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#886731 - 30.11.12 23:14 Korsika 2012
veloträumer
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Beiträge: 17.185
Dauer:1 Monat, 1 Tag
Zeitraum:22.6.2012 bis 22.7.2012
Entfernung:2516 Kilometer
Bereiste Länder:

TOUR DE CORSE 2012



Total: 31 Tage (30 Fahrtage) | 2516 km | 37950 Hm* | 121 Pässe | ca. 3100 Fotos (brutto)
Ø-Werte: 84 km/d | 12,7 km/h | 6:39 h/d | 1265 Hm/d (jeweils bzgl. Fahrtage)


Inhaltsverzeichnis

Einführung I – Routenwahl, An-/Abreise, Wetter, Schlafen (gleich hiernach)

Einführung II – Essen & Trinken, Diverses, Pech & Pannen, Karten & Straßen

1. Prolog: Esterel-Massiv

2. Nordwest: Balagne mit Calvi; Exkurs (E) Polyphonie

3. Zentrum: Monte Cinto, Gravone, Prunelli; E: Unabhängigkeit 1

4. West: Ajaccio – Porto mit Hinterland

5. Zentrum: Corte, oberes Taravo; E: Topographie, Unabhängigkeit 2

6. Südwest: Prunelli, Ornano, Taravo, Sartenais; E: Vendetta

7. Süd: Sartène, Bonifaci, Porto Vecchio; E: Kunstoase

8. Alta Rocca, Bavella, Fiumorbo, Plaine Orientale

9. Nordost: Bozio, Castagniccia, Casinca; E: Unabhängigkeit 3/4, Kastanie

10. Nordost: Cap Corse, Bastia; E: Fußballgeschichte, Torregiana

11. Nebbio, Region Bastia; E: Gitarrenfestival & Weingüter Patrimonio

12. Epilog Rund um Firenze; Ode an Korsika



EINFÜHRUNG & ÜBERSICHT

Zusätzlich zu der zweiteiligen Einführung mit einigen Erklärbildchen folgen noch 12 regionale Blöcke mit den Etappen und jeweils einer Bildergalerie. Damit setze ich meine Gliederungsstruktur vergangener größerer Reiseberichte fort, die einerseits das Lesen und Bilderschauen in gut verdaulichen Kapiteln erleichtern und andererseits das Gefühl für die regionalen Unterschiede im Reiseland stärken soll. Die einzelnen Teile werde ich in möglichst überschaubaren Abständen nachschieben. Der erste und letzte Teile betreffen Warteschleifen auf dem Festland im Zuge der An- und Abreise. Wer sich nur für Korsika interessiert, kann die Eintageskapitel 1 und 12 also auslassen.

Die opulenten Bildergalerien erlauben zu guten Teilen das visuelle Nachfahren der Reise. Für einige Bilder habe ich weitere Gestaltungsmittel aus dem „künstlerischen“ Fotobearbeitungskasten verwendet um Stimmungen und Bildaussagen zu verstärken. Dabei wiederholen sich zuweilen auch Motive in Varianten. In jedem Bild weilt ein Moment der Muse, ein Moment der Schönheit oder der Verderbnis, ein Seufzer, ein Staunen, ein Gedanke, ein Atemhauch, eine Illusion, ein Träumer(sic!)blick oder oder... Es ist mein persönliches Bilderbuch der Reise. Ich bitte um Nachsicht, wenn das nicht allen gefallen sollte. Beachtet auch, dass einige spezielle Effekte nur wirken, wenn die gegebene Bildfolge eingehalten wird. Es ist eine Einladung zu einer virtuellen Reise eben, die auch ein wenig Muße vom Betrachter verlangt – nicht unbedingt für die „One klick only“-Fraktion geeignet. Damit sich kein rastloser Muss-alles-gesehen-haben-Fetischist ärgern muss, gebe ich die zu erwartende Bilderzahl vor jeder Bildergalerie an. Es kann dann jeder entscheiden, ob er genügend Zeit hat, bis die Pizza aus dem Ofen kommt oder der Chef um die Ecke lugt. zwinker



Tourgedanke und Routenwahl

Im Gegensatz zum letzten Jahr hatte ich meine Reise weniger gut vorbereitet. Die letzten Etappen habe ich noch auf der Anreise im Zug ausgearbeitet. So wusste ich gar nicht recht, ob ich zu wenig oder gar zuviel Zeit für die Reise haben würde. Am Ende ist es ja immer zu wenig Zeit, denn gerade Korsika ist ein Ort, in dem die Entschleunigung ein Teil des alltäglichen Lebens ist. Die Orte des Genießens sind so zahlreich, dass man eher zu kurze als zu lange Etappen fahren müsste. Wer nach Korsika mit dem Anspruch fährt Strecken- oder Höhenmeterrekorde zu brechen, der sollte sich besser nach anderen Zielen umschauen. Etappen über 100 km machen selten Sinn, weil man sonst die Charakteristik der Regionen nicht erlebt. Dazu muss man rasten und innehalten – mit dem Blick auf Berge und Meer, bei Sonnuntergängen verweilend, der Stille lauschend, flanierende Menschen in quirligen Gassen beobachten oder die Sinne in einem der sommerlauen Freiluftkonzerte bereichern.

Mein 84-km-Durchschnitt ist eher zu hoch gewesen. Immerhin kann ich beanspruchen, mich bereits auf gefahrene Strecken zu berufen. Denn Korsika 2012 war bereits meine zweite Korsika-Radreise – 3 Wochen verbrachte ich bereits 1999 dort – es war sogar meine erste echte Radreise – gewissermaßen als Spätberufener in Sachen Packeselnomade (bilderloser Bericht Korsika 1999). Die damalige Tour war im Schwerpunkt eine Inselumrundung – mit wenigen Inlandsabstechern. Insofern sollte die neue Tour den Schwerpunkt auf das Inland legen, aber auf eine Wiederholung einiger Meersrecken wollte ich auch nicht verzichten. Es ist ja gerade die Faszination monti e mare, die Korsika auszeichnet. Neben gewünschten Wiederholungen gab es zwingende, weil sich anders verschiedene Inlandsrouten in einem Rundkurs nicht kombinieren ließen. So konnte ich beispielsweise die eher ungeliebte Route an der Südküste nicht vermeiden, derweil ich Bonifacio und die Strände im Südosten nochmal besuchen wollte.



Neben dem Schwerpunkt Berge im Landesinneren (Bild: Bergerie im Restonica-Tal) mit dem Ziel, eine möglichst große Anzahl von Pässen abzuradeln, war die Reise auch eine Hommage an die korsischen Dörfer. Anders als auf dem französischen Festland – etwa als Paradebeispiel das Elsass – gibt es hier keine pittoreske oder gar spektakuläre Architektur zu bewundern. Doch hat jedes Dorf seine speziellen, nahezu unscheinbaren Charme (Bild: Vescovato in der Casinca). Diesen zu entdecken bedarf des ruhenden Auges des Reisenden – ein weiterer Grund, das schnelle Streckenabradeln auf Korsika zu vermeiden. Mit der Hommage an die Dörfer möchte ich aber nicht alle konservativen Mentalitäten ihrer Bewohner gut heißen – dazu vielleicht später mehr.



Nichtsdestotrotz wollte ich die meisten Städte auch wieder sehen, auch sie sind ja Herzstücke der Insel. Mit Ausnahme von Corte kannte ich bereits alle größeren Städte. Nicht mehr besucht habe ich hingegen Ajaccio, das gemeinhin die architektonisch die unattraktivsten der korsischen Städte ist. Die Hauptstadt und auch größte Stadt der Insel ist zudem ungenehm zu beradeln. Wer das erste Mal in Korsika ist, wird vielleicht doch einen Blick in die Napoléon-Stadt werfen wollen. Sinnvoll in erster Linie aber nur, wenn Shopping, Museen oder Festivals mit auf dem Plan stehen. An der Agglomeration Ajaccio kam ich allerdings nicht ganz vorbei – allerdings durchfuhr ich den kritischen Abschnitt in dunkler Nacht – dort wusste ich, nichts landschaftlich Bedeutsames zu versäumen.

Nicht so geplant, letztlich aber erstaunlich gut gelungen, war die Abfolge der jeweiligen Regionen. Natürlich sind meine Regionalblöcke nicht exakt – immer wieder überfahre ich auch Grenzen zu anderen Regionen. Doch sind die Regionalblöcke im Schwerpunkt richtig angegeben. Manche der offiziellen Regionen sind durch ihre Längsausrichtung landschaftlich sehr heterogen und in einem Rundkurs nicht wirklich nachfahrbar, andere sind wenig nachvollziehbar (West/Südwest). Insofern unterteile ich teils in Regioblöcke nach Himmelsrichtungen und Landschaftstypen, andere in die offiziellen Regionen.

Ein weiteres Problem war, die Hochgebirgsregion im Inselinneren samt seiner Täler ohne Wiederholungen zu erkunden. Zum einen gibt es einige Stichtäler, die man nur hin und zurück fahren kann (Asco-, Restonica-Tal, Val d’Ese). Zum anderen konnte ich die beiden Ausfahrten aus dem Hochgebirge nach Südwesten und die Westroute über den Col de Vergio zur Calanche nur durch die doppelte Passage über Corte abradeln. Zusammen mit der Fahrt ins Restonica-Tal kam ich also gleich dreimal durch bzw. an Corte vorbei. Umso erstaunlicher ist wohl, dass ich keinen einzigen Abend in Corte (Bild) verbrachte – im Rückblick eine eher unglückliche Entscheidung (vgl. Kap. 5).



Um eine Übersicht zu erhalten sei diese Regionenkarte angezeigt. Diese fasst allerdings die detaillierten Regionen teils zusammen, was üblicherweise immer wieder auf unterschiedliche Art gemacht wird. Verwirrung ist also nicht ausgeschlossen. Leider finde ich ohne länger zu suchen keine wirklich überzeugende Karte im Web. Im Reiseführer von Reise Know-How gibt es eine halbwegs gute Darstellung der tatsächlichen Regionen. Zur groben Orientierung reicht aber die hier verlinkte Karte. Verwaltungstechnisch besteht Korsika aus zwei Departments, Haute-Corse und Corse-du-Sud, im Autokennzeichen mit 2B und 2A unterschieden. Für Reisezwecke ist die Aufteilung allerdings wenig hilfreich – vielleicht zur Übersicht aber dennoch: Department-Karte. Um eine Vorstellung der Verteilung der Bergregionen zu bekommen lohnt ein Blick auf die topografische Karte. Wer die Tour genauer verfolgen will, müsste sich eine Karte zurechtlegen bzw. ein Google-Maps-Fenster o.ä. nebenbei öffnen. Es geht natürlich noch einfacher – Korsika zu Tisch: schmunzel



Meine Route führte vom Norden von der Nachtfähre von Nizza kommend ab L’Île Rousse durch die Balagne, weiter ins nördliche Hochgebirgszentrum beim höchsten Berg der Insel, dem Monte Cinto (2706 m), teils über die Hauptinseltransversale Bastia – Corte – Ajaccio, auf Nebenwegen in die südliche Hochgebirgsregion zum wohl höchsten asphaltierten Punkt der Insel, einer Skistation im Val d’Ese (ca. 1680 m) unweit des höchsten Straßenpasses (Col de l'Usciola, 1612m), der aber nur ein eigentlich nicht erkennbarer Tangentialpass ist und mit der Skistation wenig weiter für Straßenfahrer eine Sackgasse bildet.

Weiter ging es an die Westküste nördlich von Ajaccio, auf Umwegen bis in die Calanche, von der bekannten Felsenküste über den gemeinhin als höchsten weil „echten“ Pass bezeichneten Col de Vergio (1477 m), um ein zweites Mal in die nördliche Hochgebirgsregion um Corte vorzudringen. Auf weiteren Umwegen führte die Tour über den Col de Verde in den Südwesten mit Bergen und Meer, weiter durch den trockenen Süden an die Kreidefelsen von Bonifacio.

Vom nahezu südlichsten Punkt der Insel und entlang der südöstlichen so titulierten Traumstrände ging es durch das Alta Rocca, der Gebirgsregion im Südosten mit dem Bavellamassiv, weiter in das weniger gut besuchte Fiumorbo und mit weiter abnehmenden Höhen in die Plaine Orientale, der fruchtbaren Hügelebene im Osten. Von den Weinbergen am Meer ging es dann wieder ins Binnenland mit den drei mittelgebirgigen Regionen, in denen die Kastanie eine herausragende Rolle spielt(e), zuweilen als Castagniccia zusammengefasst, welche aber letztlich exakt nur eine der drei Regionen bezeichnet. Es folgte Bastia und die Umrundung des Cap Corse im Norden und abschließend das Nebbio, das eine landschaftlich recht liebliche Brücke zwischen der Balagne im Nordwesten und dem korsischen Wirtschaftszentrum Bastia bildet.


An- und Abreise

Hatte ich An- und Abreiseort (L’Île Rousse, Bastia) für die Route auf Korsika gut gewählt, so habe ich doch mit der Abreisevariante über Livorno/Firenze etwas Bauchschmerzen bekommen (vgl. Kap. 12). Zunächst einmal für künftig Korsika-Reisende: Die Wahl zwischen Flugzeug oder Bahn/Schiff-Kombi ggf. auch Auto/Schiff-Kombi muss natürlich jeder selbst abwägen. Eine Flugvariante (Frankfurt – Figari) hatte ich 1999 gewählt.

Da ich diesmal aber sehr darauf bedacht war, möglichst wenig Radelzeit zu verlieren, wäre ein Flug ungünstig gewesen, da bezahlbare Flüge nur an Samstagen oder anderen Wochentagen buchbar waren – was bei den entsprechenden Tageszeiten zu einem Reiseaufwand von 3,5 Tagen geführt hätte. Die Kombination 2 x Nachtzug + 2 x Nacht-/Spätfähre hingegen reduziert den Ausfall der Radelurlaubszeit auf maximal einen halben Tag (eher weniger). Leider gab es von Bastia aus keine echte Nachtfähre nach Livorno an dem gewünschten Tag – das wäre noch besser gewesen. Allerdings reduziert sich dabei die Radelzeit für das eigentliche Urlaubsziel Korsika um zwei Tage. Man kann diesen Verlust nur auf Kosten von radelbarer Tageszeit insgesamt vermindern. Ich hätte vielleicht noch die Nachmittagsfähre am Sonntag nach Livorno genommen – dazu wäre aber der Regionalzuganschluss nach Florenz zu knapp bemessen gewesen.



In der Gesamtabwägung war meine Wahl allerdings gut gewählt, denn auch die Kosten wären bei den meisten Alternativen höher gewesen. Der Anschluss an einen französischen Nachtzug auf der Rückreise mit einer passenden Fähre war zudem schwieriger als für die Hinreisevarianten – hätte möglicherweise über Ajaccio erfolgen müssen – was wiederum eine ungewollte Route aus Korsika bedingt hätte. Hinzu kommen die allfälligen Buchungsprobleme mit Nachtzügen bei der SNCF. Grundsätzlich sollte man aber bei Verbindungen mit dem französischen Nizza-Nachtzug auch die Fährkombination Toulon/Calvi und Toulon/Ajaccio einbeziehen. Insgesamt wird aber insbesondere außerhalb der Hochsaison L’Île Rousse und Calvi seltener angefahren als Ajaccio oder Bastia. Aus der Sicht eines gemütlichen Einstiegs sind Calvi und L’Île Rousse auf jeden Fall vorzuziehen – i.d.R. lässt sich in Bastia und Ajaccio hingegen eine autobahnähnliche, hektische Ausfahrt nicht vermeiden – ein ebenso ungemütlicher wie auch untypischer Einstieg für eine Korsika-Reise.

Im Gegensatz zu meiner gewählten Variante von Livorno nach Pisa zu fahren und erst dann mit dem Zug nach Florenz zu fahren (nur dort Nachtzuganschluss), kann man natürlich auch direkt von Livorno mit einem Regionalzug fahren. Man muss aber i.d.R. in Pisa umsteigen. In meinem Fall musste ich zwecks Übernachtung aber erstmal in der Nacht aus Livorno rausfahren, sodass es kaum noch einen Unterschied machte, morgens ab Livorno oder Pisa zu fahren. Wer sich in Livorno direkt ein Hotel nimmt oder tagsüber eintrifft, ist besser beraten, gleich den Zug zu nehmen. Um der Strecke von Livorno nach Pisa auf dem Rad etwas Positives abzugewinnen, bedarf es schon einer gewissen visuellen „Abhärtung“ oder eines italienischen Gendefektes (vgl. Kap. 12). lach Evtl. bietet sich aber eine direkte Route durchs Binnenland von Livorno nach Florenz an – das ist zumindest nach Kartenlage eine vergleichsweise leicht zu schaffende Tagesetappe. Dass man sich aber nicht nur nach Kartenlage, sondern auch nach den äußeren Umständen ausrichten sollte, zeigt meine Erfahrung mit dem persönlichen „Giro di Firenze“ (vgl. Kap. 12). Hätte ich letztere Variante gewählt, wäre ich wohl nie in Florenz angekommen – zumindest nicht rechzeitig zum Weltuntergang. grins


Endlich Sommer!

Nach garstigen Radtouren im Frühjahr und den teils schwierigen Witterungsbedingungen auf meiner letztjährigen Sommerreise in den Pyrenäen gab es diesmal nur Sommer – wenige Wolken, wenige Regentropfen, nicht mal ein Gewitter. Auch die häufigen und heftigen Winde des Jahres 2012 zierten ausgerechnet auf Korsika ein Schattendasein, gilt die Insel doch eher als „bewegt“. Zwar musste ich eine Schluchtfahrt vorzeitig abbrechen und auch in der so gelobten „lieblichen“ Toskana erlebte ich die Inkarnation des Teufels in Form von Luftbewegungen – doch zumindest letzteres könnte ja auch auf einen schwelenden Disput zwischen Papst und Teufel hindeuten. verwirrt

Die Temperaturen waren nur anfangs sehr heiß mit über 35 °C, ansonsten waren es meist für mich gut verträgliche Sommertemperaturen von maximal 33 °C, auch häufiger unter 30 °C. Vermutlich waren die Lufttemperaturen niedriger als ich gefühlt habe, weil die Sonne entsprechend einheizte. Messungen mit dem Tacho waren entsprechend nur bedingt möglich. Auch die Nachttemperaturen waren meist mild, etwa zwischen 15 °C und 20 °C – sogar in den höheren Lagen. Nur zweimal habe ich mir abends beim Essen die dünne Windjacke übergezogen – mehr als Vorbeugung als aus Notwendigkeit.

Da ich bereits zum zweiten Mal im Sommer dort war: Wer Gelegenheit hat, Korsika im Frühjahr oder Herbst zu besuchen, sollte das unbedingt ins Auge fassen. Im Frühjahr blüht die Macchia noch intensiv – da sind ganz andere Farben und Düfte als im Sommer zu erleben. Auch im Spätsommer und Herbst steigen erst manche Kräuterdüfte in die Nasen. Durch die vielen Kastanienblätter erwartet einen ein bunter Herbst – nicht zuletzt kann man im Spätherbst Kastanienfeste mit eigenem Charakter erleben (Evisa, Bocognano).



Gut ausgeruht

… war ich nicht immer. Gerne hat sich der Abend spät hingezogen, immerhin kann man im ländlichen Korsika vielfach später Essen gehen als im ländlichen Festland-Frankreich – also ein Stück mehr italienisch wie die korsische Sprache auch. Gilt aber nicht immer, also aufpassen. Oft habe ich mein Zelt spät nach dem Essen aufgebaut – mindestens immer dann, wenn ich wild gezeltet habe. Dadurch war ich häufiger übermüdet und habe manchmal nicht rechtzeitig einen einladenden Siesta-Ort gefunden. In der Mittagshitze nimmt ja bekanntlich der die Müdigkeit zu (Blutzuckerspiegel, Hitzewirkung). So kam es, dass ich mich gelegentlich beim Sekundenschlaf ertappt habe. Dem geringen Verkehr sei Dank, dass es zu keinen kritischen Situationen kam – nur einmal kam ich bedenklich knapp vor dem Abgrund zum Stehen. schockiert

Im Gegensatz zu meiner 1999er-Reise habe ich diesmal ausschließlich im Zelt übernachtet, damals waren es fast umgekehrt meist nur Hotels, Ferienwohnungen oder Jugendherbergen. Vergleichspreise von Bungalows auf Campingplätzen weisen eine enorme Preissteigerung innerhalb der letzten 13 Jahre aus – über Hotelpreise kann ich diesmal nichts sagen. Preiswerte Gîtes und Hütten in den Gebirgsregionen gibt es aber immer noch, ein paar Radler haben mir unterwegs davon berichtet. Die Campingplatzpreise sind in Korsika nach wie vor günstig geblieben und können mit dem Festlandniveau verglichen werden – alle Übernachtungen blieben unter 13 Euro – selbst auf dem Trubelluxusplatz bei Aléria. Eine unrühmliche Ausnahme bildete nur das toskanische Festland – mit 19 € nicht nur der teuerste, sondern auch der ungemütlichste Platz der Reise.

Zum Thema Wildcampen und Korsika sind noch ein paar erklärende Hinweise nötig. Bekanntlich gibt es auf Korsika eine hohe Waldbrandgefahr – entsprechend ist Wildcampen eigentlich verboten. Auch sind die Möglichkeiten dazu recht beschränkt. Einige meiner Plätze würden in der Kategorie „kuriose Übernachtungsplätze“ ein gehobenes Ranking erhalten: Friedhöfe, Autoschrottplatz usw. Wie auch sonst auf meinen Radreisen muss ich aber hinzufügen, dass ich erst zur Nacht – also i.d.R. nach dem Abendessen mein Zelt aufschlage und auch wieder möglichst früh am Morgen verschwinde. Außer schlafen mache ich keine sonstigen Campingaktivitäten – es handelt sich folglich nur um „Biwakieren“.



Waldbrände oder Wildschweine interessiert das aber nicht. Ob ein Platz eine gewisse Brandgefahr ausweist, kann man letztlich ganz gut einschätzen. Letztlich wird die Gefahr überschätzt. Am ehesten sind die eher trockenen, halblichten Kiefernwälder gefährdet. Viele Kastanienwälder etc. sind recht feucht, haben sehr viele Wasserläufe und Wasserfälle. Auch ist man am Rande von Orten so gut wie sicher – z.B. wenn die Brände bewusst aus Spekulationszwecken angelegt werden sollten. Letzteres ist aber stark rückläufig, weil die entsprechenden Vergünstigungen für gerodetes Land in den Gesetzen geändert bzw. gestrichen wurden.

Manchmal haben dann größere Brände ganz andere Ursachen – z.B. eine umgekippter Strommast (so eine große, noch brandgezeichnete Fläche bei Aullène – in seiner Gestalt schon wieder eine landschaftliche Attraktion. Ich habe nur einen kleinen Brand mal gesehen, an einem Morgen und direkt an der Hauptinseltransversalen Bastia – Ajaccio an einem recht trockenen Hang mit Einzelbäumen oberhalb von Vivario. Die Löscharbeiter waren schon im Einsatz (vgl. Bilder zu Kap. 3). Auf der ganzen Insel sind Löschtanks deponiert – alle mit der Inhaltsmenge auf einem Schild an der Straße zu sehen.

Wildscheine habe ich gar keine gesehen. Vermutlich ist das eine größere Gefahr, wenn man als Wanderer abseits der Straßen unterwegs ist. Auch diese Gefahr wird wohl überschätzt. Die in bestimmten Gegenden häufig wild herumlaufenden Hausschweine sind harmlos. Zwar muss man damit rechnen, dass sie Vorräte durchwühlen könnten, aber sie sind sehr feige und flüchten, wenn man sich bemerkbar macht. Zwar habe ich einmal ein Schwein gesehen, dass sich von einem Jungen hat streicheln lassen, ansonsten stöben sie aber wilder und schneller davon als beispielsweise Ziegen. Lästiger könnte die Schlafstörung durch die Laute der Schweine sein. An Orten, wo ich mein Zelt aufgestellt habe, gab es nie wild laufende Hausschweine. Wo es eine „Gefahr“ gewesen wäre, habe ich recht bewusst die Nähe zum Ort gesucht (z.B. Bastelica).



Ein Störenfried des letzten Jahres tauchte auch dieses Jahr wieder auf: der Fuchs. Dieser Rotfellintrigant gehört zu den am besten angepassten Tieren – er kommt ebenso im Hochgebirge wie auf Meereshöhe vor. Diesmal war es direkt am Meer bei Barcaggio auf einer Art Strandwiese. Der Fuchs machte sich an meinen Radtaschen zu schaffen – einschlägige Erfahrungen hatte ich den Pyrenäen ja schon mit Haushunden gemacht. Da ich hier keinen Fuchs erwartet hätte, hatte ich auch wieder meine Radschuhe unter die Apsis gestellt – und da wurden letztjährige Erinnerungen an Meister Reineke vom Coll de Faidella wach. böse Zum Glück war ich zu später Stunde noch nicht richtig eingeschlafen und wurde vom Geräusch wach. Obwohl ich nach draußen sprang und Urlaute von mir gab, versuchte der Fuchs zunächst, mich von hinter dem Zelt zu mustern. Erst als ich die Stirnlampe anschaltete, floh er gehobenen Tempos. Ihm noch nachlaufend war er wohl für den Rest der Nacht bedient und ward nicht mehr gehört und gesehen. Die Schuhe kamen natürlich fortan ins Zelt. schmunzel

Fortsetzung folgt
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen

Geändert von veloträumer (15.01.18 22:20)
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Betreff von verfasst am
Korsika 2012 veloträumer 30.11.12 23:14
Re: Korsika 2012 Radreisender 30.11.12 23:18
Re: Korsika 2012  Off-topic veloträumer 30.11.12 23:23
Re: Korsika 2012 veloträumer 30.11.12 23:20
Re: Korsika 2012 inga-pauli 01.12.12 10:52
Re: Korsika 2012 veloträumer 02.12.12 14:55
Re: Korsika 2012 veloträumer 02.12.12 16:45
Re: Korsika 2012 Holger 02.12.12 18:37
Re: Korsika 2012 Deul 03.12.12 09:04
Re: Korsika 2012 kettenraucher 03.12.12 14:15
Re: Korsika 2012 veloträumer 03.12.12 22:27
Re: Korsika 2012 veloträumer 04.12.12 20:28
Re: Korsika 2012 veloträumer 05.12.12 22:22
Re: Korsika 2012 veloträumer 06.12.12 22:20
Re: Korsika 2012 veloträumer 08.12.12 22:12
Re: Korsika 2012 Holger 09.12.12 10:31
Re: Korsika 2012 veloträumer 09.12.12 21:06
Re: Korsika 2012 Holger 09.12.12 21:30
Re: Korsika 2012 Holger 13.12.12 12:06
Re: Korsika 2012 veloträumer 13.12.12 12:47
Re: Korsika 2012 trike-biker 09.12.12 15:15
Re: Korsika 2012 veloträumer 09.12.12 21:08
Re: Korsika 2012 veloträumer 10.12.12 20:10
Re: Korsika 2012 veloträumer 12.12.12 23:04
Re: Korsika 2012 Sagan 13.12.12 11:33
Re: Korsika 2012 veloträumer 14.12.12 20:21
Re: Korsika 2012 veloträumer 17.12.12 20:29
Re: Korsika 2012 BeBor 18.12.12 10:38
Re: Korsika 2012 veloträumer 18.12.12 23:22
Re: Korsika 2012 BeBor 19.12.12 08:24
Re: Korsika 2012 bep 19.12.12 22:53
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Re: Korsika 2012 Juergen 20.12.12 07:58
Re: Korsika 2012 veloträumer 20.12.12 12:20
Re: Korsika 2012 kettenraucher 20.12.12 17:19
Re: Korsika 2012 Rennrädle 20.12.12 19:34
Re: Korsika 2012 Dietmar 18.02.13 21:06
Re: Korsika 2012 lufi47 19.02.13 10:58
Re: Korsika 2012  Off-topic Dietmar 19.02.13 14:40
Re: Korsika 2012  Off-topic veloträumer 19.02.13 18:32
Re: Korsika 2012  Off-topic Dietmar 19.02.13 22:23
Re: Korsika 2012  Off-topic lufi47 20.02.13 09:12
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