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#468561 - 19.09.08 19:39
Italien Griechenland Sommer 2008
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Entfernung: | 1800 Kilometer |
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Hallo liebe Lesemutige: hier gibt´s jetzt den 1. Teil Friedrichshafen - Venezia meiner diesjährigen Radtour. Der link zu den Bildern steht unten am Schluß. Wer es in größerer Schrift braucht, kann ersazweise auch hier lesen. Der Rahmen für mein vollgefedertes Reiserad "Rennsofa" wurde erst eine Woche vor Abreise geliefert. Es war das zweite Exemplar gewesen, der erste war mit Sitzrohrbruch zurück zum Hersteller gegangen. Jetzt konnte ich das Rad gerade noch so aufbauen und am Abreisetag das erstemal mit Gepäck bestücken. Die eigenwillige Gepäckträgerbauweise, so von mir nicht gewollt, erwies sich als extrem verwindungsfreudig, was ich bei der Fahrt zum Bahnhof geschockt feststellte. Ich hatte das Hotel schon reserviert und deshalb und weil ich es nicht gleich wahrhaben wollte, kehrte ich nicht sofort um. Genau das tat ich aber am nächsten Morgen. Wieder dieselbe Strecke im Zug zurück und zuhause ein letzter Versuch: es könnte auch die Gabel schuld sein, Austausch der Parallelogrammgabel gegen die Fox vom letzten Rad. Dasselbe unmögliche Fahrverhalten. Bei 50 km/h den Paß runter hätte sich das Rad buchstäblich verknotet, so weich war der Rahmen mit nur 11 kg Gepäck exponiert hinten auf dem Träger. Da war meine Eigenkonstruktion am Specialized erheblich besser gewesen. Es half alles nichts, ich mußte einen anderen Rahmen nehmen, einen Starrrahmen von Bornmann mit starrer Kinesisgabel. An diesem mußte erst das Tretlagergehäuse plan gefräst werden, da ein Hollowtech II Lager hineinkommen sollte. Das Rad war fahrfertig und gelegentlich in Betrieb gewesen, allerdings mit für die Reise ungeeigneten Zutaten. Am kommenden Tag war ich nach 10 Stunden Umbaus und Umpackens von meiner Ortlieb Reisetasche in normale Backroller fertig. Das Ergebnis ernüchternd. Sooo hart ist also ein starres Reiserad, nach 5 Jahren Vollfederung! Wieder ab zum Bahnhof. Das Rad ist immerhin erfreulich steif und zwei Kilo leichter. Merkt man angenehm beim Verladen. Dieses Jahr so gut wie keinerlei Unterkunft vorgebucht, bin ich frei in der Entfaltung. Sollte aber innerhalb der nächsten Wochen feststellen, daß mir diese Freiheit garnicht so gut tut. Werde zu bequem. Aus der Laune des Augenblicks heraus steige ich öfters irgendwo ab und bleibe in einem Ort, oder steige in den Zug, wohingegen ich eigentlich gut hätte 30 oder 50 km weiterfahren können. Nur die ungewohnte und unbequeme Sitzposition auf dem Rad war eine taugliche Begründung gegen allzu lange Tagesetappen. Los geht es von Friedrichshafen am hellen Tag um halb elf mit einer Fahrt nach Rohrschach. Eigentlich die Masche, denn so fahre ich am wenigsten unnötig um den See herum. Aber so spät....Schnell erreiche ich St. Margrethen und biege auf den Rheindammweg ab. Es ist schönes Sommerwetter, später ziehen einige bedrohliche Wolken auf, aber ohne Regen. Ab Höhe Liechtenstein wechsle ich das erstemal die Seite. Bisher bin ich immer westseitig gefahren. Als dann die Steilküste kommt, fahre ich mutig weiter. Jetzt bis zur letzten Brücke zurück: nein danke. Immerhin hatte ich von drüben öfter Badende gesehen, also irgendwo muß es dort einen Weg geben. Am letzten Parkplatz vor dem Wald steht ein alter Campingbus und ein junges Paar aus Bern meint, sie hätten keine Ahnung, ob es dort weitergeht. Auf einem Trampelpfad bergab führt der Weg, nur noch schiebend zu bewältigen. Dort ist eine schöne Stelle zum Baden und Spielen. Weiter geht garnichts, die Felsen anscheinend direkt ins Wasser. Mist. ich klettere ohne Rad durchs Unterholz und mache einige Bilder von Papa Rhein, im Vordergrund begehbare Steine im Flachwasser, dann der reißende Fluß, im Hintergrund aufwirbelnder Sand im Wind auf den Sandbänken. Schön! Auf dem Rückweg zum Rad entdecke ich in einiger Höhe doch eine Fortsetzung des Weges. Das Rad tragend, klettere ich den Steilhang hoch und schiebe es dort auf wurzelverziertem Pfad bergauf, bergab, Tragestellen inbegriffen. Ich komme mir hier mit dem bepackten Reiserad, dem Gott des Unterholzes Tribut zollend, doch reichlich bescheuert vor. Nach langen 200 m erreiche ich wieder Flußhöhe und zivileres Gelände und einen Weg. Im folgenden Wald umfliegt mich ein Kaisermantel, ich werfe das Rad ins Gebüsch und mache einige Bilder, voll entschädigt von der MTB-Tour ohne MTB. Weiter bis Landquart die mir gut bekannte, schöne Strecke. Dort setze ich mich in den Zug nach Klosters. Die knapp 40 km und 1000 Hm schenke ich mir für heute..... Am nächsten Morgen reizen mich das Superwetter und die Bahn vor meinem Hotel auf den Gotschnagrat. Ich lasse mich hochfahren und genieße die Aussicht. Wieder unten hole ich das Rad aus dem Hotel und gehe an die ersten paar wirklichen Höhenmeter der Tour: hinauf zum Tunneleingang. Der Vereinatunnel kostet, wenn man oben am Autoverlad löst, nur 10 Sfr, das Ticket von Klosters nach Susch mit Rad im normalen Zug hätte ein Vielfaches gekostet. Die Fahrt geht ruckzuck und unversehens steht man im Engadin. Wer fliegen kann, ist im Vorteil, es gibt hier aus dem kleinen Abteil für die Radler keine Rampe und geht 1,20 Meter tief auf die Gleise.... Ich fahre aufwärts nach Zernez und nehme den Ofenpaß in Angriff. Es ist schönes Sommerwetter und nach kurzer Zeit finde ich meinen Rhythmus. Der Verkehr ist gerade noch erträglich. Schon wissend, was mich erwartet, nehme ich die zwischenzeitliche Abfahrt und die Vernichtung kostbarer 200 HM gelassen hin. Landschaftlich finde ich den Paß, Nationalparkgegend hin oder her, langweilig. Inzwischen schon erschöpft, mache ich zuerst an einer Baustelle Rast und esse meine Verpflegung. Der AB erzählt mir vom Anruf einer länger nicht gesehenen lieben Person, was mich sehr freut und zur Weiterfahrt beflügelt. Am Gasthaus Il Fuorn mache ich wieder Pause. Zu meiner Überraschung hat es keine Zimmer frei, ich wäre sonst dort geblieben. Also geht es weiter hoch, eigentlich ist das sehr überschaubar, was noch kommt, aber es ist auch schon 17 Uhr. Die letzten paar km finde ich ätzend, da immer steiler und ich immer schlapper. Um viertel nach sechs habe ich es geschafft. Nach dem obligatorischen Um- bzw. Anziehen folgt eine wirklich rauschende Abfahrt auf hervorragender Straße. Die 70 km/h werden immer wieder deutlich überschritten, eine vorsichtige Autofahrerin rigoros überholt. Na die wird auch den Kopf schütteln. Aber die Freuden der Abfahrt sind das unverletzliche Recht des Reiseradlers, welches er sich mit der Auffahrt erworben hat. Allerdings wird es bald immer flacher und die letzten km bis Sta. Maria in Müstair müssen banal erkurbelt werden. Es folgt ein wunderschöner Morgen. Zuerst die Abfahrt ins Vinschgau und ab Schluderns ein stahlblauer Himmel und der schneeweiße Ortler, der die sattgrünen Wiesen und mein blau-rotes Fahrrad grüßt. Dann, den Radweg gefunden, eine nicht ganz so aufregende Fahrt unter dichten Bäumen, flach wie Holland. Nach einigen Fischteichen macht der ausgewiesene Radweg eine scharfe Rechtkurve in die völlig falsche Richtung und wird zudem Naturweg - und tschüß. Fahre auf der Straße weiter. Einige Zeit später probiere ich es wieder. Immer wieder gibt es Wald- und Schotterpassagen, immerhin geht es schön bergab. In Schlanders fahre ich ab und in den Ort. Hier wohnte und arbeitete mal mein Sohn für anderthalb Jahre, mich verbinden intensive und nicht nur angenehme Erinnerungen an diese Gegend. Weiter unten wird der Radweg zwangsbeduscht. Sie wässern hier ihre Wiesen und Bäume großflächig und teilweise bis in höchste Höhen der Berghänge hinauf. Ich packe die Kamera weg und rausche durch... Die Seilbahn von St. Martin hatte er sich damals bei unserem Besuch als Highlight für uns ausgedacht....es war ein sehr schöner Tag gewesen. Weiter. Bei Töll stürzt die Etsch plötzlich in ein Becken und ins Tal hinab. Die Straße rechts ist für Radler gesperrt und ich fahre links in sanften Kurven hinunter nach Meran. Hier und in vielen anderen Städten ist die Beschilderung der Via Claudia und dieselbe selbst eine Katastrophe bzw. nicht existent. Nach einigen Versuchen gebe ich es auf und nehme die Straße. Außerhalb der Stadt beginnt wieder der Radweg und führt schnurgerade am Fluß entlang, alles Interessante meidend. Heute schmerzt mich mein Hinterteil und mein Nacken. Ich fahre nach Bozen herein und übernachte dort. Abends sieht man in der tiefstehenden Sonne wunderschön die Sellagruppe im Hintergrund zum Greifen nah über den Dächern der Stadt. Der nächste Tag bleibt bedeckt. Der Weg aus Bozen ist prima beschildert. Im Industriegebiet südlich halte ich an und tausche die Vorbauten. Der Hauptlenker ist damit endlich höher, das Geweih leider tiefer, aber es ist ein Riesengewinn. In einer Landschaft mit begrenztem Sensationswert geht es flott und angenehm auf dem Etschdamm weiter nach Süden. Sie haben sich hier mit der Beschilderung richtig Mühe gegeben, ist interessant, welche geschichtlichen Bezüge sie herstellen. Vor Trento kommt erst eine riesige Brückenbaustelle. Bald danach muß man ein Flußbett umfahren, weswegen man ca 6 km Umweg zu machen hat bei Gegenwind und auf hochmiserablem Belag. Nervig. Ich lasse mich von meiner Trägheit überreden und bleibe in Trento für heute. Am nächsten Morgen fahre ich erst kurz durch die sehr schöne Innenstadt und dann zum Bahnhof. Dem Aufstieg ins Val Sugana haftet ein richtig schlechter Ruf an (wie schlecht, sollte ich auf dem Heimweg einige Wochen später erfahren) und ich fahre mit dem Nahverkehrszug nach Pergine. Wieder ist es bedeckt und kühl. Zuerst nehme ich die Straße talabwärts. Es ist wieder landschaftlich langweilig, vorsichtig ausgedrückt. Erst ab der Halbzeit, wenn das Tal enger wird, wird es auch schön. Die Felswände treten eng zusammen, die Sonne kommt zum Vorschein und ich versuche mich auf dem jetzt hervorragend aussehenden Radweg. Allerdings ist es Sonntag und wahre Horden von Ausflugsradlern verscheuchen mich bald wieder. Als ich nach einer ausgiebigen Mittagspause an einem Streckenrestaurant weiterfahre, wird die Straße vierspurig und ein angekündigter Stau vertreibt mich auf die rechtsparallele Nebenstrecke. So geht es weiter bis Bassano, welches mich mit seiner tollen Wasserfront und einer Luzernartigen Holzbrücke, die ich unvermittelt erblicke, überrascht. Fahre da einmal durch die Altstadt, es ist brechend voller Leute, ich nehme ein Zimmer außerhalb des Zentrums. Ziemlich erschöpft, bleibe ich lesend und tagebuchschreibend drin und gehe früh schlafen. Der nächste Tag bringt endlich sommerliche Wärme. Habe mir in Meran, mehr aus Angebotsgründen, denn aus Bedarf, eine Radhose gekauft. Bisher war ich überzeugter Verweigerer von sowas. Heute, in der Wärme stelle ich fest, daß ich darin zwar ziemlich schwitze, auch mehr, als in meiner kurzen Jeans, die ich sonst trage, aber dennoch sehr angenehm sitze, vor allem ab der ca. vierten Stunde, ganz im Gegensatz zu sonst. So wird mir das Teil zum geschätzten Ausrüstungsgegenstand. Ich folge der seit Bassano topfebenen SS 245 nach Mestre. In Castelfranco, dessen angeblich derart tolle Innenstadt jetzt so umwerfend auch nicht ist, mache ich Cappuccinopause. In Scorzé komme ich an einer riesigen Plakatwand vorbei mit einem uralten Foto eines Radfahrers - eine nette Gelegenheit für eine Selbstauslöseraufnahme. Kurz danach fährt eine Reiseradlerin vorbei, die Augen stier nach vorne. Noch zwei Fotos in Martellago unter dem hohen Kirchturm und ich finde mich bald im Umfeld von Mestre wieder. Diesmal zwischen Einkaufszentren der XXXL Größe etwas umher irrend, finde ich dann doch auf die Straße nach Venezia, wie immer eine Art Triumpheinreise. Ganz vorne, schon fast an der Brücke zur Piazzale Roma, steht zwischen Straßenleitplanke und Mauer eingeklemmt mit seinem Rad ein nicht allzuschlanker Kollege. Er hat gelbe Ortliebs, dazu einen gelben Packsack, einen fetten Rucksack und zusätzlich etwa zehn 1,5 Ltr. Wasserflaschen geladen. Er trägt einen Helm der ersten Generation, die Stoffhaube dazu hat sich schon lange verabschiedet, weiter unten knöchelhohe Wanderschuhe und Socken. Es hat 32°. Der Gepäckträger ist ein einfaches Alumodell und an der tragenden Strebe rechts deutlich verbogen und eingeknickt. Er ist Kanadier und freut sich mit mir riesig, einen Gesinnungsgenossen gefunden zu haben. Wir tauschen uns eine Weile aus, ehe er doch noch aus dem Engpaß findet und mir den Weg in die Stadt freimacht. ich nehme das Hotel Sta. Chiara, gleich vorne. Sie haben einen eigenen Autoparkplatz (!), wo ich auch bequem das Rad an einem Geländer anschließen kann. Nach einer Dusche mache ich mich auf den Weg in die Stadt und genieße den Abend.- Bilder zum Teil 1
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...in diesem Sinne. Andreas |
Geändert von iassu (19.09.08 19:42) |
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#468565 - 19.09.08 20:32
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Hi Andreas,
schöner Bericht - wird nur noch übertroffen von den Bildern! Ich freue mich schon auf Teil 2.
Wird es denn ein Rennsofa III geben?
Grüße Martin
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#468575 - 19.09.08 21:27
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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#468580 - 19.09.08 23:27
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: MartinSW]
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Hallo Martin, ja, wird es. Andreas
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...in diesem Sinne. Andreas | |
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#468619 - 20.09.08 11:41
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Hier kommt die Fortsetzung: Teil 2, Venezia - Pescara.In größer wieder hier. Bilder wieder unten. Heute ist mal wieder so ein Beispiel für die nachteiligen Folgen meines unbekümmerten Indentaghineinlebens. Die Fähre zum Lido geht erst um zehn vor elf. Hätte mich gerne mehr beeilt, wenn ich dadurch eine frühere erwischt hätte. Die Existenz von frei fahrenden Autos auf dem Lido finde ich immer wieder unwirklich. Die Straße führt unspektakulär nach Süden. Die möglichen Ausblicke sind durchaus nicht so enorm, wie der Blick auf die Landkarte vermuten lassen könnte. Ist eben alles flach. Mit kleinen Fähren werden die Inselteile verbunden. Auf Pellegrina ist alles deutlich weniger von Venedig beeinflußt, als weiter nördlich, man kommt in eine andere Welt. Außer dem Hauptort ist es aber kaum attraktiv. Nach wieder kurzer Fahrt bin ich in Chioggia. Schon auf dem Boot fällt mit eine Mutter mit ihrem auffallend solide gekleideten, etwa 12jährigen Jungen auf. Die Frage, ob ich jetzt am Nachmittag weiterfahren soll, oder nicht, wird mir dadurch beantwortet, daß es von hier ab nach Süden erstmal kaum noch Orte gibt, geschweige denn solche, die Unterkünfte versprechen. So bleibe ich im total überteuerten Hotel, immerhin sehr schön am Hafen gelegen. Die Stadt zeigt sich als wirklich enttäuschend, hätte hier mehr Interessantes erwartet. Immerhin drehen sie hier gerade einen Film - und der Junge vom Boot spielt die Hauptrolle. Immer wieder muß er von Bord gehen, bis es gefällt. Dann ist eine der Gassen am Kanal gesperrt, eine energische junge Politesse hält Wache. Laufe dann noch weiter und besuche mangels Attraktionen eben den großen Stadtfriedhof, interessiert, wie es hierzulande gehandhabt wird, die mächtigen Marmorwände mit den Urnennischen und die großen Familiengräber sind beeindruckend. Der Bahnhof strahlt eine wildwestmäßige Verlassenheit und Trostlosigkeit aus. Dem teilbewölkten Sonnenuntergang folgt ein strahlender und ganz stiller Sonnenaufgang, von leise flügelschlagenden Mövenschwärmen durchzogen: eine ganz besondere Stimmung. Es wird ein heißer Tag. Mein Kreislauf ist heute nicht besonders in Form, ich finde alles sehr anstrengend und bewege mich langsam und trinke viel. Die Straße führt schnurgeradeaus ohne wesentliche Ortschaften nach Süden weiter. Unterwegs mache ich einen kleinen Abstecher im Schatten eines in Reih und Glied angelegten Pappelwäldchens und genieße die Ruhe, die über dem mit ausgedehntem Bewässerungssystem versorgten landwirtschaftlichen Gebiet herrscht. Im den kleinen Kanälen herrscht das pralle Leben, sie sind blitzsauber, viele Vögel pflegen ihre Nachkommen. Ab dem Mittag kommt Gegenwind auf. Die häufigen LKWs sind eine hilfreiche Sache, denn sie erzeugen einen kräftigen Sog nach vorne, je länger das Fahrzeug, desto besser für mich. Im Laufe des Tages überquere ich drei große Flüsse: zuerst die Brenta, sie habe ich seit der Quelle verfolgt, dann die Adige, deutsch Etsch, auch an ihr bin ich lange gefahren und schließlich der Po, heuer mal wieder richtig viel Wasser führend und schön riesig breit. In Pomposa steht eine schöne alte Klosteranlage an der Straße. Die Kirche ziert ein prima erhaltener Freskenzyklus, etwas einfacher Stil. Eine Restauration davor gibt mir Gelegenheit, im Schatten zu sitzen und wieder viel zu trinken. Vorbeikommende italienische Rennradler stecken den Kopf unter den Brunnen. Steige mitten in Ravenna ab. Es waren heute 100 km, aber ich bin fertig, wie nach 150. Südlich von Ravenna , im Anschluß an die berühmte Kirche in Classe, existiert ein wenige km langer Schikaneabschnitt: die normale 2spurige Straße ist für Radler gesperrt. Das ist nicht etwa einheitlich so. In 2002 war sie gesperrt, in 2005 nicht, heuer wieder doch. Man wird immerhin jetzt auf einem staubigen Schotterweg 45° abzweigend daran vorbeigeführt, um nach 3 km wieder rechtwinklig darauf zuzufahren, ab dort ist es wieder erlaubt. Bin einmal rigoros trotzdem gefahren, um den im Hotel vergessenen Perso zu holen, das war vor sechs Jahren. Heute lasse ich mich gemütlich auf die Umleitung ein. Die sonst halb schirmchenwinkend sichtbaren, halb versteckten Damen vom horizontalen Gewerbe fehlen diesmal. Weiter geht es mit ausgeschaltetem Ästhetiksinn durch die ganze "Sündenmeile", die ganze Aneinanderreihung von Hotels, Stränden und Sommerfrischen bis Gabbice. Ein Ort geht nahtlos in den anderen über. Die Bezeichnungen sind schon mal sehr abwechslungsreich: Rivabella, Bellariva, Miramare, Marebello.... Es ist ein endloses Zickzack, mal am Ufer, mal weiter drin. Die Namen der Hotels sind immerhin jedesmal erheiternd. Über die Euganeischen Hügel ist es schön zu fahren und schließlich steige ich in Pesaro wieder ab. Heute war endlich mal nicht so feuchtes Waschküchenwetter, sondern trocken und heiß. Etwas ruhiger geht es weiter die Küste entlang. Die überquerten Flüsse haben alle erstaunlich viel Wasser und werden von scheuen Silberreihern bewohnt. Die sind unbesorgt, solange sich der Verkehr bewegt. Sobald ich anhalte, fliegen sie aber von dannen. In Falconara gibt es eine ambitionierten Fahrradladen. Sie haben sehr viel Specialized, mehr MTB als RR, was für Italien schon bemerkenswert scheint. Ich schaue immer gern ins Schaufenster. Ancona. Hier weiter zu fahren, ist schon ein komisches Gefühl. Bin so oft hier auf´s Schiff gegangen. Bleibe eine Nacht und mache gemütliche Spaziergänge. Das archäologische Museum hat nach langjähriger Renovierungspause wieder geöffnet, war da nie drin gewesen und schaue mir jetzt alles an. Mehr noch als die Exponate fasziniert mich allerdings der mit jedem weiteren Stockwerk zunehmend tollere Ausblick aus den geöffneten Fenstern. Eine frisch geputzte Art Quadriga auf dem Dach erstrahlt in leuchtendem Gold und lenkt die Blicke auf sich. Abends steige ich eilig nochmal auf den Kirchenhügel, erfreue mich am Sonnenuntergang und beobachte das Hafentreiben. Die Fähren aus dem Balkan sind rechte Seelenverkäufer und das Prozedere ist genau, wie vor Jahrzehnten bei den griechischen ein einziges Chaos. Mit dem Zug geht es am nächsten Morgen bis Civitanova. Es herrscht Marktstimmung, d.h., die ganze Innenstadt ist mit Ständen zugestellt. Eine Art Warenhaus verteilt auf unzählige Einzelverkäufer. Wer es eilig hat, sollte sowas weiträumig umfahren.... Es geht an der Küste weiter mit manchmal schöner Landschaft. Dörfer auf steilen Hügeln, drunter das Meer. Cupra Marittima hat einen schönen Ortskern und eine schöne Uferpromenade, ich mache ein Foto von einem gelben Oleander. Gegen Abend stirbt mein Tacho an Unterernährung. Es ist ein CM 8.3, das Flaggschiff mit digitaler Übertragung. Die Batterie hat jetzt genau zwei Wochen gehalten und das Teil verabschiedet sich einfach von jetzt auf gleich und nimmt alle Daten mit ins Nirwana. Schon das zweite neuere Modell der Firma, welches betriebsuntauglich ist. So ein Ärger. Ich lege eine neue Batterie ein. Welch ein Glück, daß ich abends immer alles aufschreibe. Aber die heutigen Daten sind futsch, die km werden geschätzt. Ich bin sauer. In Pescara mache ich wieder Station.- Bilder zu Teil 2
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...in diesem Sinne. Andreas | |
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#468690 - 20.09.08 20:20
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Über die Euganeischen Hügel ist es schön zu fahren und schließlich steige ich in Pesaro wieder ab. Das sind doch die Hügel südöstlich von Vicenza bzw. westlich von Padova bei Abano Therme - Hast du da was verwechselt? - Ansonsten schon mal Danke für den Bericht und die erwartet guten Bilder.
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Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings! Matthias Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen | |
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#468706 - 20.09.08 22:19
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: veloträumer]
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Hallo Matthias, du hast natürlich recht. Werde mal nachforschen, wie der richtige Name ist, die heißen nämlich auch Colli-irgendwas. Andreas
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...in diesem Sinne. Andreas | |
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#468712 - 20.09.08 23:06
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Und weiter mit Teil 3, Pescara - Kórinthos.Größer geschrieben hier, Bilder s. unten. Am Ruhetag kuriere ich den Sonnenbrand auf den Oberschenkeln aus. Trotz gewissenhaften Eincremens war er nicht vermeidbar gewesen. Es findet hier quasi unter meinem Hotelzimmer auf einem großen Platz ein nationales VW- bzw. Käfertreffen statt. Liebevoll und perfekt erhaltene und restaurierte Autos werden vorgeführt und machen über Mittag eine Sternfahrt irgendwo hin. Ich erkunde die Stadt. Die Straßen, die Plätze, die Gebäude - alles riesig. Platz haben sie hier offenbar genug. Es wirkt großzügig, hauptstadtmäßig, wichtig. Der Eindruck von Schönheit will sich aber nicht einstellen. Die Stadt ist wohl 1944 weitestgehend zerstört worden. In einem ganz kleinen Museum bestaune ich eine Bilderausstellung eines Malers aus der Region: Pasquale Gelommi, 1851 - 1928. Die Gemälde zeigen Szenen des Lebens der einfachen Menschen, Fischer, Landwirte, Städter. Es herrscht eine überwältigende Lebendigkeit und Frische. Der Stil ist Realismus, fast Naturalismus - beeindruckend. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, daß das Lächeln und die Gestik aller dargestellten Personen sich sehr ähnlich ausnimmt. Dennoch phantastisch. Das Wetter ist heiß und feucht. Später erfahre ich, daß es wieder so ein Tag mit fast 100% Luftfeuchtigkeit war - unangenehm. Die Wäsche auf dem Balkon trocknet trotz der Hitze nicht. Die weitere Küstenstrecke macht keinen sensationellen Eindruck, es ist zeitweise auch am Ufer hügelig. Abends lande ich in Termoli, der letzten Stadt bevor der Monte Gargano, der Stiefelsporn, beginnt. Der nächste Tag wird nicht mein Glückstag. Nach einer schlechten Nacht in einem neppverdächtigen Hotel und einem miesen Frühstück beschließe ich, ein Stück mit dem Zug weiter zu fahren. Am Bahnhof erfahre ich, daß erst um kurz vor zwei (!) eine passende Verbindung geht. Hätte ich am Vorabend geschaut, hätte ich um 8 fahren können, auf das blöde "Frühstück" hätte ich gerne verzichtet. Vertreibe mir also mit Stadtbummel, Café und Lesen die Zeit. Um viertel nach eins komme ich zum Bahnhof, man kann auch dort warten. Auf dem angezeigten Gleis steht ein Zug, fertig zum Einsteigen. Mein Zug beginnt hier, der letzte von diesem Gleis ist seit 20 Minuten weg, also, denke ich, kann ich auch rein. Kaum bin ich mit dem Rad drin, fährt der los - in die falsche Richtung! Der Zug zurück nach Ancona beginnt auch in Termoli und startet einfach ohne Not 20 Minuten zu spät! Am Zug, am Gleis - nirgends gab und gibt es Hinweise, welcher Zug wohin fährt. Das ist vielleicht ein bescheuertes Gefühl, die Strecke des Vortags unfreiwillig mit dem Zug zurückzufahren! Am nächsten Bahnhof in Vasto nach 25 km steige ich aus. Den Gegenzug, mit dessen Hilfe ich Termoli wieder rechtzeitig erreicht hätte, haben wir vor 3 Minuten passiert. Mit weiteren anderthalb Stunden Wartens erreiche ich schließlich Foggia um fünf am Nachmittag. Und alles, weil ich so träge bin. Durch die topfebene Gegend hätte ich Foggia auch selber locker erreicht. So etwas passiert mir nicht wieder, das beschließe ich. Es folgt die Strecke wieder an der Küste entlang über Barletta, Trani, Molfettta nach Bari. Meine Kamera hat keine eigene Sensorreinigung und nach sovielen Bildern inzwischen hätte ich gerne mal mit Druckluft etwaigen Staub ausgeblasen. So bin ich erfreut, als ich in Barletta an einem professionell aussehenden Fotoladen vorbeikomme. Ja, sie haben sogar Druckluft, aber nicht den passenden Düsenaufsatz. Besser als nichts, denke ich, den Aufsatz kann ich von jeder Haarspraydose verwenden, wenn auch ohne Zielschläuchlein. Wieder draußen am Rad: der Helm ist weg. Will wieder in den Laden, sie schließen gerade und außerdem habe ich den Helm nicht mit hineingenommen. Sie haben draußen Überwachungskameras, aber jetzt wollen sie zum Essen und außerdem, was sieht man schon da drauf. Verstört und frustriert fahre ich weiter. Hatte den Helm an den Lenker gehängt, nicht mit angeschlossen. So sieht sie also aus, die Kleinkriminalität hier im Süden. Die berühmte Hafenkirche in Trani kann ich kaum genießen. Ein Parkwächter schmeißt mich aus dem schönen Stadtpark, er wird über Mittag geschlossen. Am Hafen finde ich ein Café und setze mich und esse Macedonia - Obstsalat. Ein Ort weiter, in Molfetta, kaufe ich mir für 5 € einen billigen Hut, sehe damit absolut witzfigurmäßig aus. Aber auf einen Sonnenstich habe ich keine Lust. In Bari bin ich dann ziemlich erledigt. Das erste bessere Hotel, das Palace, will 220 € für ein Doppel zur Alleinbenutzung, das Rad weigern sie sich, ins Haus zu nehmen und verweisen mich auf eine nahegelege Tiefgarage, wo sie nur 10 € die Nacht für ein Fahrrad wollen. Götz von Berlichingen ist mein Freund und ich komme auch anderswo unter.... In einem kleinen Lädchen, welches ich noch aufsuche, werde ich liebevoll bedient: ich wollte eigentlich nur etwas zu trinken mit auf´s Zimmer nehmen, aber sie überreden mich und schmieren mir zwei leckere dicke Brötchen, eins mit Käse, eins mit Salami. Dazu ein Tütchen voller Schokoplätzchen als Geschenk des Hauses. Wasser und Orangensaft und ein Eis vervollständigen das Abendessen. Der nächste Morgen führt mich mit Hilfe eines Taxifahrers zu einem Fahrradladen und ich erwerbe den einzigen mir passenden Helm - casco auf italienisch. Allerdings bin ich von Bell eine andere Form gewöhnt, dieser hier sitzt mir auf dem Haupt wie eine Krone in hellgrün (ja, ein Bianchi). Die Witzfiguroptik bleibt mir also erhalten. Unter einem Baum auf dem Bahnhofsplatz setze ich mich auf eine Bank und creme mich ein. Erst als ich alle meine Sachen in Körpernähe gebracht habe, werde ich für einige umstehende Gestalten uninteressant. Es folgt eine kurze Tour auf dem Rad durch die berühmt-berüchtigte Altstadt. An der Kathedrale verspricht mir ein Polizist, ein Auge auf mein dort angeschlossenes Rad zu werfen, während ich einen Blick ins Innere tue. Die Ausfahrt aus der Stadt ist dann wieder sehr nett, ein Radler sieht meine leere Wasserflasche und fährt vor mir her zu einem Brunnen, wo es leckeres Trinkwasser gibt. In Torre am Strand erwerbe ich Getränke und von einem Bauern am Straßenrand zwei Kilo Trauben für einen Euro und kann so meinen Unterzucker und Durst ausgleichen. Mola di Bari kommt mir dann gelegen zum erneuten Umstieg in den Zug. Die Landschaft ist langweilig und nach weitern 20 km beginnt laut Karte unwegsame Küstengegend, die weiträumig umfahren wird, die vierspurige Straße für Radler wahrscheinlich gesperrt. Brindisi: das Ziel meiner Italienetappe. Von möglichen 1600 km bin ich 1000 selber gefahren - nicht eben eine berühmte Ausbeute. Nächstes Jahr wird wie immer alles besser werden mit mir und meiner Moral, meinem Gewicht und hoffentlich auch mit meinem Fahrrad! Ich besorge mir gleich das Ticket für die Fähre morgen, dusche und mache einen Stadtbummel. In einem 1-Euro-Laden untersuche ich die Spraydosen. Im Hotel stelle ich fest, daß da nichts passen wird, die Druckluftdose hat eine Schraubanschluß, Pech. Und dafür der geklaute Helm! Wie Mestre, Chioggia, Foggia ist auch Brindisi für sich keinerlei Reise wert. Das einzig Attraktive neben dem Hafen ist der Platz und die Säule, die das Ende der Via Appia aus Rom markieren. Wenn die nicht so bruchstückhaft und in schlechtem Zustand wäre, wäre das mal eine interessante Strecke. Am nächsten Morgen fahre ich gemütlich zum weit außerhalb gelegenen Anlegeplatz für meine Fähre. Agoudimos Lines gelten nicht unbedingt als das Aushängeschild für eine moderne Flotte....., aber sie fahren als einzige über Tag. Laut Plan braucht das Schiff 9 Stunden; an Deck heißt es, vom Zeitpunkt der Abfahrt an (welch vielsagende Ausdrucksweise) 10 Stunden bis Igoumenitsa. Es sollte anders kommen. Das Schiff ist in einem zufriedenstellenden Zustand. Auf anderen, vergleichbaren Alters zieht schon mal die Klimaanlage permanent Abgas in die Kabinen und überall hin. Sauber ist es auch, nur - es ist wirklich ganz ganz ganz langsam. Aber gut, das geht rum. So etwa planmäßig legen wir vor Korfu an. Es ist Abend geworden. Nach der Abfahrt stelle ich fest, daß die Richtung nach Igoumenitsa nicht stimmt. Auf meine Frage an der Rezeption teilt man mir mit, daß man für Igoumenitsa keine Landeerlaubnis bekommen habe, bei den großen Gesellschaften Minoan und Superfast herrsche Chaos und die spielten nun mal die erste Geige. So fahren wir zuerst nach Paxos, einem Eiland südlich Korfu und werden etwa um Mitternacht in Igoumenitsa sein, klasse, wenn man kein Quartier gebucht hat. In Paxos dann das zu erwartende Megachaos, denn die Autos nach Paxos stehen im Schiff ganz hinten.... Wir schaffen es dann aber tatsächlich um Schlag 24:00 und ich finde auch noch ein Bett. Es sind schlußendlich 13 Stunden geworden. Wenn man bedenkt, daß Superfast es von Ancona nach Patras in 19 Stunden schafft.... Der genaue Blick auf die Karte zeigt mir, daß die Strecke nach Süden alles andere als eben verlaufen wird. Kreislauf und Bequemlichkeit überreden meine guten Vorsätze erfolgreich, das Schiff zu nehmen. Nach gutem Frühstück fahre ich zum Hafengebäude. Es kommt nur eine Fähre in Frage. Diese soll planmäßig um 11:30 kommen, hat aber ein Problem gehabt in Venedig und wird erst am Abend erwartet. Ich verbringe den Tag mit einer Spazierfahrt rund um die Stadt. Zuerst fahre ich raus in die Flachwassergebiete und bade. Es gibt Süßwasserduschen am Strand und es herrscht eine friedliche Athmosphäre, keinerlei Gefahr für meine Sachen. Dennoch bleibe ich nicht endlos im Wasser. Ein Grieche spricht mich an, er hat lange in D gearbeitet, ist jetzt 70, hat einen Megabauch, fährt gleich in die Stadt, ein oder zwei Bier trinken und freut sich auf das baldige Eintreffen seiner Kinder aus D. Wir plaudern über die alten Zeiten, über die erste moderne Fähre, die "El Greco", die in den 80ern neue Standards setzte, über Inflation und Preissteigerung und alles Sonstige auch. Schließlich setzt er sich in seinen alten Mercedes und brummt davon. Ich fahre die Lagunenstraße weiter, beobachte Reiher und Enten in den Wasserarealen und fahre gemütlich auf menschenleeren Sträßchen durch die Gegend. Eine Wiese mit Feuchtstellen (muß wohl heftig geregnet haben kürzlich) ist bevölkert mit Vögeln aller Art, Silberreiher, Kormorane, Krähen, Möven, kleineren Pipern und unbekannten Exemplaren - und zwei Störchen. Schade, daß ich kein richtiges Tele dabei habe. Schmetterlinge gibt es und viel blühende Oleander und Bougainvillea, mehr als sonst um diese Zeit. Die Hügelkette direkt vor mir dürfte schon Albanien sein, ich schließe den Kreis und kehre nach Igoumenitsa zurück. Der Ort hat sich schon gemausert vom einfachen Dorf mit Schmuddelcharakter zur Vorzeigestadt, wenigstens an manchen Stellen. Der Hafenbereich ist riesig, denke 12 - 15 Fußballfelder passen da drauf. Ein großer orangener Muldenlader wartet auf Weitertransport und bietet mir ein prima Motiv für Fotos mit dem Rad. Um sieben kommt dann tatsächlich die Fähre. Hier steigt prinzipiell kaum jemand zu und flugs sind wir wieder auf See. Planmäßig fährt das Schiff zuerst Igoumenitsa an und dann Korfu - komme dort also schon wieder vorbei. Die Krönung kommt aber noch. Eine gute halbe Stunde nach dem Ablegen sehe ich, daß direkt am Schiff Lichter vorbeigleiten, das kann nicht sein. Wieder zur Rezeption und die Auskunft: alle Passagiere an Deck und zwar bitte plötzlich. Oha. Auf meine Frage, ob man auch in die Kabine darf, heißt es: ja. Unten treffe ich einen Angestellten und er klärt mich auf: es ist eine schwer herzkranke Frau an Bord und wir müssen sie in Igoumenitsa an Land bringen. Und sie wollen nicht, daß sie dabei von allen Passagieren begafft wird. Alles klar? So hat das Schiff jetzt 9 Stunden Verspätung. Achja: auf Deck während des Korfustops unterhalte ich mich mit drei unterschiedlichen Gestalten. Ein LKW Fahrer aus Dresden, ein Student aus Mexico und seine Freundin aus Uruguay. Das Schiff wurde in Venedig Minuten vor dem Ablegen von einer dortigen Lidofähre am hellichten Tag gerammt. Es entstand ein 1 qm großes Loch, welches zuerst begutachtet und dann durch Aufschweißen einer Stahlplatte repariert werden mußte. Das war das "Problem" in Venedig gewesen. Wenn man eine Reise tut, so kann man was erleben.... Was folgt, ist der mich am meisten befriedigende Tag. Um halb sechs kommen wir in Patras an. Es ist schlicht nachtdunkel. Als ich um kurz nach sechs aus dem Schiffsbauch rolle, ist im Osten eine leichte Erhellung zu erahnen. Es ist Sonntag und menschenleer. Ich habe mich genug vepflegt um sofort losfahren zu können. Die Straßen sind wie ausgestorben. Es wird langsam heller, ich fahre dem Sonnenaufgang entgegen. Spürbarer Rückenwind schiebt mich die Hügel hinauf. Ich fahre begeistert und ohne anzuhalten einfach immer weiter. Der Morgen erwärmt alles und nach 40 km in Ägio werde ich Kunde einer Bäckerei (Joghurt, Honig, frisches Brot, Tirópitta: Blätterteig mit Schafskäsefüllung) und ziehe bald darauf meine kurze Radlerhose an. Wie im Flug schwebe ich die bekannte und schöne Strecke dahin. Die Waldbrandschäden vom letzten Jahr sind natürlich deutlich, aber auch nicht so extrem, wie befürchtet. Da sieht man mal wieder, wie selektiv die Medienberichterstattung ist. Mittags um 12 habe ich 90 km, ein für mich hervorragender Wert. Der Rückenwind hat nachgelassen. Irgendwann über Tag, das ist hier die Regel, dreht er und nachmittags kommt er aus Osten, das kann man immer wieder feststellen. Bei km 120 muß ich eine richtige Pause machen, habe ein Kreislauftief und bin erschöpft. Nach Korinth fahre ich gegen den Sturm. Als ich mich bei der Überquerung des Kanals umdrehe, sehe ich hinter mir eine gewaltige Gewitterfront. In Loutráki steige ich im ersten Hotel ab, es heißt nach seiner Besitzerin Barbara. Sie ist deutsch, beglückwünscht mich zu meinem Timing, denn es fängt an zu regnen und ist sehr kooperativ. Das Rad soll ich doch dorthin stellen, wo ich das beste Gefühl damit habe. Es landet folgerichtig in meinem Zimmer bzw. auf dem Balkon. Falle frierend und müde ins Bett, später trinke ich noch meine anderthalb Liter Saftschorle, wie jeden Abend. Bilder Teil 3
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#468819 - 21.09.08 16:37
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Es geht weiter: Teil 4, AthenDie großen Buchstaben hier, die Bilder unten. Der gestrige Tag, so toll ich ihn fand, hinterläßt seine Spuren. Ich fahre nicht lustlos aber kraftlos über den Isthmós, den Hügel zwischen den zwei Meeren, vorbei an den archäologischen Perlen der Petrochemie und in Ágii Theódori zum neuen Bahnhof. Die neue Bahnlinie liegt, wie fast immer, ganz außerhalb des Ortes, ob das eine sehr "grüne" Entscheidung ist, wage ich zu bezweifeln. Immerhin nehmen sie hier ohne Probleme Fahrräder mit, kostenlos. Die Linie verbindet den bisher westlichsten Ort Kiáto mit Pireás. Von Kiáto bis Pátra sind sie schwer am Bauen und haben leider auch viel schönen Wald gerodet. Der moderne Triebwagen hält an 16 Stationen und spuckt mich in Piräus direkt neben dem anderen Bahnhof aus. In der Metro sind Fahrräder nicht erwünscht. Als erstes besorge ich mir ein Fährenticket nach Heraklion für drei Tage später. Dann fahre ich auf der Südseite des Hafens soweit raus, wie es geht und nehme an einem erhöht gelegenen Café einen Aussichtsplatz ein und betrinke mich mit frischem Orangensaft. Zurück zum Bahnhof und für 95 Cent wieder zurück nach Athen. Eine kurze Fahrt durch die Stadt bringt mich zum Hotel Elektra. Dort war ich schon mehrfach, das Rad verschwindet im Gepäckraum und ich unter der Dusche. Während der folgenden Tage werde ich zu Fuß unterwegs sein. Bilder Teil 4
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#468879 - 21.09.08 19:59
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Und: Teil 5, Kreta 1in groß Das erste mal fahre ich über Tag nach Kreta. In der Hochsaison fahren die Linienfähren die Strecke zweimal: tagsüber in sechs, nachts in neun Stunden. Es ist eine ereignislose Fahrt und pünktlichst legt das Riesenschiff im Hafen von Iráklio an. Die Stadt ist prinzipiell kaum mit Attraktionen ausgestattet. Bis vor wenigen Jahren war sie auch in einem eher erbärmlichen Zustand. Zur Olympiade 2004 scheint aber ein Umdenken stattgefunden zu haben. Es wurde eine große Fußgängerzone eingerichtet, schon mal etwas. Auch wenn sie im unteren Bereich ausschließlich von Bankengebäuden flankiert scheint. Der ganze Uferbereich westlich vom alten Hafen wird neu gestaltet, neue Einkaufs- bzw. Restaurationszentren werden eröffnet. Richtig chic dann mal hier. Mache eine ausgedehnte Rundfahrt. Zuerst besuche ich eine befreundete Ladenbesitzerin in der Nähe des Museums und bringe ihr ein Foto, das ich letztes Jahr von ihr gemacht habe. Dann lasse ich mir das Rückfahrtticket ausstellen, das ich schon reserviert hatte. Nächster Punkt: der Mietwagen. Bei einem locker und angenehm geführten Autoclub direkt am Hafen werde ich fündig. Anschließend nehme ich am Stammcafé Platz. Davor steht, etwa 15 Stunden jeden Tag, ein Eintreiber, der alle anspricht, die vorbei laufen. Er erkennt mich nicht wieder, ist sich aber unsicher. Später fahre ich die Hafenmole raus, sie ist drei km lang! So richtig Tourencharakter hat das heute nicht, dafür Urlaubscharakter.... Am nächsten Morgen habe ich viel Zeit um spät zu frühstücken und fahre dann zum nahe gelegenen Flughafen, wo, anderthalb Stunden verspätet, meine Freundin eintrifft. Die kommende Woche werden wir von Ághios Nikólaos und von Iráklio aus die Insel erkunden. Bilder gibt es dazu genügend, Text weniger, es handelt sich nicht um Fahrradferien. Kreta 1 beinhaltet Bilder aus Iráklio sowie Ausflüge rund um Ághios Nikólaos, nach Sitía und Ierápetra. Bilder Teil 5
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#468883 - 21.09.08 20:08
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Sowie gleich hinterher: Teil 6, Kreta 2Großschrift Kreta 2 beinhaltet einen Ausflug zur bzw. über die Schlucht Cha ins Bergland, nach Réthymno sowie ins Hinterland von Iráklio. Die Schlucht Cha ist selbst für Kreta, das Land der Schluchten, bemerkenswert. Zum einen, weil sie von weither als tiefer Spalt im Berg sichtbar ist. Zum Zweiten, weil sie extrem ist: kurz uns steil. Aufsteigen ist nur mit Bergsteigerausrüstung möglich. Dieser erste Teil ist dann auch nur wenige 100 m lang, darüber ist das Tal Teil des europäischen Fernwanderwegs 4 und nach max 2 km Weg oben auf dem Bergrücken angekommen. Der Weiler dort besteht aus nur einzelnen verstreuten Häusern, einer Kirche und einem hoffnungsfroh geöffneten Café, dessen Besucherzahl ganzjährig sehr sehr überschaubar bleiben dürfte. Die Auffahrt dorthin, am steilen Berg entlang, beginnt viele km weiter südlich und ist einfach spektakulär, was Aussicht, Lage des Weges und, weiter oben, die Natur angeht. Auch jetzt im Hochsommer sind die Kiefernwälder satt grün, es duftet blühender Thymian, es herrscht umfassende Ruhe. Wir beobachten Ziegen, die im steilen Felshang umher klettern, Schmetterlinge, ein Wiedehopf hüpft vor uns her, Bergdohlen und Geier kreisen. Es wird nicht mehr so spät dunkel, wie im Juni in Mitteleuropa und diese Straße wollen wir nicht bei Dunkelheit zurückfahren, daher heißt es, rechtzeitig zurückzukehren. Schade. Wäre dort gern noch länger geblieben. In Iráklio ist Parken grundsätzlich nirgends erlaubt. Dennoch steht natürlich alles voller Autos. Das ist die Geschäftsgrundlage der Knöllchenschreiber (hier verschiedene Sorten von Polizei). Für eine Nacht an der Straße inmitten ungezählter Gleichtäter werden uns 80 € berechnet und zur Sicherheit die Nummernschilder einbehalten. Letzteres merke ich allerdings erst nach einem langen Ausflugstag in Réthymno.... Der Autovermieter ist richtig nett. Obwohl, wie er aus dem umfangreichen Strafzettel entnimmt, das Auto 20 Tage (!) blockiert ist, gibt er uns für den letzten Tag noch ein anderes. Denke, mit einem kleinen Bakschisch wird er sich die Mühle schon wieder geholt haben.... Beim kleinen Ausflug an unserem Abreisetag lernen wir in zwei sehr schönen Begegnungen Einheimische kennen. Zuerst ein älteres Paar, welches ein Restaurant betreibt, einsam an der Bergstraße über der Stadt, rührend, wie der Opa sein Enkelkind betreut; und später eine alte Griechin, die einen Parkplatz bei Týlissi betreut, den seltenen Kunden der benachbarten Ausgrabungen eigene Bio-Weintrauben anbietet und versucht, die Produkte aus ihrer Häkelproduktion zu verkaufen. Sie hat sich dermaßen gefreut, eine ihrer letzten Decken an uns verkauft zu haben! Am Abend hole ich das Fahrrad aus dem Hoteldepot und gemeinsam besteigen wir dir Nachtfähre zurück nach Pireás. Bilder Teil 6
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#468889 - 21.09.08 20:26
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Über die Euganeischen Hügel ist es schön zu fahren und schließlich steige ich in Pesaro wieder ab. Das sind doch die Hügel südöstlich von Vicenza bzw. westlich von Padova bei Abano Therme - Hast du da was verwechselt? - Ansonsten schon mal Danke für den Bericht und die erwartet guten Bilder. Hallo Matthias, du hast natürlich recht. Werde mal nachforschen, wie der richtige Name ist, die heißen nämlich auch Colli-irgendwas. Andreas Es heißt wohl Monte San Bartolo. Andreas
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#469094 - 22.09.08 19:02
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Weiter mit Teil 7, Pireás - Veneziaaugenfreundlich, Bilder unten verlinkt. Wenn man früh um halb sechs irgendwo mit dem Schiff landet, weiß man es zu schätzen, daß dieses, obwohl möglich, nicht schneller gefahren ist..... In Pireás haben wir es nicht weit diesmal. Man kann dort auch lange unterwegs sein, das Köfferchen hinter sich her ziehend. Sie haben dort gebrauchte Flughafenbusse rumstehen, die könnten sich bald nützlich machen. Ich dränge trotzdem und setze meine Freundin gerade noch rechtzeitig in einen wartenden Zug. Wir wollen uns heute abend in Loutráki treffen. Wieder zurück am Hafen packe ich meinen neuen Tacho aus. Das tolle Cyclomaster-Teil hatte ich demontiert, nachdem es auch mit weiteren neuen Batterien schamlos Raubbau getrieben hattte. Kaum will ich anfangen zu montieren, kommt mein Boot. Die Verbindung Pireás - Salamína mit den kleinen Booten ist genial. Sie erspart einem gräßliche km durch die Stadt und deren Vorstadt bis zur Autofähre und man kann in Ruhe zurückschauend die Überfahrt genießen und den riesigen Frachthafen und die Docks bestaunen, ebenso die auf See wartenden Schiffe und die Schiffsleichen, diesmal eine kieloben treibend. In meinem Fall ist es auch ein Abschiednehmen, denn spätestens jetzt beginnt die Rückreise. Immerhin wieder mit passendem Helm, den mir meine Freundin mitgebracht hat. Die Insel ist schnell überquert, es herrscht totale Nachsaison, tote Hose. Ein Hund rennt mir kläffend hinterher. Wenn mich das nicht immer so bis ins Tiefste erschreckte! Ich halte sofort an und er zieht Leine. Die Strecke an der Küste ist schön, aber mir geht es heute kreislaufmäßig nicht so toll und alles ist zäh. Der neue Tacho ist ein Wunderwerk der Technik: er hat 5 Funktionen und kann davon genau eine gleichzeitig anzeigen und kostete 18 € bei einem netten Radhändler in Iráklio. Aber besser als nichts. Am nächsten Tag steht das letzte mal Baden an. Das Meer ist spiegelglatt, wie Öl. Das Wetter ist sonnig, aber nicht mehr heiß, dafür diesig und gewittrig, auch wenn nichts runterkommt. Am Nachmittag fahre ich wieder los Richtung Pátra, ich habe in Xylókastro eine Zwischenübernachtung eingeplant, die 150 km an einem Tag wären mir zuviel. Dieselbe Strecke wie bei der Hinfahrt beschert mir zuerst leichten Gegen-, dann sich steigernden Rückenwind - sag ich´s doch. Es ist irgendwie spürbar frühherbstlich. Nicht über 30°, alles anders als vor Wochen, kann es nicht in Worten ausdrücken. Vorbeifahrend fällt mir auf, wie unterschiedlich sie die Vorbereitungen für die neue Bahntrasse ausführen, als z.B. für die schon lange bestehende Schnellstraßentrasse. Die Stützmauern sind z.B. gerade statt zum Berg geneigt, dünner und wirken irgendwie hemdsärmelig hingeklotzt. Tunnel bauen die Griechen einfach ungern, ganz im Gegensatz zu den Italienern. Die untertunneln ja auch nur wenige Meter hohe Kuppen, während hier nur Berge unterfahren werden, die direkt ins Wasser reichen. Ebenso auffällig die Brandschäden. Zwar wie gesagt nicht so allumfassend, aber lokal schon heftig. Da muß der Asphalt gebrannt haben. Nichts für Reiseradler.... Ich rolle windgeschoben nach Pátras rein, stelle die Ortliebs in ein Schließfach und habe genug Zeit zum Erholen mit Zeitung und Orangensaft und Eis. Gerade als ich meine Freundin vom Zug abholen will, treffe ich am Bahnhof einen Polen. Er ist als Kollege von weitem leicht erkennbar. Er erzählt, daß sein Zweimonatsprojekt Nordkapp - Südkap (Südspitze Pelopónnisos) in vier Tagen zu Ende geht und er am 1.9. wieder zuhause zum Arbeiten sein muß. Er scheint in dieser Zeit tatsächlich soweit gefahren zu sein, ob ohne jegliche Zugeinlage etc, weiß ich nicht. Sein Gepäckanhänger zeugt mittels Aufkleber von allen möglichen Ländern. Die Hitze hier mache ihn fertig meint er (mir wird es bald zu frisch....). Er habe von 115 kg auf 78 kg abgenommen in dieser Zeit. Jetzt nimmt er für die letzte Etappe den Zug, morgen will er die (heftige!) Etappe von Kalamáta die ganze Máni hinunter bis zum Kap Ténaro machen. Dann kommt schon der Zug und er verlädt zusammen mit den Bahnlern seinen Anhänger und sein Rad, ein leichtes Rad mit Rennlenker, Federgabel und sehr sehr dünnen Reifchen. War eine sehr herzliche Begegnung - genau 5 Minuten lang. Am Hafen treffe ich später noch zwei Radler aus Slowenien, sie waren in der ganzen westlichen Türkei unterwegs gewesen. So viele Reiseradler wie dieses Jahr habe ich noch nie getroffen. Im Schiff stehen schließlich 5 Räder - kleine Sensation. Wir gehen auf der Dachterrasse eines Hafenhotels essen, beobachten den Sonnenuntergang und sind um 10 im Schiff, das pünktlich um Mitternacht ablegt und nach 32 Stunden bedächtig in den Kanal von Venedig einbiegt. Bilder Teil 7
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Geändert von iassu (22.09.08 19:08) |
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#469374 - 23.09.08 21:26
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Und zum Schluß: Teil 8, Mestre - Landquartin groß, Bilder unten. Meine Freundin entschwindet mittags zum Flughafen und ich bummle noch einmal durch die Stadt und schaue mir die Leute an. Es ist immer spannend zu sehen, welche Gestalten sich dort wie aufhalten. Für mich schon lange viel interessanter, als die Stadt selber, ein bloßes begehbares Open-air-Museum. Am nächsten Morgen geht es wieder los. Mit Polizeihilfe finde ich in Mestre die richtige Straße nach Westen. Das ist wegen der Bahn- und Autobahntrasse garnicht so einfach, völlig fehlende Beschilderung gibt dem einen sportlichen Touch. Es ist eine unspektakuläre Rückreise auf demselben Weg wie vor 5 Wochen, große Lust zum Verweilen und Trödeln habe ich nicht mehr. In Castelfranco wird stilvoll geheiratet. Bassano erweist sich auch in der Oberstadt als schön und der Zug bringt mich bis Levico Terme. Die Abfahrt nach Trento will ich selber machen. Levico selber ist eine nette Kurfrische, dann geht es wieder am See vorbei. Eigentlich wollte ich seitlich abbiegen und den Weg von Caldonazzo über Vigolo nehmen. Daß dazwischen eine Paßhöhe zu überwinden ist, geht aus der Karte kaum hervor, hätte ich mir aber denken können. Auf die 500 HM habe ich jetzt definitiv keine Lust und fahre also wieder über Pergine, bewußt, daß da vorne ein Problem auf mich wartet. Es geht schon abwärts, da erscheint das erstemal die Radlersperrung, immerhin führt ein Weg rechts ab. Vor mir fahren zwei Rennradler, die sich offenbar auskennen. Leider verliere ich sie bald aus den Augen. Als die Straße wieder Anstalten macht, die Bergwelt zu erkunden, fahre ich kurzentschlossen auf die Hauptstraße zurück. Gleich beginnt dort der Tunnel. Es geht munter und sehr flott bergab, 1800 m sind ganz schön lang. Der Verkehr eigentlich erträglich, im Tunnel ist es aber höllisch laut, so, als ob die rushhour schlechthin hinter mir tobt. Es gibt keinen Seitenstreifen. Die Situation ist schon ziemlich heikel, immerhin hupt keiner. Die erste Ausfahrt ist die beste und auf normaler Straße geht es vollends runter in die Stadt. Also bergauf ist das echt ein Himmelfahrtskomando in diesem Tunnel, die Sperrung besteht zu Recht. Von der weiteren Strecke über Meran und das Vinschgau bis Mals gibt es nichts zu berichten. Dort schlägt das Wetter um und auf den Bergspitzen gibt es Neuschnee. Es regnet nachts ordentlich - ein merkwürdiger Zustand für mich nach so langer Zeit. Früh hat es nur 12 Grad und ich mache mich auf zum Reschenpaß. Der Radweg entpuppt sich als so viel angenehmer, als die Hauptstraße, daß ich nicht widerstehen kann. Er verläuft westlich im Grünen und ist wunderschön. Dort will ich unbedingt auch mal abwärts fahren. Bis zum See oben ist es leichtes Spiel, immer wieder mache ich Fotopausen. Die Natur fasziniert mich und die Sonne scheint auch wieder. Der Graunsche Kirchturm steht in spiegelglattem Wasser. Es geht durch´s Dreiländereck. In Nauders ist aber Schluß mit lustig. Es zieht ein schwarzes Unwetter das Inntal abwärts. Das kurze Stück aufwärts in Richtung Martina gerät zum Widerstand gegen den Weltuntergang, listig von mir gewonnen: Regensachen an und schlußendlich kaum befeuchtet dem abziehenden Wetter hinterher gelächelt. Die rauschende Abfahrt nach Martina ist nett und das Engadin hat mich wieder. Einsam ist es, kaum ein Auto unterwegs. Ich kurble hoch bis Scuol und übernachte das letzte mal auswärts. Wieder ist die Nacht verregnet, früh hängen die Wolken zwischen den Häusern, aber es hellt sich auch wieder auf. Die Strecke bis zum Tunneleingang ist sehr schön. Die rote Bahn foppt mich mindestens dreimal: immer wenn ich das Warten an einer besonders fotogenen Stelle aufgegeben habe, fährt sie unschuldig vorbei. Besonders fieser Trick: es kommen immer zwei Züge im Dreiminutenabstand hintereinander! Werde mich ein anderes mal dort auf die Lauer legen. Bin am Vereinatunnel zusammen mit einer Handvoll PKWs der einzige Passagier und nach den obligatorischen 17 Minuten wieder diesseits der Alpen. Zwischen Küblis und Saas gibt es das, wovon ich immer geträumt habe: eine lange, lange, lange Abfahrt ohne Kurven. Und ohne Verkehr. Ich bin gut unten angekommen....nichts für Ängstliche. Und garnichts, wie auch schon bei der Ofenpaßabfahrt, für mein Rennsofa im bisherigen Zustand. Jetzt, da ich das schreibe, deutet sich ein Happy End damit an. Der Rest der Tour besteht aus dem schönen Radweg bis Landquart, wobei die letzten km nach der Felsen-Engstelle bis zum Bahnhof eine glatte Belags-Unverschämtheit darstellen. Das sollten sie besser als MTB Teststrecke ausweisen. In Landquart wird mal wieder der Zug mein Freund, es sind heute genau 6 Wochen und was genug ist, ist genug. Um 22:00 bin ich im eigenen Zimmer. Es waren 1800 km, es hätten 3200 sein können, wenn ich nie Zug gefahren wäre. Einerseits finde ich das schade, andererseits war es eine wunderschöne Reise, ohne Panne und Unfälle und ich blicke dankbar und erfüllt darauf zurück.- Bilder Teil 8
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#469381 - 23.09.08 22:08
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Hallo! Du scheinst gerne zu Fotografieren - schöne fotos! Gebe uns Auskunft über Dein Equipment. Zumeindest welche Objektive...
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#469383 - 23.09.08 23:08
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: envuldio]
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Hallo _______?
Dein Profil strotzt ja noch nicht gerade mit Inhalt, wäre nett, du ließest uns etwas teilhaben.
Meine Kamera war: Canon EOS 5D, Objektiv: zuerst EF 28-135 IS ab Athen EF 70-300 IS
Andreas
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#469700 - 25.09.08 08:44
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: iassu]
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Ab Höhe Liechtenstein wechsle ich das erstemal die Seite. Bisher bin ich immer westseitig gefahren. Als dann die Steilküste kommt, fahre ich mutig weiter. Jetzt bis zur letzten Brücke zurück: nein danke. Immerhin hatte ich von drüben öfter Badende gesehen, also irgendwo muß es dort einen Weg geben. Am letzten Parkplatz vor dem Wald steht ein alter Campingbus und ein junges Paar aus Bern meint, sie hätten keine Ahnung, ob es dort weitergeht. Auf einem Trampelpfad bergab führt der Weg, nur noch schiebend zu bewältigen. Dort ist eine schöne Stelle zum Baden und Spielen. Weiter geht garnichts, die Felsen anscheinend direkt ins Wasser. Mist. ich klettere ohne Rad durchs Unterholz und mache einige Bilder von Papa Rhein, im Vordergrund begehbare Steine im Flachwasser, dann der reißende Fluß, im Hintergrund aufwirbelnder Sand im Wind auf den Sandbänken. Schön! Auf dem Rückweg zum Rad entdecke ich in einiger Höhe doch eine Fortsetzung des Weges. Das Rad tragend, klettere ich den Steilhang hoch und schiebe es dort auf wurzelverziertem Pfad bergauf, bergab, Tragestellen inbegriffen. Ich komme mir hier mit dem bepackten Reiserad, dem Gott des Unterholzes Tribut zollend, doch reichlich bescheuert vor. Nach langen 200 m erreiche ich wieder Flußhöhe und zivileres Gelände und einen Weg. Finde ich echt super dass ich nicht der einzige Radreisende bin der hier sein Rad durch die Gegend schob. Ist mir vor ein paar Jahren an dieser Stelle genauso ergangen.
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#469752 - 25.09.08 12:03
Re: Italien Griechenland Sommer 2008
[Re: alder]
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