Re: Vom Balkan nach Norddeutschland 2019

von: Keine Ahnung

Re: Vom Balkan nach Norddeutschland 2019 - 03.01.20 11:43

INHALTSVERZEICHNIS

Teil 1: Vorwort(e)

Teil 2: Radreise (Tag 1-6: Kroatien/Bosnien und Herzegowina)

Teil 3: Radreise (Tag 7-11: Bosnien und Herzegowina/Kroatien/Slowenien/Österreich)

Teil 4: Radreise (Tag 12-16: Österreich/Deutschland/Tschechien/Deutschland)

Teil 5: Radreise (Tag 17-20: Deutschland)

Teil 6: Radreise (Tag 21-22: Deutschland) und Résumé


DER ZWÖLFTE TAG (12.06. – 100 KM / 1200 HM)

Dass ich am nächsten Tag auch nicht im Zelt übernachten würde, war eingeplant. Ca. 100 km waren es noch nach Passau, wo ich ja meine Schwester besuchen wollte – nach der ungeplanten ersten Begegnung würde das das zweite Familientreffen werden. Eigentlich machte die Landschaft den Eindruck als würden nur wenige Höhenmeter auf mich warten, die Trackdaten und am Ende das Navi bestätigten das aber dann nicht.


Bild: Eigentlich nicht mehr wirklich bergig … bei Wieshof, Österreich.


Bild: Ich habe hier nicht die A8 gewählt … Wallern an der Trattnach, Österreich.

Ich wählte eine recht beschauliche Strecke Richtung Inn, wo ich dann nach Passau entlangfahren konnte. Dadurch war Autoverkehr wieder kein Problem und bis zum Inn traf ich nicht viele Menschen.


Bild: Bei Grieskirchen, Österreich.


Bild: Autofreier Mittwoch? … Bei Michaelnbach, Österreich.


Bild: Die Ruhe genießt auch dieser Österreicher … bei Oberndorf, Österreich.


Bild: Wallfahrtskirche Maria Bründl in Bründl, Österreich.

Zum Glück lag der größte Teil des Innradwegs, dem ich folgen wollte, deutlich oberhalb des Inns. Das Befahren des niedriger gelegenen Teils hätte ich evtl. zum Reinigen des Fahrrads nutzen können …


Bild: Innradweg bei Schärding, Österreich.

Von jetzt ab trennte mich Wasser von Österreich. Bis Passau, wo zum Haus meiner Schwester nochmals einige Höhenmeter zu überwinden waren, blieb ich auf der deutschen Seite des Inns.


Bild: Grenzübergang über den Inn zwischen Schärding und Neuhaus am Inn.


Bild: Innradweg bei Neuburg am Inn.


Bild: Blick auf Burg Wernstein, Österreich.

Da ich bereits vor 7 Uhr in der Früh losgefahren war, kam ich nun schon am frühen Nachmittag bei meiner Schwester an. Zunächst wurde alles zum Trocknen und Reinigen ausgepackt. Später sorgte mein Schwager für ein gutes Abendessen.




Bilder: Bei meiner Schwester in Passau.


DER DREIZEHNTE TAG (13.06. – 120 KM / 2220 HM)

Manche Menschen müssen auch arbeiten, so z. B. meine Schwester. So gab es bereits um 5:45 Uhr Frühstück und um kurz nach 6:30 Uhr saß ich schon wieder auf dem Fahrrad. Ich fühlte mich recht fit und so überwand ich die doch beachtliche Höhenmeterzahl des heutigen Tages recht problemlos.

Zunächst ging es durch Passau (aufgrund meiner vielen Aufenthalte dort, habe ich nicht viele Fotos gemacht) bis zur Donau und dann weiter in den Bayerischen Wald Richtung tschechischer Grenze. Radfahren im Bayerischen Wald und auch im Böhmerwald ist schön und anstrengend, aber die Streckenabschnitte haben auch manchmal ihre „Längen“, da in den Waldgebieten schnelle Landschaftswechsel nicht erfolgen. Mir gefällt es dort trotzdem.


Bild: Donau in Passau.


Bild: Stadtpfarrkirche St. Paul, Passau.


Bild: Wander- und Radwege gibt es ohne Ende … Bayerischer Wald bei Röhrenbach.


Bild: Bayerischer Wald bei Kreuzberg.


Bild: Mauth am Nationalpark Bayerischer Wald.


Bild: Nationalpark Bayerischer Wald.

Die Grenze war dann gegen Mittag erreicht. Hier am EuroVelo 13 („Iron Curtain Trail”) findet man immer wieder absichtlich belassene Reste der ehemaligen Grenzanlagen.


Bild: Grenze bei Bučina (deutsch: Buchwald), Tschechien.


Bild: Nicht immer spannend … EV13 bei Kvilda im Böhmerwald (deutsch: Außergefild), Tschechien.

Mittagspause machte ich am Černá Hora (deutsch: Schwarzenberg). Danach ging es im stetigen Auf und Ab durch zum Teil recht schöne Natur, aber auch entlang von Waldstücken, die dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind traurig . Ein paar Eindrücke der Nachmittagstour folgen …


Bild: Mittagspause am Černá Hora (deutsch: Schwarzenberg) im Böhmerwald, Tschechien.


Bild: Bei Černá Hora (deutsch: Schwarzenberg) im Böhmerwald, Tschechien.


Bild: Bei Černá Hora (deutsch: Schwarzenberg) im Böhmerwald, Tschechien.


Bild: Die Vydra (deutsch: Widra) bei Modrava (deutsch: Mader), Tschechien.


Bild: Manchmal konnte es sehr steil werden … Bei Prášily (deutsch: Stubenbach), Tschechien.

Schließlich erreichte ich den Campingplatz „Camping Heiner“, ein sehr einfacher Campingplatz, aber für meine Zwecke völlig ausreichend und mit 8 Euro sehr budgetschonend. Der Möglichkeit, Sitzgelegenheit und Tisch zu nutzen, um gemütlich zu essen, musste ich das mückengeschützte Innere meines Zeltes vorziehen, sonst wäre ich das Nachtmahl der blutrünstigen Bestien geworden, die am Abend auf Beutezug gingen entsetzt .




Bilder: „Camping Heiner“ in Regenhütte.


DER VIERZEHNTE TAG (14.06. – 90 KM / 1700 HM)

Am 16.06. gegen Mittag wollte ich in meiner Heimatstadt ankommen, abgestimmt mit den Plänen meines Bruders. Somit ergab sich nun ein entspannter Tourenverlauf für die kommenden drei Tage. Die Tagesetappen waren ungewohnt kurz, wobei sich aber die akkumulierten Höhenmeter nicht im gleichen Maße reduzierten.

Trotzdem ich nun eigentlich mehr Zeit hatte, stand ich früh auf, um hoffentlich ohne allzu viele Mücken mein Zelt abbauen zu können. Die Rechnung ging auf, die Mücken verdauten noch die vortägige Mahlzeit grins . Um 6:45 Uhr rollte ich los. Ich folgte weiterhin der Grenze, wobei ich immer wieder zwischen Deutschland und Tschechien hin- und herwechselte. Der heutige Tag sollte sehr heiß werden, sodass die vielen Waldstücke willkommen waren.

Die Wege waren zum Teil sehr gut, zum Teil aber auch sehr „naturbelassen“. Letzteres begrüßte ich aber eigentlich, da das zum einen Abwechslung brachte und zum anderen auch in den meisten Fällen meine These stützte, dass häufig die Wegequalität indirekt proportional zur Naturschönheit ist. Wenn man vor Furth im Wald absieht, war der heutige Tag „naturbestimmt“ mit wenig „Spektakulärem“, aber immer wieder schönen An- und Ausblicken. Ich kommentiere daher die Bilder des heutigen Tages nicht weiter, sondern führe den Tagesbericht mit einer Bilderserie fort …


Bild: Am frühen Morgen bei Bayerisch Eisenstein.


Bild: Außer ein paar Rehen und einem Fuchs sah ich niemanden … Bei Bayerisch Eisenstein.


Bild: Blick auf Arber von Bayerisch Eisenstein.




Bilder: Černé Jezero (deutsch: Schwarzer See) bei Železná Ruda (deutsch: Markt Eisenstein), Tschechien.


Bild: Frühstückspause bei Černé Jezero (deutsch: Schwarzer See) bei Železná Ruda (deutsch: Markt Eisenstein), Tschechien.


Bild: Grenzübergang Fleky (deutsch: Flecken) / Hofberg.


Bild: Gute Beschilderung … Bei Hofberg.


Bild: Bei Eschlkam.


Bild: Drachensee bei Furth im Wald.


Bild: Rathaus in Furth im Wald.


Bild: Grenzübergang bei Furth im Wald im Oberpfälzer Wald.






Bilder: Bei Waldmünchen.

In Waldmünchen gönne ich mir eine Übernachtung im „Hotel SonnGarten“ für attraktive 45 Euro. Nicht ganz so günstig wie der Zeltplatz zuvor, aber sicherlich deutlich mückenfreier zwinker .


Bild: Hlg. Johannes von Nepumuk, Waldmünchen.


Bild: Hotel SonnGarten, Waldmünchen.


DER FÜNFZEHNTE TAG (15.06. – 105 KM / 1700 HM)

Das Frühstücksbuffet verschaffte mir die nötigen Kalorien, um auch heute wieder einiges an Auf und Ab zu meistern. Gegen 8 Uhr fuhr ich los. Wie am Vortag sollte es weiter entlang der Grenze gehen. Wieder war es ein Wechsel zwischen ausgebauten Wegen und sehr rustikalen Pfaden. Zum Teil wurden auch Betonplattenwege der alten Grenzanlage genutzt.


Bild: Wechsel der Wegequalität … Bei Höll (Waldmünchen).


Bild: Nächste Stufe … Bei Höll (Waldmünchen).


Bild: Und nächste Stufe … Bei Untergrafenried (Waldmünchen).

Im Gegensatz zu gestern stand heute auch der kulturelle oder geschichtliche Aspekt immer wieder im Vordergrund. Gerade im grenznahen Gebiet waren ehemalige deutsche Besiedlung und anschließende Vertreibung ein wiederkehrendes Thema. Ich finde das interessant, stehe dem Ganzen aber etwas zwiegespalten gegenüber. Einerseits ist es historisch relevant auch diesen Teil der Geschichte zu kennen, andererseits verbinde ich damit auch diverse Gruppierungen, die Träume von einer möglichen „Rückgewinnung“ der Gebiete nicht aufgegeben haben. Mein Vater war selber Karpatendeutscher, er hatte das aber ohne jegliche Sentimentalität betrachtet und die neue Realität ohne Probleme anerkennen können. Es bleibt sicherlich in der nun schon sehr alten Generation noch eine „Heimatverbundenheit“, aber das Rad der Geschichte kann man nicht zurückdrehen.

Die folgende Serie von Bildern mag einige Eindrücke von Weg, Landschaft und Historie vermitteln …


Bild: Bei Untergrafenried (Waldmünchen).


Bild: Bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.


Bild: Lučina (deutsch: Grafenried) bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.


Bild: Lučina (deutsch: Grafenried) bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.


Bild: Lučina (deutsch: Grafenried) bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.


Bild: (Hier war das) Dorf Anger bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.


Bild: Bei Nemanice (deutsch: Wassersuppen), Tschechien.

Ich habe noch viele derartiger Bilder gemacht, aber will es dabei bewenden lassen. Es gibt durchaus noch andere interessante Aspekte des Grenzradwegs. Zum einen sind hier Überbleibsel des Kalten Krieges zu finden und zum anderen begegnet man überall dort, wo Straßen die Grenze überqueren, die sogenannten „Fidschimärkte“ und Casinos, begleitet vom Rotlichtmilieu.


Bild: Dieses Gelände möchte ich nicht betreten … Bei Pleš (deutsch: Plöss), Tschechien.


Bild: Radar- und Funküberwachung auf dem Velký Zvon (deutsch Plattenberg) bei Pleš (deutsch: Plöss), Tschechien.


Bild: „Fidschimarkt“ an der Grenze beim Ortsteil Železná (deutsch: Eisendorf) von Bělá nad Radbuzou (deutsch: Weißensulz), Tschechien.


Bild: Casino in Rozvadov (deutsch: Roßhaupt), Tschechien.

Der Wechsel von schöner Natur und geschichtlich Relevantem lassen Langeweile heute nicht aufkommen. Schön ist es, dass man nun die Grenze überfahren kann, ohne irgendwelche Schwierigkeiten (von schlechten Wegen abgesehen …). Es war recht warm, aber es gab auch Wind, leider nicht genug, um die immer wieder lauernden Bremsen wegzuwehen.

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Bild: Bei Třemešné (deutsch: Zemschen), Tschechien.


Bild: Bei Rozvadov (deutsch: Roßhaupt), Tschechien.




Bilder: Kirche Mariä Heimsuchung in Nové Domky (deutsch: Neuhäusel) bei Rozvadov (deutsch: Roßhaupt), Tschechien.


Bild: Grenzübergang bei Nové Domky (deutsch: Neuhäusel) bei Rozvadov (deutsch: Roßhaupt), Tschechien.

Die Insektenpopulation des Wald- und Wiesengebietes ließ es nicht sehr reizvoll erscheinen, das Zelt irgendwo aufzuschlagen. In Ernestgrün konnte ich ein schönes Apartment für nur 30 Euro beziehen, eigentlich nur deshalb so günstig, weil der Vermieter das Apartment gar nicht mehr offiziell anbot und ich offensichtlich auf eine „Internetleiche“ gestoßen war. Glück muss man haben …




Bild: Gästehaus Gertraud in Ernestgrün.


DER SECHZEHNTE TAG (16.06. – 80 KM / 1240 HM)

Noch 80 km bis in meine Heimatstadt, aber noch einige Höhenmeter und davon einige auf „Naturpfaden“ – zum Teil ganz bewusst gewählt. Das Zwischenziel sollte am frühen Nachmittag zu erreichen sein und ich freute mich darauf. Zum einen würde ich meinen Bruder besuchen, zum anderen hatte meine Schwester angekündigt, dass sie mit meiner Nichte auch dorthin kommen wollte. So würde ich sie also auf meiner Tour gleich dreimal treffen.

Bereits um 6:45 Uhr verließ ich mein schönes Apartment und fuhr zunächst weiter dem Grenzweg entlang. Die Idee, die alte Grenze nicht ganz aus der Erinnerung zu löschen und die damals erzwungene Unberührtheit der Natur zu erhalten, finde ich gut. Da ich 40 km von der DDR- und 40 km von der tschechoslowakischen Grenze aufgewachsen bin und die Grenze fast die Hälfte meines Lebens als undurchdringlich erfahren habe, genieße ich die Weiterfahrt, auch wenn es manchmal etwas holprig vorangeht.


Bild: Landschaft im Morgennebel … Bei Neualbenreuth.


Bild: Grenzweg bei Cheb (deutsch: Eger), Tschechien.


Bild: Stausee Stalka bei Pomezí nad Ohří (deutsch: Mühlbach), Tschechien.


Bild: Brücke über die Eger bei Hradčany (deutsch: Rathsam), Tschechien.


Bild: Typischer Plattenweg (zum Glück noch keine „Lochplatten“) bei Hradčany (deutsch: Rathsam), Tschechien.


Bild: Zum Teil schwierig zu fahren … Bei Libá (deutsch: Liebenstein), Tschechien.


Bild: Lupinen sind in der Gegend sehr häufig zu finden … Bei Libá (deutsch: Liebenstein), Tschechien.

Schließlich verließ ich den Grenzweg bei Libá (deutsch: Liebenstein) und fuhr Richtung Fichtelgebirge. An der Grenze war eine kleine „Kapelle“ gebaut worden.




Bild: „Kapelle“ an der Grenze bei Libá (deutsch: Liebenstein), Tschechien.

Das anfangs trübe Wetter mit etwas Regen war nun Sonnenschein gewichen. Ich befuhr jetzt das Gebiet, in dem ich als Jugendlicher schon viele Radtouren gemacht hatte. Für den Weg durch das Fichtelgebirge hatte ich mir zum Teil echte „Single Trails“ ausgesucht, die ich damals (natürlich ohne Gepäck) quer durch den Wald gefahren bin. Teile davon hätte ich aber im Nachhinein lieber mit dem MTB fahren sollen und zwar ohne Beladung. An einer Stelle rutschte ich seitlich von einer nassen Wurzel ab. Zum Glück ist nichts passiert. Egal, ich genoss diese Strecke und freute mich über die vertraute Natur lach .


Bild: Schausteinbruch bei Häuselloh im Fichtelgebirge.


Bild: St. Marien in Schönwald.


Bild: Meine Radroute durch das Fichtelgebirge ...


Bild: Hier hätte ich nicht abrutschen wollen … Alter Steinbruch bei Schönwald.


Bild: Es wird anspruchsvoll ...


Bild: "Großer Stein" im Martinlamitzer Forst.


Bild: Hier geht es noch hinüber … Blick auf den Großen Kornberg bei Schwarzenbach an der Saale.


Bild: Sächsische Saale bei Weißdorf.


Bild: Tagesziel erreicht …

In Münchberg fuhr ich noch eine „Gedächtnisrunde“ (Elternhaus, Volksschule, Gymnasium usw.) bevor ich dann bei meinem Bruder eintraf, wo kurz danach auch meine Schwester dazukam.


Bild: „Meine“ Volksschule … Kreuzbergschule Münchberg.


Bild: Bei meinem Bruder …