Zitat:
Wie schon erwähnt, gestaltete sich die Rückreise dann doch etwas anderes als geplant (besonders die Tatsache, dass die Jugendherbergen ausgebucht waren hat überrascht).


Und es gibt auch schon die extendet Edition:

30.1.03
Auf zu neuen Taten!
Nachdem Frühstück, der Verabschiedung und einem kleinen Fototermin vor der JH konnten wir gen Westen starten. Dank Juttas perfekter Beschreibung, die ich noch am Vorabend ins GPS übertragen habe, war es kein Problem die Saalebrücke zu finden.
Probleme sollten wir aber noch genug bekommen, kurz hinter eben dieser Brücke zerlegte sich Christinas Schalthebel. Weiterfahren war unmöglich.

Während Timo und Christina eine kleine Kaffeepause einlegten bretterte ich durch Halle, auf der Suche nach einem einem 7fach Gripshifthebel. Fündig wurde ich im Fahrradies, einem übrings sehr empfehlenswerten Radladen. Für ein Schwätzchen war leider keine Zeit - meine Mission war dringend. Auf dem Rückweg durfte ich auch einmal erfahren wie es ist in Schienen zu fahren, glücklicherweise endete dieser Ausflug aber ohne Sturz. Aber das Gefühl mit 37kmh über die Saalebrücke zu fahren hat seinen eigenen Reiz.

Nachdem ich meine Begleiter gefunden hatte, wurde der neue Schalthebel samt Zug montiert, wobei sich herrausstellte, dass scheinbar gefrorenes Wasser den Defekt verursacht hat. In der Hoffnung zukünftige Probleme dieser Art zu verhindern, haben wir den Schaltzug beim Wiedereinbau ordenlich mit Kettenöl eingesaut.

Irgendwie war uns jetzt schon klar das unser Tagesziel Thale in unerreichbare Ferne geruscht ist, wahr haben wollte es aber niemand. Desweiteren sind die Kilometerangaben der Aldikarten kastastrophal, die Abweichung ins positive beträgt mehr als 20%. Aber das weiß man erst wenn man angekommen ist.

Wir fuhren also bis Alsleben an der Saale weiter, durften einige extrem schlammige Passagen des Saaleradweges auskosten und orientierten uns dann westlich. Als es langsam dunkelte und einige holprige "Straßen" (naaajaaa) überwunden wurden, kamen die ersten Ängste auf, dass wir es nicht mehr bis 22Uhr zur JH in Thale schaffen würden. Es wurde beschlossen, dass dort angerufen wird, um die Herbergsverwaltung vorzuwarnen. Aber wie sollte es anders sein, die Jugendherbergen in Thale und Quedlinburg sind beide voll belegt. Super! Es ist immer wieder toll zu erfahren wie gut doch die Jugendherbergen auf den Individualreiseverkehr eingestellt sind!

Bei der nächsten Tankstelle, die sich an der Bundesstrasse, die wir mitlerweile befahren befindet, gibt es etwas Warmes zu trinken und die Angestellten empfehlen uns die Pension am Markt im Ballenstedt. Bis dahin sind es nur noch wenige Kilometer und viel weiter wollen und können wir im Dunkeln auch nicht mehr fahren. Die Pension stellt sich als echter Glückfall heraus. Nach einem kurzen Anruf erscheint der Inhaber und schließt die Tür auf. Er hat die Pension erst vor kurzem übernommen und wir gehören zu seinen ersten Gästen. Seine Einstellung gefällt uns: Sauber und günstig muss es sein! Ein Dreierzimmer bekommen wir für 54€, Frühstück inkl. (Das Zimmer wird aber noch renoviert, ergo Einzel+Doppelzimmer).
Bei diesen Preisen lohnt sich der JH-Stress beim besten Willen nicht, auch die Küche dürfen wir abends noch zum Kochen eines Tees benutzen.

Nebenan befindet sich auch noch ein guter Grieche, bei dem Abends gespeist wird.

Adresse der Pension:
Hotel Garni
Pension am Markt
Alter Markt 8
06493 Ballenstedt
Fon: 039483/53538



31.1.03
Am Morgen entdeckt der Inhaber eine weitere Einkommensmöglichkeit: Seine Pension liegt nur wenige Meter vom R1 entfernt lach. Der Radschuppen wäre momentan voll Gerümpel wird aber in der nächsten Zeit freigeräumt.

Nach einigem Suchen haben wir dann auch den R1 im Schlosspark von Ballendstedt gefunden und starten freudig durch, jetzt müssen wir nicht mehr selbst selber navigieren, sondern einfach nur noch treten. Die weitere Ausschilderung ist auch durchaus akzeptabel.
Das einzige Problem ist der Weg selbst. Er führt zwar durch wunderschöne Wälder, der Belag aber ist unter aller Sau und höchstens mit vollgefederten Rädern zu geniessen.

Nach 36km ist dann auch die Luft raus und wir beschließen auf die Bahn umzusteigen. Tja, aber das ist ja immer so eine Sache, der Bahnhof an dem wir uns befinden ist eher ein Industriedenkmal aus der Zeit der Damplocks, nach Seesen fährt da nix. Nach einigen Telefonaten mit dem Auskunftscomputer der Bahn (der immer für einen Lacher gut ist: "Ich habe sie leider nicht verstanden") stand fest das wir nach Wernigerode kommen müssen um nicht in diesem Kaff festzustecken.
Jetzt ist mal wieder Christinas breites Grinsen gefragt, sie schafft es tatsächlich einen Busfahrer zu überreden uns mit Rädern nach Wernigerrode mitzunehmen.
Unser Zug hat natürlich 10 Minuten Verspätung und wir nur 8 Minuten Zeit zum Umsteigen. Aber die DB ist ja flexibel und nach einem Anruf der Schaffnerin wartet unser Anschlusszug ganz einfach auf uns...

In Seesen sammeln wir uns erstmal ein wenig und duschen. Unsere Pension liegt ein wenig versteckt, Besonderheiten gibt es keine, das Ambiente ist sehr familiär. Die Ausstattung einfach nur kitschig zwinker.

Danach wird in der "Stadt" Pizza gegessen und wir praktizieren das ruhigste Silvesterfest unseres Lebens. Naja, wir hätten es beinahe verpennt. Das Sofa war aber auch so bequem lach...



1.1.04
Das Frühstück wurde diesen Morgen ausnahmsweise ein wenig später angesetzt, sodass wir erst gegen 11 nach silberborn starten. Denn dort befindet sich die höchste JH des Naturparks Soling-Vogler. 3 Betten hab ich sicherheitshalber am Abend vorher reserviert.
Gott sei dank ist der R1 in dieser Gegend wieder befahrbar und wir erreichen Dassel gegen 19:30. Besonderes gab es bisher eigentlich nicht, wir haben nur eine Stunde in Einbeck(?) damit verbracht ein neues Rücklichtbirnchen für Christina aufzutreiben.

Während wir im Ratskeller sitzen und typische italienische Spezialitäten verzehren rufe ich bei der Jugendherberge an, um mitzuteilen das wir eventuel wenige Minuten nach 22 Uhr aufkreuzen. Vor uns liegen nämlich noch 450 Höhenmeter die auf die nächsten 15km verteilt erklommen werden müssen. Mittlerweile ist es natürlich auch noch stockdunkel und die Dame in der JH sagt mir auf unhöfliche Weise, das um 22 Uhr die Tür zu ist. Mit der Antwort, dass wir dann wohl in der Kälte vor der Tür übernachten werden, muss sie sich abfinden.

Im Endeffekt kommen wir um 21:30 an und es ist auch nur ein sehr netter Herbergsvater da, der uns sogar die Bettwäsche ins Zimmer bringt. Außerdem finden sich ein Teller mit Naschsachen und eine Flasche Mineralwasser auf dem Zimmertisch. Was für Schleimer lach.

Schlafstörungen hat wohl heute Abend niemand, erschöpft fallen wir alle erleichtert ins Bett.



2.1.04
Anstiegshöhe: 628m
Abstiegshöhe: 940m
gefahren: 89,20km

Nachdem anstrengenden Aufstieg am gestrigen Abend, haben wir uns die zünftige Abfahrt heute Morgen auf jeden Fall verdient. Ungefähr 7km geht es in Serpentienen steil bergab. Was im Sommer richtig Spaß macht wird im Winter zum Kampf gegen die Kälte - wenn man den Winchill-Effekt berücksichtigt, mussten wir Temperaturen im Bereich von -20°C ertragen zwinker.

Angekommen in Boffzen stellte sich die Frage, wo wir die Weser überqueren wollen. Wirklich viele Brücken gibt es scheinbar nicht, außerdem wurde uns geraten über Höxter zu fahren. Diesen Umweg von ca. 10km nahmen wir dann mangels Ortskenntnis auch auf uns.

Zur Belohnung durften wir bis Riesel auf dem Weserradweg fahren. Auch im Winter ist die Route sehr gut zu befahren und uns wurde sofort klar, warum sie zu den meist-befahrenen Deutschlands gehört - auch wenn einem im Winter kein einziger Ausflugsradler entgegen kommt.
Nur gesundheitliche Probleme Christinas trübten die Freunde ein wenig.

Nachdem wir das Wesertal verlassen haben, geht es bis Bad Driburg nur noch bergauf. Der Höhepunkt ist eine 12%ige Steigung die 3km andauert und im Dunkeln bewältigt wird. Wiedereinmal hatte Christina mit ihrem Seitenläufer am meisten zu kämpfen, während die Nabendynamofraktion ruhig Blut bewahren konnte.

Da wir aber alle liebe Radfahrer sind, geht es dann die letzten 20km nach Paderborn nur noch bergab. Kurz bevor wir unser Ziel erreichen, kann ich wiedereinmal meinen brachial guten Orientierungssinn unter Beweis stellen. Das Ziel vor Augen, fahre ich dann doch noch in die falsche Richtung.

Irgendwie schaffe ich es dann aber doch noch meine Begleiter unbeschaded zum Bahnhof zu bringen.

Mein Resume der Tour fällt sehr deutlich aus: Schade das es schon vorbei ist! Besonders die letzten beiden Tage haben Lust auf mehr gemacht. Warum in die Ferne schweifen, wenn es auch im eigenen Land Winterwonder-land und so viele noch unbekannte Flecken gibt.

Das Freiheitsgefühl verfliegt so langsam, der Alltagstrott ist richtig frustrierend. Aber das kennt ihr ja zwinker.

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Habs nur grob auf Fehler durchgesehen!