Tag 2:

Jetzt weiß ich endlich, warum man diese Anmeldezettel im Hotel ausfüllen muss. Die Dinger werden sogar gelesen, denn ich hatte dort mein Geburtsdatum eingetragen. Auf dem Frühstückstisch stand:



Mein Geburtstag ist mir recht unwichtig, aber nett fand ich das schon.


Das Verzurren des wenigen Gepäcks am Radl ist schnell erledigt und rauf auf den Bock. Es geht erst mal reichlich bergab. Bei der morgendlichen Kühle war das nur eingeschränkt spaßig, aber wer Arm-, Beinlinge und Jacke in der Tasche spazieren fährt, darf auch nicht schimpfen. Im Tal der Enns ist natürlich reichlich Verkehr. Aber wenn man die Hauptstraße meidet und entweder auf den Ennsweg oder auf die kleiner Straße am südlichen Talrand ausweicht, bekommt von dieser Hauptverkehrsachse nichts mit. Bei Liezen dann über feine Radwege in Selzthal nach Admont.



Hier war erst mal wieder die Auffüllung des Kaffeespeichers angesagt und diesmal kein schneller Café-to-Radl an der Tanke, sondern so richtig mit Hinsetzen, Porzellantasse und ein Kuchen dazu. Als Optimist setzte ich mich gleich mal trotz der sehr dunklen Gewitterwolken auf die Terrasse, die ansonsten von den Besuchern bereits geräumt wurde. Optimismus zahlt sich manchmal aus; es blieb trocken.

Und dann geht es auf die Eisenerzstraße in den Nationalpark Gesäuse. Im Winter kenne ich die Gegend; jetzt ohne Schnee sieht alles ganz anders aus, aber keinesfalls weniger eindrucksvoll. Ist schon eine hübsche Gegend dort.
Der Verkehr auf der Eisenerzstraße hält sich einigermaßen in Grenzen, so dass ich die Gegend genießen kann. Es gibt einige wenige Tunnel und diese sind für Radfahrer gesperrt. Und das ist gut so, denn zu jedem Tunnel gibt es eine asphaltierte Umfahrung für Radfahrer und diese Stücke sind die eindrucksvollsten der ganzen Strecke.



















Irgendwann geht es dann Richtung Eisenerz und die Atmosphäre ändert sich. Wenn die Erdscheibe irgendwo endet, so muss es hier sein. Es ist wie ein tristes, ungepflegtes Museum, das eine längst vergangene Zeit mühsam konserviert, nur dass das wohl keine Absicht ist. Die Zeit des dortigen Erzabbaus hat sich größtenteils überholt und die damit zusammenhängende Industrie auch.
Kein Wunder, dass „Leerstand“ sowohl bei Wohn- als auch Industriegebäuden die Gegend prägt und Hieflau, Eisenerz und andere Ort nicht den hoffnungsvollsten Eindruck machen.
In Eisenerz dann noch dieser Blick auf den halbierten Berg. Und noch ein Blick; da oben ist eine Brücke in einer Höhe, die gefühlt dem Rande der Stratosphäre nahe kommt. Welcher Tottel hat denn da oben eine Straße hin gebaut?
Ein paar Kilometer später weiß ich immer noch nichts über den „Trottel“, aber ich nähere mich der Brücke. Es ist der Präbichl. Ein Pass, den man nicht mit dem Radl fahren muss und selbst wenn man nicht muss, dann sollte man auch nicht. Die Straße ist autobahnähnlich ausgebaut und während ich mich die 9% hoch kurbele, donnert alles, was es so an stark motorisierten Fahrzeugen auf den Straßen gibt, mit einem Höllentempo an mir vorbei. OK, die LKW fahren kein Höllentempo, aber das macht die Sache eher schlechter.
Nun gut, auch Pässe sind irgendwann zu Ende und es geht wieder runter. In diesem Fall eher senkrecht auf einer im oberen Teil durchaus verbesserungswürdigen Fahrbahndecke. Jedenfalls sind die Scheibenbremsen am grünen Gravel-Dingens jetzt wirklich eingebremst

Die restliche Abfahrt Richtung Leoben und Tal der Mur sind wieder sehr nett zu fahren, auch wenn weiterhin Industrieruinen die Gegend prägen. Aber es gab diese Zeit; keine Ahnung, wie man in 30 Jahren leerstehenden AKWs gegenüber stehen wird.

Ab Leoben geht es noch ein paar Kilometer nach Osten, die weniger toll zu fahren sind, aber ich erreiche nach einem eher kurzen Radltag mit knapp 130km den Wohnort meines Bekannten. Ein Idyll:




Ein Zielbier und ein langer Abend mit noch dem einen oder anderen Vorbau eines Dehydrieungsunbills schließen sich an. Noch ein kurzer Blick auf das Bildschirmtelefon; meine Tochter hat die Qualifikation überstanden und wird am nächsten Tag im Halbfinale für mich zu sehen sein.