Vorwort Tour Italien:
Ich sitze im Zug von Basel nach Chiasso. In 2 Std. werde ich mit dem Bike die italienische Grenze passieren, und dann? Es liegen knapp 10 Tage vor mir, in welchen ich quer durch Italien bis Napoli fahren möchte. Zum Abschluss träume ich vom Erklimmen des Vulkans Vesuvo bei Napoli by Bike. Ich habe mir eine ganz grobe Routenplanung gemacht, welche die Städte, Naturschönheiten und Nationalpärke einschliessen, welche ich mir unter den zeitlichen Umständen als sehenswert erachte. Diese Route über ca. 1400 km, also 140 km pro Tag ohne Ruhetag grenzt fast schon an Selbstüberschätzung; doch das Schöne on Tour ist ja gerade, dass ich meine Routenwahl von Tag zu Tag bzw. von einer Minute zur Anderen ändern kann. Gespannt bin ich vor allem auf das Wetter in diesem Früh-Frühling, natürlich erhoffe ich mir möglichst viele trockene Tage und nicht zu kalte Nächte. Campingplätze werden noch nicht offen sein, Jugendherbergen gibt es nur wenige in Italien. So werde ich zum gelegentlichen Duschen / Waschen der Kleider auf günstige B&B Angebote oder "Camere" hoffen müssen. So oft es die Landschaft / das Wetter zulässt, möchte ich aber wild campen. Gespannt bin ich auf die italienische Gastfreundschaft und die Verständigung untereinander; denn ich spreche nur wenige Worte Italienisch. Sehr gespannt bin ich auch auf die Bergdörfer, die Naturparks und die schönen Städte Italiens. Ich hoffe, dass ich nicht wie gerade heute in der Schweiz mit Schnee konfrontiert werde und dass mein Bike (inkl. Rückflug!) und ich die Strapazen bewältigen werden und ich die Tour auch geistig in vollen Zügen geniessen kann. Ueber angebliche Kriminalität mache ich mir eigentlich keine Gedanken und in die Fahrkünste bzw. den Fahrstil der Italiener habe ich (noch) vollstes Vertrauen. So, bald gehts los, hier im nördlichen Tessin stürmt es gewaltig, doch in Italien solls gemäss Wetterbericht heute 18 Grad warm und sonnig werden. Hoffentlich ein gutes Omen...
1.Tourtag - 12.03.2008 - Chiasso nach Treviglio, 80 km
Die Sonne neigt sich bereits hinter den Bäumen herunter, gut dass ich mich hier in einem lockeren Waldfleck bereits niedergelassen habe. Der Tag heute war so etwa, wie ich ihn mir vorstellte: kaum Highlights, teilweise grosser Transitverkehr trotz Meidung der grossen Hauptstrassen, dafür konnte ich Mailand umfahren. Es war nicht immer einfach, die richtigen Dörfer anzufahren, bei weitem nicht alle Dörfer waren auf meiner Strassenkarte enthalten. Die Route heute führte mich von Chiasso (CH) nach Como (I) - Brivio - Vimercate - Cassano in einen regionalen Park zwischen Treviglio und Crema. Bereits von Anfang an war die Route geprägt von vielen wiederkehrenden Steigungen. Erst ab Brivio wurde es langsam eben. So habe ich nun bereits am Tag 1 unverhofft viele Höhenmeter gestrampelt, dafür aber einen sonnigen Tag bei 18 - 22 Grad erlebt. Während über meinem Kopf immer wieder Kleinflugzeuge herumbrausen, warte ich noch bis es weiter dunkelt, damit ich mein Zelt ohne Aufzufallen aufstellen kann. Wild campen ist ja angeblich strikte verboten, deswegen will ich keine unnötigen Risiken eingehen. Nach dem Zelt aufstellen werde ich essen, dann meinen Route für morgen planen und wohl früh einschlafen. Bin sehr gespannt wie kalt die Nacht wird...
2.Tourtag - 13.03.2008 - Treviglio nach S.Polo Denza, 145 km
Nach der gerade noch angenehmen, leicht kühlen Nacht erwachte ich frühzeitig um 06.45 Uhr, so dass ich um 07.30 Uhr starten konnte. Die flache angenehm befahrbare Nebenstrasse führte mich weiter via Crema nach Piacenza. Von dort aus musste ich leider auf die Hauptstrasse 9 ausweichen, überraschenderweise war der Verkehr aber einigermassen angenehm. Erst nähe Parma nahm vor allem der Lastwagenverkehr massiv zu. Da die Hauptstrasse in eine Auto-Schnellstrasse mündete (Velo-Verbot), änderte ich kurzfristig meine geplante Route und fuhr südwärts durch viele kleine Städtchen, überquerte den schönen Fluss Parma und habe mich nun direkt am Fluss Enza in San Polo D'Enza zum Uebernachten entschieden. Obwohl die Route vorwiegend flach war heute, bin ich bzw. meine Beine total geschafft. Landschaftliche Highlights gabs auch heute (noch) keine. Riesige Felder wechselten sich ab mit Industrie-Zonen. Wie auch gestern waren wieder viele italienische "Marco Pantanis", also Radrennfahrer unterwegs. Der Verkehr bzw. der Abgas hält sich im Land der Autofahrer zur Zeit noch in Grenzen bzw. ist nicht schlimmer als in anderen Ländern. Der Fahrstil gegenüber Velofahrern muss ich bisher sogar loben. Einen sehr liebenswürdigen Kontakt hatte ich heute mit einer älteren Dame, die bei einem kleinen Verfahrer im Städtchen gleich selbst ihr Bike packte und mir (langsam) vorausfuhr bis wir die 3 Kreisel hinter uns hatten. Nun geniesse ich noch einwenig den Blick auf den Fluss mit den kleinen Wasserfall, die Sonne neigt sich bereits wieder hinter den Hügeln hinunter (17.45 Uhr !) und es wird spürbar kühler. Morgen folgen wohl die ersten Hügellandschaften; ich bin gespannt...
3.Tourtag - 14.03.2008 - S.Polo Denza nach Abetone, 115 km
Die heutige Tour führte mich durch das Gebiet der Emilia Romagna. Schon nach wenigen Minunten zauberte mir das Gebiet ein Lächeln in das Gesicht; endlich Naturlandschaften wie ich es mir vorstellte. Herrliche Hügel- Wald- und Berglandschaften, einsame Strassen, Flüsse entlang der Strassen und kleine Dörfer... Aber der heutige Tag war milde ausgedrückt sehr anspruchsvoll! Von Beginn weg kurvenreiche harte Steigungen mit anschliessender ebenso waghalsigen (tollen), steilen und kurvenreichen Abfahrten um dann aber gleich wieder den nächsten Berg rauf zu fahren, vielfach endete die Erhebung in einem Dorf. Etwa 5 socher Aufstiege akzeptierten meine Oberschenkel und Waden überraschenderweise recht gut. Doch welchen Hügel ich auch immer meisterte, der nächste folgte zugleich. Kein Ende war in sicht, nur Berge soweit das Auge reichte. Dazu kam noch Schnee entlang der Strassen, welcher dazu führte, dass sich die Temperaturen abrupt senkten. 7 Grad kühl wars beim Start am Morgen, später über 20 Grad an der Sonne und nun wieder max. 10 Grad. Als ich mich ein weiteres mal auf eine Steigung einliess, führte mich der Weg bis 300 m an einen Strassenpass heran, dort zweigte meine Strasse aber (vorerst glücklicherweise) weg und los ging die Abfahrt hinunter ins Tal. Doch, ich traute meinen Augen / Beinen kaum, noch immer Berge soweit man sehen konnte. Nach Rücksprache mit Einheimischen zerrte ich mich nochmals 12 km hinauf zum Skigebiet und Pass Abetone (1388 m.ü.M.), wo viele Skiurlauber bereits wieder mit dem Auto talwärts fuhren. Erst nach 9 Std. Berg- und Talfahrt erreichte ich den letzten Uebergang (übrigens wenige km nach Beginn der Toskana). Die Suche nach einem Uebernachtungsplatz war eher schwierig. Zunächst musste ich die Schneegrenze überwinden, d.h. abfahren, da es bereits dunkelte fragte ich zudem auch in einem Hotel nach. 40 Euro verlangten sie, zu teuer! So habe ich nun gerade noch vor dem nächsten Aufstieg (Richtung Florenz) ein ganz kleine Wiese / Garten nur etwa 30 m entfernt von einem Haus entdeckt. Der Platz eher grenzwärtig, aber hauptsache eine Schlafgelegenheit. Für heute wars definitiv genug. Eine tolle, schöne Route wars auf jeden Fall, aber die vielen Steigungen hatten es in sich... Morgen wird hoffentlich etwas ruhiger.
4.Fahrtag - 15.03.2008 - Abetone nach Bucine, 140 km
Bei 5 Grad am Morgen packte ich mein leider nasses Zelt auf das Bike und auf gings, den nächsten Hügel hinauf. Mein Muskelkater von gestern war klar spürbar, doch irgendwie kam ich trotzdem vorwärts. Oben auf dem mal wieder nicht auf meiner Karte eingezeichneten Passo dell Oppio (821 m.ü.M.) begann dann aber die kühle, aber steile, kurvenreiche und v.a. sehr lange Abfahrt Richtung Pistoia. Von da an gings dann auf der Nebenstrasse eher eben Richtung Florenz. Ich genoss es richtiggehend, mal wieder nur gerade aus und mit höherem Tempo zu fahren. In Florenz fuhr ich dann einwenig durch die Gassen der sehr schönen Altstadt, machte ein paar Erinnerungsfotos und genehmigte mir erstmals auf der Tour ein feines italienisches Mittagessen (Penne, Pizza, Cola). Endlich mal wieder was richtiges im Magen, denn weil es am abend immer schnell dunkelt und abkühlt, ernähre ich mich bisher von Fertigsalaten, Brot, Poulet etc. Zum selber kochen ist es mir einfach zu ungemüthlich. Nach der verlängerten Mittagspause gings erneut den Hügel rauf auf der Nebenstrasse Richtung Arezzo. Zum Glück aber kam ich schon bald wieder auf die Hauptstrasse, wo ich viele Dörfer / Städte durchfuhr, wo ich doch noch zu trinken und essen für morgen Sonntag besorgen konnte. Schlussendlich fuhr ich mit 6 Litern Flüssigkeit hier in der hintersten verborgendsten Ecke einer Wiese, ca. 20 km von Arezzo entfernt, ein, wo ich zum Glück gleich mein nasses Zelt zum trocknen aufstellen konnte. Das Wetter heute war vorwiegend stark bedeckt, hoffentlich regnet es morgen nicht. Morgen gehts weiter Richtung Osten nach Perugia, angeblich auch eine sehr schöne Stadt.
5.Fahrtag - 16.03.2008 - Bucine nach Assisi, 135 km
Heute morgen früh war es klar milder, kurz nach Abfahrt zeigte die Temperatur bereits 10 Grad an, es war starkt bedeckt, aber mit Ausnahme ein paar einzelner Regentropfen bliebe es den ganzen Tag trocken. Eigentlich war das heute ein ganz guter Tag. Mit Ausnahmen vorwiegend eben, fuhr ich auf der heute Sonntag angenehm zu fahrenden Hauptstrasse via Arezzo entlang des Lago Transimeno ins Gebiet Umbrien. Die Landschaft in der Toskana ähnelte jender der Emilia Romagna, nur dass ich mich diesmal an die grösseren Strassen hielt und so den happigen Bergetappen aus dem Weg gehen konnte. Trotzdem gabs ein paar schöne Burgen / Kirchen und Orte zu erleben, von welchen das Städtchen Passignano am Lago Transimeno einen ganz schönen Eindruck machte. Nach ca. 100 km erreichte ich gegen 13.00 Uhr die Hauptstadt Umbriens, Perugia. Doch leider benötigte ich nochmals mind. 30 min. für den steilen Aufstieg in die stark erhöhte Altstadt. Das war ganz schön hart, insbesondere im Wissen, dass eigentlich eine spezielle Bahn hinauf in die Altstadt fahren würde. Wie bereits gestern genoss ich erneut ein italienisches Menue in einem Restaurant. Da heute Sonntag ist, kam ich mir mit meinen teils schmutzigen Kleidern / Schuhen doch etwas anders vor als all die anderen Personen. Aber egal. Das Essen schmeckte! Mein Ziel für heute war anschl. noch das ca. 20 km entfernte Assisi (nach dem Ordensgründer Franz von Assisi) zu erreichen. Kurz vor der Stadt nahm ich mir dann spontan ein B&B, verräumte gleich alle Taschen im Zimmer und machte mich mit dem "nackten" Fahrrad auf nach Assisi. Der blosse Anblick der Stadt im Hang von der Ferne war schon sehr imposant. Ich begab mich die steile Strasse aufwärts und stand vor den Toren der Stadt mit dem Blick auf die gewaltige Doppelkirche "Basilica di San Francesco". Gerade begann eine Messe und der Gesang des Pfarrers erklang wunderbar durch die wunderschöne tunnelförmige Kirche mit den herrlichen Gemälden. Zurück in der "Pension" genoss ich eine warme Dusche und geniesse jetzt gerade das "ultraweiche" Bett, die Wärme und dich Möglichkeit mal länger mit Licht aufzubleiben. Ich bin gespannt was der morgige Tag im östlicheren Italien mit sich bringt.
6.Fahrtag - 17.03.2008 - Assisi nach Capradosso, 130 km
Nach angenehmer Nacht im weichen grossen Bett bestieg ich nach Bezahlung der 25 Euro (ohne Frühstück) um 07.15 Uhr mein Bike. Nach langem Abwägen der heutigen Route entschied ich mich zunächst auf der wenig schönen, aber dafür ebenen Parallel-Strasse zur Schnellstrasse bis Folignio zu fahren. Dort gönnte ich mir einen Kaffee mit Süssgebäck und konnte in einem längeren Gespräch mit der "Bar-Dame" bessere italienisch Kenntnisse aneignen, es war jedenfalls witzig mit den Sprachschwierigkeiten... Später kam ich nach Spoletto, wo ich fast unausweichlich (alternativ sehr hügelige Route) auf der eher viel befahrenen Hauptstrasse 3 bis nach Terni fahren musste. Zu meiner grossen Ueberraschung war diese Route nur zeitweise stärker befahren, dafür aber schnitt sich die Strasse herrlich inmitten der steilen Berge hindurch. Die Landschaft war super und auch die langgezogenen Steigungen blieben nicht aus. Ab Terni nahm ich die ebenfalls sehr schöne und verkehrsarme Nebenstrasse 79 bis Rieti, vorbei an einem schönen See, die Strecke eher flach. Anschliessend gings nochmals hoch hinaus auf der Strasse 578 südöstlich Richtung Avezzano. Auch diese Teilstrecke war ziemlich eindrucksvoll. Hoch erhoben über dem Tal und an den grossen Hügeln vorbei zog sich die Route 12 km hoch, über viele Brücken, teilweise mit schönem Blick hinunter zum kleinen See. Nun habe ich mit viel Fantasie (ab durch die Büsche) eine tolle Wiese zum Uebernachten entdeckt, nur etwa 15 m unterhalb der Strasse, wo es morgen weitergeht. Das war heute eine ganz gute Route. Noch immer befinde ich mich inmitten der Hügellandschaften Italiens, doch die Route heute war viel angenehmer als jene in der Emilia Romagna, weil die Steigungen länger, dafür weniger steil und vor allem nicht so häufig sind wie da. Erneut war mir das Wetterglück treu. Es war trocken bei 10 - 15 Grad. Für morgen ist eine angeblich schöne Bergetappe geplant. Ich bin ja gespannt und freue mich darauf.
7.Fahrtag - 18.03.2008 - Capradosso nach Alfedena, 145 km
Heute erwartete ich mit Spannung die Tour durch den Nationalpark d'Abruzzo. Zunächst gings bei kühlen Temperaturen wie gestern aufwärts, über Brücken von einem Hügel zum Anderen und durch einige kurze Tunnels. Den Muskelkater verspührend, frage ich mich wie's denn erst über den Nationalpark kommen würde...? Via Avezzano kam ich nach weiteren 20 km nach Pescina (ca. 730 m.ü.M.). Die Berge bereits sichtbar, begann der kurvige Aufstieg aber erst bei Gioia auf der Strasse 83. Noch wars trocken, teilweise zeigte sich sogar die Sonne kurz. Der Aufstieg auf 1400 m.ü.M. (Gioia Vecchio) war zwar streng, doch waren die Steigungen viel angenehmer als am 3.Fahrtag. In dieser Höhe wars dann ziemlich windig und kalt, leider beganns dann auch noch zu regnen. So machte ich einen Kurz-Stopp um all das Velogepäck und auch mich regensicher zu machen. Dann konnte die Fahrt weitergehen. Die Strecke führte schön zwischen Bergen hindurch, vorwiegend abwärts via Pescasseroli hinunter zum Stausee bei der Ortschaft Barrea. Dort war dann erneut ein kleiner Kraftakt notwendig um nochmals ca. 200 Höhenmeter über den letzten Berg zu kommen. Die Abfahrt hinunter nach Alfedena war dann bei mittlerweile wieder trockenen Verhältnissen zum geniessen. Spontan wählte ich mir bereits um 16.30 Uhr auf eine der vielen Wiesen ein Uebernachtungsplatz aus, dies die nächste Steigung im Visier und aufgrund der Beschilderung, dass Napoli nur noch ca. 140 km entfernt ist. Vor Donnerstag möchte ich nicht in Napoli sein, mal sehen was für eine Route mir noch einfällt für die 2 Tage. Brrr, es ist kalt, bin froh wenn es dunkelt und ich mein Zelt aufstellen kann. Leider bin ich in Sichtweite zur Strasse (ca. 100 m). Wenige Meter hinter dem Busch vekehrt wieder mal eine Zuglinie. Nichts neues also. Auf eine hoffentlich warme Nacht.
8.Fahrtag - 19.03.2008 - Alfedena nach Pozzuoli, 145 km
Die Nacht endete heute regnerisch. So blieb ich noch etwas länger liegen, bis sich die Regentropfen eine Pause gönnten. Geschlafen hatte ich trotz kühlen Aussentemperaturen dank Termo-Oberteil und 2 Pullover und zusätzlichem Innenschlafsack sehr gut, ich hatte warm. Noch vor 08.00 Uhr startete ich bei Kälte, doch glücklicherweise gings schon wieder bergauf... Nicht mal der plötzlich einsetzende Schneeregen (!) konnte mich in meiner Vollpackung noch irritieren. Dann folgte eine Abfahrt auf der eher verkehrsreichen Strasse 652 bzw. 158, sie dauerte, dauerte und dauerte. Herrrlich eine so lange Abfahrt. Via Venafro - Capua (dies war übrigens die klar Lastwagenreichste Teilstrecke der ganzen Tour) zogs mich dann westwärts nach Castel Volturno an die Küste. Dort erwartete ich eigentlich eine schöne Strasse mit Blick zum Meer. Umso grösser war die Ernüchterung, als ich mich auf dem Weg Richtung Napoli in einer eher "unsicheren" Umgebung wiederfand. Prostitution überall, vorwiegend schwarzafrikanische Menschen (nicht wertend gemeint, sondern nur eine Beobachtung), viel Abfall; ich fühlte mich ganz einfach sehr unwohl auf dieser langen Strecke entlang dem Meer (ohne Meeresblick). Da hatte es das seine dazugetan, dass mich ein Italiener in einer einsameren Seitenstrasse (ich wollte zum Campingplatz fahren - geschlossen), ansprach und mir riet, sehr gut auf meine Sachen aufzupassen. Dass er gerne mal Schweizer Bargeld gesehen hätte, was ich ablehnte, war dann noch eine andere Anektote. Ich war bereits bedient von dieser Gegend, als ich doch noch glücklich einen ganz feinen Campingplatz vor Pozzuoli fand, wo ich schlussendlich die verbleibende Zeit bis zu meinem Rückflug bleiben wollte. Die 18 Euro / Nacht nahm ich in dieser Gegend gerne in Kauf. Es bleiben nun 2 Tage, um Napoli, Pompei und ev. den Vulkan Vesuvo zu besichtigen.
20. / 21.03.2008 - Mein Aufenthalt in Pozzuoli / Napoli
Am 1.freien Tag zogs mich mit dem Fahrrad ins ca. 20 km entfernte Napoli. Da sich auf dem Hinweg wie aus heiterem Himmel plötzlich schwarze Gewitterwolken entleerten, bevorzugte ich bereits völlig durchnässt die Weiterfahrt mit der Metro vorzunehmen. In der Stadt erlebte ich keine Abfallberge (wie teilw. im TV ersichtlich war), sondern reges Marktleben, typisch italienische Verkehrsverhältnisse mit buntem Gehupe und einigen sehr schönen Bauten. Aber ehrlich gesagt, das Velo immer im Auge, dazu stündlich wiederkehrende Regenfälle, sehr auffällige Blicfke auf das (mein) einzige Fahrrad der Stadt; ganz entspannen konnte ich nicht und auch sonst hat mich Napoli nur wenig überzeugt. Am heutigen 2.freien Tag beliess ich mein Velo auf dem Campingplatz und machte mich bereits früh auf in das ca. 50 km entfernte Pompei. Dort bot sich mir sogleich die Gelegenheit, an einer geführten Tour zum Vulkan Vesouvio im Südosten Neapels teilzunehmen. Der Vulkan, der 79 n.Chr. ganz Pompei zuschüttete, ist auch heute noch ein grosser Anziehungspunkt für die Touristen. So nahmen wir (eine Familie aus Martigny, 2 Australierinnen und ich) für pauschal 30 Euro (Fahrt, Eintritt, Guide) an der Führung teil. Bis recht weit hinauf konnten wir mit den Fahrzeugen fahren. Dann aber wahr Gehen angesagt: Die Kälte und der Nebel spürbar, wanderten wir die letzten 800 m auf Lavaschotter hinauf zum Kraterrand, wobei vor allem die Australierinnen mit ihren offenen Schuhen ziemlich zu leiden hatten unter dieser Kälte. Die Informationen des Guide und die teilweise tolle Aussicht hinunter nach Neapel und das Meer trug zu diesem gelungenen Ausflug bei. Zurück in Pompei, besuchte ich (für weitere 11 Euro), die aus dem Lavagestein ausgegrabene römische Alt-Stadt. Unglaublich, wie gut teil Tempel, Säulen, und Häuser noch erhalten sind und einen Eindruck über den römischen Altag geben. Nach Pompei, Vesuvio und Napoli fehlt nur noch eines: eine echte Pizza Napoletana (Tomaten Mozzarella, Sardellen); dann ist der Besuch der Region Napoli komplett...
Italien aus meiner Sicht:
Wer Italien mit dem Fahrrad erleben will, wird bald merken, dass es kaum flache Gebiete gibt. Besonders in der Region Emilia Romagna und der Toskana bekam ich die nie endenden Hügel- und Gebirgslandschaften zu spüren. Dazu kommt, dass sich die meisten Orte auf irgendwelchen Erhebungen befinden. Da die Steigungen eher knackig (bis 15%) als dezent sind, kann die zunächst herrschende Freude über die tollen Landschaften nach dem x-ten Hügel durchaus weichen in leise Hoffnung auf eine (halt verkehrsreichere) Hauptstrasse. Gerade diese flachen Hauptstrassen führen dann aber oft entlang Industrie-Gebieten, sind verkehrsreicher, dafür kommt man schneller vorwärts und kann sich wieder etwas erholen. Strassenpässe gibt es recht viele in Italien, vor allem im Apennin-Gebirge. Auf meiner Tour über den nördlichen Appenin wählte ich den Abetone-Pass (1388 m.ü.M.) und wurde an diesem Skiort von den Skitouristen doch etwas gar komisch angeschaut... Empfehlenswert ist gutes Kartenmaterial, ich hatte mit meiner 1:800 000 Karte doch etwas Mühe, da viele Pässe gar nicht eingezeichnet waren und häufig die Ortschaften auf den Wegweisern nicht drauf waren. Mit meinem sehr limitierten italienischen Wortschatz kam ich zumindest auf dem Land gut zurecht, in der Stadt wurde es bei aufwändigeren Erklärungen dann etwas schwieriger, immer mehr Italiener sprechen einwenig Englisch. Die Kriminalität ist vor allem in den Grossstädten wie z.B. Napoli spürbar, hier sollte man seine Sachen / Fahrrad nicht aus den Augen lassen und auf keine angeblichen "Schnäppchen"-Angebote auf der Strasse eingehen. Gerade wenns ums wild zelten ging, wurde ich durch Italiener ein paar mal auf die Gefahr hingewiesen. Negative Erlebnisse kann ich jedoch keine berichten. Es zählen m.E. die selben Vorsichtsmassnahmen wie in anderen Ländern. Rückblickend imponierten mir vor allem die schönen (anstrengenden) Berg- und Hügellandschaften Italiens, die in Europa wohl einzigartigen antiken Gebäude / Burgen / Kirchen und die Zeugnisse der römischen Geschichte. In Erinnerung bleiben werden mir auch die wunderbare Stadt Florenz, das Städtchen Assisi und die alte Stadt Pompei, welche nach dem Vulkanausbruch (Vesuvo) 79 n.Ch. wiederentdeckt und ausgegraben wurde.