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#548923 - 27.08.09 09:48 Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand)
k_auf_reisen
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 292
Dauer:25 Tage
Zeitraum:30.5.2009 bis 23.6.2009
Entfernung:951 Kilometer
Bereiste Länder:seSchweden

30. Mai 2009
Skavsta – Nyköping – Svärta – Runtuna – Uppsa kulle – Spelvik – Ånsund
46 km


Seit meiner ersten Radreise in Skandinavien vor ein paar Jahren zieht es mich immer wieder in den Norden, und so hatte ich spontan beschlossen, das Angebot einer bekannten Billigfluglinie anzunehmen, mich und mein Rad zu erschwinglichen Preisen nach Skavsta zu bringen. Auch die Anreise zum Abflughafen gestaltete ich schon als längere Radtour, vielleicht wird es dazu an dieser Stelle irgendwann eine Vorsetzung geben (wenn ich das neuenglische prequel mal so eindeutschen darf).
An sich bin ich früh genug am Flughafen, und mit dem Verpacken des Fahrrades und dessen Aufgabe gibt es auch keine Probleme. Allein, schon kurz danach werde ich gebeten, mich zu melden; mit dem eingecheckten Gepäck gebe es ein Problem. Es stellt sich heraus, daß der Brenner des Trangiakochers noch ein wenig Spiritus enthält. Nach einer extrem mühsamen Diskussion, während der ich mich erbötig zeige, das inkriminierte Stück gründlichst zu reinigen – ja, wo denn? Nein, auf den Toiletten geht das nicht, es handelt sich um Gefahrengut … –, da das Zurücklassen desselben für mich keine ernstzunehmende Option ist, begleitet man mich mit dem Ding noch einmal nach draußen, wo ich dann, abseits in einer Wiese, eine tiefgreifende Säuberung durchführe. Natürlich will mir der Heini bei der Sicherheitskontrolle – um an eine (nicht mehr ganz) rezente Diskussion in diesem Forum über einen anderen Sektor des Transportwesens anzuknüpfen – auch jetzt noch blöd kommen und sich auf irgendwelche Regeln berufen, die das Mitnehmen eines solchen Gerätes überhaupt untersagen, doch zeigt sich seine Vorgesetzte einsichtiger, meint, ich habe ja recht, daß vom Brenner nunmehr keine Gefahr mehr ausgehe, und schlußendlich besteige ich ohne vorzeitige Einbußen meiner Ausrüstung das Flugzeug. Leider ist darüber so viel Zeit vergangen, daß ich nun der letzte Passagier bin und an einen Fensterplatz nicht mehr zu denken ist – ein Jammer ob des prachtvollen Sonnenscheins.
Auch in Schweden empfängt mich herrliches Sommerwetter; da jauchzt die Seele – wenn das so bleibt …! Aus organisatorischen Gründen radle ich zunächst nach Nyköping hinein. Ich brauche vor allem Landkarten. Die fressen zwar immer ein deutliches Loch in die Reisekasse, aber die 1:100.000er-Serie („Vägkarta“) ist einfach so ideal zum Radfahren, daß mir die entsprechenden Karten die Investition wert sind. Ich gehe noch eine Portion Fleischbällchen essen – etwas kulinarischer Lokalkolorit muß sein – und frage mich dann zu einem Supermarkt durch, um Spiritus und Lebensmittel zu erwerben.
Der Nachmittag ist zwar schon fortgeschritten, aber schwedische Frühsommerabende sind ja bekanntlich lang. Ich habe mir diesmal bewußt keine spektakuläreren Landschaften ausgesucht, sondern möchte durch die ruhigeren Gegenden Zentralschwedens radeln und dabei auch einiges an Kultur mitnehmen. Und schon bald beflügelt mich die herrliche Fahrt durch Felder, Wälder, Wiesen und Weiden und versprengten, rot gestrichenen Bauernhöfen.
Mein erstes Ziel ist Runtuna, und da die Kirche dort geschlossen ist, muß ich mich mit einer Rast auf einer Bank in der Abendsonne bescheiden. Dann radle ich weiter zum See Runnviken, wo sich der Grabhügel Uppsa kulle beeindruckend über dem Ufer erhebt, einer der höchsten seiner Art. Von oben habe ich eine prächtige Aussicht über den See und die umliegende Landschaft.


Der Grabhügel von Uppsa kulle

Die beiden Runensteine bei Spelvik, die mein Reiseführer erwähnt, finde ich nicht, und da es langsam spät wird, suche ich mir bei Ånsund einen Zeltplatz.


31. Mai 2009
Ånsund – Spelvik – Aspa – Ludgo – Sättersta – Tystberga – Bälinge – Grinda – Nynäs – Hånö – Aspnäset –
53 km


Ich beginne den Tag mit einer Portion Altgermanistik, denn zumindest die vier Runensteine bei Aspa sind problemlos zu finden, direkt neben der Straße. Von denen werde ich noch viele sehen, gerade in Södermanland ist die Dichte dieser Gedenksteine aus der Vikingerzeit sehr hoch. Fast immer sind die eingeritzten Schriftzeichen mit roter Farbe nachgezogen, und so ist es nicht schwer, aber unterhaltsam, die Texte zu entziffern und nachher die Erklärungstafeln, die meist daneben stehen, zu lesen. Inhaltlich gleichen sich die Inschriften ohnehin ziemlich, Variationen zum Thema „XY ließ diesen Stein zum Gedenken an NN errichten, seinen Bruder/Vater“ etc., ab und zu mit ein paar Angaben zu den Unternehmungen des Verstorbenen oder zum Runenmeister, der mit der Ritzung beauftragt worden war.
Als nächstes steuere ich die Kirche von Ludgo an. Leider ist sie, wie viele schwedische Kirchen, geschlossen. Das ist ein gravierender Nachteil, denn viele auch kunsthistorisch durchaus interessante Sakralbauten sind dadurch praktisch unzugänglich. (Zum Teil wird das durch einen Vorteil wieder wettgemacht: es gibt in der Nähe von Kirchen fast immer gut gepflegte öffentliche Toiletten, was den hygienischen Bedürfnissen des reisenden Radlers sehr entgegenkommt.)
Die gleiche Situation in Tystberga, wo ich nur durch die Fenster einen flüchtigen Blick auf die Deckenfresken erhaschen kann, sowie in Bälinge.


Kleiner See am Weg nach Nynäs

Um jetzt doch noch ein kulturhistorisches Erfolgserlebnis zu haben, beschließe ich, gleich nach Nynäs zu fahren, weil das dortige Schloß laut Prospekt nur am Wochenende geöffnet ist. Offenbar geht dort gerade ein Oldtimertreffen zu Ende, die Fahrzeuge sind dabei, den Schloßpark zu verlassen.


Oldtimertreffen vor Schloß Nynäs

Ich habe Glück, komme just zurecht zur letzten Führung (die nächste gäbe es erst wieder in sechs Tagen), und obwohl ich der einzige Interessent bin, findet diese statt. Die nette, ältere Dame bemüht sich, Englisch zu sprechen, wechselt aber, weil ihr das offenbar nicht leicht fällt, ab und zu zwischen Schwedisch und Englisch hin und her. Das Schloß ist das Hauptgebäude eines großen Gutes und prächtig eingerichtet. Vor allem die üppigen Stuckdecken im 1. Stock zeugen vom Reichtum des Landadels.


Nynäs slott

Im Anschluß an die Führung spaziere ich noch gemütlich im schönen Park herum, wo es verschiedene Nebengebäude, Ställe, die Orangerie, eine ehemalige Schnapsbrennerei und eine kleine Siedlung für die Arbeiter, malerisch am Rundbosjön gelegen, gibt.


Sommer in Schweden: Rundbosjön

Da ich keinerlei Stress habe, auch keine vorgegebene Route abfahren muß, nehme ich einen Umweg in Kauf, um den Abstecher ins Naturreservat Stendörren zu machen. Herrlich liegt die Schärenlandschaft in der Abendsonne, Buchten, Inseln, Granitfelsen, Wälder, Wasservögel, Blumen, kleine, rote Holzhäuser – Schweden wie aus dem Bilderbuch.


Abendliche Bootsfahrt in Stendörrens naturreservat

Ich folge einem Spazierweg mit Informationstafeln zu Geschichte und Vegetation des Gebietes und steige hinauf zum Aussichtsturm.


Blick vom Aussichtsturm über die Schärenlandschaft

Dann wird es Zeit, einen Zeltplatz zu finden. Da man in den Naturreservaten nicht campieren darf, verlasse ich das Gebiet noch, suche mir dann aber einen Platz am Ufer des Dragsviksfjärden. Es ist etwas mühsam, durch den Wald dort hinunterzukommen, aber der Aufwand ist es wert, ich stelle mein Zelt auf einem Traumplatz auf den Granitfelsen direkt an der Küste auf, rundum nur Wälder und das Meer. Phantastisch!


Mein Zeltplatz am Dragsviksfjärden


1. Juni 2009
– Hånö – Nynäs – Sandvik – Tofsö
22 km


Ich gönne mir einen urgemütlichen Tag, der mit einem Frühstück in der Morgensonne, an einen Granitfelsen gelehnt, beginnt. Zum Glück finde ich dann auch einen etwas besseren Weg zurück zur Straße.


Morgenstimmung am Dragsviksfjärden

Wieder in Nynäs angekommen, will ich ein paar Wanderungen machen, denn auch im dortigen Naturreservat sind einige Rundwege ausgeschildert. Und so besteht der ganze Tag aus kurzen Strecken per Rad und dann wieder Spaziergängen durch die frühsommerliche Landschaft Schwedens.


Bohlenweg durch die Wollgraswiesen in Nynäs naturreservat

Herrlich duftet der Flieder, der allenthalben in voller Blüte steht. Die Wege führen hinaus auf die Landzungen, die in die Bucht Tvären ragen. Auwälder, sumpfige Wiesen voller Wollgras. Leider auch viele Zecken, und immer wieder mal muß ich einen der Quälgeister daran hindern, sich festzubeißen. Schön dann wieder die Felsen am Wasser, ich lege mich in die Sonne und träume.


Es war einmal ein Bootssteg


Storchschnabel

Abends stelle ich dann mein Zelt am Gunnarbolfjärden auf, nicht ganz so romantisch wie tags zuvor, aber trotzdem nett. Während ich mein Abendessen koche, unterhalte ich mich mit einer älteren Spaziergängerin, die gerade vorbeikommt.


2. Juni 2009
Tofsö – Yttervik – Örboholm – Erikslund – Trosa – Åda - Tullgarn
36 km


Und damit ist es leider vorbei mit dem prachtvollen, heißen Sommerwetter. Der Rest des Monats wird – angeblich auch für schwedische Verhältnisse – ungewöhnlich kalt und recht regnerisch. Na ja, man kann nicht immer Glück haben mit dem Wetter. Morgens ist es zumindest noch trocken, wenn auch schon zunehmend bewölkt, und ich sehe zu, daß ich so schnell wie möglich nach Trosa komme. Es gelingt mir, dort gerade einzutreffen, als es zu regnen beginnt. Schwein gehabt.


Das Rathaus in Trosa

Das Rad steht trocken, ich gehe erst einmal einkaufen, versorge mich in der Touristeninformation mit Stadtplan und Informationsbroschüre und mache dann Gebrauch von einer weiteren genialen schwedischen Einrichtung: den weit verbreiteten öffentlichen Bibliotheken mit Internetanschluß. Auch in Trosa kann ich einen Computer benutzen und meine virtuellen Bedürfnisse befriedigen, bevor ich dann einen Bummel durch die Altstadt mit ihren hübschen Holzhäusern mache.


In der Altstadt von Trosa

Leider treffe ich dann eine Fehlentscheidung: vielleicht erreiche ich ja Schloß Tullgarn noch, bevor es schließt, mache mich also etwas überstürzt durch den Nieselregen auf den Weg, muß aber vor Ort feststellen, daß erst am nächsten Tag um elf wieder geöffnet wird. Warum bloß bin ich nicht in der warmen, trockenen Bibliothek in Trosa geblieben? Ich unterhalte mich längere Zeit mit einem Engländer, der vor Jahren nach Schweden ausgewandert ist, warte noch geraume Zeit, ob der Regen geruht aufzuhören, und suche mir dann doch einen Zeltplatz außerhalb des Schloßparks.


3. Juni 2009
Tullgarn – Vagnhärad – Edesta – Gnesta – Frustuna – Norrtuna – Vängsö – Lifsinge – Heby – Laxne – Marietorp – Karlstorp – Ådalskvarn – Läggesta – Gripsholm – Mariefred - Hista
69 km


Da es morgens noch regnet, lasse ich mir Zeit, bin aber dann trotzdem zur ersten Führung um elf Uhr wieder beim Schloß Tullgarn. Ein junger Mann, der ausgezeichnet Englisch spricht, führt die zwei anderen Touristen und mich durch das interessante Schloß mit seiner gediegenen Einrichtung aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Es diente einst als Sommerresidenz von Angehörigen der Königsfamilie, und so lerne ich viel über die schwedische Geschichte.


Tullgarns slott

Da ich Stockholm bewußt auslassen will, setze ich meinen Weg Richtung Nordnordwesten fort. Es wird erfreulicherweise zunehmend sonniger, und auch wenn ab und zu noch ein kurzer Schauer über mich hinwegzieht, wird es doch ein durchaus angenehmer Nachmittag. Södermanland ist zwar grundsätzlich flach, aber nicht brettleben. Es geht immer wieder leicht auf und ab, die Anstiege über die Granitbuckel sind kurz, können aber manchmal etwas steil sein. Der zeitweise recht kräftige Nordwind bremst ein bißchen. Ich fahre durch eine großteils offene Landschaft mit Wiesen, Weiden, Getreidefeldern und kurzen Waldstücken dazwischen.
Der einzige größere Ort am Weg, Gnesta, verfügt zwar auch über keine Sehenswürdigkeiten im engeren Sinne, aber hier stehen einige Informationstafeln herum, welche die Ankunft der Eisenbahn und anderer moderner Kommunikationsmittel wie des Telephons, in der Gegend thematisieren und die damit einhergehende Industrialisierung. Das ist ganz interessant, und ich lese einige der Tafeln durch.
Später, bei Lifsinge, zeigt ein Wegweiser eine Felsritzung an. Ich spaziere also durch den hübschen Kiefernwald hinauf, Rentierflechte überzieht malerisch die Felsen, aber von den Ritzungen keine Spur. Ich gebe auf, kehre zum Rad zurück und wundere mich, daß das Schild nun in die andere Richtung weist. Oder sollte ich so blöd gewesen sein …? Nein, ich habe schon recht, ein Herr erklärt mir, die Felsritzungen liegen in der Gegenrichtung und er habe den Wegweiser jetzt richtig gedreht.
Hübsch liegt der Gutshof Heby in der Nachmittagssonne, ein kleines Schloß, das man zwar nicht besichtigen kann, aber die Informationstafel verdient einen kurzen Halt.


Heby

Wenig später ändert sich die Landschaft, jetzt fahre ich durch Wald. Kurz nach Laxne erhebt sich links eine Grabröse beeindruckender Höhe, und dann ist es nicht mehr weit bis Gripsholm.


Alter Grenzstein

Eine Besichtigung kommt natürlich nicht mehr in Frage, aber weil das Schloß so schön in der Abendsonne am Mälaren liegt, mache ich noch ein paar Photos.


Schloß Gripsholm

Für die Nacht habe ich eine Couch – ich hatte mich kurz vor der Reise bei www.couchsurfing.org eingeschrieben und bin inzwischen ganz begeistert von dieser Möglichkeit, mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen – und muß nach Mariefred noch einige Kilometer nach Norden. Mein Gastgeber ist ein sehr gesprächiger, netter Typ, erzählt mir von seinen Reisen durch Texas, seiner Liebe zu Country Music und Honky Tonks, zeigt mir einige seiner dort entstandenen Photos, und wir unterhalten uns bis in die frühen Morgenstunden über Gott und die Welt.


4. Juni 2009
Hista – Mariefred – Gripsholm – Mariefred – Hista
17 km


So wird es am nächsten Morgen ziemlich spät, aber was soll's, es regnet ohnehin wieder. Ich bin froh, daß ich mein Gepäck erst mal da lassen kann. Ich radle nach Gripsholm und besichtige in aller Ausführlichkeit das Schloß. Das erweist sich nämlich als faszinierend. Seit der Zeit Gustav Vasas wurde daran herumgebaut, die ausführliche Führerbroschüre hilft aber während des Rundganges, das Stilgemisch zu entwirren. Einer der Höhepunkte ist sicherlich das Schloßtheater, das Gustav III. im Dachgeschoß eines der Türme einbauen ließ.


Gripsholms slott

Das Schloß beherbergt aber auch die Staatliche Porträtsammlung des Schwedischen Nationalmuseums, und erneut lerne ich viel über die schwedischen Könige, aber auch andere bedeutende Persönlichkeiten bis herauf in die heutige Zeit, denn jedes Jahr wird eine würdige Person ausgewählt, um die Reihe der Bildnisse zu erweitern.


Runenstein vor Schloß Gripsholm


Kanonen im Schloßhof

Als ich Schloß Gripsholm verlasse, regnet es nach wie vor. Dankenswerterweise hat die Bibliothek in Mariefred noch zwei Stunden offen. Nachher schaue ich mir etwas lustlos das bei sonnigem Wetter sicher nette Städtchen mit seinen hübschen Holzhäusern an, dann wird mir zu kalt, ich kehre zu meinen Sachen zurück – mein Gastgeber ist allerdings schon in der Früh nach Stockholm gefahren, noch einmal kann ich dort also nicht übernachten, und so fahre ich nicht mehr weit und stelle dann mein Zelt auf.


5. Juni 2009
Hista – Kumla – Toresund – Stallarholmen – Lundby – Klippinge – Överselö – Landhäll – Överselö – Klippinge – Lundby – Stallarholmen – Husby – Tuna – Ytterselö – Viggeby – Mälsåker – Viggeby – Ytterselö – Tuna – Husby – Stallarholmen – Åsa – Fröberga – Åsa
48 km


Die Insel Selaön bietet genügend Sehenswertes für einen ganzen Tag, aus verschiedenen Epochen, von der Steinzeit bis ins 20. Jahrhundert. Jeder Quadratmeter Boden scheint hier Geschichte zu atmen.
In der Früh hat der Regen zum Glück aufgehört, und nach dem Losfahren gibt es zum „Aufwärmen“ gleich einen Runenstein. Das reicht aber noch nicht, und gemäß dem Grundsatz „es gibt keine Kälte, nur unpassende Kleidung“ sehe ich bald davon ab, daß Juni ist, und ziehe Mütze, Handschuhe und Schal an, was durchaus wohltuend ist. Pullover und Anorak habe ich seit dem Temperatursturz ohnehin an.
Da Schloß Mälsåker erst um zwölf aufmacht, treffe ich die Entscheidung, zunächst nach Westen zu fahren, was sich bald als unsinnig herausstellen wird. Denn auch hier liegen am Weg so viele interessante Dinge, daß es eben doch nicht ein rascher Abstecher nach Överselö wird. Das fängt schon in Håsta hage mit einem Gräberfeld mit zwei Runensteinen an, und entlang der Straße folgen weitere, so bei Lilla Lundby und bei Klippinge.


Runenstein in Lilla Lundby

Dann die Überraschung in Överselö: die Kirche ist tatsächlich offen und verfügt über sehenswerte spätmittelalterliche Gewölbermalereien nebst allerlei anderen kunsthistorisch wertvollen Stücken, darunter ein romanisches Taufbecken, alte Holzskulpturen etc. Am Kirchhof stehen zum Drüberstreuen noch ein paar Runensteine.


Deckenmalereien in der Kirche zu Överselö

Nun ist es zwar schon viel später als vorgesehen, aber ich fahre doch noch schnell zum Ende der Straße, um einen Blick über den Fjord auf Schloß Tynnelsö zu werfen, was sich aber nicht auszahlt. Jetzt habe ich noch eine Stunde Zeit, bis Schloß Mälsåker am anderen Ende der Insel schließt. Ich trete also voll in die Pedale, und mit Rückenwindunterstützung schaffe ich es auch flott ans Ziel.


Schloß Mälsåker

Allerdings will die Dame jetzt keine Führung mehr für mich allein beginnen, erlaubt mir aber – ohne dafür Eintritt zu verlangen –, die unteren Räume selber zu besuchen. Das Schloß war ohnehin 1945 abgebrannt, man hat in den letzten Jahren jedoch offenbar die Stuckdecke im Festsaal renoviert, aber viel habe ich wohl nicht versäumt. So schaue ich mir die Ausstellung über das geheime Ausbildungslager norwegischer Truppen an, als welches das Schloß im zweiten Weltkrieg diente.


Moderne Kunst im alten Schloß

Da die Dame noch auf die Anlieferung einer Musikanlage für den nächsten Tag (Nationalfeiertag) wartet, nimmt sie es mit der Sperrzeit auch sehr gelassen, und ich kann noch in Ruhe durch die Säle bummeln. Überhaupt sind die Schweden diesbezüglich sehr angenehm. Während ich in Frankreich oft den Eindruck hatte, daß Öffnungszeit bis fünf bedeutet, daß um 17:00 auch der letzte Angestellte nach Hause geht und man daher oft schon um 16:30 hinausgeschmissen wird, läßt man in Schweden um 17:00 halt niemanden mehr ein, hat es dann aber nicht eilig, wenn noch jemand im Gebäude ist; sehr sympathisch!
Am Rückweg werfe ich noch einen Blick auf das Gräberfeld bei Viggeby. Viel mehr als die üblichen Grabhügel, verstreut unter mächtigen alten Bäumen gibt es hier zwar nicht, aber durch die Abendsonne ist das Ganze sehr stimmungsvoll.
Die Kirche in Ytterselö ist natürlich zu (nur jetzt am Abend oder immer?), ich setze mich auf eine Bank in die Sonne und jausne.
Zum dritten Male komme ich dann durch Stallarholmen, diesmal kaufe ich auch ein paar Lebensmittel ein. Die Ladenöffnungszeiten sind in Schweden sehr angenehm, oft ist auch abends lange offen, und das fast immer sieben Tage die Woche. Allerdings gibt es Läden nur in zumindest etwas größeren Orten.
Da ich ein besonderes Schmankerl noch ausgelassen habe, fahre ich ein weiteres Mal in den Westteil der Insel, wo es bei Åsa ein ausgedehntes Gräberfeld gibt. Unzählige Grabhügel, zum Teil malerisch mit Blumen bewachsen, ein paar Runensteine, aber auch eine große, schiffsförmige Steinsetzung aus zahlreichen Menhiren erstrecken sich über einen kilometerlangen Höhenrücken.


Schiffssteinsetzung im Gräberfeld bei Åsa

Etwas weiter, bei Fröberga, steht noch ein Runenstein an der Straße. Jetzt kommt auch die Sonne noch einmal kurz heraus und taucht die Landschaft in ein unwirklich schönes Licht mit ewig langen Schatten.


Abendstimmung bei Fröberga

Ich suche mir einen Zeltplatz und koche mir ein Abendessen. Das wird so reichlich, daß ich den Rest in eine Tupperwaredose verpacke und auch noch am nächsten Tag genug habe.


6. Juni 2009
Åsa – Stallarholmen – Låsta – Löt – Ulvhäll – Strängnäs –
29 km


Meinen vierten Kurzaufenthalt in Stallarholmen nütze ich nur zur ökologisch verträglichen Entsorgung meines Mülls an einer Miljöstation und fahre dann weiter nach Westen. Daß ich die Straße verlasse und der Radroutenbeschilderung auf eine Schotterpiste nach Norden folge, bewährt sich nicht so richtig, denn ich handle mir damit zusätzliche Steigungen ein, und auch landschaftlich bringt das Unternehmen nicht viel, weil ich alsbald durch weniger ansehnliche Industriegebiete im Weichbild von Strängnäs komme. Nach einem kurzen Blick auf den Gutshof in Ulvhäll bin ich aber ohnehin bald in der Stadt.


Der Dom zu Strängnäs

Der Dom verdient eine ausführliche Besichtigung: es gibt auch Deckenmalereien, hauptsächlich sind jedoch die drei geschnitzten, gotischen Flügelaltäre flämischer Provenienz sehenswert. Flandern muß damals Unmengen dieser Kunstwerke exportiert haben, denn immer wieder, nicht nur in Schweden, stoße ich auf spätgotische Altäre aus Antwerpen, Brüssel etc.


Kreuzigungsszene vom Hauptaltar

Im Chor steht die monumentale Reiterstatue König Karls IX. sowie das berührende Kindergrab der Tochter König Johanns III..


Gräber in Dom zu Strängnäs: Karl IX…


… Johanns III. Tochter

Da es noch einiges andere zu sehen gibt, kehre ich, nachdem ich wegen eines Taufgottesdienstes den Dom verlassen habe, später noch einmal zurück, um meine Besichtigung abzuschließen. Ich komme mit der Tochter des Küsters ins Gespräch, die im Rahmen eines Ferialjobs hier aushilft und sichtlich erfreut ist, ihre Fremdsprachenkenntnisse anwenden zu können. Dann wird das Gotteshaus schon wieder für eine Hochzeit gebraucht.


Impressionen im Dom: Grabkapelle für einen Admiral …


… und ein weiteres Grab

Rund um den Dom gibt es noch einige hübsche, ältere Häuser, doch als ich später den Stadtrundgang fortsetze und noch zur Windmühle hinauffahre, fängt es wieder einmal an zu regnen, obwohl ich bei strahlendem Sonnenschein nach Strängnäs gekommen war. Ich stelle mich in der Einfahrt zu einem Gastgarten unter. Erneut beeindruckt mich die Freundlichkeit der Einheimischen: die Dame ist zwar dabei, ihr Lokal zu schließen, aber natürlich dürfe ich weiter da bleiben, bis der Regen aufhört, solle halt dann die Türe gut zumachen. Hut ab und vielen Dank, das ist keineswegs selbstverständlich! Ich bleibe in der Tat gemütlich sitzen und schreibe ausführlich Tagebuch, denn es wird mehr als ein kurzer Schauer.
Irgendwann hört es doch noch auf zu regnen, ich verlasse die Stadt, sehe zu, daß ich einen Zeltplatz finde, der nicht völlig naß ist, finde wider Erwarten sogar etwas Brauchbares und freue mich dann schon sehr auf den warmen Schlafsack. Gekocht wird im Zelt.


7. Juni 2009
– Vansö – Fogdö – Kungsberg – Fogdö – Bergshammar – Lundby – Väsby – Ekeby – Hasselbyholm – Ekeby – Rällinge – Knutsberg – Åsby – Björsund – Fiholm – Kapellgården – Almby – Hyvena – Avesta – Sundby
54 km


Nicht ganz überraschend stelle ich fest, wie schnell meine Stimmung auf eine Wetteränderung reagiert. Sieht es in der Früh noch nach einem weiteren grauen und feuchten Tag aus, so wird es im weiteren Verlauf immer sonniger und wärmer als zuletzt, und ich erfreue mich an der Schönheit der schwedischen Landschaft. Heute steht die Halbinsel Fogdön auf dem Programm.
Erste Station ist Vansö, doch scheitert die Besichtigung der Kirche und der schönen Deckenfresken an der bereits sattsam bekannten schwedischen Absperritis.


Der Zugang bleibt mir leider verwehrt: die Kirche in Vansö

Mehr Glück habe ich in Fogdö. Wohl aufgrund der unsicheren Wetterlage hat man die jährliche „Vallfartsmässa“ von den Ruinen des Klosters Vårfruberga in die Kirche verlegt, und da man mit den Vorbereitungen des Gottesdienstes beschäftigt ist, kann ich mir die Reste der Wandmalereien, die hübsche Kanzel etc. ansehen.


Garten Gethsemane: Wandmalereien in der Kirche zu Fogdö

Ich habe dann auch Lust, an der Messe zum Dreifaltigkeitssonntag teilzunehmen, die musikalisch erfreulich von einem Blasensemble und hübscher Orgelmusik begleitet wird. Ich nehme auch noch die Einladung zum Kirchenkaffee an und sitze mit einer kleinen Schar im Garten des Pfarrhauses beisammen. Fast alle gehören der älteren Generation an, haben daher noch Deutsch in der Schule gelernt und sprechen dies auch erstaunlich gut.
Nach einiger Zeit verabschiede ich mich, mache den Abstecher nach Kungsberga, um mir die Ruinen des Klosters Vårfruberga anzusehen. Diese liegen hübsch am Ufer des Mälaren, viel zu sehen gibt es allerdings nicht mehr – das Kloster wurde ja, wie fast alle in Schweden, zur Zeit der Reformation von Gustav Vasa aufgehoben.
Zurück in Fogdö mache ich nun einen Abstecher in die andere Richtung zum schloßartigen Gutshof von Bergshammar, wieder eines jener reichen Landgüter, die so prägend für Södermanland sind. Es ist allerdings in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden.


Bergshammar

Später folge ich bei Stora Väsby dem Wegweiser zu einem Stein mit Ritzverzierung aber ohne Runen; weil es gar so fein warm ist, lege ich mich eine Weile in die Sonne und genieße.den prächtigen Nachmittag.
Ein weiteres Schlößchen liegt nicht weitab vom Weg, Hasselbyholm. Prachtvoll erhebt es sich in der Sonne. Besichtigen kann ich auch dieses nicht, fahre aber noch weiter zum Ufer des Mälaren, wo ein Segelboot an einem versteckten, kleinen Bootsanleger vertäut ist. Weit erstreckt sich der waldgesäumte See, durchsetzt von kleinen Inseln vor mir.


Am Mälaren bei Hasselbyholm

Ein Stückchen weiter fahre ich zur eisenzeitlichen Fluchtburg von Rällinge. Romantisch türmen sich die Felsen, die einst zwei Mauerringe bildeten, im farnbewachsenen Wald.


Mauerreste der Fluchtburg von Rällinge

Auf der anderen Seite des Dorfes gibt es wieder ein Gräberfeld, wo Lichtnelken hübsche Farbtupfer zwischen die alten Grabhügel und -steine setzen. Auch bei Knutsberg und in Åsby komme ich wieder an frühgeschichtlichen Resten vorbei.


Gräberfeld bei Rällinge

Bei Björsund verlasse ich dann über die Brücke die Halbinsel Fogdön und radle nach Fiholm, um noch einen Blick auf das dortige Schloß zu werfen, einst von Axel Oxenstierna errichtet, dem Reichskanzler König Gustavs II. Adolf.


Fiholm

Am Weiterweg komme ich bei Kapellgården noch an zwei Runensteinen vorbei, und weil es sich gar so angenehm fährt, radle ich am selben Abend noch bis Sundby, wo ich wieder am Ufer des Mälaren zelte.

Ende des 1. Teils



Geändert von k_auf_reisen (27.08.09 09:50)
Änderungsgrund: Länder"liste" fehlte
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#548925 - 27.08.09 09:52 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: k_auf_reisen]
k_auf_reisen
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Beiträge: 292
Teil 2

8. Juni 2009
Sundby – Åsby – Jäder – Kjulaås – Ramshammar – Torsborg – Hammarby – L. Lövhulta – Vallby – Hyggeby – Grundby – Åkerby – Torshälla – Roxnäs –
39 km


Der Tag beginnt mit einer besonders eindrucksvollen Sehenwürdigkeit aus der Vikingerzeit, der Sigurdritzung. Es handelt sich dabei um eine in einen Felsblock eingeritzte Runeninschrift, die darlegt, daß eine gewisse Sigrid die Baukosten für die Brücke getragen hat, die hier einst stand. Der Text, eingeschrieben in den Leib des Drachen Fafnir, wird mit weiteren Abbildungen aus der Sigurdsage verziert. Faszinierend.




Alte Sagen lebendig dargestellt: die Sigurdritzung

In der Nähe liegt Schloß Sundbyholm. Ich gehe im hübschen Park am Ufer des Mälaren spazieren.
Dann radle ich nach Jäder, wo zu meiner Freude die interessante Kirche offen hat. Der bereits erwähnte Axel Oxenstierna hat sie als Grablege für seine Familie ausgeschmückt. Daneben gibt es wieder einen belgischen Altar, eine hübsche Kanzel und einen alten Taufstein. Kurios ist der im Vorraum aufgehängte Hut eines Gläubigen, der beim Kirchgang vom Blitz getroffen worden war.


Jäders kyrka


Der Hut des unglücklichen Kirchgängers

Auch in Kjula werfe ich einen Blick in die Kirche und schaue mir dann in einer weniger attraktiven, von Schottergruben geprägten Landschaft noch ein paar frühgeschichtliche Reste an, unter anderem das große Gräberfeld von Kjulaås, wo sich ein wahrhaft monumentaler Runenstein zwischen zahlreichen namenlosen Gräbern erhebt.


Der große Runenstein in Kjulaås

Da ich keine Lust habe, nach Eskilstuna hineinzufahren, umgehe ich die Stadt nördlich. Bei Grundby stoße ich wieder auf ein eisenzeitliches Gräberfeld mit einem großen Grabhügel, dem Kung Inges Hög.
In Torshälla kaufe ich ein und mache dann noch einen abendlichen Bummel durch das nette Viertel um Rathaus und Kirche.


Bergströmska gården in Torshälla

Die Hoffnung auf eine Zeltmöglichkeit am Väsbyviken erfüllt sich nicht, dort ist alles zersiedelt, aber ich finde dann einen sehr schönen Platz im Wald südlich der Bucht, stelle das Zelt auf Moos und Rentierflechte zwischen den Felsen auf. Der Wetterbericht hat sich, wie üblich, geirrt, diesmal aber zu meinen Gunsten, und ich sitze noch lange draußen, koche mir was Feines und genieße die Natur, bis es dunkel wird. Gut, so richtig dunkel wird es um diese Jahreszeit auch hier, deutlich südlich des Polarkreises, nicht, aber doch irgendwann relativ kühl.


9. Juni 2009
– Tumbo – Kvicksund – Stensjö – Åholmen – Horn – Borgåsund – Strömsholm – Kolbäck – Säby –
44 km


Erste Station am Vormittag ist Tumbo, wo ich Glück habe: gerade, als ich mich über die geschlossene Kirche ärgern will, kommt ein Herr vorbei, der mir aufsperrt und mir Zeit für eine Besichtigung gibt. Später studiere ich noch ausführlich die sechs Runensteine im Kirchhof.
Auf der Brücke bei Kvicksund überquere ich den Mälaren, verlasse damit Södermanland und erreiche Västmanland. Ein kurzer Abstecher führt mich ins Naturreservat Åholmen, einem verwilderten ehemaligen Park, wo ich durch bunte Blumenwiesen und Wälder spazieren gehe.


Bunte Akeleien in Åholmens naturreservat

Unter einer Roßkastanie steht romantisch ein Denkmal für den Naturforscher Carl von Linné, am Ufer des Sees gibt es einen verlassenen Bootssteg.


Am See in Åholmen


Gräberfeld in Horn mit Grabrösen

In Strömsholm erwartet mich wieder ein interessantes Schloß; dieses diente vor allem den Witwen einiger schwedischer Könige als Alterssitz. Schön vor allem der Speisesaal im Erdgeschoß, dessen Wände mit netten Malereien im pseudochinesischen Stil bemalt sind. Im Portraitsaal hängen große Ölbilder schwedischer Könige, und im ersten Stock sind im riesigen Ratssaal die Lieblingspferde König Karls XI. in großformatigen Bildern verewigt. Eine Sonderausstellung dient als PR für Kronprinzessin Victoria und erinnert mich ein wenig an die ausführlichen Museen zur Verherrlichung lokaler Potentaten, die ich in Malaysia gesehen hatte.


Strömsholms slott

Nach dem Schloßrundgang setze ich mich noch für eine gemütliche Jause in den ausgedehnten Schloßpark, dann werfe ich noch einen Blick auf die Nebengebäude, hübsche Holzhäuser aus dem 17. Jahrhundert. Etwas weiter gibt es ein großes Zentrum für Reitsport mit langer Tradition, das sicherlich die Herzen passionierter Pferdeliebhaber höher schlagen ließe; ich aber bevorzuge meinen Drahtesel.


Landschaft bei Strömsholm

In Kolbäck gibt es, neben einer geschlossenen Kirche und einer Einkaufsmöglichkeit, wieder eine völkerwanderungszeitliche Rückzugsfestung – nicht so romantisch gelegen wie jene in Rällinge, aber doch ganz interessant. Ich radle dann noch weiter bis Säby und stelle mein Zelt wenig später in eine Wiese.


10. Juni 2009
– Lagersberg – Giresta – Lundby – Rytterne – Åkerby – Tidö – Lövsta – Askö – Barkarö – Fullerö – Västerås
55 km


Ich habe für den Abend eine Couch in Västerås bekommen und mir vorgenommen, je nach Wetterlage auf direktem, kurzem Wege dorthin zu radeln oder mit ein paar Umwegen. Da es nur ganz leicht regnet, entscheide ich mich für die längere Variante. Viel zu sehen gibt es am Weg allerdings doch nicht, ein paar Gutshöfe sind mehr oder weniger interessant; ganz nett, aber auch nicht aufregend, sind die Ruinen der Kirche von Stora Rytterne in Lundby, wo es auch einen Runenstein gibt, und ihr Pendant von Lilla Rytterne in Åkerby.
Mehr verspreche ich mir vom Schloß in Tidö, welches auch der Reiseführer lobend erwähnt. Groß ist daher meine Enttäuschung, als ich feststellen muß, daß ich am letzten Tage des Winterzeitplans dort bin, was bedeutet, daß Führungen nur am Wochenende stattfinden. Wenig Trost bereitet mir, daß es auch nach dem Sommerplan nur eine Führung pro Tag gegeben hätte.


Schloß Tidö


Hochmoderne Tankstelle in Tidö

So werfe ich auf der Weiterfahrt noch einen Blick auf den Gutshof in Fullerö, wieder so ein kleines Schlößchen einer landbesitzenden Familie. Schafe weiden im Schloßpark, und obwohl das Gelände als Privatbesitz gekennzeichnet ist, stört sich niemand daran, daß ich ein Photo mache.
Västerås beginnt zunächst mit Industrie- und Hafenanlagen. Etwas verloren steht dazwischen ein Runenstein. Bis zum Treffen mit meiner Gastgeberin habe ich noch Zeit, und da mir der Regen langsam auf die Nerven geht, begebe ich mich in die Bücherei. Später treffen wir uns wie vereinbart und radeln noch im Nieselregen zum Djäkneberget hinauf, einem Aussichtspunkt im Westen der Altstadt. Besonders schön finde ich die Stadt auch von hier ehrlich gesagt nicht, aber meine Begleitung ist sehr angetan – ich hoffe, ich habe sie wegen meines etwas fehlenden Enthusiasmus nicht beleidigt.


11. Juni 2009
Västerås
18 km


Spontan habe ich beschlossen, meinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern und kann mich also ohne Gepäck zur Besichtigungs- und Einkaufstour aufmachen. Die beginnt beim gotischen Dom, der schon früher als angeschrieben geöffnet wird, wohl, weil später ein Schulabschlußgottesdienst stattfinden soll. Es gibt viel zu sehen, darunter auch wieder drei gotische Altäre aus Belgien, nebst einer Renaissancetaufkapelle aus Lübeck, zahlreichen Gräbern, unter anderem jenem König Eriks XIV., etc.


Der Dom zu Västerås: Hauptaltar, Import aus Belgien


Ein Nebenaltar: das Schweißtuch der Veronika

Der Gottesdienst ist dann ungewöhnlich, eigentlich eher ein Kirchenkonzert: Schülergruppen geben, nach Jahrgängen sortiert, christliche (?) Lieder zum besten. Daneben trägt eine Organistin ein Stück vor, das ich nicht kenne, mir aber so gut gefällt, daß ich mich nachher mit ihr unterhalte und mich darüber erleuchten lassen; sie hat die Toccata aus der Suite gothique von Léon Boëllmann gespielt.


Memento mori – ein Grabmal im Dom zu Västerås

Nun steht ein Mittagsimbiß an, ich brauche noch ein paar Landkarten, verzichte aus Gewichtsgründen aber darauf, mir eine umfangreiche Geschichte Schwedens zu kaufen. schmunzel Am „italienischen“ Eisstand gibt es zunächst Verständigungsschwierigkeiten, die sich überraschenderweise auf Spanisch lösen lassen – die Verkäuferin stammt aus Marokko, lebt aber seit vielen Jahren in Schweden, wo es ihr allerdings viel zu kalt sei.
Auf der Suche nach einer Möglichkeit, meinem Handy Land und Leute näher zu bringen, muß ich feststellen, daß schwedische SIM-Karten im Vergleich zu Deutschland wahnwitzig teuer sind, zumal die Dinger grundsätzlich ohne Startguthaben verkauft werden. Nach einigem Herumfragen finde ich dann doch etwas Brauchbares knapp unterhalb der Schmerzgrenze.


Västerås ist eine radfahrerfreundliche Stadt

Inzwischen hat sich das Wetter gemacht, und ich setze meine Stadtbesichtigung fort. Außer dem Dom gibt es nicht vieles, was man gesehen haben muß. Ich werfe einen Blick ins Schloß am Rande eines Parks, wohin die unerwartete Sonne jetzt allerlei Volks gelockt hat, und führe mir eine Ausstellung über das Sammeln (von Plastiksäcken bis Barbiepuppen) zu Gemüte.


Västerås: Am Svartån

Da es ein gar so schöner Abend ist, radle ich noch hinaus zum Freilichtmuseum Vallby und schlendere dort längere Zeit zwischen den Höfen, Ställen und Lagerhäusern herum.


Im Freilichtmuseum Vallby


12. Juni 2009
Västerås – Tibble – Hälla – Tibble - Anundshög
16 km


Nachdem ich Västerås verlassen habe, stoße ich bei Tibble auf den Badelunda fornstig, einen Wanderweg, der an einigen (früh)geschichtlichen Stätten entlangführt. Das klingt interessant, und ich werfe einen Blick auf ein altes Labyrinth. Der Weg führt an wikingerzeitlichen Siedlungsplätzen vorbei, wird dann aber immer schlechter befahrbar, und schließlich weiche ich auf den Golfplatz unterhalb aus. Die Golfer schauen zwar etwas seltsam, erklären mir aber den Weg zum Ausgang, und zum Glück ist es nicht weit bis zum Einkaufszentrum in Hälla.
Nachdem ich dort auch einen Patschen repariert habe, fahre ich über den Badelundaåsen zurück und komme an ein paar weiteren Informationstafeln des fornstig vorbei. Schließlich erreiche ich den Anundshög, eine der bekanntesten vorgeschichtlichen Stätten in Västmanland. Die Anlage ist beeindruckend: ein gewaltiger Grabhügel erhebt sich in der Mitte, zu dessen Füßen liegen zwei große Schiffssteinsetzungen, etwas abseits zwei weitere.


Zwei große Schiffssteinsetzungen unter dem Anundshög

Leider beginnt es kurz nach meinem Eintreffen zu regnen, und ich stelle mich unter einem vorspringenden Dach mehr schlecht als recht unter. Zu allem Überfluß fühlen sich zwei Schweden, die durch den Regen radeln, bemüßigt, sich zu mir zu gesellen. Was ja an sich willkommen wäre, wenn die beiden nicht schon angetrunken wären und dann auch noch eine Flasche einer gelben, alkoholischen Flüssigkeit – offenbar Löwenzahnwein, so ich die Erklärung richtig verstanden habe – auspackten. Ich trinke höflichkeitshalber einen Schluck, während die beiden fast die ganze Flasche leeren. Nicht nur aus sprachlichen Gründen – einer der beiden radebrecht zumindest deutsch und englisch – wird die Unterhaltung ziemlich eintönig.
In einer Regenpause schaue ich mir den Anundshög an und finde auf der anderen Seite ein Café, wo es sich viel gemütlicher sitzt. Hier verbringe ich den weiteren Nachmittag durchaus angenehm. Um sieben schließt das Lokal, und ich suche mir ein Stückchen weiter einen Platz zum Zelten.


13. Juni 2009
Anundshög – Badelunda – Hubbo – Ansta – Äs – Gesala – Romfartuna
18 km


Am Morgen regnet es nicht, sogar das Zelt ist überraschenderweise einigermaßen trocken. Weit ist es nicht bis Badelunda, und dort hat sogar die Kirche offen, weil später eine Taufe stattfindet.


Am Weg nach Romfartuna: der Gutshof Lycksta


Die Kirche von Romfartuna

Auch in Romfartuna hat die Kirche aus diesem Grunde offen, und auch hier gibt es interessante Fresken und einen Runenstein.
Entgegen der Wettervorhersage beginnt es mittags zu regnen. Ich will den Guß in einem Häuschen am Spielplatz abwarten, doch wird es ein längerer Aufenthalt. Als es abends immer noch nicht aufhört, fahre ich ein Stück aus dem Ort und stelle mein Zelt am Rande eines Sportplatzes auf. Zum Glück habe ich zufällig gerade heute den ersten Pilz auf dieser Reise gefunden – war mir schon abgegangen! – und entwickle ein Rezept, das sich für Skandinavientouren bestens eignet – Kafkas Birkenpilz:

Man nehme (in meinem Falle einen) Birkenpilz, schneide ihn in Stücke und dünste ihn in Butter, gebe (reichlich) Salz, Pfeffer und Basilikum dazu. Fertig. Ist schnell gemacht und schmeckt famos.

Auf der weiteren Tour werde ich noch ein paar Mal in den Genuß kommen …


14. Juni 2009
0 km


Der meteorologische Tiefpunkt der Reise: den ganzen Tag regnet es, sodaß ich das Zelt, von wenigen, physiologisch bedingten Ausnahmen, nicht verlasse. Glücklicherweise habe ich noch ein paar Lebensmittel und mache mir daher einen gemütlichen Lesetag. Um mein Schwedisch in Schwung zu bringen, nehme ich mir Människa utan hund vor, einen Krimi von Håkan Nesser. Das Buch liest sich ganz gut, ist recht spannend, und am Abend habe ich ca. die Hälfte gelesen.


15. Juni 2009
Romfartuna – Hallsta – Vallrum – Ransta by – Ransta – Fastbo – Kumla kyrkby – Sala – Trefoten – Kila – Grällsta – Strömsberg –
51 km


Das Frühstück ist frugal, ich habe am Vortag fast alle kulinarischen Restbestände vertilgt. Irgendwo sollten noch Bananen sein, aber die finde ich nicht mehr; ich hoffe, daß sie nicht doch in den Tiefen einer Packtasche inzwischen größtes Unheil angerichtet haben.
Zum Glück hört es bald auf zu regnen, und ich packe zusammen. Ausnahmsweise radle ich auf einer Hauptstraße (Nummer 56). Auch wenn es einen breiten Seitenstreifen gibt, nervt doch bald der starke Verkehr, die vielen Laster und der Lärm. Ich bin offenbar von den herrlichen Nebenstraßen der letzten Wochen verwöhnt. So zweige ich bald ab und nehme gerne den weniger guten Belag in Kauf.
In Ransta frage ich nach einem Geschäft. Das mache erst um zehn auf, erklärt man mir im Bahnhofscafé, aber hier gebe es ein Frühstücksbuffet „all you can eat“. Für 30,- Kronen (ca. 3,- Euro) scheint mir das ein hervorragendes Angebot (und widerlegt wieder einmal den Mythos vom ach so teuren Schweden – so arg ist es auch sonst nicht, finde ich), und ich begebe mich in die Stube, wo ich zunächst der einzige Gast bin. Das ändert sich bald, zahlreiche Dorfbewohner frühstücken hier, und auch ich gönne mir einen ausführlichen, gemütlichen Aufenthalt.
Zu meiner großen Überraschung ist die Kirche in Kumla offen. Es gibt eine Audioanlage, mit der ich mir eine Beschreibung auf deutsch anhören kann, während ich die schönen Deckenfresken bewundere.


In der Kirche zu Kumla


Gewölbemalereien: Christi Himmelfahrt und Pfingsten

In Sala suche ich zunächst eine Tankstelle, um meine Reifen nach einer Reparatur am Vormittag wieder auf Solldruck zu bringen, doch hat sich auch hier die Pest der Kartenautomatentankstellen rasant ausgebreitet. Und wo es keinen Menschen mehr gibt, gibt es auch keine Luft, denn es ist ja niemand da, der auf das Gerät aufpassen könnte. Grummel. Erschrocken stelle ich fest, daß es schon halb vier Uhr nachmittags ist.
Jetzt aber rasch zu den Silberminen. Obwohl ich dort mehr als eine Stunde vor der Schließung eintreffe, gibt es eine Führung durch die Gruben erst wieder am nächsten Tag. Schade. Daß die Führung sauteuer gewesen wäre – ja, ich weiß, ich widerspreche mir gerade selber –, macht es mir leichter, mein Zuspätkommen zu verschmerzen, und ich widme mich stattdessen ausführlich dem interessanten Museum. Aus der einen Stunde werden deren zwei, auch hier nimmt man es nicht genau mit den Öffnungszeiten. Danach schaue ich mir die oberirdischen Gebäude an: Fördertürme über den Schächten, Wohnungen für die Werksleiter, Reste älterer Anlagen.




Alte Fördertürme und Grubenanlagen in Sala

Abends kehre ich in die Stadt zurück, um einen Großeinkauf zu tätigen. Zu meiner Überraschung lassen sich alle Vorräte ganz gut verstauen. Auch eine bemannte Tankstelle mit Luft finde ich noch, und so ist die Welt wieder in Ordnung. Gut gelaunt verlasse ich Sala. Meinen ursprünglichen Plan, auf dieser Tour noch bis Dalarna zu fahren, hat der Regen der letzten Tage (und mein sehr gemütlicher Fahrstil) durchkreuzt; ich habe beschlossen, daß Sala mein nördlichster Punkt wird, und radle daher nach Südwesten, komme dabei noch an einem gut erhaltenen und gut lesbaren Runenstein vorbei, bevor ich mir, jetzt wieder abseits der Hauptstraße, einen Zeltplatz suche.


16. Juni 2009
– Vargstubacken – Olsbo – Sätrabrunn – Hassmyra – Fläckebo – Vevde – Hönäs – Rörbo – Ramnäs – Usträngsbo – Gillbo – Österflena – Gunnilbo – Skärsjön
61 km


Wettermäßig ist es der angenehmste Tag seit langem, in der Früh scheint sogar die Sonne, und auch wenn dann wieder Wolken aufziehen, bleibt es trocken. Warm ist es zwar nach wie vor nicht, aber ich kann zumindest wieder ohne Anorak und barfuß radeln.
Erste Station ist Sätrabrunn, ein alter Kurort, der aus einer Ansammlung größerer und kleinerer Holzhäuser in einer parkartigen Umgebung besteht. Es gibt keine besonderen Sehenswürdigkeiten, aber das Ganze hat Charme. Das Heilwasser selbst schmeckt allerdings widerlich.




In Sätrabrunn

Positiv überrascht mich Fläckebo. Der Ort ist in meinem Reiseführer nicht erwähnt, aber die Kirche ist nett (und offen), hat interessante Gewölbe und verschiedene alte Holzskulpturen.


Kruzifix in der Kirche zu Fläckebo

Vor dem Gotteshaus ist noch eine Reihe alter Holzhäuser und -hütten erhalten, die zum Teil den Bewohnern der umliegenden Weiler als Ställe für die Pferde dienten, während sie den Gottesdienst besuchten.
Am See unterhalb der Kirche gibt es noch einen großen Runenstein mit einer langen Inschrift. Und ein Idyll ist das winzige Freilichtmuseum daneben, mit bloß einer Handvoll Häuschen, die aber ein sehr hübsches Ensemble bilden. Vier ältere Damen sitzen an einem Holztisch und laden mich zu Tee und Kuchen ein. Langsam wird das auch was mit dem Schwedischen.


Freilichtmuseum Fläckebo Hembygdsgård


Blick in die Stube eines der Gebäude dort

Sehr nett geht es weiter am Fläcksjön.


Bruden och Brudgummen – Braut und Bräutigam, zwei malerische Stadel am Fläcksjön


Ich überquere den Svartån

Dann ändert sich die Landschaft, und den Rest des Tages radle ich durch ausgedehnte Wälder. Mittendrin liegt Ramnäs, eine alter Industrieort. Hier gibt es zwei Ansitze ehemaliger Fabriksbesitzer, dazwischen strömt die Kolbäcksån an einer alten Schmiede vorbei. Auch eine riesige hölzerne Lagerhalle, wo einst das angelieferte Eisen gelagert wurde, die jetzt aber völlig leer steht, gibt es da.


Alte Schmiede in Ramnäs

Ich fahre fürbaß in Richtung Westen und wähle bald die Piste über Ustrangsbo, weil mir die landschaftlich reizvoller als die Hauptstraße erscheint. Ich handle mir damit etliche Schlaglöcher ein, komme aber doch ganz gut vorwärts. Ustrangsbo ist ein winziger Weiler mitten im Wald, später fahre ich nett am Langbjörken entlang mit einigen netten Blicken auf den See.
Kurz vor Gunnilbo erreiche ich wieder Asphalt, halte mich im Ort nicht auf und komme zu meiner Überraschung nach – Lappland! So heißt nämlich das waldige, moorige Hochplateau, auf das die Straße jetzt hinaufführt. Einmal oben, geht es rasch weiter, und schon bald habe ich den Skärskjön erreicht, wo ich einen wunderbaren Abend verbringe: das Farbenspiel der Wolken, die sich auf der glatten Wasseroberfläche spiegeln, von der untergehenden Sonne in verschiedenen Rosatönen gefärbt, ist phantastisch.


Abendstimmung am Skärsjön


17. Juni 2009
Skärsjön – Skinnskatteberg – Bäckegruvan – Riddarhyttan – Röda Jorden – Ö. Glifsån – Torsbäcken – Gammelbo – Nyckelbäcken – Hagen – Ramsberg – Löa – Heden – Vasselhyttan – Storå – Guldsmedshyttan – Fanthyttan – Dykartorp
74 km


Nach dem Frühstück mit Blick über den Skärsjön rolle ich hinunter nach Skinnskatteberg. Die dortige Kirche ist offen, aber nicht sonderlich sehenswert. Auch einen ehemaligen Gutshof mit schönem Blick über den nächsten See, den Nedre Vättern, gibt es hier, heute ist dort eine Försterschule untergebracht.
Hügelig geht es weiter durch den Wald. Kurz vor Riddarhyttan zweige ich nach links ab zum Kopparverket, seinerzeit eine Kupferhütte. Die ganze Gegend lebte ja einst vom Bergbau. Von den Anlagen, in denen in einem komplizierten, vielstufigen Prozeß das Metall gewonnen wurde, ist außer ein paar Staudämmen und dem quadratischen Haus, in dem die fertigen Kupferbarren gelagert wurden, nicht mehr viel zu sehen, aber bei strahlendem Sonnenschein ist der Spaziergang ein Genuß.


Kopparverket

Zur Umgehung der Hauptstraße habe ich mir überlegt, eine Verbindung zu wählen, die allerdings in meiner Karte nur als schwarze Linie eingetragen ist – also jedenfalls ohne Asphalt, vielleicht ein mieser Forstweg. Daß in diese Richtung aber eine weitere bergbauhistorische Sehenswürdigkeit angeschrieben ist, Röda Jorden, gibt den Ausschlag. So schlecht wird die Piste schon nicht sein, und in der Tat, die Waldstraße ist nicht schlechter als die (höherrangige) Nebenstraße vom Vortag, und ich bereue meine Entscheidung nicht.
Röda Jorden ist bald erreicht. Hier wurde in der Eisenzeit Sumpferz verhüttet. Neben geringen Resten von einfachen Schmelzöfen hat man diese Prozesse hier rekonstruiert (und stellt einmal im Jahr die frühgeschichtliche Metallgewinnung nach). Nett ist aber vor allem der Spaziergang durch den Wald, teilweise entlang des Baches, der sich tiefrot durch das Grün der Vegetation schlängelt.


Röda jorden – die rote Erde – macht ihrem Namen alle Ehre

Es zieht zwar wie am Vortag langsam wieder zu, ist aber doch endlich wieder so warm, daß ich auch auf die Pullover verzichten kann. Geraume Zeit radle ich durch eine wunderbare, abgelegene Waldlandschaft. Das Relief wird stärker, ich muß einen etwas höheren Hügel überwinden, werde dafür mit einem schönen Blick auf den kleinen Dammsjön belohnt, umgeben von weiten Wäldern. Rasant geht es bergab nach Torskbäcken, das inmitten herrlicher Blumenwiesen an einem weiteren See, dem Norrmogen liegt. Die Birken am Ufer und die wunderbare Landschaft bringen mich ins Schwärmen, und ich weiß, warum ich hier bin: Schweden kann schon traumhaft schön sein.


Norrmogen

Gammelbo ist der erste etwas größere Ort seit Riddarhyttan, aber trotzdem winzig. Immerhin gibt es einen Gutshof und die Reste einer Eisenhütte.
Erst in Ramsberg gibt es wieder Asphalt, wenn auch nur für ein paar hundert Meter. Ich werfe einen Blick in die Kirche.


In der Kirche zu Ramsberg, geplant von König Gustav III.

Eine kleine Erinnerung an das Banditenmuseum in Ronda, das ich im Frühling besucht hatte, weckt der Gedenkstein für einen hiesigen Räuber, der vor dem Gotteshaus steht.
Zu meiner Freude verschwinden die Wolken wieder. Ausnehmend gut gefällt mir die Landschaft auf dem Weiterweg nach Löa, auf einer guten Schotterpiste am Ölsjön entlang und durch tiefe Wälder.


Am Ölsjön

In Löa gibt es auch wieder industriegeschichtliche Sehenswürdigkeiten: ein altes Sägewerk und gegenüber eine ehemalige Eisenhütte, die von den Dorfbewohnern im Gemeinschaftsbesitz betrieben wurde. Die Anlagen sind zwar versperrt, schauen aber urig aus, und Informationstafeln geben Auskunft über die Geschichte.


Die ehemalige Eisenhütte in Löa

Nach den vielen Kilometern auf einsamen Waldpisten ist die folgende Hauptstraße nach Süden ein Antiklimax; vor dem Verkehr kann ich wenigstens zwischendurch auf eine Nebenstraße flüchten.


Am Usken entlang

Nachdem ich mich noch ein Stück auf der Straße Nummer 50 weitergekämpft habe, kann ich endlich zum Usken abzweigen und finde bald einen brauchbaren Zeltplatz mit Blick über den See.


Abendstimmmung am Usken

Es gibt Kafkas Birkenpilz, und noch gegen halb zwölf ist es hell genug, um Tagebuch zu schreiben. Kein Wunder, die Mittsommernacht nähert sich.


Die Nacht bricht herein


18. Juni 2009
Dykartorp – Siggeboda – Siggebohyttan – Öskevik – Vreten – Södermalma – Oskarsvik – Bergsmanshyttan – Born – Risbacken – Karlslund – Nora – Pershyttan – Stora Mon – Skärmarboda
35 km


Ich breche früh auf und bin schon vor halb neun in Siggebohyttan. Klar, daß der alte Bergmannshof noch lange nicht offen hat. Da ich aber auch nicht ewig warten will, schaue ich mir die Häusergruppe von außen an.


Siggebohyttan; hier lebte ein reicher Bergmann


Blick durchs Fenster

Es geht an Seen entlang weiter, Usken und Fåsjön. Die Landschaft ist weniger aufregend als tags zuvor, landwirtschaftlich genutzt. Zudem kommt es von Süden finster daher, und kurz nach Born, wo ich einen Blick auf die alte Brücke werfe, beginnt es zu regnen. Ich stelle mich bei einer Bushaltestelle unter und ersetze eine gebrochene Speiche.
Als der Regen nachläßt, fahre ich die paar Kilometer nach Nora. In der dortigen Touristeninformation gibt es auch einen Computer, und ich stille erst einmal meine virtuellen Bedürfnisse, bevor ich eine Pizza essen gehe. Von der Stadt bin ich dann etwas enttäuscht: der Reiseführer hatte sie sehr gepriesen, und sie ist auch nett, aber nicht herausragend. Ich bummle durch das Stadtzentrum und werfe einen Blick auf die Kirche. Gerade, als ich weiterfahren will, beginnt es wieder zu regnen, und ich setze mich auf eine Bank in einem Supermarkt und lese.
Abends kommt doch noch einmal die Sonne heraus.


Am Bahnhof in Nora

Ich mache ein paar Photos von den alten Zügen am Bahnhof, dann nehme ich den kurzen Abstecher nach Pershyttan auf mich, um die ehemaligen Bergwerksanlagen zu sehen. Geraume Zeit spaziere ich über das Gelände zwischen Gruben und Hütten. Besonders interessant sind das enorme Wasserrad und das daran anschließende Gestänge mit dem seinerzeit verschiedene Maschinen angetrieben wurden.


Antriebsgestänge in Pershyttan

Leider zieht es schon wieder zu, und da es zudem schon recht spät ist, überlege ich kurz, frisch gleich auf einer der Rasenflächen zwischen den Grubengebäuden zu zelten. Eigentlich sollte ich aber noch ein paar Kilometer hinter mich bringen, und so mache ich mich doch noch einmal auf den Weg, zweifle jedoch bald an der Weisheit dieser Entscheidung, als es wieder zu tröpfeln beginnt. Im Osten aber sieht es noch heller aus, ich trete kräftig in die Pedale, komme zügig voran, und tatsächlich schaffe ich es, dem Regen davonzufahren. Bis Skärmarboda habe ich genügend Vorsprung herausgefahren, um sogar das Zelt noch einigermaßen trocken aufstellen zu können.

Ende des 2. Teils

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#548926 - 27.08.09 09:53 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: k_auf_reisen]
k_auf_reisen
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Teil 3

19. Juni 2009
Skärmarboda – Mogetorp – Axbergshammar – Dylta – Brunnsjötorp – Ölimbrotorp – Dylta Bruk – Nyängshagen – Kvinnerstatorp – Kvinnersta – Hovsta – Förlunda – Hovsta kyrka – Örebro – Karlslund – Örebro – Brickebacken – Norra Bro – Gryt – Almbro – Gällersta – Frommesta – Ekeby – Torsta
61 km


In der Früh hat der Regen aufgehört und ich beginne den Tag mit einem Spaziergang hinauf zur Rückzugsfestung, in deren Nähe ich gezeltet habe.


Aufstieg zur Fornborg bei Skärmarboda

Außer den Resten einer Mauer ist nicht viel zu sehen, aber die Aussicht ist nett.


Weit reicht der Blick von dort über die Wälder

Ich komme dann gut voran, passiere in Axbergshammar wieder einen Gutshof und fahre auf gewundenen Straßen durch kleine Dörfer nach Dylta Bruk, wo einst Schwefel, Alaun und rote Pigmente gewonnen wurden. Es gibt ein Schlößchen und ein größeres Holzgebäude mit Uhrturm, im Gegensatz zu sonst aber keinerlei Informationstafeln zu den Gebäuden, und so ist der Besuch dort etwas unergiebig.
Im weiteren Verlauf gibt es einen Radweg, und ich muß daher nicht auf der verkehrsreichen Hauptstraße nach Örebro fahren. Die erste größere Stadt seit langem macht auf Anhieb einen sehr netten Eindruck, und das wird auch so bleiben. Hübsch liegt das große Schloß im Zentrum der Stadt, die mächtigen Türme werden vom Wasser eines Flusses umspült.


Örebros slott

Besichtigen kann ich es allerdings nicht – denn heute ist Midsommarafton. Warum die Sommersonnenwende zwei Tage vor dem eigentlichen Ereignis begangen wird, ist mir nicht ganz klar, aber ich wollte schon lange einmal an einer Mittsommerfeier teilnehmen. Vorsorglich habe ich mir aus einer Zeitung die Termine herausgesucht.


Der Eingang zur Burg bleibt mir verschlossen


Wurde auch er nicht eingelassen?

Jetzt ist es also soweit, und da auch die Nicolaikirche geschlossen ist, begebe ich mich zum Freilichtmuseum Wadköping, vom Schloß einen Kilometer flußab. Hier hat man den midsommarstången, eine Art Maibaum, schon aufgerichtet, und eine Volkstanzgruppe führt traditionelle Tänze auf. Auch die verschiedenen Trachten werden erklärt.


Volkstanzgruppe in schwedischen Trachten


Die Mädchen haben den traditionellen Blumenkranz im Haar

Da ich auch einen Blick auf Schloß Karlslund werfen möchte, radle ich durch die Stadt nach Westen und bin rechtzeitig hier, um den Beginn der Feier mitzuerleben. Nach dem Aufstellen des Mittsommerbaumes darf hier zunächst die Allgemeinheit herumtanzen, vor allem die Kinder mit ihren Eltern sind mit Elan dabei. Allerlei typische Lieder werden gesungen, an prominenter Stelle, wie schon zuvor, die Små grodorna, die ich aus meinem Schwedischlehrbuch kenne. In natura natürlich gleich doppelt so interessant.


Midsommarstången – die schwedische Version des Maibaums

Ich spaziere durch den Schloßpark. Überall sitzen Gruppen von Leuten am Boden und picknicken, es herrscht eine entspannte Volksfestatmosphäre.


Mittsommerpicknick in Karlslund

Auf die schönste Mittsommerfeier – aller guten Dinge sind drei – stoße ich aber eher zufällig, als ich wieder in der Stadt bin. Im Stadtpark haben sich erneut zahlreiche Leute versammelt und schauen bei strahlendem Abendsonnenschein der Vorführung einer Volkstanzgruppe zu.


Tanz um die Mittsommerstange im Stadtpark


Bunt gemischte Zuschauer

Bei den Musikanten spielen einige Frauen mit, die wohl schon etliche Jahre dabei sind.


Wieviele Lenze sie wohl schon aufspielen?

Im Publikum zahlreiche Mädchen mit Blumenkranz im Haar – aber nicht nur die blonden Schwedinnen, nein, auch die Töchter von Immigranten, hier scheint die Integration gut zu funktionieren.




Bunte Blumenkränze gehören dazu

Auch das Volk darf tanzen, und viele machen mit. Und dann berührt mich ein Lied besonders: Das Lied von der kleinen Katze (und allen möglichen anderen Tieren), Lille katt. Das weckt Kindheitserinnerungen an gemütliche Fernsehnachmittage im Kreise meiner Familie, denn Klein-Ida hat dieses Lied einmal in der Verfilmung von „Emil i Lönneberga“ nach Astrid Lindgren gesungen – weiß der Geier, warum der Lausbub in der deutschen Version „Michel“ heißt.
Ich bleibe jedenfalls bis zum Ende der Feier und genieße den wunderbaren Abend in Örebro. Dann spaziere ich noch ausführlich durch Wadköping, um mir nun auch das Freilichtmuseum anzusehen. Die Gebäude haben natürlich zu, sind aber auch von außen sehenswert, und das ganze bildet ein entzückendes Ensemble älterer und etwas weniger alter Holzhäuser.




Historische Bauten in Wadköping

Angenehm verlasse ich die Stadt und radle zwischen Äckern, Wiesen und Weiden hindurch. Etwas beunruhigt sehe ich die finsteren Wolken, die zwar zunächst noch für eine prächtige Lichtstimmung sorgen, allerdings nichts Gutes verheißen.


Und wieder zieht ein Wetter auf …

Und richtig, in Gällersta ist es soweit, ein heftiger Schauer geht nieder, es hagelt, und ich finde nur einen notdürftigen Unterstand unter einem leicht vorspringenden Dach. Es hört dann doch noch einmal auf, ich radle noch bis Torsta, wo ich zum Glück eine gemähte Wiese finde, das Zelt aufstelle, womit ich gerade fertig bin, als es wieder regnet. Es ist mittlerweile halb elf, ich koche noch und gehe dann schlafen.


20. Juni 2009
Torsta – Vrana – Sköllersta – Kånsta – Tybble – Askersby – Odensbacken – Hummelsta – Segersjö – Lämnäs – Bönerud – Hampetorp – Djursnäs – Dimbo – Läppe – Rörvik – Kalkbrottsvillorna – Gimgöl – Väsby – Julita gård
58 km


In der Früh regnet es noch, und ich habe ein Motivationsproblem. Erst spät packe ich zusammen und mache mich auf den Weg. Der ist zunächst unspektakulär, ein heruntergekommener Gutshof in Vrana, ein kleines Naturreservat mit alten Eichen in Sköllersta, zwei Grabhügel neben der Straße bei Kånsta.
In Odensbacken kaufe ich ein und warte einen neuerlichen Regenschauer ab, bevor ich einen kurzen Blick auf die frühgeschichtlichen Reste werfe. Zum Glück klart es dann bald auf, und ich komme in den Genuß eines sonnigen Nachmittages. Gleich nördlich von Odensbacken, in Hummelsta, finde ich einen weiteren netten Runenstein. Kurz danach komme ich an einer Grabröse vorbei, jenseits des Kvismare kanal liegt der Gutshof von Segersjö in der Sonne. Durch lichte Wälder geht es jetzt südwärts, vorbei an einer hübschen Steinsetzung.
Jetzt erwartet mich wieder ein Stück Hauptstraße; glücklicherweise sind nur wenige Laster unterwegs. Bald stoße ich auf ein Hinweisschild auf frühgeschichtliche Äcker bei Bönerud. Viel ist, ehrlich gesagt, nicht zu sehen, aber es gibt eine Informationsbroschüre, und mit der ist es doch ganz interessant, den kurzen Rundgang zu machen und zu lesen, was die eisenzeitliche Landwirtschaft für Spuren hinterlassen hat.
Jetzt geht es am Södra Hjälmaren entlang. Irgendwann setze ich mich auf eine Bank mit Blick über den See und jausne. Später fahre ich unter einer Materialseilbahn hindurch, die einstmals Kalk aus einer Grube über viele Kilometer zu einem Verarbeitungsbetrieb befördert hat.


Blick über den Södra Hjälmaren

Malerisch grasen einige Pferde rechter Hand unter riesigen Eichen. Es handelt sich um das Naturreservat Väsby Västeräng, und ich mache dort einen kurzen Spaziergang. Das Gelände ist allerdings eher sumpfig.


Spätnachmittags in Väsby

Als ich Julita gård erreiche, ist es schon fast acht Uhr abends. Das hat den Nachteil, daß die Gebäude jetzt geschlossen sind, aber den Vorteil, daß man gratis durchs Gelände spazieren kann. Und das tue ich auch ausführlich. Es ist ein wunderbarer Abend, und prächtig liegt der Gutshof mit seinen Nebenflügeln, einem für die Pferde, einem für die Wagen, auf einem Hügel am Ufer des Öljaren.


Julita gård


Lädt das nicht ein zu einer entspannten Rast?

Ein beschaulicher Steg führt hinaus auf den See. Hinter dem Schlößchen ein hübscher französischer Garten. Und ein kleines Freilichtmuseum mit alten Häuschen gibt es auch noch.


Myriaden von Insekten …


… und ein einsames Boot

Zum Abschluß des gelungenen Abends finde ich noch einen schönen Zeltplatz mit Blick auf den See.


21. Juni 2009
Julita gård – Julita – Gimmersta – Äsköping – Fågelsta – Äs – Bie – Ökna – Flodafors – Stenhammar – Flen
48 km


Ich genieße den Sommeranfang mit einem gemütlichen Frühstück am Öljaren. Spiegelglatt liegt der See in der Morgensonne.


Morgenstimmung am Öljaren

Ich folge dann dem Munkleden, einem Wanderweg, der Julita gård mit der Kirche von Julita verbindet und unterwegs noch ein paar andere Informationstafeln aufweist, unter anderem beim hübschen, verlassenen Weiler Gryt mit seinen malerischen Holzhäuschen inmitten üppig wachsender Blumen.


Gryt – langsam wieder überwuchert

Die Kirche ist überraschenderweise offen, und ich kann in aller Ruhe die interessanten Deckenfresken aus dem 17. Jahrhundert betrachten.


Die klugen und die törichten Jungfrauen: Deckengemälde in der Kirche von Julita

Der kurze Abstecher nach Gimmersta, um einen Blick auf den dortigen Gutshof zu werfen, lohnt sich eigentlich nicht. Und damit ich nicht übermütig werde, sind inzwischen sogar wieder ein paar Wolken aufgezogen, aus denen es doch tatsächlich zu regnen beginnt.
Der Regen hört aber bald wieder auf, und ich steige zur Fornborg auf einem Hügel bei Äs hinauf. Nett liegen die Mauerreste im Wald, unten sieht man einen hübschen Gutshof.


Am Wege nach Flodafors

Mein nächstes Ziel ist Flodafors, wo ich die Kirche besuche, während draußen ein neuerlicher Schauer niedergeht. Diese ist untypisch: der alte Bau mit schönen Wandmalereien von Albertus Pictor ist als Seitenschiff der großen, neugotischen Kirche bewahrt, daran anschließend gibt es auch noch einen barocken Grabchor.


Malereien des Albertus Pictor in der Kirche zu Floda: die Heilige Dreifaltigkeit …


… Kain und Abel …


… Christi Himmelfahrt

Ich will nicht zu spät in Flen sein, weil ich dort wieder einmal eine Couch habe, und radle bald hübsch am Nordufer des Valdemaren entlang.


Am Valdemaren

Einen kurzen Blick werfe ich auf Schloß Stenhammar, dann treffe ich mich mit meiner Gastgeberin in Flen. Wir verbringen einen netten Abend, machen auch einen Spaziergang zu einem weiteren See.


22. Juni 2009
Flen – Öja – Hålbonäs – Varbro – Årby – Vadsbro kyrka – Katrineborg – Vadsbro – Blacksta – Ekenäs – Ålspånga – Bettna – Valsta – Vrena – Länninge – Mjälnäs – Stigtomta – Tista – Bärbo – Näs – Bärbo –
74 km


In der Früh nehme ich es sehr gemütlich, plaudere noch ausführlich mit meinen Gastgebern. Die ganze Familie ist sehr sympathisch.
Sehr schön ist dann auch die Kirche. Hier gibt es etliches zu sehen, vor allem die schönen Malereien.


Lustige Gewölbe, sogenannte gubbvalv in der Kirche zu Flen


Die Kanzel

Die Kirche nimmt aber auch an einem Programm namens „Vägkyrka“ teil, das heißt, sie ist offen, und ehrenamtliche Helferinnen kümmern sich um die Besucher. Ich bekomme eine Kirchenführung und werde dann zu Tee und Kuchen eingeladen. Lange plaudere ich mit den beiden Damen. Da es der erste Tag dieses Sommerprogrammes ist und ich der erste Besucher, werde ich dann auch noch von einem Journalisten einer Lokalzeitung interviewt. Daß ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, beeindruckt ihn offensichtlich, und ich kann ein bißchen Werbung für diese Art des Reisens machen.
Jetzt ist es schon Nachmittag, und ich werde mich etwas sputen müssen. Immerhin ist das Wetter jetzt, zum Abschied, noch einmal so prachtvoll, wie es am Anfang zur Begrüßung gewesen war. Auf der Weiterfahrt mache ich aber trotzdem noch etliche Abstecher zu kleineren Sehenswürdigkeiten: Stenhammars Skans, eine Fornborg auf einem Hügel über dem Valdemaren;


Blick über den Valdemaren

die Reste des Gutshofes Hålbonäs; die Mühle von Varbro am idyllischen Mühlensee. Leider ist die Kirche von Vadsbro geschlossen, was ärgerlich ist, weil sie laut Reiseführer recht interessant sein muß.


Am Mühlenteich in Varbro

Bei Blacksta gibt es wieder einige frühgeschichtliche Stätten, Grabhügel, Gräberfelder und Runensteine. Überraschenderweise gibt es hier auch einen Weinberg. So weit im Norden? Die Schweden scheinen auf den Klimawandel gut vorbereitet zu sein … Einige Gutshöfe erreiche ich auf kurzen Abstechern, Ekenäs, Ålspånga, Mjälnäs.
In Stigtomta verlasse ich die Haupstraße und fahre hügelauf, hügelab nach Osten. Eine herrliche Allee führt zum Gutshof von Tista. Ich fahre noch weiter bis Näs, wo ich ausnahmsweise auf Unsympathler stoße: eher rüde teilt man mir mit, daß man nicht wünsche, daß ich vom Schlößchen ungefragt ein Photo mache.


Alte Bäume und lange Schatten: Zufahrtsallee nach Tista

Es ist spät, und ich suche mir bald einen Zeltplatz. Zum Glück stören die vielen Wildschweine, die ich zuvor gesehen hatte, meine Nachtruhe nicht.


23. Juni 2009
Tista – Täckhammar – Kristineholm – Siggetorp – Ängstugan – Bönsta – Nyköping – Skavsta
24 km


Leider ist der letzte Tag meiner Schwedenreise gekommen. Ich stehe zeitig auf, radle noch kurz zum Gutshof von Täckhammar und schaue mir auf der Fahrt nach Nyköping zwei Gräberfelder an.


Abschied von Schweden: Gräberfeld bei Siggetorp

In die Stadt will ich deshalb noch einmal, weil ich noch ein paar Einkäufe erledigen will und auch Kartons für die Verpackung des Fahrrads benötige. Der Besitzer eines Sportgeschäftes, in dem ich eingekauft hatte, geht mit mir extra in ein abseits gelegenes Lager, wo ich mir schöne, große Kartons aussuchen kann.
Ohne Probleme radle ich mit diesen zum Flughafen, und auch das Verpacken geht rasch. Diesmal gibt es auch keine Beanstandungen wegen irgendwelcher hochgefährlicher Teile in meinem Gepäck, und ich besteige entspannt das Flugzeug. Über den Fensterplatz kann ich mich allerdings nicht lange freuen, denn obwohl der Himmel über Nyköping wolkenlos ist, erreichen wir überraschenderweise bald eine geschlossene Wolkendecke, und nichts wird es mit der Aussicht, auf die ich mich gefreut hatte.


Fazit: Auch wenn mein fast schon traditionelles Wetterglück auf Radreisen diesmal etwas ausgelassen hat, habe ich doch im Rückblick den Eindruck, daß es so schlimm gar nicht war. Schweden bietet auch in den weniger spektakulären Regionen wunderbare Landschaften mit viel Kultur, netten Leuten und ist ein ideales Land zum Radfahren: rücksichtsvolle Autofahrer, jede Menge verkehrsarmer Nebenstraßen, überhaupt kein Problem, schöne Zeltplätze zu finden, Sicherheit ist absolut kein Thema, die Ladenöffnungszeiten sind sehr radfahrerfreundlich, und im Sommer ist es ewig lange hell. Egal, ob gemütliche Genußtour wie in meinem Falle oder ambitionierte Streckenfahrten, hier ist alles möglich. Meine Begeisterung für Skandinavien wird mir erhalten bleiben.

K.
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#549414 - 29.08.09 11:14 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: k_auf_reisen]
Pedalpetter
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Beiträge: 1.376
Hallo K.,
einen sehr schönen detailierten Reisebericht hast Du da erstellt.
Ich fand es sehr interessant ihn zu lesen.
Vielen Dank dafür.
Gruss
Volker
Gruß
Volker
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#549761 - 31.08.09 16:50 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: k_auf_reisen]
dooley242
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Beiträge: 9
Dsa erhöht doch die Vorfreude auf eine eigene Tour. Ein schöner Bericht und ebensolche Fotos.

Danke Dir dafür.
Gruss

Thomas
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#550534 - 03.09.09 13:25 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: dooley242]
k_auf_reisen
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Beiträge: 292
Danke vielmals, Thomas, (und auch Volker natürlich), das freut mich.
Hast Du schon eine konkrete Strecke und einen Termin im Auge?

K.
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#550581 - 03.09.09 16:19 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: k_auf_reisen]
Tally
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Beiträge: 838
Vielen Dank für diesen schönen Bericht. Herzklopfen bekam ich bei den tollen Photos der Schärenlandschaft. Nur dafür war ich nämlich diesen Sommer auch in Schweden (und auf den Alands).
Ich wünsche dir weiterhin gutes Nacherleben.
Herzlichen Gruß
Tally

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#553423 - 16.09.09 19:05 Re: Mittsommer in Schweden (rundherum in Svealand) [Re: Tally]
k_auf_reisen
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Beiträge: 292
Hallo, Tally!

Danke dir. Ja, ich denke öfters an die schöne Fahrt zurück. Gemütlich auf den Granitfelsen zu sitzen und aufs Meer, die Inseln und Wälder hinauszuschauen, ist, gerade für einen Gebirgsbewohner wie mich, immer wieder etwas Besonderes.
Ich sehe an deinem Photo, daß du auch wunderschöne Zeltplätze gefunden hast. Darf ich fragen, wo deine Aufnahme entstanden ist?
Was für eine Route bist du gefahren?

Grüße aus den Alpen,
K.
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