: MatthiasM

Re: Brooks in der Mikrowelle - 14.09.18 11:56

In Antwort auf: Fichtenmoped
Den Brooks mit den ganzen Metallteilen in die Mikrowelle?

Gibt das nicht ein Riesenfeuerwerk?


Nein. Ich darf da mal als Elektrotechniker mit ein paar Annahmen zu Metall in der Mikrowelle aufräumen:

a) Die HF-Energie, die (technisch einwandfreie Mikrowelle vorausgesetzt, siehe PS2) zu 100% in den Garraum gesendet wird, wird absorbiert und in Wärme umgesetzt:
a1) von wasserhaltigem Kochgut (Resonanz der Wassermoleküle): Nutzeffekt beim Kochen.
a2) von anderen resonanzfähigen Materialien (z.B. Melaminharzgeschirr, manche Keramiken): Schäden am Objekt möglich, Glasur platzt ab, Keramiktasse ist heißer als der Inhalt (Tasse knistert leise, Glasur zeigt leichte Spider App, Henkel grenzwertig gerade noch anfassbar, am brutzelheißen Tassenrand die Lippe verbrannt, Kaffee selbst nur lauwarm) etc., es gibt sogar spezielles Bräunungsgeschirr, das genau den Effekt ausnutzt.

b) Die HF-Energie induziert in elektrisch leitfähigen Objekten einen Strom. Was dann passiert, hängt von dem leitfähigen Objekt ab (ab hier gilt das gute alte Ohmsche Gesetz):
b1) es ist richtig dick und gut leitfähig: Dann fließen im Stahltopf 200 Ampere Wirbelstrom, die den Topf wegen guter Leitfähigkeit nur gering erwärmt: Es passiert nichts, kein Feuerwerk, des Kochgut wird eventuell nur schlecht warm, weil der Topf abschirmend wirkt. Offenbar zählt der Brooks mit seinem elektrisch gesehen dicken Gestell etc. auch zu der Kategorie.
b2) es ist dünn: z.B. Metallkerne von Teelöffeln mit Kunststoffgriff, da ist ein gestanztes Loch im Metallteil, damit der angespritzte Griff hält, an den Lochrändern ist der Querschnitt des leitenden Metalls wie ein sehr dünner Draht, dort lass 50 Ampere Induktionsstrom fließen, die wegen hohen Widerstands zu einer punktuellen Erhitzung führen. So hab ich mir mal in den Plastikstiel von so einem klassischen Victorinox-Löfffel ein Loch gesprengt.
b3) es ist sehr dünn, z.B. Alufolienrestfitzel von Essen-auf-Rädern-Schalen oder Joghurtbechern: kann so schnell so heiß werden, daß es irgendwas in Brand setzt. Wir hatten zu Kinderzeiten Becherjoghurts aus dem Kühlschrank mit 5 Sekunden Mikrowelle und danach gut Umrühren auf normale Zimmertemperatur gebracht. Mit dem übersehenen Restfitzel hatten wir einmal einen brennenden Fruchtzwerg.
b4) es ist extrem dünn, und idealwerweise noch großflächig (Metallisierung einer CD oder hauchdünne ringförmige Leiterschleife, der berühmte Goldrand an der Tasse): Das ist das Feuerwerk bzw. es sprengt den sehr hochohmigen Goldrand, in dem wegen großer Leiterschleife die HF richtig schön Strom induziert, gleich weg.

Ich mach mir kaltgewordene Heißgetränke in geeignetem Büropott mitsamt dem Metallöffel, der drinsteht (kein Victorinox mit Loch) immer in der Mikrowelle heiß. Geschieht unfallfrei. Alles angewandte HF-Technik grins

lG Matthias

PS.: Warum heißt es, daß Mikrowellen von solchen "Fehlbeladungen" kaputtgehen: Die Energie, die im Garraum absorbiert und verheizt wird, (egal ob a1) Braten, oder a2) in einer Keramiktasse oder b2/3/4) in einem dünnen Metalleiter, der sie ebenfalls in Hitze umsetzt) kommt nicht mehr "zurück" auf die Senderöhre. Energie, die in dem Garraum nicht absorbiert wird, z.B. weil nichts drin ist oder nur ein b1) dickes Metallteil, in dem zwar 200 Ampere induzierter Strom fließen, aber wegen sehr niedrigem Widerstand eben keine Wärme erzeugt wird, kommt gemäß dem Energieerhaltungssatz die nicht verheizte HF wieder zurück auf die Senderöhre. Dann gibt's hier verschiedene technische Maßnahmen, diese rücklaufende Energie entweder abzuzweigen und in einem Extraabsorber zu verbraten, oder die Senderöhre selber wird heiß und irgendwann schaltet das ganze ein Überhitzungsschutz ab. (Energieerhaltungssatz gilt hier immer. Stichwort für die Funker im Forum: Tod der Endstufe durch Fehlanpassung, rücklaufende Welle etc....)

PS2.: Auf die Effekte, die Mikrowellenenergie auf bestimmte andere Moleküle in den Lebensmitteln haben soll oder auch durchaus real haben kann (Freie-Radikale-Diskussion) und auf die Risiken einer defekten Mikrowelle, deren Garraum nicht HF-dicht ist, wo also HF-Energie fröhlich in die Küche abhestrahlt wird, gehe ich hier bewußt nicht ein. Ersteres ist umstritten und teilweise zu VT geeignet, zweiteres ist ein stinknormaler Defekt am Gerät.