Hallo
Dieses Mal gings wieder nach Italien, Kalabrien und Kampanien genauer gesagt.
Lamezia - Tropea - Reggio di Calabria - Zugfahrt - Salerno - Paestum - Sapri - Lamezia
Dies war das zweite Mal, dass wir, Kurt und Ernst, gemeinsam eine Radtour unternommen haben. Nach unserem Kälteerlebnis im letzten Jahr in der Südschweiz suchten wir ein wärmeres Ziel. Lamezia in Kalabrien/Süditalien bot sich als perfekten Ausgangspunkt an, da es für uns beide neu war und von Zürich aus leicht mit dem Flugzeug zu erreichen ist.
Die zweite Phase der Planung beinhaltete ein Abendessen in einer lokalen Pizzeria, die von einem kalabrischen Koch geführt wird. Wir brauchten drei Minuten, um die Karte zu öffnen und sie zwischen unsere Teller zu klemmen, dann drei Minuten, um uns eine Route für die Hin- und Rückfahrt auszudenken, bevor wir zwei Stunden lang assen, tranken und davon träumten, was das Mittelmeer zu bieten haben würde. So weit, so gut.
Da sind wir. In Tropea.
Lamezia ist ein unscheinbarer Ort mit einem Flughafen. Die Temperaturen waren etwas kühler als erwartet, aber laut Wettervorhersage war das in ganz Südeuropa von Zypern bis Gran Canaria der Fall.
Bei strahlendem Sonnenschein erreichten wir Tropea, eine niedliche kleine Stadt auf einer Klippe über einem weißen Sandstrand. Es folgten weitere landschaftlich reizvolle Strassen bis zum Capo Vaticano, aber von dort an wurde die Fahrt schwierig. Wir hatten zwei lange 24%ige Steigungen und einen dritten lange Hügel als Zugabe, aber was uns mehr demoralisierte, war die Menge an Müll, auf die wir gegen Ende des Tages stießen. Wir verbrachten die Nacht in Gioia Tauro, einer Stadt, die so heruntergekommen und verfallen ist, dass wir schockiert und fassungslos waren. Geneigte Leser erinnern sich sicher an gleiche Eindrücke um Gela in
Sizilien , aber da gabs doch auch täglich viel Spannendes zu sehen. Bilder von Gioia Tauro und Umgebung hab ich extra weggelassen.
Oberhalb Bagnara
Ruhige Straßen brachten uns auf einen Hügel oberhalb von Bagnara und wir hatten eine wunderschöne Strecke hinunter zur Küste und weiter nach Scilla.
Strandpromenade Scilla
Der Rest bis nach Reggio war nicht besonders, nur Vorstädte, die wir durchqueren mussten. Die Stadt Reggio mit ihrer Promenade und der Fußgängerzone gefiel uns zwar, aber wir mussten uns auch einen Plan B einfallen lassen. Ursprünglich sollte unsere Route durch vier Nationalparks führen, aber angesichts des Schnees in den höheren Lagen war das nicht sehr verlockend.
Wir entschieden uns für eine fünfstündige Zugfahrt Richtung Norden nach Salerno. Während Ernst den Nachmittag nutzte, um ein Stück der nahe gelegenen Amalfiküste zu erradeln, verbrachte ich die Zeit damit, die Stadt zu erkunden. Ich genoss den Spaziergang im Park entlang des Yachthafens und des Stadtstrandes gefolgt von einem Bummel durch die hübsch herausgeputzte Altstadt, die zum sozialen Zentrum der 130 000 Einwohner zählenden Stadt geworden ist.
Und da St.Patrick Tag war muss hier ein Barbaverde hin
Die griechischen und römischen Ruinen von Paestum (früher Poseidonia) waren unser absolutes Highlight. Drei große griechische Tempel (4. und 5. Jh. v. Chr.) und die Überreste einer römischen Stadt aus der Zeit nach der Eroberung 274 v. Chr. lässt einen eintauchen in längst vergangene Zeiten.
Die Küstenstraße von Agropoli nach Sapri war ein weiterer Höhepunkt, mit Stränden auf der rechten und schneebedeckten Bergen auf der linken Seite. Diese Strecke ist für eine zukünftige Reise mit Darina vorgemerkt.
Hier sahen wir auch das Plakat, das eine (gesunde) Umwelt mit Tourismus (oder Einkommen) gleichsetzt, während unten in Kalabrien die Umwelt...
San Giovanni ob Sapri
In Sapri haben wir in einer wunderbaren Enoteca zu Abend gegessen, wo uns der Besitzer sehr überzeugend erklärt hat, was für hochwertige Lebensmittel er anbietet. Eindrücklich zu sehen im
YouTube Video. Er taucht nach 5min 51 auf, aber ihr dürft gerne den ganzen Film anschauen
007 Strasse
Die Straße aus Sapri diente als Kulisse für den neuesten 007-Film. Für uns war die Strasse nach ein paar Kilometern gesperrt, und kein gutes Zureden konnte den Pförtner dazu bringen uns durchzulassen. So fuhren wir zurück und über einen 600 m hohen Pass, um etwas weiter südlich wieder auf die Strasse zu treffen. Es war gut investierter Schweiss!
Von da an fuhren wir größtenteils auf der SS18, die Salerno und Reggio verbindet und die für unseren Geschmack viel zu stark befahren war. Die Fahrradrouten oder die Umwege über einheimische Nebenstraßen, die wir nahmen, waren von selten schön und friedlich. Am Ende blieben wir einfach auf der Hauptstraße. San Lucido ist eine weitere kleine Stadt auf einem Hügel, die viel Charme versprüht, aber die meiste Zeit des Tages fuhren wir an schlecht unterhaltenen Wohn- und Feriensiedlungen aus den 50er und 60er Jahren vorbei. Die Gegend war/ist einfach zu arm, um den jungen Leuten eine Perspektive zu bieten. Zwei Generationen sind abgewandert, um an anderen Orten eine andere Wirtschaft aufzubauen und ein neues Leben zu beginnen, während Kalabrien seinen eigenen Unterhalt nicht mehr bestreiten kann. Der Tourismus sorgt zwar für ein kleines Einkommen, aber es ist schwer, mit Spanien, Griechenland oder Norditalien zu konkurrieren.
Wir wollten doch alle mal nach Shangri La
Ein gutes Beispiel für das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd waren die Radfahrer, denen wir auf der Straße begegneten. Von Salerno bis Sapri trafen wir eine Menge freundlicher Rennradfahrer in Latex, alle in unserem Alter, während im kalabrischen Teil billige Fahrräder von pendelnden Landarbeitern benutzt wurden.
Zu den Zuständen sahen wir gestern einen tollen Film von Milo Rau. Der spielt in Matera, Basilikata, heisst
das neue Evangelium und ich kann in wärmstens empfehlen.
Fazit: Kampanien jederzeit wieder, Kalabrien haben wir gesehen. Vielleicht müssen wir ein nächstes Mal ein bisschen später im Jahr fahren, einfach um das Risiko von Kälteeinbrüchen zu minimieren.
Hier
gibts das ganze noch in englisch mit ein paar zusätzlichen Bildern.
Viel Spass damit
Kurt