PlanMit leichtem Gepäck in einer Woche von der spanischen Grenze in die Schweiz fahren; wahrscheinlichste Route:
- Mit dem Zug nach Perpignan mit Aufenthalt in Avignon
- Gorges de Galamus
- Col de Puymorens, Port d’Envalira (je nach Wetter)
- Carcassonne
- Béziers
- Montpellier südlich umfahren
- Nîmes nördlich umfahren
- Entlang von Rhône und Isère von Pont-Saint-Esprit nach Saint-Nazaire-en-Royans
- Vercors: Pont-en-Royans, Les Grands Goulets (Tunnel-Umfahrung ), Gorges de La Bourne, Route des Ecouges. (Route de Combe Laval ist leider geschlossen)
- Der Isère entlang zum Lac du Bourget
- Genève
- Dann auf den Kalender schauen. Bis dahin sind es je nach tatsächlich gefahrener Route 950-1200 km
Da sowohl die StreetMachine (Reisen 2013, 2014, 2015) und das Fujin sport (Reise 2016) verkauft sind, unternehme ich diese Tour mit dem zum Randonneur umgebauten Fujin SL2. Dabei wird auch eine Tradition fortgesetzt: Ich nehme weniger mit als bei der vorherigen Reise.
Gefahrene RouteAufzeichnung (etwas punktreduziert)Tag 0: Anreise, einrollen0950 geht es von zu Hause los an den Bahnhof. Der Vorsatz: Das wird der letzte Regen der Reise gewesen sein!
Eine herzliche Verabschiedung folgt in Bern.
Bis Genf hat es im Veloabteil wenig Leute bis ausser mir niemanden.
Die Sorgen, wegen dem Nicht-Standard-Velo im TGV Probleme zu bekommen, sind absolut unbegründet. Auch hier habe ich bis Montélimar alle Abteile für mich alleine.
AvignonStatt 2x eine knappe Stunde an jeweils einem der beiden Bahnhöfen zu warten, fahre ich mit dem Velo von Bahnhof zu Bahnhof.
Kurzer Stop bei der Pont d'Avignon, wo sich nebenan Reisecar an Reisecar drängt.
In der Altstadt herrscht reges Samstagnachmittagstreiben.
Am Bahnhof wartend komme ich mit einem Dänen ins Gespräch.
Auch im TER gibt es kein Problem mit dem Velo. Im Gegenteil: Der beste Velohaken, den ich bisher gesehen habe
Auch im Zug darf ich mir eingestehen, dass meine Französischkenntnisse arg eingerostet sind. Anlass dazu ist das Gespräch mit dem marokkanisch-korsischen Sitznachbar.
Es geht losPünktlich fährt der Zug um 2040 in Perpignan ein und ich
schwinge lege mich aufs Velo. Französische Grossstadt bei Nacht... Und der Strassenbelag ist noch schlechter als in Avignon.
Bald bin ich aus dem Trubel raus. Der Wind bläst mit voller Kraft entgegen und die Windräder blinken synchron - eine eigenartige Ansicht. Um 2300 bin ich dort, wo ich morgen erwachen will:
Übernachtung im Schlafsack unter freiem Himmel einigermassen windgeschützt. Das Ding zwischen Isomatte und Velo ist kein Grabstein, sondern ein Elektrokasten
Tag 1: Schluchten, Länder und PassfahrtenBlick aus dem Schlafsack am Morgen
Die
Gorges de Galamus sind kurz, aber sehr schön zu durchfahren.
Es gibt keinen Verkehr aber ein ständiges Auf und Ab. Und Gegenwind.
Die steile Abfahrt nach Caudiès-de-Fenouillèdes hat eine witzige 360-Grad-Kurve. Leider hat es ausgerechnet hier Rückenwind und laufen lassen ist nicht drin. Ich finde es ganz schön ärgerlich, den ganzen Effort wegbremsen zu müssen.
In Axat setze ich mich in ein Café. Die junge Frau mit dem grossen Rucksack am Nebentisch liest einen Wanderführer über
Le Sentier Cathare.
Die durchfahrene Gorges de Saint-Georges ist mir bei der Planung gar nicht aufgefallen, aber super zu durchfahren. Es sollte eines der gefühlt flachsten Teilstücke der heutigen Etappe sein.
TShirt&kurze Hose! Beides zum ersten Mal dieses Jahr.
Steil bergauf auf kleinem Strässchen.
Erster richtiger Pass. Oben starker Wind, Rückenwind (kein Passfoto).
Auf der Hochebene kurz nach dem Col de la Quillane
Rasante Abfahrt und ...
... kurzer Abstecher auf
spanischen catalanischen Boden.
80% der Entgegenkommenden haben Wintersport-Artikel auf den Dachträgern - weitere 15% diese wahrscheinlich im Kofferraum. Der motorisierte Verkehr nervt und der Gegenwind auch.
Meine Hoffnung, der
Tunnel würde den Verkehr über den Pass auf ein Minimum reduzieren, geht nicht in Erfüllung: Den Tunnel nutzt (heute Sonntag) niemand - ich hätte ihn gerne befahren (200-300Hm gespart)!
Aufstieg zum Col de Puymorens
Auf dem
Col de Puymorens wiederum minimal kurze Pause, dann eine kurze und rasante Abfahrt. Und schon wieder geht es bergauf - diesmal sogar als
Stichstrasse (für mich).
Nach dem Zoll bis hinein in den hässlichen Ort Pas de la Casa herrscht auf der Gegenfahrbahn Stau, was mir inmitten dieser gebirgigen Schneelandschaft völlig surreal vorkommt.
Im Kleinstaat esse ich erstmal ausgiebig, um die höchsten Meter gut gestärkt in Angriff zu nehmen und dem GPSr etwas Energie zufügen zu lassen - das Kabel um unterwegs nachzuladen habe ich vergessen. Die Kamera oder ihre Speicherkarten funktioniert nicht wie erwartet.
Fast geschafft.
Auf der Port D'Envalira liegt noch eine meterdicke Schneeschicht und der Skitourismus ist in vollem Gang (um die Uhrzeit bereits der Pistenpräparator).
Mein Thermometer zeigt übrigens 10 Grad weniger an.
Foto, dick einpacken, Licht einschalten (wieder ein paar (lächerliche, ich weiss) Watt, die die Bremsen entlasten), Los! Auf den nächsten 35km trete ich keine Umdrehung und für einmal bin nicht ich der Bremsklotz im Verkehr - obwohl sich der bei der Hinauffahrt gesehene Stau bereits aufgelöst hat.
Der Plan, den rasanten Teil der Abfahrt mit Tageslicht zu fahren, geht 100%ig auf: 10Min nach Sonnenuntergang (also noch schön hell) erreiche ich Ax-les-Thermes, ab wo die Strecke deutlich flacher wird und auch ein paar Gegensteigungen beinhaltet. Auf einem der richtungsgetrennten Abschnitten sehe ich zum allerersten Mal im Dunkeln einen anderen Tourenradler.
In Tarascon-sur-Ariège finde ich beim Vorbeifahren spontan ein Hotel, wo diese doch sehr anstrengende ü4000-Hm-Etappe ihr Ende findet. Sehr preiswert und dennoch bin ich anscheinend der einzige Gast - Nebensaison?
Dusche, Waschen. Schlafen.
Tag 2: RückenwindAusschlafen. Zmorge um 0830. Abfahrt um 0945.
Bergab rollt es schon mal gut.
Bei der
Pont du Diable mache ich den heutigen Sightseeing-Stop.
Mit Westwind geht es nach Osten, zuerst noch etwas bergauf, dann mehrheitlich bergab.
In einem Supermarkt gibt es das gesuchte Kabel, aber keine Speicherkarte. Dann müssen eben wie früher 107 Restfotos genügen.
Der Weg nach Carcassonne führt über viele kleine und kleinste Strässchen.
Carcassonne
Nach Béziers fahre ich nur zu Beginn im Grünen, dann wechselt mein zu Hause eilig zusammengeklickter Track auf die Hauptachse. Auch mit Durchschnittsgeschwindigkeit 40 km/h nur bedingt lustig. Sind ja nur 50 km.
Ab Béziers gehts auf eine
Voie Verte, einen motorfahrzeugfreien Weg - hier entlang des Canal du Midi. Der Belag ist noch schlechter als sonst und die vielen Fussgänger lassen mich die Landstrasse irgendwie vermissen. Immerhin Abwechsung.
Voie Verte
Zvieri/Znacht auf dem Dorfplatz von Villeneuve-lès-Béziers.
Auf herrlichen, kleinen Strässchen rollt es gut weiter ostwärts.
Am Meer entlang zwischen Agde und Sète.
Durch Sète mitten im Verkehr und raus aus dem Ort auf der Ausfallachse machen mässig Spass. Bis zu 50 km/h kitzle ich rückenwindunterstützt aus dem Velo.
Draussen schlafen ist nix - schon bei jeden kurzen Stop saugen mir die Mücken auch die wenige noch nicht hinausgeschwitzte Flüssigkeit aus der Haut.
Tag 3:Das Zmorgebuffet ist preiswert.
Bis ich wieder
auf Track bin, verfahre ich mich zwei Mal.
Es ist die morgendliche Rush Hour in den südöstlichen Vororten von Montpellier in vollem Gange. In Gegenrichtung ist Stau.
Nîmes grossräumig umfahren heisst auch (ein wenig) auf&ab und viele kleine Strässchen, die kaum befahren sind.
Seit 20km habe ich kein Wasser mehr und schon länger Lust auf ein Mittagessen. Der grosse Ort Saint-Quentin-la-Poterie hat zwar ganz viel
Poterie, aber um etwas Essbares zu finden, brauche ich tatsächlich Google. Bin ich schon soo weit? Traurig - der Fakt oder der Ort. Zmittag gibts dann mit Fischgeruch vom eben beendeten Markt auf dem Dorfplatz.
Das Routing ist gut und irgendwann erreiche ich die Rhône-Ebene und damit auch die
ViaRhôna - Fortsetzung der
Veloroute 1.
Flach, einfach absoulut flach. Perfektes Liegeveloterrain.
So verpasse ich an einer Kreuzung auch die ausgeschilderte Umleitung (das GPS war eindeutig, also mit Schwung nach links) - etwas Umweg.
Hier sind (im Gegensatz zu Béziers!) die Voies Vertes mit einem guten Belag ausgestattet. So bekommt das Velo artgerechten Auslauf und die Oberschenkel müssen nicht
gegen Schlaglöcher arbeiten.
Plötzlich merke ich, dass ich für den Plan
Wildcamping viel zu schnell unterwegs bin. Wenn es nicht wieder eine 250er Etappe werden soll, muss ich entweder eine feste Unterkunft suchen, oder einen Moment Pause machen - letzteres fällt den Mücken zum Opfer: Also während der Fahrt (auf einer Voie Verte) Hotel buchen.
À propos Voie Verte:
- Die Glocke/Klingel ist super.
- Rückspiegel an Pedelecs werden nur montiert, nicht beachtet.
- Innerorts hilft stärker in die Pedalen treten und auf der Fahrbahn fahren.
- Es gibt schöne Brücken.
- Die Region um das AKW Cruas ist furchbar verstoppschildet und gerade kurz nach 1630 kein Spass. Wer sich wundert, warum der blöde Velofahrer nicht den exta für ihn gebauten Radweg benutzt, hat keine Ahnung von Mobilität.
- Ausserorts sind die Voie Vertes super und wirklich empfehlenswert!
Bilder:
Hier bin ich barfuss durchgewatet (guter Entscheid!). Die Brücke links im Bild ist noch im Bau - zukünftige Reiseradler werden hier ohne Rutschgefahr passieren können.
In Valence gebe ich mir extra Mühe den motorisierten Verkehr so wenig wie möglich aufzuhalten und sprinte mit Volllast eine Brücke hoch - hinter dem einen im Rückspiegel sichtbaren Auto folgt ... nichts.
Einkauf im Supermarkt. Im Billighotel hat es kein Znacht oder Zmorge.
Billighotel trifft es ziemlich gut... Mein Einkauf passt dazu
Tag 4: Spektakuläre Strassen, Sackgassen und doch noch RegenGut gelaunt trage ich die Fuhre die zwei Stockwerke wieder hinunter und lasse die Absteige hinter mir, um nach wenigen Pedalumdrehungen wieder auf der Voie Verte entlang der Rhône zu liegen.
Nach kurzer Zeit folge ich der Isère und somit der V63 - der Veloroute entlang dieses Flusses.
Ein paar Rentner-Gümmeler hat es auch auf dem Radweg, sonst ist nichts los.
Bei der Fahrt nach Osten vermisse ich die Sonnenbrille, welche wie vieles anderes wegen
was keinen Platz in der Tasche hat, bleibt daheim nicht mitgekommen ist.
Erster Blick auf den
Vercors.
Ab Saint-Nazaire-en-Royans gehts bergan Richtung
Les Grands Goulets. Kaum Verkehr.
Dass das eigentliche Highlight (seit längerem) gesperrt ist, wusste ich vorher schon.
Einmal links weiter hoch. Ab Saint-Julien-en-Vercors halte ich Ausschau nach einem Restaurant für den Mittagsrast. Vergebens.
Rauschende Abfahrt zum Goule Noire.
Gorges de la Bourne. Weil sie so schön ist, nach der Hochfahrt auch gleich wieder runter - das GPS ist für einmal unbrauchbar für die Einschätzung der Kurven (siehe auch oben verlinkte Aufzeichnung).
Sekundenbruchteile nach dem Fotomoment später knallt wenige Zentimeter links von mir ein faustgrosser Stein auf die Fahrbahn - das hätte böse enden können. Phuu!
Gorges de la Bourne
In La Balme de Rencurel findet sich dann doch noch ein geöffnetes Restaurant. Das Viergang-Menü mit einer Forelle von "hier" mit Kartoffelgratin als Hauptgang habe ich mir verdient und schmeckt mit Blick auf die Bourne ("hier") vorzüglich.
Ich mache den Fehler, beim Restaurant gleich die Einbahn hochzufahren. Verkehr gibt es ja wegen Baustelle talabwärts sowieso keinen.
Auf dem
Col de Romeyère. Die gelbe Tafel im Hintergrund hätte ich besser beachtet (Fehler zum Zweiten)
Statt die imposante in den Stein gehauene Routes des Ecouges mit dem langen, schmalen und unbeleuchteten Tunnel zu befahren:
Wo es zuvor mit 80 runter ging, fahre ich jetzt im ersten Gang wieder hoch. Natürlich hat gerade auch der vorhergesagte Regen eingesetzt. Und weil ich kein drittes Mal durch die Bourne-Schlucht will, fahre ich mit einer gewissen Wut über mich selbst im Bauch gleich nochmals 400Hm hoch zum
Col du Mont Noir. Oben liegt trotz leichtem Regen noch haufenweise Schnee - teilweise auch auf der Fahrbahn.
Runter durch die Gorges de Nan - sehr geile 1000-Hm-Abfahrt!
Schön durchgefroren lasse ich die drei Schichten gleich noch während 20km an.
Blick auf die Isère mit dem Vercors im Hintergrund.
Voie Verte auf der V63 zwischen Autobahn und Isère.
Im Pendlerverkehr nach Grenoble und im Verkehrsgewühl mitten durch die Stadt ist wieder einmal nur mässig lustig - gerade auch im Regen bei fortschreitender Dunkelheit.
Die Innenstadt liegt hinter mir. Da ich morgen erneut über diese Brücke komme, mache ich ein Foto (zum Vergleich). Tatsächlich mache ich morgen hier erneut Pause...
Hotel.
Tag 5: Gegenwind886m sind gemäss GPS gefahren, als vom Hinterrad ein rhytmisches Geräusch ertönt. Vollbremsung - zu spät: Als ich den Splitter herausziehe, gibt der nasse Reifen ein leises Pfft von sich.
Die paar hundert Meter bis zur oben abgebildeten Brücke schaffe ich mit dem pft-pft-pft-pft, das der Pneu jeweils in der
Loch-auf-nassem-Belag-Position von sich gibt, schon noch ohne Snakebite und so:
Gleiche Brücke wie am Vorabend, Blick in Gegenrichtung.
Die Sonne verdrängt die Wolken immer mehr und der Belag trocknet auch rasch.
Die V63 und mein eigenes Routing entlang der Isère bieten schöne Aussichten.
Auf Nebensträsschen geht es meistens ziemlich flach und auch ein paar Mal durch die Reben bis nach Chambéry. Auf dem weiteren Weg zum Lac du Bourget gibt es eine schöne Voie Verte, an welcher ich an der Sonne und etwas windgeschützt auch eine Mittagspause einlege.
Entlang des Lac du Bourget bis nach Aix-les-Bains ist die Voie Verte bei Temperaturen von 15 Grad und strammem Nordwind auch gut zu befahren - in der Ferienzeit ist dies keine Piste für flotte Radler - auch nicht gegen den Wind.
Das im Vergleich zu den Vortagen eigentlich harmlose Auf und Ab zehrt ordentlich an meinen Kräften.
Genau hier, in diesem windgeschützten (siehe Fahnen) Häuschen auf dem Col du Mont-Sion, entscheide ich: Flasche leer. Die Tour ist zu Ende. Ich mache die letzte Etappe ein anderes Mal.
Bis Genf geht es nur noch bergab, auch hier hat es in der Gegenrichtung Stau, weil die Franzosen Grenz-/Zollkontrolle machen und ich sehe nicht einmal ein ordentliches Landesgrenzen-Schild der Schweiz (nur ein Zollschild mit so viel Text, dass es selbst im Rob-Tempo nicht vollständig lesbar ist).
Genf zur Rush Hour macht etwa gleich viel Freude wie der durchschnittliche französische Strassenbelag. Um
etwas Erfahrung mit Velo+SBB bin ich auf einer der meistbenutzten ÖV-Pendlerstrecken der Schweiz dann schon - und um die Sitzmatte des Velos, auf welcher es sich auch ohne den Velositz ganz prima hocken lässt.
Einmal umsteigen, 1 km Heimfahrt, heisse Dusche, Schlafen.
Packliste