Re: Gates Riemen knirscht.

von: EmilEmil

Re: Gates Riemen knirscht. - 15.07.21 09:56

Sehr informative Bilder ! Mir (Riemen-Skeptiker !) scheint ein Riemen im Vergleich zu einer Rollenkette nicht besonders exakt gefertigt zu sein. Sowohl Riemen als auch Kette beruhen auf einer Triebstock-Verzahnung, bei der die Gegenverzahnung zum Teil etwa eine (zwei) Zahnstangen (Last-Trumm/Leer-Trumm) formen, die auf den Kettenrädern (Kettenblatt und Ritzel bei Fahrrädern) zum Teil um die Kettenräder gewickelt werden. Damit dies möglich ist, hat die Kette Gelenke und der Riemen Struktur-Gelenke, die man auch als "Filmscharnier" bezeichnen kann.
Ein ideales Filmscharnier wäre ein rein elastisches Element, das die für die Biegung erforderliche Energie zu 100 % wieder ausspucken würde. Die verwendeten Kohlefasern kämen dem in der Praxis ziemlich nahe, aber der die Fasern umgebende Kunststoff verlangt durch seine Viskosität einen dissipativen Energie-Anteil. Dieser Anteil hat offenbar die Größenordnung der Reibungs-Energie in den Gleit-Lagern einer Stahl-Kette, die gegenwärtig als Rollen-Kette mit Lagerkragen (Stichwort Schmierstoff-Reservoir) Markt-üblich ist.
Wissenschaftliche Test in der Uni Trier von 2016 haben ergeben, dass der Riementrieb immer einen deutlich höheren Reibungsverlust hat (Mein Kommentar: Soviel höher ist der aber nicht ! 1% bis 2% ?) als der Kettentrieb. Lt. Prof. Hinzen fährt beim Riemen immer eine ungewollte Bremse mit (Diese Messungen 2016 wurden mit einem pulsierende Antriebs-Moment gemacht, wie es durch den Kurbeltrieb vorgegeben ist. Info: Die Messungen 2012 (Prof. Hinzen Uni Trier) wurden mit einem konstanten Antriebsmoment gemacht. Da hatte der Riemen sogar bei Antriebsleistungen > 200 [Watt] die Nase vorn).
Ein weiterer Nachteil gegenüber der Kette ist die exzentrische Lage des Filmscharniers. Wie weit man da etwas quantifizieren kann, weiß ich nicht. Da müßte jemand mit Kenntnissen in der Riemen-Konstruktion etwas zu sagen. Ich hab diese Kenntnisse nicht. Die Exzentrizität des "Riemen-Gelenks" verlangt einige Anpassungen der "Getriebe-Geometrie". Ob das durchgeführt wurde, scheint mir bei der wenig exakten Geometrie des Riemens unwahrscheinlich zu sein. Evtl. gibt es da Entwicklungs-Potential.
Die Rolle einer Kette sorgt beim Einschwenken (Ausschwenken) auf die Kettenräder für geringere Reibung ("Rollreibung *)" ist günstiger als Gleitreibung). Bei dem Riemen in seiner heutigen Form (Stichwort Gleitreibung !) ist mit einigem Verschleiß an den Riemenscheiben zu rechnen. Damit verschleißt der Riemen selbst auch (Abhängig von den Umweltbedingungen) ! Das "ewige" Leben haben weder der Riemen noch die Riemenscheiben. Und eine gewisse Pflege muß ebenfalls sein.
In Anbetracht der Kosten für einen Riementrieb sehe ich keine Vorteile gegenüber einer Kette.
*) Der Begriff "Rollreibung" ist physikalisch etwas zwiespältig: Entweder ein Körper rollt (Reines Rollen !) oder er gleitet (Relativ-Bewegung !), manchmal passiert Beides gleichzeitig. Eine Kategorie "Rollreibung" gibt es eigentlich nicht. Wegen der einfachen Vergleichbarkeit einer Darstellung des Widerstands (Kraft = Beiwert mal Normalkraft) bei Gleitvorgängen und Rollvorgängen (besser Wälzvorgängen !) wird der Begriff häufig gebraucht.
Den Riemen kann man so beschreiben: Technisch interessant, aber teuer !

MfG EmilEmil