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#804857 - 29.02.12 23:09 3 x Vogesen 2011
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Zeitraum:
Entfernung:1166 Kilometer
Bereiste Länder:

3 Vogesen-Touren in Frühjahr und Herbst 2011

Gesamt: 12 Tage (ohne Anreisen*) | 1.166 km | 16.835 Hm| 80 Pässe
Durchschnittswerte: 97 km/d | 13,6 km/h | 7:08 h/d | 1.403 Hm/d


Inhaltsverzeichnis

Übersicht / Halloween-Tour Abreschviller – St-Die (gleich hiernach)

Oster-Tour Ballon d’Alsace – Donon

Narzissen-Tour Gérardmer


Reiseziel Vogesen, Jahreszeiten und Wetter

Im letzten Jahr habe ich drei Kurzreisen in die Vogesen gemacht – nicht die ersten, wohl auch nicht die letzten. Bisher war ich immerzu im Frühjahr in den Vogesen, nunmehr erstmals auch einmal im Herbst. Da die Vogesen mehr Laubwald haben als zum Beispiel der gegenüberliegende Schwarzwald, bieten die Vogesen auch ein wunderbar buntes Farbenspiel in der Jahresendrallye der Blätter-Flora. Besonders reizvoll sind natürlich auch die Weingegenden des Elsass am Vogesenrand. Gleichwohl war die Färbung schon weit fortgeschritten – ideal wäre wohl etwa Mitte Oktober. Am besten finde ich die Vogesen aber immer noch im Maiengrün ab Mitte April.

Die Reisen waren mit Feier- oder Festtagen verknüpft und ließen sich mit je einem zusätzlichen Urlaubstag zu 3-5-Tagestouren ausweiten. Das späte Ostern und sogar Allerheiligen im Spätherbst boten relativ gute Wetterbedingungen (überwiegend sonnig, teils bewölkt, ein Gewitter). Hinzu kam ein vorösterliches Wochenende, dass zu einem besonderen Lokalfest in den Vogesen führen sollte. Waren die Nachttemperaturen auf der Oster-Tour bereits erträglich, so musste ich auf der Narzissen- und der Halloween-Tour mit teils bitterkalten Nächten zurecht kommen (bis knapp unter Null).

Das Zelten war aber noch ganz gut möglich, zumal selbst im Herbstnebel man unter Bäumen recht trockenes Mikroklima vorfinden kann, sodass nicht mal das Zelt nass werden muss. Die Kälte war dann am Morgen ein Problem, auch weil ich nicht entsprechende Winterhandschuhe mitgenommen hatte. Nebst einer Darmverstimmung war ich auf der Halloween-Tour schlussendlich so geschwächt, dass ich in St-Die nahe dran war, ein Hotel aufzusuchen bzw. die letzte Etappe ausfallen zu lassen und mit dem Zug abzureisen (von St-Die führt eine der wenigen Bahnrouten aus den Vogesen raus nach Strasbourg). Glücklicherweise verschwand das Fieber in der Nacht und ich konnte die Tour mit ein paar Abstrichen noch zu Ende fahren.

Mit Blick auf die aktuelle Jahreszeitentwicklung werde ich die Touren in umgekehrter Reihenfolge präsentieren. Zuerst gibt es also nochmal Herbstimpressionen quasi als Rückblick, danach folgt die Ostertour in schon fast allen Frühjahrsfarben und am Ende steht die Narzissen-Tour als besonderes Schmankerl eines nicht so häufigen Festes. Die vorösterliche Stimmung des Vorjahres wird dann ziemlich genau mit der diesen Jahres zusammenfallen und hoffentlich Lust auf Touren in aufblühender Natur machen. Ich weise aber ausdrücklich mit Blick auf die Vegetation hin, dass Ostern in diesem Jahr zwei Wochen früher liegt und auch der Winter heftiger war.

Um noch mehr alternative Inspirationen zu geben, hier nochmal alle meine Berichte, die sich wesentlich mit den Vogesen beschäftigen und verstreut im Forum liegen (von Nord nach Süd geordnet):

V1 Nordvogesen: Dahn – Wintersberg – Niederbronn -Wissembourg (1.-Mai-Forumstour 2009, mit Schwarzwald, Fotolink geht nicht mehr)

V2 Nordvogesen: Wissembourg – Niederbronn – Zinseltal – Saverne (April 2007)

V3 Nordvogesen: Saverne – Dabo – Cascade du Nideck – Wolxheim – Strasbourg (Pfingsten 2008)

V4 Mittlere Vogesen: Obernai – Mont Ste-Odile – Haut Koenigsbourg – Ribeauville – St-Marie-aux-Mines – Fréland – Wettstein – Val de Senones – Donon – Mutzig – Strasbourg (Fronleichnam 2008, mit Schwarzwald)

V5 Südvogesen: Colmar – Munstertal – Soultzmatt – Col Amic – Breisach (Ostern 2009, mit Schwarzwald)

[Eine weitere Ostertour aus dem Jahre 2003 via Strasbourg – Barr – Selestat – Ribeauville – Colmar – Col de la Schlucht – Route des Crêtes – Grand Ballon – Thann – Colmar habe ich leider nicht ausführlicher dokumentiert.]


Straßen, Karten und Eisenbahnen

Die Vogesen sind für mich immer wieder ein attraktives Ziel für Kurzreisen, weil sie ein sehr verzweigtes Netz aus Regionalstraßen mit zahlreichen Anstiegen bereit halten, wo es immer noch was zu entdecken gibt. Ergänzen lassen sich die Strecken über ein zuweilen verwirrendes System an Forststraßen (Pisten, teils auch asphaltiert), von denen viele gut fahrbar sind. Die IGN-Karten (1:100 000, aber auch 1:50 000) geben nicht immer Aufschluss über die Qualität, können aber als Anhaltspunkt verwendet werden. Man sollte den gröberen Maßstab wählen, weil sonst zu viele ungeeignete Wanderwege das Liniengewirr noch erhöhen. Die meisten relevanten Routen sind auch in den Straßenkarten von Michelin enthalten – dort aber meist nur als dünner schwarzer Strich. Für mich hat sich die parallele Nutzung von 1:100 000 und 1:200 000 bewährt um nicht die Übersicht zu verlieren.

Die An-/Abreise über den Schwarzwald lässt sich für mich immer weniger mit den Nischentouren in den Vogesen verbinden – zuviel Zeit geht dabei verloren. Die An- bzw. Abreise zu allen drei Touren habe ich daher per Bahn bewältigt. Leider bildet auch die Rheinebene noch eine unangenehme Hürde. Von der deutschen Rheinschiene bis zum Vogesenrand sind es minimal etwa 40 km – fährt man ein wenig diagonal oder attraktiver, werden daraus schnell 50-60 km oder auch noch mehr.

Die deutsch-französische Grenze am Oberrhein gleicht immer noch einer Feindlinie – gemessen an Brücken und direkten Ost-West-Schienenanbindungen. Zwar kann man über Strasbourg den Regionalzug des Elsass’ anbinden, die Anschlüsse sind aber insbesondere an Sonn- und Feiertagen nicht gerade immer zeitsparend gestaltet (über eine Stunde Wartezeit in Strasbourg). Zudem summiert sich der Fahrpreis schnell nach oben – das Baden-Württemberg-Ticket gilt nicht mal bis Strasbourg, sondern verliert die Gültigkeit stur an der Grenze in Kehl. Die deutsche Bahncard gilt für innerfranzösische Strecken natürlich nicht, der Normalpreis Colmar – Strasbourg kostet so zum Beispiel 15 Euro, kauft man die Karte in Frankreich, spart man nur wenige Cents. Das Lobende will ich aber nicht unterschlagen: Immerhin ist die Radmitnahme sowohl auf der deutschen als auch auf der französischen Regionalstrecke kostenlos.

Entsprechend habe ich nur einmal diese direkte Bahnanbindung genutzt, sonst die Rheinebene mit dem Rad durchquert. Wie bei solchen Kurzreisen üblich, habe ich jeweils den Nachmittag oder Abend des letzten Arbeitstages zur Anreise genutzt. Die Anreiseetappen(*) habe ich aus den Gesamtdaten herausgerechnet, um den Fokus nur auf die Vogesenrouten zu lenken. Auf der Halloween-Tour bin ich sogar bis Mitternacht durch den Spätherbstnebel gefahren, um noch vor die Tore von Selestat zu gelangen. Auf der Narzissentour führte die Anreise recht reizvoll durch das Kaiserstuhlgebiet, leider die einzige Hügelvariante im ganzen Oberrheingraben zu den linearen Einschlafrouten.


Die Halloween-Tour (Abreschviller – St-Die)
4 Tage (ohne Anreise) | 393 km | 5.795 Hm

Fr 28.10. Stuttgart || Kenzingen – Forchheim – Marckolsheim – Selestat*
37 km | 19,5 km/h | 1:54 h | 40 Hm
AE (Karlsruhe): McDonalds-Menü 5,65 €
Ü: C wild 0 €

Zu der Anreiseroute in der Nacht möchte ich nur folgende Beobachtung wiedergeben. Sowohl in Kenzingen und auch weiter gab es tief hängenden Nebel, fährt man an den Rhein, verschwindet dieser unmittelbar über dem Rhein und an seinen Ufern. Es ist hier auch merkbar wärmer. Dies war für mich etwas überraschend, aber letztlich auch klar, denn der Boden der Auen kühlt ja schneller aus und die Feuchtigkeit vom Rhein schlägt sich entsprechend in der Umgebung des Rheins nieder. Der Rhein selbst ist aber zu solcher Jahreszeit ein Wärmespeicher und entsprechend günstig ist das Nachtklima in unmittelbarer Flussnähe. Ich hätte demzufolge eigentlich am Rheinufer campieren müssen, bin aber doch noch weiter bis an den Rand von Selestat, wo wieder über den Wiesen und Weiden dichter Nebel hing. Dort unter einem Bäumchen blieb das Zelt aber trotzdem trocken.

Sa 29.10. Selestat – Hurst – La Vancelle – Col de Frankenbourg (648m) – Col du Stangenplatz (756m) – Breitenau – Ville – Breitenbach – Col de la Charbonnière (960m) – Col du Champ du Feu (1099m) – La Rothlach – Col du Heidenkopf (787m) – dev. D206 – Gresswiller – Still – Westhoffen – Col de Westhoffen (298m) – Wasselone
95 km | 12,9 km/h | 7:21 h | 1.810 Hm
AE (ital.): Nudeln m. geschn. Kalbfleisch, Champignonrahms., Rw, Cafe gourmand 23,50 €
Ü: C Wasselone 0 €

Schon allein wegen der vor Kälte fast abfallenden Finger war es angemessen, erstmal das Rad nicht zu stark zu bewegen und auf wärmere Stunden nach einer Stadtbesichtigung und Frühstück zu hoffen. Selestat liegt nicht direkt auf der Elsässischen Weinstraße und wird daher manchmal vernachlässigt. Ein Besuch lohnt aber unbedingt, in der Altstadt finden sich nicht nur wunderbare Fachwerkhäuser, sondern auch stille Winkel und genussvolle Cafes. Den Markttag nutze ich natürlich zum Anlegen von Picknickvorräten.

Die erste Höhenroute des Tages ist die Route de Frankenbourg. Dazu zweigt man zunächst von der verkehrsreichen N59 (Route nach Ste-Marie-aux-Mines, dicht befahren wegen dem Straßentunnel nach St-Die) ab und nimmt kurz nach nach Vancelle (schon wieder abfallend) alsbald scharf rechts die Forststraße (die Durchfahrt nach Breitenau ist nicht ausgeschildert, aber Frankenbourg). Zuweilen im Web als langweilig beschrieben, erweist sich der Pass in den Herbstfarben als ausgesprochen reizvoll. Es gibt nur einzelne Aussichtsstellen, meist fährt man im Wald. Zur Ruine Frankenbour gibt es einen nicht asphaltierten Abzweig – ab der Mulde beim Col de Frankenbourg ist der Weg aber sehr steil und zumindest mit Herbstlaub nicht mehr fahrbar – entsprechend habe ich auf den Besuch der Ruine verzichtet. Auf der Nordseite hat man ein länger anhaltendes Panorama auf Breitenau und die einzeln aus dem Laubwald herausschießenden Kiefern geben dem Hang ein fast exotisches, leicht mediterranes Aussehen.

Auf der nächsten Auffahrt über Breitenbach (nicht mit Breitenau verwechseln) blickt man lange Zeit weit ins Tal und an den Hängen sorgt rotes Laub von Obstbäumen für einen Farbenrausch. Der obere Teil des Col de la Chabonnière war mir schon aus Frühlingszeiten bekannt – im Herbst wirkt aber eben alles wieder anders. Neu und weiter hinauf fahre ich zum Champ du Feu, von Süden durch Nadelwald, oben und nach Norden durch eine eigenartige Hochmoorlandschaft. Die höchste Erhebung der Mittelvogesen wird von einem – allerdings unzugänglichen – Aussichtsturm gekrönt, der von einem Verkehrskreisel umschlossen wird.

Unweit nach der Auberge Rothlach zweige ich auf eine Piste ab, die zum bzw. um den Heidenkopf führt. Bei einem Forsthaus beginnt Asphalt und die südwestliche Umfahrung des Heidenkopfes ist eine sehr lohnenswerte Route, egal ob Herbst oder Sommer – besser als am Heidenkopf-Pass die Piste durch den Wald links zu nehmen – zwar kürzer, aber dunkel.

Auch in den nun niederen Höhen geht es noch mehrfach auf und ab. Nicht alle Orte sind als Etappenort geeignet. In Still fand ich zwar einen Hinweis auf einen Camping, auf Nachfrage gibt es aber dort kein Restaurant. Das gilt auch für einige andere bäuerliche Orte – nur die richtigen Weinorte wie Westhoffen warten mit typischen Winstubs auf. So weit schon in der Dunkelheit geritten, nehme ich gleich noch eine weiteren Hügel bis Wasselone, wo auch ein Campingplatz ist (die Sanitäranlagen waren abgeschraubt bzw. abgesperrt – es gab aber Dauercamper, vielleicht mit Schlüssel). Das Lokal mit italienischen Gerichten scheint ein Freund des Films und des Fahrrads zu leiten – soweit man die Dekoration interpretieren darf.

So 30.10. Wasselone – Engenthal – Col de Sandplatz (798m) – dev. Elsassblick – Col du Brechpunkt (545m) – Col de Peugstein (522m) – Col du Hohwalsch (488m) – Col de Saint-Léon (488m) – Abreschviller – Grand Soldat – Col des Quatre Chemins (451m) – Col de Deux Croix (419m) – St-Quirin – Col du Lamperstein (400m) – Col de Halmoze (474m) – dev. D993/D96 – Cirey-s-Vezouze – Val-et-Chatillon – Col des Chabonniers (456m) – Badonviller
108 km | 13,3 km/h | 8:07 h | 1.595 Hm
AE (Mirabelle e Tarantelle): Kart.-Speck-Käse-Auflauf, Salat, Fischblanquette auf Sauerkraut, Rw, Käse, Crème brulée, Cafe 23,30 €
Ü: C wild 0 €

Das Mossigtal bis Engenthal wechselt zwischen offenen Weiden und feuchten, recht urigem Wald entlang dem Bachlauf. Da ich kein Brot habe, fahre ich nach Engenthal-le-Haut hinauf – man kann aber auch im Tal bleiben, denn die folgende Strecke beginnt in Engenthal-le-Bas. Es beginnt eine herrliche Fahrt nach Windsbourg, relativ anspruchsvoll, begleitet von den kleinen Kaskaden des Baches. Die Feuchte lässt überall Moos und Pilze sprießen – ganz besonders fühlt sich der Fliegenpilz hier wohl. Ab Winsbourg (ein Weiler) beginnt offiziell die Forststraße, wird aber auch noch von wenigen Autos befahren. Im oberen Teil befinden sich einige Lichtungen, Pilze gibt es immer noch, der Bachlauf ist verschwunden.

Die weitere Route nach Walscheid bzw. Abreschviller ist ausgeschildert. Diese Waldfahrt ist gleichfalls lohnenswert. Man fährt hinunter ins Tal der Gelben Zorn, leichter Urwald, an der Verzweigung ein geschlossene Hütte, Brunnen, und Sitzgelgenheiten – und ganze Teppiche von Pilzen. Die Moose hier von nah betrachtet entpuppen als eigener Kosmos exotischer Mikrowälder. Weiter oben fährt man eine Halbhöhenroute zum Col du Brechpunkt. Hier kann man direkt hinunter nach Grand Soldat bzw. Abreschviller fahren.

Ich nehme aber noch eine Schleife mit, auf der man einen Blick auf den exponierten Felsen von Dabo erhascht, auf der eine Kapelle steht, die Papst Leo IX. einst geweiht wurde. Dabo könnte man einerseits von erwähnter Hütte über die Route entlang der Zorn erreichen, aber auch noch vom Col du Hohwalsch, wo nebst Kletterfelsen auch eine gute fahrbare Piste zur Zorn führt. In Walscheid hat man dann endgültig den Vogesenkamm hinter sich und befindet sich im lothringischen Teil. Generell sind die Häuser einfacher und zweckmäßiger, Fachwerk wie im Elsass sucht man meist vergeblich und nicht zuletzt finden sich in vielen Orten noch typische Bergarbeiterhäuschen.

Walscheid macht ein recht beschaulichen bis lieblichen Eindruck mit einem kleinen See und eingebettet in leichtes Hügelland. Es gibt hier eine großen Miltitärfriedhof für Franzosen und Deutsche – also auch ein Ort der Versöhnung. Über dem Dorf erhebt sich ein markanter Fels mit Kreuz, auf der Straße nach St-Léon kommt man nahe vorbei. Ohne nach Abreschviller einzufahren, zweige ich nach Grand Soldat ab – einem Bahnhof. Es ist die heutige Endstation einer Touristenbahn, die aus der alten Waldbahn Abreschviller hervorging (wie man sie auch aus Österreich oder dem Balkan kennt). Zwischen Frühjahr und Herbst verkehrt das Züglein an Wochenenden und Feiertagen und an diesem Wochenende ist der letzte reguläre Betrieb des Jahres. Ich warte unten an der Kreuzung, um das fahrende Vehikel einzufangen. Tatsächlich gibt es zu Halloween spezielle Geisterfahrten – das Ereignis findet dann samt Party allerdings am nächsten Tag statt. Nicht zuletzt deswegen habe ich in Anspielung auf diesen „Bahnevent“ diese Tour auch „Halloween“ getauft.

Ich lasse nach ein paar Auf und Abs folgen, um wenigstens ein paar Eindrücke von der Roten wie der Weißen Saar zu erhalten. Meine Einschätzung sowohl von unten wie auch von oben (bei ein anderen Tour beim Donon ins Auge genommen) ist, dass diese Straßentäler nicht sehr interessant sind. Ein recht verwunschene, urwälderische Strecke durchfährt man, wenn man von der Sarre Rouge das kleine Sträßchen zum Col des Quatre Chemins hinauffährt. Oben ist dann wieder eher gepflegter Laubwald, offenbar bei Reitern beliebt.

St-Quirin ist ein recht idyllisches Örtchen, Restaurant und Hotel sind vorhanden. In der Dämmerung nehme ich aber noch ein einsame Waldstrecke, über die ich zur Sarre Blanche gelange. Diese Waldstrecke ist anfangs offener, gleicht den Lothar-geschädigten Schwarzwaldhängen. Im Tal der Saar muten seltsame Rinder umgeben von herbstroten Blätterteppichen wie ein Gemälde an.

Die folgende Strecke ist nur leicht hügelig, es gibt einige Weiher und der größere Teil versinkt dann in der einbrechenden Dunkelheit. In Cirey-sur-Vezouze hätte ich ein Restaurant finden könne, wollte aber noch einen Ort weiter. In Val-et-Châtillon sind dann aber sprichwörtlich alle Bürgersteige hochgeklappt. So fahre ich noch etwas bergig weiter, bevor ich schon etwas ausgekühlt Badonviller erreiche. Die Küche des Restaurants bietet Französisches wie Italienisches. Meine französische Variante schmeckt zwar sehr gut, doch bekomme ich in der Folge Durchfall und so etwas wie eine Darmgrippe. Ich vermute, dass hier ein kleines Bakterium und eine gewisse Sauerkrautunverträglichkeit auf einen eher geschwächten Darm getroffen ist, da die recht kühle Witterung der ersten Tage und Nächte mich bei der gegeben Fahrleistung doch spürbar empfindlich gemacht hatte.

Eine Besonderheit gab es dann noch an diesem Abend. Der chef de cuisine spielte am Nachbartisch für ein Geburtstagskind mit Akkordeon auf und konnte auch auf Zuruf stilistisch vielfältig und durchaus virtuos einer weiteren Kunst huldigen. Er ahnte wohl nicht, dass ich insgeheim mir das Ständchen auch ein wenig zu eigen machte, konnte ich doch an diesem Abend nach meiner nach bestem Wissen und Gewissen geführten Liste die Überschreitung der 1000-verschiedene-Pässe-Marke in meiner Radlerkarriere verbuchen. So gesehen nochmal nachträglich: wein

Mo 31.10. Badonviller – Col de la Chapelotte (446m) – dev. D992 – dev. D182 – Pierre Percée – Col de la Vierge Clarisse (484m) – Badonviller – Neufmaisons – Col de Rouge Vetu (398m) – Raon-l'Etape – Clairfontaine – La Bourgonce – Route Grande Basse – Sauceray – Col des 4 Chemins (596m) – Col du Haut Jacques (606m) – St-Die-des-Vosges – La Pêcherie – Col de la Crénee (550m) – Col du Bon Dieu (562m) – Col des Raids (520m) – St-Die-des-Vosges
98 km | 14,2 km/h | 6:51 h | 1.200 Hm
AE (La Pataterie): Salade Chevre Chaud, 4 verschied. Kartoffelgratins, Rw, Thé gourmand 24,75 €
Ü: C St-Die 9,50 €

Zwar beginnt der Tag mit Nebel und nicht zuletzt auch mit entsprechend idyllischen Herbstimpressionen, doch überwiegt fortan eher sonniges Spätherbstwetter. Nach einem leichten eher unauffälligen Pass ins Plaine-Tal, folgt ein herrliches, kleines Tal, indem man nach Pierre-Percée und dem dort angesiedelten Stausee auffährt. Bei dem Ort liegt eine Burgruine aus dem 12. Jahrhundert. Hier entfalten sich traumhafte Blicke auf den See, der noch von Nebelwolken in Teilen verhüllt ist.

Ist es in der Sonne angenehm warm, so wird es unten im Tal in der Nebelsuppe ungeheuer kühl und sogar regnerisch. So fröstelt man in Badonviller, während man am Lac Pierre-Percée zum Sonnenbad eingeladen würde. Mit der Umrundung oberhalb des Sees (es gibt auch eine Piste teils in Ufernähe, die ich aber nicht gefahren bin) versuche ich in Raon-l’Etape an der sonnigen Uferpromenade an der Meurthe meinen zwickenden Magen-Darm-Trakt zu beruhigen – doch scheint das nicht wirklich besser zu werden. Raon-l’Etpae ist für sein gusseisernen Brunnen bekannt, die dem Baustil des Louvre entstammen. Dazu gab es bereits mein Bilderrätsel 746.

Zunächst folgt unauffälliges, offenes Hügelland. In Sauceray beginnt dann ein recht harte Bergprüfung durch wieder dichteren Wald, anfangs noch mit Aussichtsfenstern. Beim Denkmal zur Resistance am Col du Haut Jacques kehrt man auf ein belebte Straße zurück. Irgendwo glaube ich noch Kräfte zu haben – vielleicht war es dann doch etwas zuviel in der körperlichen Verfassung. Ich fahre noch eine eher weniger aufregende Passroute, wobei die Verbindung vom Col de la Crenée zum Col des Raids eine Waldpiste ist, in Teilen auch schon etwas holpriger. Mit der einsetzenden Abendkälte fühle ich mich in St-Die ziemlich entkräftet, habe Schüttelfrost und Fieber und werde auch noch fast von einem Auto umgefahren, weil der Fahrer an einer Ampel einfach mal den Rückwärtsgang einlegt. böse

Immerhin hat der im Süden der Stadt gelegene Camping noch richtigen Betrieb, die Sanitäranlagen sind sehr gut geheizt und die heiße Dusche sorgt erstmal für kurzweilige Erholung. Man kann auch eine Kleinigkeit zu Essen bekommen, ich entscheide mich aber für ein richtiges Restaurant. Im Gewerbegebiet dort gibt es ein etwas kitschig und billig wirkendes Restaurant – man glaubt eher an eine Fastfood-Kette. Doch in dem hippen Ambiente gibt es leckere Gerichte rund um nur eine Frucht – die Kartoffel. Leider ist bei mir nach der Vorspeise schon Schluss,. Bei Übelkeit, Fieber und Kopfschmerzen muss ich fast den ganzen Teller von verschiedenen Kartoffelgratins ungegessen wegtragen lassen. Draußen in der Kälte hämmert der Kopf noch mehr – umso mehr wundert mich, das ich trotz Zeltnacht das Fieber verliere und die Tour – wenn auch nicht ganz fit – weiterfahren kann.

Di 1.11. St-Die-des-Vosges – Ste-Marguerite – St-Léonard – Vanemont – Corcieux – Col des Arrentes (684m) – Les Collieures – Col de Martimpre (798m) – Xonrupt-Longemer – le Collet (1100m) – Col del a Schlucht (1135m) – Dreieck (1223m) – Lac Vert – dev. D417 – Munster – Turckheim – Colmar || Stuttgart
92 km | 14,3 km/h | 6:21 h | 1.190 Hm
AE (Strasbourg): Sandwich, Kakao, (KA): Doubleburger ~ 10 €

Nach Morgennebel- und kälte im flachen Meurthe-Tal folgt ein recht idyllischer, Anstieg über ein kleine Straße. Oben gelangt man auf eine Hochebene, die sich um Corcieux ausbreitet. Auch der Col des Arrentes liegt noch völlig offen, erst auf dem kleinen Sträßchen nach Collieures (abgelegener Campingplatz) beginnt wieder eine lockere Bewaldung. Wunderbar kann man hier weiter parallel zur D8 ohne Autoverkehr zum Martimpré-Pass gelangen. Unmittelbar dort sind ein paar kleine idyllische Seen, an einem auch ein Gasthof.

Die Fahrt zum Col de la Schlucht von Westen ist dann selbst in meinem angeschlagenen Zustand einfacher als erwartet. Man steigt mit ein paar Blickfenstern auf den Lac de Longemer bei stetiger Steigung flott aufwärts. Ein Felsbogen kennzeichnet den Rocher du Diable, dort hat man nochmal eine gute Aussicht – auch auf den kleineren, direkt darunter liegenden Lac der Retournemer. Die Sonne macht die Herbstfarben zur Kunst.

Schon dieses Jahr zum zweiten Mal am Col de la Schlucht, zweige ich diesmal nach Norden auf die Route des Crêtes ab, um von dort einen etwas verwegenen Wanderpfad zum Lac Vert hinunterzufahren. Naja, laut Karte müsste es eine Piste sein, doch die Steinblöcke sind hier so globig, dass ich überwiegend runterschieben darf. Man kann es sich aber leisten, denn die Wegstrecke ist ziemlich kurz, das Gefälle entsprechend stark. Den Stausee finde ich aber weniger beeindruckend – wie eigentlich viele der Vogesenseen machen sie sich schön aus der entfernten Vogelperspektive, rückt man ihnen näher, sind die wenigsten wirklich romantisch, weil der spröde Stausseecharakter ins Auge sticht.

Der Lac Vert wird nicht nur angewandert sondern auch angefahren, denn von unten ist er per Straße erschlossen. Schnell geht es durch Nadelwald und ein Skiwiese samt Auberge zur Col-de-la-Schlucht-Straße, von dort ins breite Munstertal, dass nun in den warmen Herbstfarben leuchtet – nicht weniger eindrücklich als zur Obstblüte im Frühjahr. Auch die Weinhänge unten sind noch eine Augenweide. Nach allem Unbill bin ich froh in Colmar die Bahn zu besteigen, auch wenn ich theoretisch noch die Rheinebene nach Deutschland hätte durqueren können, um exakt die selbe Zugverbindung ins Schwabenland zu erhalten wie auf diesem Wege über Strasbourg.

Zur Bildergalerie Halloween-Tour (folgendes Bild anklicken, auf Diaschau klicken, F11 für Vollbild drücken):



In absehbarer Zeit folgt die Ostertour.
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen

Geändert von veloträumer (12.02.19 19:12)
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Betreff von verfasst am
3 x Vogesen 2011 veloträumer 29.02.12 23:09
Re: 3 x Vogesen 2011 veloträumer 04.03.12 18:24
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