Goldene Tage im Oktober. Sonne. Herbstlaub. Herbstlich leuchtende Weinberge und guter Wein. Interessante Städte. Keine nennenswerten Steigungen: Darauf habe ich Lust und fahre nach Frankreich, durch Elsass, Lothringen und an die Mosel.
Dieser kleine Reisebericht beschreibt Bilder von meiner Fahrt von Straßburg den Rhein-Marne-Kanal entlang nach Nancy und die Mosel weiter bis Trier. Dort endet meine Tour nach einem Wintereinbruch.
Ein bisschen Musik gefällig?
Zaz: je veux Ich fahre am besten gleich mal los. Und schon fange ich an zu schwanken. Ich habe mal wieder viel zu viel mit und alles hinten drauf. Schwankend gehts in einen kalten, feuchten Morgennebel durch das Tal der Rothach. Mich frierts an die Zehen. Aus dem Tal hinaus fahrend wird es sonnig und warm. Ich überhole eine Joggerin in kurzen Sachen. Es wird ein schöner Herbsttag.
Mit dem Zug gehts vom schwäbischen Ellwangen ins badische Appenweier. Von dort radel ich die wenigen Kilometer nach Straßburg durch unerwartet idyllische Fachwerkdörfer.
Hier scheint die Zeit still zu stehen.
In Kehl. Es lohnt sich der Aussicht wegen auf den 44 Meter hohen Weißtannenturm (Gartenschau 2004) zu steigen.
Über die zeitgleich entstandene Brücke überquere ich den Rhein. Auf beiden Seiten liegt je eine Jugendherberge.
Doch zuerst gehts in die Altstadt von Straßburg, zum Münster. In dieser heute französischen Kirche finden sich in den Kirchenfenstern die Abbildungen der deutschen Könige und Kaiser. Bis zum Abend bleibe ich in der Altstadt. Im Temple Neuf spielt Zhan-Yi Lin aus Taiwan die Erhu, die traditionelle zweisaitige chinesische Geige und wird dabei von Gabriel Mattei und seinem Kammerensemble Kehl-Strasbourg begleitet. Sehr schön.
Ponts Couverts im Petite France
Barrage Vauban (der baute in Frankreich ja einiges, der Vauban).
Auf Radwegen geht es zurück zur Jugendherberge wo für 23,50 Euro ein Vier-Bett-Zimmer auf mich wartet. Juchu
Einer meiner Mitbewohner ist ein junger Japaner, der mit seinem Rad Frankreich bereist. Leider spricht er nur japanisch. Ich schlafe hervorragend.
Ich frühstücke zusammen mit Melanie, die sich spontan ein Rad bei der Jugendherberge leiht und wir fahren noch einmal durch die Altstadt und radeln an der Ill vorbei am Europa-Parlament zum
Rhein-Marne-Kanal. Die nächsten Kilometer sollen ja landschaftlich nicht so prickelnd sein. Mir ists egal. Wir fahren im Nebel. Das hat zeitweise auch seinen Charme.
Immer wieder begegnen uns die hier beliebten Hausboote. Eine Straßenbrücke schwenkt auf die Seite.
Vor Saverne steigt Melanie in einen Zug, um einen Termin noch zu erreichen. Ich fahre am Kanal weiter und um 13 Uhr kommt die Sonne raus.
Saverne ist eine richtig hübsche Stadt. Hier zu sehen ist die Fachwerkfassade der Taverne Katz.
Im Chateau des Rohan befindet sich auch eine Jugendherberge. Aber ich will mir heute noch das Schiffshebewerk in Arzviller ansehen. Komme ich ein ander mal wieder.
Nach Saverne wirds auch landschaftlich reizvoller. Die Zorn hat sich hier in die Hügellandschaft der Nordvogesen gegraben, der Kanal verläuft parallel. Wir sind jetzt in Lothringen.
Die Sonne macht Laune.
Lutzelbourg
Dann ist auf einmal der Kanal trocken gefallen und endet der Treidelpfad. 17 Schleusen sind nicht mehr notwendig wegen dem
Schiffshebewerk St. Louis - Arzviller (Plan Incliné). Hier wird ein Höhenunterschied von fast 45 Meter in vier Minuten überwunden. Sehenswert. Kaum bin ich draußen, werden aber schon die Zugänge geschlossen. Das kenne ich schon von meinen anderen Reisen.
Das angenehme Radeln am flachen Kanal ist nun vorbei und ich fahre über verkehrsarme D-Straßen nach Sarrebourg (Saarburg). Dort nehme ich mir ein Zimmer.
Kirchenfenster von Marc Chagall, das nachts beleuchtet ist.
Eine Szene daraus. Sie zeigt den Einzug Jesu in Jerusalem.
Jean und Christophe heißen die beiden Jungs hier von Monique Mol aus Belgien
(Bilderrätsel 768). Es sind einige Plastiken über die Stadt verteilt. Die Objekte wechseln von Zeit zu Zeit.
Am nächsten Morgen wache ich auf und mir gehts ähm sagen wir mal schlecht. Schon als ich aus der Stadt hinaus fahre beuge ich mich tief über mein Rad und lasse mir das Abendessen des Vortages noch einmal durch den Kopf gehen. Ok, die Szene, müsste ich jetzt nicht näher ausführen.
Es geht also diesen Tag nach Nancy. Und mir war einfach nicht danach Fotos zu machen. Dabei waren doch einige schöne Szenen unterwegs zu sehen. Zum Beispiel große Seen, in denen sich das Herbstgewand der Ahornbäume im Wasser spiegelt. Den Kanal verlasse ich nun, da es hier keinen asphaltiertn Radweg mehr gibt und wechsel auf parallel verlaufende D-Straßen. Es ist ein Auf und Ab. Es wird keine Bodenwelle ausgelassen. Jedes Dorf wird vom Tal aus mit einem Anstieg mitgenommen. Schön ist es jetzt durch die herbstlichen Laubwälder zu fahren. Die Agrarfluren Lothringens versprühen dagegen wenig Reiz.
Den ganzen Tag krieg ich keinen Bissen runter. Meine Stimmung passt zum Besuch von Lagarde. Dort besuchte ich - zufällig - die beiden Soldatenfriedhöfe. Die Franzosen ruhen auf der einen Ortsseite, die deutschen Gefallenen auf der anderen. Merkwürdige Bezeichnungen zieren die Grabsteine: Ulanen und andere alte Worte lese ich. Auf den Grabsteinen: Name, Rang, Todestag und Kreuz, einmal ein Davidstern. Wie ich lese, war hier auch eine Einheit aus Ansbach. Manchmal geht Geschichte "nah".
Das Gefecht bei Lagarde am 11. August 1914 Erst kurz vor Nancy kriege ich eine Quiche Lorraine runter. Mehr geht nicht. Ich trinke auch nichts. Verkehrsfrei komme ich am Kanal nach Nancy.
Ich nehme mir ein Zimmer im Chateau de Remicourt. Das ist eine Jugendherbege und ein Einzelzimmer bekomme ich für 15 Euro. Da bleibe ich gleich einen weiteren Tag um mir Nancy anzuschauen.
Petit déjeuner
Ich frühstücke zusammen mit Caroline, einer französischen Studentin, die vier Jahre lang Deutschunterricht hatte. Aber leider vorgibt, alles wieder verlernt zu haben. Zumindest traut sie sich nicht über zwei, drei Sätze hinaus und so unterhalten wir uns auf englisch. Schade, bei dem Akzent.
Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass die Jugendherberge 6 Kilometer vom Place Stanislas entfernt ist. Die rolle ich
nun hinab in das schöne
Nancy. Mein prachtvoller Fahrrad-Parkplatz für diesen Tag inklusive temporärer Polizeibewachung.
Olaf hat unten in seinem Kommentar recht: Der weite Platz ist wirklich überwältigend. Da sollte ich mich erst gar nicht mit meiner Knippse ran wagen.
Stimmungsvoll wird es am Abend, wenn dieser Platz ausgeleuchtet wird. Dazu ein Glas Wein. Wunderbar. Was für eine Stimmung. Ich schreibe eine Postkarte an Nancy aus Nancy
Das beeindruckende Stadttor Porte de la Craffe. Eines von vielen schönen und interessanten historischen Gebäude in der Stadt.
Industrie- und Handelskammer
Nach dem Place Stanislas aus dem 18. Jahrhundert gefielen mir die Gebäude des Art nouveau, des französischen Jugendstils um 1900. Die Gebäude sind über die ganze Stadt verteilt. Beim Office de Tourisme gibt es eine kostenlose Karte dazu. Ich nehme mir gleich den ganzen Museumpass und mache mich auf Entdeckungstour.
Bilder aus dem Musée de l'Ecole de Nancy Ich besuche auch das Musée Lorrain im Herzogpalast. Was sage ich ein Museum. Ich, hilflos der französischen Sprache gegenüber, werde vom freundlichen Personal in derer drei Häuser gezerrt. Merci vielmols.
Ein Werk des Konstrukteures
Jean Prouvé - sein Fahrrad nur für euch. Eine Sonderausstellung im Museum zeigt sein Werk.
Ein Kugelfisch.
60 Aquarien im Naturkundemuseum und Aquarium (“M.A.N.”) in Nancy lassen einen eintauchen in die Vielfalt des Lebens unserer Meere.
Ausgestopfte Tiere. Naja. Aber so ein ausgewachsenes Walroß ist schon beeindruckend.
Aus Nancy gehts ganz einfach am Kanal wieder verkehrsfrei hinaus. Eine schöne Stadt. Ich würde wieder kommen.
Bei Pompey endet der Radweg und ich fahre auf der D 657 weiter nach Metz.
Pont-à-Mousson ist auch schön. Hier überquere ich die Mosel.
Sonne. Die letzten 18 Kilometer nach Metz radel ich wieder auf einem Radweg. Ich komme an einem Aquädukt vorbei.
Metz Porte des Allemands - klar, dass ich da mal durchfahre.
In Metz angekommen drehe ich nur eine Runde in der Stadt. Überall sind Baustellen. Beeindruckt bin ich von der Kathedrale Saint-Étienne (deutsch: Stephansdom) und den riesigen Fensterflächen. Eigentlich wollte ich hier mindestens einen Abend verbringen. Doch ich schreib nur schnell eine Postkarte an den Herrn Metz und entscheide mich gegen ein 6-Bett-Zimmer in der Jugendherberge und für die Straße.
Da es schon dunkel wird, fahre ich statt auf dem Radweg die D 953 weiter. Schön ist es hier nicht, ein Ort nach dem anderen und so stört mich die einbrechende Dunkelheit nicht. Im Gegenteil.
Eigentlich wollte ich bis Thionville. Mir wird aber in Talange ein Hotel empfohlen, das ab 33 Euro Zimmer anbietet. 18 Euro wollte die Jugendherberge in Metz für ein voll belegtes 6-Bett-Zimmer.
Beim Frühstück komme ich wieder ins Gespräch. Diesmal ist es ein älteres Ehepaar, das aus Lyon hierher gekommen ist, um ein Grab zu pflegen. Sie kommt ursprünglich aus dem Harz und ist schon in den 50er Jahren mit dem Rad nach Heidelberg und etwas später per Autostop durch Europa. Er ist hier geboren und erzählt von damals, dass hier früher deutsch gesprochen wurde. Ein Dorf weiter allerdings schon wieder französisch. Mir fällt ein, dass ich mich auf meiner Route fast immer auf deutsch verständigen konnte. Zumindest im Gespräch mit Älteren. Die Jüngeren sprachen dann doch bevorzugt englisch. Mir gefällt der Dialekt. Die beiden fahren jetzt noch nach Luxemburg. Da will ich auch hin. Sie wollen da allerdings nur Tanken und Zigaretten holen.
Bis kurz vor Thionville bleibt das Straßenbild erstmal so. Also das Moseltal muss man hier nicht gefahren haben. Es gibt schöneres.
Mosel-Radweg bei Thionville.
Das breite Moseltal.
Kollektion der Grenzermützen.
Ich erreiche
Schengen. und damit Luxemburg. Für uns Reiseradler ist der Vertrag von Schengen und die offenen Grenzen in Europa natürlich eine gute Sache. Aber manchmal bedauere ich es, dass man gar nicht mal mehr merkt, wenn man eine Grenze passiert. Wer will, kann sich im Schengen-Museum einen eigenen Pass mit Foto erstellen.
Herbstlich gefärbte Weinberge. Jetzt gefällt mir auch das Moseltal besser. Mal fahre ich auf der deutschen Seite auf Radwegen und dann wieder auf Luxemburger Seite auf der Hauptstraße mit wenig Verkehr und einem Seitenstreifen.
Die Schlagzeile in einer deutschsprachigen Luxemburger Zeitung:
100.000 Einwohner
Luxemburg = Großstadt
Leider lese ich auch den Wetterbericht und danach verzichte ich auf eine Luxemburg-Runde und bleibe an der Mosel.
Igeler Säule Genauer hingeschaut.
Ich übernachte in Trier im Kolpinghaus Warsberger Hof. Am nächsten Tag regnet es jedoch und so beschließe ich einen Tag in Trier zu bleiben, um mir in Ruhe alles mal anzuschauen.
Und zu sehen gibt es einiges in der Stadt, die einmal das 2. Rom war:
Augusta Treverorum Porta Nigra
Dieser Römer nimmt einen mit auf eine Zeitreise, in eine Zeit als hier der römische Kaiser residierte.
Trierer Goldschatz. Da funkeln die Augen. Der Wachmann meinte, es lohne sich nicht ihn umzuhauen, da danach der Raum sofort geschlossen würde.
Neben den Hinterlassenschaften der Römer war auch ein Besuch im Geburtshaus von Karl Marx interessant.
So verbringe ich einen ganzen Tag. Einen schönen und interessanten Tag. Den Abend im Wein- & Fischhaus Oechsle
Die Mosel von Koblenz bis Trier und die Luxemburg-Runde werde ich nachholen. Das wird einmal eine weitere schöne Woche werden. Ich steige in den Zug. Und habe wieder einmal gute Gespräche während der Zugfahrt. Zum Beispiel gibt mir ein angehender Schifferkapitän seine Telefonnummer, für den Fall, dass ich einmal mit einem Frachtschiff den Rhein bis Rotterdam oder der Donau entlang ans Schwarze Meer fahren möchte.
Ein Wintereinbruch beendet diese Radreise. Blick aus dem Zugfenster.
fin