Davide, der Inhaber des Hotel Corsaro bietet 10 % Discount für Biker. Auf meine Ankündigung, mit dem Fahrrad zu kommen, schrieb er zurück, dass sich der Discount nur auf motorisierte Zweiräder bezieht, aber … Immerhin hat er vor gut 2 Wochen einen Teil der Giro-Karawane beherbergt.



Auch hier bleiben wir für 2 Tage. Nach einem üppigen Hotelfrühstück begeben wir uns zur Funivia dell’Etna. Für 53 € darf man 1000 m höher, aber leider nicht zum Gipfel auf 3300 m, da Stromboli-Aktivitäten erwartet werden. Die lassen leider noch einen Monat auf sich warten, so dass wir das Feuerwerk nur im TV zu Hause erleben.

Wegen des starken Windes fahren wir mit dem Geländebus bis zur Bergstation auf ungefähr 2.600 m.



Hier kann sich die Stöckelschuhfraktion leihweise mit höhentauglicher Kleidung ausstatten. Wir sind besser vorbereitet und mit Fleece- und Regenjacke gut gerüstet. Weiter geht es mit dem Geländebus zum Torre del Filósofo auf 2.900 m. Hier pfeift ein starker Wind, der einen die Asche ins Auge treibt.



Mit den Bergführern wird eine Runde gedreht, in kleine Krater geschaut,



ehrfürchtig die dampfende Oberfläche registriert,



die Tragfähigkeit der Schnee- und Aschedecke begutachtet und bedauernd zum Philosophenturm hinaufgeschaut.



Mit dem Bus geht’s wieder zurück zur Bergstation. Jetzt fährt die Seilbahn wieder. Der Blick ins Tal ist atemberaubend. Vor uns liegt das Lavafeld von 2002, das die meisten Gebäude des Rifugio zerstört hatte, die Talstation und unser Hotel aber verschonte.



Leider ist das Wetter zu dunstig, so dass Nicolosi und Catania nur zu erahnen sind. Da der Wind sich nun gelegentlich zurückmeldet, stoppt die Bahn zweimal. Wir müssen minutenlang warten, bis sich die Kabinen ausgeschaukelt haben.

Die nächste Etappe ist die leichteste unserer Tour, 38 km nur bergab bis ins Zentrum von Catania.



Die Straße schlängelt sich ein paarmal durch die Lavamassen



und zeigt allerlei Interessantes am Wegesrand:



Kurz vor Nicolosi wird Basalt abgebaut, Baumaterial, das bis vor die Tore der Stadt geliefert wurde.



In Nicolosi habe ich mal wieder gegen die Einbahnstraße geplant, wir fahren etwas defensiver und keiner regt sich auf.



Auch hier wird die Straße verstärkt durch den Einzelhandel genutzt.



Wer diese Wegweisung verstehen soll …



In Catania fahren wir auf der Busspur der Via Etnea fast 3 km immer geradeaus mitten ins Zentrum. Direkt am Domplatz ergattern wir ein ungewöhnlich preisgünstiges, im Stil der Gründerzeit ausgestattetes Hotelzimmer mit Blick auf den Dom, was will man mehr.



Wir besichtigen die Stadt mit zahlreichen wunderbaren Bauten des sizilianischen Barock und aus der Belle Époque, mit dem Teatro Bellini, dem Teatro Romano und gehen abends ins ristorante. Bis 20 Uhr dürfen die Autos noch zwischendurch fahren, dann wird abgesperrt.



Im Süden geht man ja ohnehin erst um 21 Uhr Abendessen. Nur wir Touris belästigen das Personal schon vor 20 Uhr.

Am nächsten Morgen versuchen wir, die Stadt auf Nebenwegen zu verlassen, was nicht ganz einfach ist, da immer wieder die Gefahr besteht, auf einer Superstrada oder der Autobahn zu landen. Hinter diesem Stadttor lässt der Verkehr rapide nach



und wir fahren mit sicherer Begleitung



hinaus aus der Stadt. Nachdem wir die peripheren Bauten des sozialen Wohnungsbaus und das ausgedehnte Gewerbegebiet hinter uns lassen, fahren wir durch ruhigere und dünn besiedelte Landschaften. In Lentini müssen wir nochmal 250 m hoch bis Carlentini.



Danach kommen wieder leicht wellige, wenig besiedelte Landschaften mit zum Teil verwaisten Bauernhöfen



bis wir Siracusa erreichen:



Wir schwimmen mit dem Verkehr mit,



der uns bis in die Altstadt Ortigia auf einer Halbinsel trägt. Von der Zufahrtsbrücke



beobachten wir eine Partie Kanupolo – was es nicht alles gibt!



Nun geht’s zum „offiziellen“ Schlusspunkt unserer Radreise, dem südlichsten Punkt, den wir je auf Radreisen erreicht haben, immerhin registrieren wir den 37. Breitengrad.



Die Südspitze wird umrundet, die Sonneninsel der Siracusani



bestaunt und ein Quartier gesucht. Wir landen im B&B Akropoli in historischem Gemäuer, schätzungsweise 17. Jahrhundert. Die Zimmer sind jedenfalls bestes 21. Jahrhundert und dazu noch recht preiswert. Nur die Räder sollen wir draußen im öffentlich zugänglichen Hof lassen. Nee, das geht nicht. Freundlicher Disput mit der Rezeptionistin, il boss wird gerufen: Räder übernachten im Frühstücksraum, na geht doch!

Beim abendlichen Rundgang beobachten wir das Treiben auf dem Domplatz,



spachteln ordentlich Pasta mit Meeresfrüchten und machen noch eine nächtliche Runde durch den mittelalterlichen Ort.

Inoffiziell ist die Reise natürlich noch nicht beendet, denn wir müssen irgendwie in die Nähe des Flughafens kommen. Air Berlin hat den Abflug vorverlegt und am Pfingstsonntag fährt kein Regionale.



Zurück nach Catania fahren wir nun entlang der Küste, die bis Augusta ein gruseliges Bild abgibt. Hier wechselt Ölhafen mit Tanklager, Raffinerie und Chemiewerk. Na wenigstens grüßt uns mal wieder der Ätna mit weißem Dampf.



Zu allem Übel brennt eine der Chemieanlagen:



Leute am Straßenrand warnen uns, weiterzufahren: Tossico, tossico … Wir basteln uns einen Mundschutz und fahren weiter.



Später sehen wir, dass sich die Belegschaft noch näher dran am Werktor aufhält. Wird schon nicht so schlimm sein …



Augusta sehen wir nur von weitem, ist auch besser so. Da scheinen nur Öltanker im Hafen zu liegen. Danach wird’s wieder ländlich. Wir sehen hier wie auch anderswo in Sizilien und Kalabrien viele aufgegebene Bauernhöfe, andererseits aber auch sehr viele Neubauten.



Jetzt geht es weiter an der Küste entlang, die wir von einer Anhöhe sehen.



Kurz vor Catania haben wir im Villagio Europeo einen kleinen Bungalow am Strand gebucht und lassen für drei Tage die Beine baumeln.



Den Ätna immer im Blick warten wir auf ein bisschen Illumination, aber für uns hat er nur etwas Dampf übrig.



Wir genießen den letzten Tag der Vorsaison (11. Juni) und erleben in der letzten Nacht, was hier Saison bedeutete: Freiluft-Disko am Nachbarstrand von Mitternacht bis 5 Uhr.



Heute klingelt der Wecker um 4:15 Uhr. Um 5 starten wir zum Flughafen. Es ist tiefschwarze Nacht. in Fontanarossa, kurz vorm Flughafen hat die Bar schon geöffnet, also schnell noch ein italienisches Frühstück: un caffè e un brioche



Nun sind es noch 2 Kilometer bis zum neuen Flughafen:



Wir haben genügend Zeit, die Räder vorzubereiten. Die Pappe haben wir unterwegs aufgelesen, Bindfaden und Klebeband hatten wir uns vorher besorgt. Beim Einchecken wurden wir noch mit der Forderung konfrontiert, das Vorderrad auszubauen. Na gut, auch das noch. Nun passen die Räder aufs breite Band und schon sind sie durch.



Beim Einstieg noch kurz ein Blick auf den Ätna, Nachfrage bei der Flugbegleiterin, ja die Räder sind verladen. Gut, dann können wir starten.



Wir umrunden den großen Berg nochmal



und biegen nach Norden ab, lassen Sizilien hinter uns, überfliegen die Liparischen Inseln mit der Isola Vulcano,



erreichen Capri



im Golf von Neapel, überfliegen den Ausgangspunkt unserer Reise mit dem Vesuv



und landen pünktlich in Berlin. Nach einer Stunde sitzen wir auf den Rädern und radeln gen Heimat.



Obwohl die Tour eigentlich „nur“ die Fortsetzung vom Vorjahr war, sind wir doch voller neuer Eindrücke heimgekehrt.

Der Mezzogiorno ist schon ein etwas anderes Italien. Irgendwie einsamer, rauer, urwüchsiger. Auch die Sprache ist hier etwas gewöhnungsbedürftig. Ich muss öfter mal nachfragen, um die Menschen zu verstehen. Dafür schlägt uns aber eine große Freundlichkeit entgegen.

Viele Leute sprechen uns an, nachdem Sie unsere Herkunft erahnen. Viele waren zum Arbeiten in Deutschland und haben sich positive Erinnerungen bewahrt. In Kalabrien schwärmte ein älterer Herr in schönstem Schwäbisch von seiner Zeit am Bodensee, wo er schaffe war.

Sizilien ist eine positive Überraschung für uns. Leider fährt man immer mit irgendwelchen dummen Vorurteilen los und stellt dann fest, dass alles ganz anders ist. Natürlich sieht man auch die schlimmen Seiten wie die zum Teil verschandelte Natur, daneben aber eine bunte Insel mit lebensfrohen, angenehmen Menschen, die uns jederzeit freundlich zugetan waren, Autofahrer, die uns Beifall bekundeten, Gemüsehändler, die noch ein Stück oben drauf legten. Das hält man ja nur 3 Wochen aus!

Unser Weltbild kam erst wieder in Ordnung, nachdem uns ein Berliner Autofahrer nach den ersten drei Kilometern auf deutschem Boden anhupte und der Straße verwies „Faaarraaadweeeg!!“

Sofort war sie wieder da, die Sehnsucht nach dem Land, wo die Zitronen blüh‘n.



A l’anno prossimo!


Für die Statistik sind 1066 km mit ca. 12.000 Höhenmetern zu vermelden.