Aber vielleicht kann Wilbert ja das Rad dann von Dir besorgen lassen und den Langzeittest anschließend hier veröffentlichen...?
Hallo,
Kauf und "Service" gehören mit zum Test, auch wenn der Vorschlag nicht ganz ernst gemeint war. Am liebsten würde ich das Rad ja bei meinem Dealer kaufen oder bei Geschäften, die dauerhaft Räder im Angebot haben. Die Aktionen der Discounter sind da nicht vorauszusehen, aber in diesem Jahr wird es wohl keine neuen Angebote mehr geben. Auch ein großer Radhändler wie Fahrrad Franz käme in Frage. Ich werde erst mal recherchieren und dann mit den ausgewählten Rädern einen neuen Fred aufmachen.
Wird aber bis September nach meinem Urlaub dauern, bis ich da was näheres sagen kann.
Gruß
Wilbert
Da ja ein 'Härtetest' von Discounter Fahrrädern angedacht wurde, will ich mal einen solchen aus meiner Erfahrung schreiben.
Vor drei Jahren haben meine Frau und ich das Tchibo Trekking Rad in einer Tchibo Filiale in London für umgerechnet €300 erstanden. Die Kaufgründe damals waren ganz einfach:
1.Es war billig.
2.Es schien als Stadtfahrrad gut geeignet.
3.Wir waren uns nicht sicher, ob wir im Londoner Verkehr ein Fahrrad wirklich nutzen würden und wollten nicht unnötig Geld zum Fenster 'rausschmeißen.
4.Es hatte die richtige Rahmengröße für uns beide.
5.Es schien gut ausgestattet.
6.Es hatte 'deutsche' Straßenaustattung (die ist sonst kaum zu bekommen im UK) mit Nabenlichtmaschine und Standlicht.
Ausgestattet war die Maschine mit einem bunten Mix von Komponenten, von billigst bis mäßig hochwertig.
Schaltung
Deore Schaltwerk 8-fach
Billigste No-Name 8-fach Schraubkränze
Deore Umwerfer
Billigste Komibrems- und Schalthebel vom Angelhakenhersteller
Deore Kurbeln und Kettenblätter
No-Name Industrieinnenlager
Shimano Nabendynamo (NX30?) mit Scheibenaufnahme
Bremsen
Promax 100 mechanische Scheibenbremse vorn
Promax V-Brake hinten (keine Ahnung welches Modell)
No-Name Licht und Rücklicht mit Standlichtelektronik per Batterie.
RST Federung Vordergabel
No-Name Hinterbaufederung
Also alles in allem ein typischer Vertreter der Discounter Räder mit guten oder scheinbar guten Komponenten wo man es sieht und Billigkram, wo man es nicht sieht.
Das ganze war mir aber damals egal, ich kann in der Regel alles reparieren oder austauschen und der geplante Einsatz war der Sonntagsausflug in einem Londoner Park mit unseren Kindern (damals 4 und 6) und der Hinfahrt zu diesem Park mit der S-Bahn.
Der tatsächliche Einsatz war dann (nach korrekt eingestelltem Computer)
Fahrrad1:
ca. 5.750km pro Jahr Arbeitsweg
ca. 1.000km pro Jahr Ausflüge
ca. 300km pro Jahr Einkäufe
ca. 500km Fahrradreise durch Holland
Gesamtfahrleistung in 2,5 Jahren bisher ca. 19.000km
Fahrrad2:
ca. 6900km Arbeitsweg
ca. 1000km pro Jahr Ausflüge
ca. 800km pro Jahr Einkäufe
ca. 500km Fahrradreise durch Holland
Gesamtfahrleistung in 2 Jahren ca. 18.000km – Dann Totalschaden :-( aber davon später mehr.
Bei der Abholung wurde uns angeboten, das Fahrrad fertig zu montieren, ein Angebot das ich abgelehnt habe, da ich das lieber selbst mache als von jemanden machen lasse, der keine Ahnung hat. Ein kostenloser Service nach 3 bis 6 Monaten in einer Fachwerkstatt war durch einen Gutschein im Preis eingeschlossen.
Fahrleistungen
Bedingt durch das hohe Gewicht, die extrem langen Hinterstreben und die nicht ganz optimale Hinterbaufederung ist das Rad naturgemäß kein Beschleunigungswunder. Erst mal auf Geschwindigkeit gebracht, läuft es extrem leicht. Der Geradeauslauf ist perfekt, die Bremsleistung sehr gut (aber nur wenn man in der Lage ist die Vorderbremse richtig einzustellen, ansonsten besteht bei dieser Bremse Lebensgefahr!). Der Sattel ist bequem, Lenker gut durchdacht, den würde ich nicht wieder hergeben wollen. Selbst mit Gepäck gibt es über die Fahrleistungen nicht viel zu meckern, obwohl ich bei hohen Geschwindigkeiten (über 45km/h) an einem Rad leichtes Flattern im Rahmen feststellen konnte. Aber auch dazu später mehr.
Reparaturanfälligkeit und Reparaturfreundlichkeit
Nun, hier sieht das Bild etwas anders aus. Schon nach ca. 800 km waren die häufig genutzten hinteren Zahnräder bei beiden Rädern verschlissen, so dass die Schaltung nicht mehr sauber eingestellt werden konnte. Im Rahmen des freien Services wurden sie dann (kostenpflichtig) ausgetauscht, wie auch die Billigkette. Die neuen Kränze haben dann bis zum Totalschaden des einen Fahrrades, und bis zum kompletten Austausch der Schaltung beim anderen gehalten.
Die Laufräder mussten bei einem Rad nach ca. 300km, beim anderen nach ca. 500km nachzentriert werden. Dies lag an der zu geringen Speichenspannung. (NB: Ich hätte es gleich für beide machen sollen...)
Die Vorderlampe aus billigstem Plastik war nach ca. 1000km fällig und wurde durch einen hochwertigeren Scheinwerfer ersetzt. Die Stromführung zur Hecklampe über das Schutzblech musste klappte bei einem Fahrrad schlecht und musste gegen Kabel getauscht werden. Bei holpriger Strecke verlor man schon bald dauernd die Rücklichtabdeckung, so dass neue Rücklichter her mussten.
Die Einstellung der Vorderbremse ist eine Wissenschaft für sich und sollte mit HÖCHSTER Sorgfalt vorgenommen werden, da ansonsten die Bremse schon bei leichten Bremsungen total blockieren kann. Hier darf keineswegs geschlampt werden, Lebensgefahr! Diese Einstellung muss regelmäßig mindestens alle 500km überprüft und korrigiert werden, ich kann es gar nicht oft genug sagen, ansonsten herrscht Lebensgefahr!
Auf ihrem Weg zur Arbeit hatte meine Frau dann einen Zwischenfall (bei ca. 2.500km gesamt), der das Fahrrad (nahezu) zu einem Totalschaden werden ließ. Ein Kabelbinder verklemte sich in der Kette, verknotete sich blitzschnell um das Schaltwerk, welches dadurch verbog und in die Speichen des Hinterrades kam. Das Rad blockierte und meine Frau flog über den Lenker, zum Glück überstand sie das Ganze ohne Verletzung.
Bei genauerer Inspektion des Schadens stellte sich dann heraus, dass das Schaltauge stark verbogen war. Und das Schaltauge nicht auswechselbar war. Also Totalschaden für den normalen Nutzer. Ich habe dann das Schaltauge so gut es ging gerichtet, aber es ging nicht gut genug um die Schaltung wieder funktionstüchtig zu bekommen. Dies habe ich dann zum Anlass genommen, eine 8-Gang Nexus einzubauen, mit der das Rad heute noch fährt.
Über den anderen Kleinkram, der immer wieder vorkommt/vorkam will ich mich gar nicht länger auslassen, aber zum Schluss noch der Hammer. Bei km 18.348 brach der Rahmen des einen Rades ungefähr 2cm vom Tretlager entfernt ohne erkennbaren Grund! Da Tchibo eine 5-Jahre Garantie auf den Rahmen gibt, konnte ich meinen Einkaufspreis vollständig zurückbekommen (oder ein neues Rad, welches ich dankend abgelehnt habe).
Fazit: Ich würde dies Rad nie wieder kaufen. Und ich rate allen ab, die nicht in der Lage sind diese Scheibenbremse zu warten, ein solches Fahrrad auch nur in Erwägung zu ziehen. Andererseits, mit der korrekten Wartung und Pflege, kann man eigentlich alles mit diesem Fahrrad machen. Außer Fernreisen natürlich!