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#1311867 - 22.11.17 22:48 Pyrenäen von Ost nach West
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 707
Dauer:19 Tage
Zeitraum:16.7.2016 bis 3.8.2016
Entfernung:716 Kilometer
Bereiste Länder:frFrankreich
esSpanien

Prolog



Die Pyrenäen hatte ich auf meinen Radreisen bereits mehrfach überquert und sie dabei als faszinierenden Landschafts- und Kulturraum schätzen gelernt. Zum Einen im küstennahen Bereich am Mittelmeer in Katalonien über niedrige Pässe wie den Col de Banyuls und den Col de la Manrella, zum Anderen über das eigentliche Hochgebirge einmal über die Cerdagne/Cerdanya und den Col de la Creueta (auf meiner Tour Paris-Barcelona), ein anderes Mal über den Grenzpass Pourtalet, und auch einige der von der Tour de France bekannte Pässe wie etwa den Col de Pailhères und den Col d’Aubisque (der in der von mir gefahrenen Ost-West-Richtung gar nicht mal so „schlimm“ ist) hatte ich bereits befahren.

Die Pyrenäenüberquerungen waren bisher aber immer nur verbindendes Element von längeren Touren, die überwiegend andere Regionen meiner Lieblings(Rad-)Reiseländer Frankreich und Spanien zum Gegenstand hatten, so dass ich in den Pyrenäen bislang nie länger als maximal eine knappe Woche unterwegs gewesen war. Deshalb sollten die Pyrenäen diesmal das eigentliche Thema der Tour sein. Was lag da näher, als das Gebirge von Osten an der Mittelmeerküste nach Westen an der Atlantikküste zu durchradeln. Also von der Côte Vermeille, die ich schon mehrfach mit dem Rad bereist hatte, an den mir ebenfalls von meiner Radreise Lyon-Kantabrien bekannten Golf von Biskaya.

Die Tour sollte teils auf der französischen, teils auf der spanischen Seite stattfinden. Obwohl aber, wegen der An- und Abreise mit dem Zug, Start und Ziel in Frankreich waren, sollte der Schwerpunkt auf der spanischen Seite liegen, da ich die französische Seite schon etwas besser kannte und nach den Radreisen der beiden vergangenen beiden Jahre schon viel zu lange nicht mehr in Spanien war.

Ich bin überwiegend über Hauptstraßen gefahren und habe aufgrund meines Zeitplans auf einige Möglichkeiten, über kleine, landschaftlich sicher recht reizvolle, aber sicher auch recht anstrengende Nebenstraßen in wirklich abgelegene Regionen vorzustoßen, verzichtet. Auf der spanischen Seite bin ich über weite Strecken der Nationalstraße 260 („Eje Pirenaico“) gefolgt. Vom Verkehrsaufkommen waren die Straßen aber ganz überwiegend unproblematisch.

Ich hatte auch zwei oder drei Tage für Wanderungen vorgesehen, um Landschaftseindrücke zu erleben, die sich von der Straße aus nicht bieten. Deshalb habe ich das zusätzliche Gewicht in Kauf genommen und meine Wanderschuhe eingepackt.

Wie üblich, habe für die Übernachtungen überwiegend Campingplätze vorgesehen und das Zelt mitgenommen.

Und wie für mich ebenfalls üblich, habe ich ganz altmodisch für die Planung und die Navigation unterwegs Papierkarten (Michelin 1:200 000 und 1:150 000) verwendet, kann also leider keinen GPS-Track oder eine sonstige elektronische Darstellung der Route anbieten. Ich habe im Text aber jeweils die Nummern der befahrenen Straßen angegeben, so dass die Route bei Interesse nachvollziehbar sein dürfte.

Obwohl sehr schwergewichtig, habe ich den Reiseführer „Pyrenäen“ aus dem „Reise Know-How“-Verlag mitgenommen, der sich als sehr informativ und für meine Zwecke optimal herausgestellt hat und vor allem der einzige Reiseführer zu sein scheint, der die Pyrenäen länderübergreifend (Frankreich und Spanien) behandelt. Da ich ja auch den einen oder anderen Tag wandern wollte und die Wanderschuhe eingepackt hatte, habe ich auch die Wanderführer „Pyrenäen 3“ und „Pyrenäen 4“ aus dem Rother-Verlag dabeigehabt. Entsprechende Wanderkarten habe ich mir dann jeweils vor Ort besorgt.

Anreise war mit dem TGV Frankfurt-Avignon (-Marseille) und dem Regionalzug nach Banyuls; Rückfahrt von Hendaye über Paris mit TGV und ICE.

Die Verständigung unterwegs war sowohl in Frankreich als auch in Spanien durch entsprechende Sprachkenntnisse sichergestellt. Ein Grund mehr, warum ich seit Jahren bevorzugt diese beiden Länder für meine Radreisen auswähle.

1. und 2. Tag (16. Und 17. 07.2016), Bahnanreise Erfurt-Banyuls

Wie schon mehrfach in den vergangenen Jahren, nutze ich für die Anreise die durchgehende TGV-Verbindung Frankfurt-Lyon-Avignon-Marseille (Abfahrt täglich um 14.00 Uhr in Frankfurt und somit auch von Erfurt bzw. in der Vergangenheit Dresden mit dem ICE für mich gut erreichbar). Das erfordert zwar, mangels regulärer Fahrradmitnahmemöglichkeit, das Rad teildemontiert und in einem Fahrradtransportsack mitzuführen, aber das bin ich seit Jahren gewöhnt. Der Plan sah vor, in Avignon zu übernachten und am nächsten Tag den Regionalzug (mit regulärer Fahrradmitnahme) von Avignon am späten Vormittag nach Banyuls an den mittelmeerseitigen Ausläufern der Pyrenäen zu nehmen. Das habe ich dann auch so gemacht; dass ich, weil ich kurzfristig im Internet keine Übernachtungsmöglichkeit in Avignon mehr gefunden hatte, mit dem TGV nach Marseille durchgefahren bin, statt in Avignon dort übernachtet habe und frühmorgens mit dem Regionalzug wieder nach Avignon zurückgefahren bin, sei nur am Rande erwähnt.

Ich habe von der Bahnfahrt von dieser Reise keine Bilder, aber in meinem Bericht Südostfrankreich und Kosika habe ich die Fahrt mit dem TGV von Frankfurt nach Lyon geschildert. Hier ein älteres Bild von meinem verpacktem Rad im ICE:



Die Fahrt mit dem Regionalexpress (TER) Avignon-Perpignan-spanische Grenze (Port Bou) quer durch Südwestfrankreich ist landschaftlich reizvoll (ich bin die Strecke schon mehrfach in beide Richtungen gefahren, allerdings mit dem TGV) und dauert nur knapp vier Stunden. Besonders sehenswert ist die Fahrt durch die Lagunenlandschaft zwischen Narbonne und Port-la-Nouvelle; hier bin ich auch bereits zweimal mit dem Rad unterwegs gewesen, daher hier von einer früheren Reise ein Bild vom Radweg entlang des Canal de la Robine mit einem TGV auf der Bahnlinie, auf der ich jetzt mit dem TER unterwegs bin.



Zwei Stationen vor der Endstation Port Bou (der bereits in Spanien gelegene Grenzbahnhof) steige ich in Banyuls aus. Hier, an der wunderschönen Côte Vermeille, wo die Pyrenäen ans Mittelmeer stoßen, war ich schon im Rahmen mehrerer Radreisen gewesen.



Es ist erst früher Nachmittag, und ich habe eigentlich vor, heute noch als Auftakt zum wiederholten Male die Panoramastraße unterhalb des historischen Wachturms Tour de Madeloc mit traumhaften Ausblicken aus über 400 Metern Höhe auf die Küste in Angriff zu nehmen und bis ins östlich gelegene Collioure zu fahren, aber es ist Hochsaison, Übernachtungsmöglichkeiten, selbst auf Campingplätzen, sind schwer zu bekommen, und als ich in der Tourismusinformation in Banyuls erfahre, dass der Campingplatz in Collioure ausgebucht sei, aber auf dem Zeltplatz in Banyuls noch Plätze frei seien, schlage ich mein Zelt hier auf.

3. Tag (18.07.2016), Banyuls

Beim Aufwachen beschließe ich, angesichts des Glücksfalls, in der Hochsaison im schönen Küstenort Banyuls auf dem Campingplatz untergekommen zu sein, dies auszukosten und noch eine weitere Nacht zu bleiben und zum Beginn der Tour einen Strandtag einzulegen. Die Pyrenäen sind morgen auch noch da, und einen festen Zeitplan habe ich sowieso nicht.







Im Hintergrund die Pyrenäenausläufer mit dem historischen Wachturm Tour de Madeloc, der morgen auf dem Programm steht.

4. Tag (19.07.2016), Banyuls – Ille-sur-Têt
Strecke: 80 km
Fahrzeit: 4 Std. 51 min
Höhenmeter: 897


Heute geht die Tour los. Das Wetter ist, wie auch schon gestern, sonnig und fast wolkenlos.



Als Auftakt steht die zwischen Banyuls und Collioure parallel zur und hoch über der Küste verlaufende wunderschöne Panoramastraße (D 86) zum historischen Wachturm Tour de Madeloc auf dem Programm, die oberhalb von Banyuls beginnt. Ich bin sie in den vergangenen Jahren auf meinen Radreisen bereits je einmal in westlicher und einmal in östlicher Richtung gefahren und weiß also, auf welches landschaftliche Erlebnis ich mich freuen darf.



Sie schlängelt sich in zahlreichen Serpentinen die Ausläufer der Pyrenäen aufwärts, die hier ans Meer stoßen, mit fantastischen Ausblicken auf die Berge und auf die Küste. Der Durchgangsverkehr verläuft auf der Hauptstraße unten an der Küste, so dass hier nur mäßiger Ausflugsverkehr und viele Radfahrer, vor allem Rennradler, unterwegs sind.













Den Höhepunkt der Straße erreiche ich auf ca. 450 m Höhe. Von dort führt eine unbefestigte Stichstraße hoch zum Wachturm aus dem 13. Jahrhundert auf gut 650 m. Die beiden letzten Male hatte mein Zeitplan es nicht erlaubt, ganz dort hochzufahren. Dieses Mal will ich das nachholen, beschließe aber, aufgrund der schlechten Straßenqualität mein Rad an der Einmündung der Stichstraße zur Tour de Madeloc abzustellen und zu Fuß zum Turm hochzusteigen, obwohl ich auch einige ehrgeizige Radler die Schotterpiste in Angriff nehmen sehe.



Der Blick von hier oben über die Côte Vermeille ist grandios; man sieht im Hintergrund im Osten als helle gebogene Linie den Sandstrand von Argelès, in das mich mein Weg als nächstes führen wird.







Jetzt genieße ich die lange Abfahrt hinunter bis oberhalb von Collioure mit weiteren herrlichen Ausblicken.







Auf den Abstecher ganz hinunter nach Collioure, das zwar sehr sehenswert ist, das ich aber schon kenne, verzichte ich, um Zeit und Höhenmeter zu sparen und fahre direkt weiter nach Argelès, das nördlich der küstennahen Pyrenäenausläufer in der Ebene liegt, und gönne mir am schönen Sandstrand einen Mittagsimbiss.





Etwas nördlich von Argelès verlasse ich die Küste. Ich komme durch das hübsche Städtchen Elne.



Ich folge der Departementalstraße D 612 Richtung Westen und überquere kurz hintereinander die nach Katalonien führende Autobahn („La Catalane“) und die erst kürzlich fertiggestellte Hochgeschwindigkeits-Bahnlinie Perpignan-Barcelona, die die Pyrenäen in einem langen Tunnel unterquert.





Perpignan (durch das ich gestern mit dem Zug gefahren bin) ist, das weiß ich von mehreren Radtouren, auf alle Fälle sehenswert, aber da ich es eben schon kenne, spare ich mir diesmal den Stress und den Zeitaufwand, den die Fahrt durchs Ballungsgebiet mit sich gebracht hätte, um heute noch möglichst weit zu kommen. Ich folge also weiter der D 612 westwärts über Thuir bis Ille-sur-Têt, die Pyrenäen immer linkerhand in Sichtweite.

Nachdem ich seit Argeles durch ebenes bis leicht hügeliges Gelände gefahren bin, liegt Ille-sur-Têt wieder am Fuß der Pyrenäen, am Fluss Têt, an dem weiter unterhalb auch Perpignan liegt, und dessen Tal ich nun weiter hinauf in das Hochtal der Cerdagne auf gut 1000 m Höhe folgen werde. Auf meiner Radreise Paris-Barcelona vor einigen Jahren bin ich von hier zunächst über den den Pyrenäen vorgelagerten Gebirgszug der Fenouillèdes gefahren, um dann über Axat dem Tal der Aude entlang aufwärts in die Cerdagne zu fahren (in meinem Bericht Tag 16-18), da die Nationalstraße (N 116) entlang der Têt eine der Hauptüberquerungen der Pyrenäen darstellt und entsprechend hohes Verkehrsaufkommen zu erwarten ist. Um der Abwechslung und der Zeitersparnis willen habe ich aber für diesmal die direkte Route entlang der Têt gewählt. Da es in Ille-sur-Têt, obwohl ich damit nicht gerechnet hatte, einen Campingplatz gibt, beschließe ich, die heutige Etappe hier zu beenden.

5. Tag (20.07.2016), Ille-sur-Têt – Mont-Louis
Strecke: 52 km
Fahrzeit: 4 Std. 38 min
Höhenmeter: 1435


Die offenbar sehr empfehlenswerte Besichtigung der berühmten orgelförmigen Felsformationen bei Ille-sur-Têt fällt leider, wie auch schon beim letzten Mal, dem Zeitplan zum Opfer. Die das Têt-Tal aufwärts in die Cerdagne führende N 116, die von Perpignan kommend als vierspurige Schnellstraße ausgebaut ist und die ich gestern auf der parallel verlaufenden Departementalstraße vermeiden konnte, ist zu meiner Überraschung auch noch einige Kilometer oberhalb von Ille entsprechend gestaltet mit Fahrradverbot; nach einigen Irrungen finde ich jedoch ein kleines Sträßchen, auf dem ich diesen Abschnitt umgehen kann. Im weiteren Verlauf ist die Nationalstraße dann eine „normale“ Landstraße; das doch recht hohe Verkehrsaufkommen ist jedoch erträglich, zumal die französischen Autofahrer, wie ich es auch auf meinen bisherigen Radreisen in Frankreich kennengelernt habe, Radfahrern gegenüber in der Regel sehr rücksichtsvoll sind.

Der erste größere Ort ist Prades.



In Villefranche-de-Conflent auf ca. 400 m Höhe gönne ich mir einen längeren Aufenthalt. Der Ort ist zum einen interessant, weil hier die Schmalspur-Bahnlinie (Ligne de Cerdagne, im Volksmund „le Petit train jaune“), die in spektakulärer Streckenführung hinauf in die Cerdagne und zur spanischen Grenze führt, ihren Ausgangspunkt hat, und zum anderen wegen der unter Vauban, dem Festungsbaumeister von Ludwig XIV., zur Sicherung des bedeutenden Pyrenäenübergangs und der Grenze zu Spanien errichteten Festungsanlage. Festungsbauwerke von Vauban kann man in ganz Frankreich bewundern, und es ist nicht die erste, die ich auf meinen Radreisen besucht habe. Ich nehme mir die Zeit zu einer ausgiebigen Besichtigung der Festung.



Oberhalb von Villefranche wird die Gebirgslandschaft dann wirklich spektakulär. Die Strecke des „Petit train jaune“ erklimmt das Gebirge parallel zur N 116



und überquert das Têt-Tal auf einem beeindruckenden Viadukt.



Die Straße windet sich über zahlreiche Serpentinen aufwärts; dazwischen schlängelt sich die Bahnlinie.





Eine weitere spektakuläre Talbrücke der Eisenbahnlinie



Ich erreiche schließlich die Hochebene der Cerdagne (katalanisch Cerdanya) und den auf ca. 1500 m Höhe gelegenen Festungsort Mont-Louis (auch diese Festung wurde von Vauban angelegt). Hier treffe ich wieder auf die Route meiner Tour Paris-Barcelona von 2011, auf der ich entlang des Flusses Aude hier heraufgelangt bin.

Ich quartiere mich im Hotel „Clos Cerdan“ vor den Toren der Festungsmauer ein. Vom Balkon meines Zimmers habe ich einen schönen Blick über das grenzübergreifende Hochtal der Cerdagne. Morgen geht es dann hinüber nach Spanien.





6. Tag (21.07.2016), Mont-Louis – La Seu d’Urgell
Strecke: 79 km
Fahrzeit: 4 Std. 3 min
Höhenmeter: 403


Der Einfachheit halber verwende ich im Folgenden für den Abschnitt bis Puigcerdà den etwas überarbeiteten Text meines Reiseberichts Paris-Barcelona wieder, ebenso die Bilder, die aber großteils auf der jetzigen Tour entstanden sind.

Morgens sehe ich mich im von mächtigen Fortifikationen umgebenen Mont-Louis um. Die Festung wurde, wie bereits erwähnt, von Vauban, dem Militärbaumeister Ludwigs des XIV., zur Sicherung des Grenzgebiets und der Verkehrswege nach Spanien im 17. Jahrhundert errichtet. Die Zitadelle wird noch heute vom französischen Militär genutzt.







Mont-Louis liegt am Fluss Têt, entlang dessen ich gestern hier herauf gefahren bin, knapp unterhalb seiner Quelle, die Grenze zu Spanien ist nicht mehr weit. Ich folge weiter der N 116. Auch die Linie der Schmalspurbahn (Ligne de Cerdagne) von Villefranche-de-Conflent verläuft, wie schon gestern, in Sichtweite der Straße. Das heute überwiegend touristisch genutzte Bähnchen wird wegen der gelben Farbe seiner Fahrzeuge liebevoll „le Petit train jaune“ genannt und von Eisenbahnfreunden wegen seiner technischen Besonderheit, der sonst nur bei U- und S-Bahnen üblichen Elektrifizierung per seitlicher Stromschiene, als „Pyrenäenmetro“ bezeichnet. Die Linie quert kurz hinter Mont-Louis die N 116, und Schilder warnen eindrücklich vor dem Berühren der Stromschiene.





Kurz darauf erreiche ich mit dem Col de la Perche die Hauptwasserscheide der Pyrenäen zwischen der Têt und dem Hauptfluss der Cerdagne, dem Segre, der in den Ebro fließt. Der 1581 m hohe Übergang vom breiten, flachen Tal der Têt in das ebenso breite und flache Hochtal der Cerdagne (katalanisch Cerdanya) ist allerdings kaum wirklich als Pass wahrzunehmen. Nun geht es weiter auf der N 116 Richtung spanischer Grenze.





Die Landschaft der Cerdagne ist ein weites, auf über 1000 m Höhe gelegenes Talbecken, umgeben von den über 2000 m aufragenden Pyrenäengipfeln. Hier im Vordergrund die Strecke des Petit train jaune; der weiße Gebäudekomplex in der Bildmitte ist der Four solaire d’Odeillo, eine der weltgrößten Solarenergie-Versuchsanlagen der Welt. Der „Sonnenofen“ bündelt das Sonnenlicht von riesigen parabolförmig angeordneten Spiegeln in der Mitte der Anlage und erzeugt dort die für die Stromgewinnung genutzte Hitze.





Die N 116, der ich weiterhin folge, und ein Tunnel der Schmalspurstrecke; gut zu erkennen die Stromschiene neben dem Gleis.



Kurz hinter Saillagouse geht es dann abwärts nach Bourg-Madame, dem auf gut 1100 m Höhe gelegenen Grenzort zu Spanien.







Nach Durchquerung des kleinen Städtchens überquere ich die Grenze und erreiche den direkt anschließenden spanischen Nachbarort Puigcerdà.



Die wirklich sehenswerte Altstadt von Puigcerdà erreiche ich über steile Gassen; sie liegt auf einer Hügelkuppe, von der aus sich ein weiter Blick über die Cerdagne (ab hier natürlich: Cerdaña, ich muss mich ab jetzt ja sprachlich umgewöhnen; oder am besten gleich katalanisch: Cerdanya) bietet.





Für den restlichen Tag geht es fast nur noch abwärts; ich folge auf der N 260 dem Tal des Flusses Segre, eines Nebenflusses des Ebro, abwärts Richtung La Seu d’Urgell. Die Nationalstraße 260 ist die Hauptstraße, die sich unter der Bezeichnung „Eje pirenaico“, „pyrenäische Achse“, in Ost-West-Richtung entlang des größten Teils der spanischen Seite der Pyrenäen erstreckt und die ich für meine Tour auf mehreren längeren Abschnitten nutzen werde. Der Verkehr fällt trotz der Bedeutung der Straße angenehm bescheiden aus.

Auf einer Anhöhe über dem Tal des Segre erhebt sich der hübsche Ort Bellver de Cerdanya. Ich fahre hinauf in den Ort und kehre auf einen Mittagsimbiss ein.





Weiter geht es auf der N 260 dem Segre abwärts folgend. An einer Tankstelle zeigt sich das für Katalonien typische Bild: Sämtliche Beschilderungen sind ausschließlich in katalanischer Sprache.



Die Fahrt entlang des Segre hat durchaus ihren landschaftlichen Reiz.



Gen Süden bietet sich der Blick auf das Gebirgsmassiv der Serra del Cadí und den Naturpark Cadí-Moixeró.



Ich erreiche La Seu d’Urgell auf einer Höhe von knapp 700 m, mein Ziel für die heutige Etappe. Hier trifft die aus dem nur wenige Kilometer oberhalb gelegenen Andorra herabführende Straße auf die N 260. Für mich geht es morgen aber noch ein Stück weiter abwärts Richtung Westen, um dann nach Nordwesten abzubiegen und den nächsten Pass, den Coll del Cantó mit 1720 m, zu erklimmen.

In La Seu, das mit einer sehenswerten Altstadt aufwarten kann, finde ich nach einigem Suchen direkt in Zentrum in der Pension „Jové“, die von einer freundlichen älteren Dame offenbar allein ohne weiteres Personal betrieben wird, ein preiswertes Zimmer für nur 20 €. Es ist wirklich sehr einfach, aber für meine Zwecke völlig ausreichend. Die Balkone, von denen einer zu meinem Zimmer gehört, sind liebevoll mit Blumen und Efeu geschmückt.



Anschließend sehe ich mich noch ein wenig in der Stadt um. Typisch für die Altstadt sind die historischen Häuser, die sich auf bedenklich schief und uralt erscheinenden dünnen Steinsäulen weit über die engen Gassen lehnen.



Die Kathedrale von La Seu



Der Sitz des Bischofs von La Seu d’Urgell. Der Bischof ist gemeinsam mit dem Präsidenten der Französischen Republik Staatsoberhaupt des Fürstentums Andorra.



In der Nähe des Segre-Ufers befindet sich der Parc Olimpic mit der Kanustrecke, die für die Kanuwettkämpfe der Olympischen Spiele in Barcelona 1992 angelegt wurde.



Den Abend lasse ich auf der zentrale Plaza mit einigen Gläschen Wein ausklingen. Bis spät in die Nacht herrscht hier reges Treiben; wie schon so oft in Spanien fällt mir auf, dass, obwohl morgen ein Werktag ist, die Terrassen der Restaurants bis nach Mitternacht nicht nur von jungen Leuten, sondern auch von Familien mit Kindern bevölkert sind. Dieser Aspekt der spanischen Lebensart ist mir sehr sympathisch.

Fortsetzung folgt...

Geändert von Tom72 (22.11.17 22:55)
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#1312016 - 23.11.17 20:47 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
veloträumer
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party bravo Pyrenäen im Forum, so weit das Auge reicht! Dein Beitrag führt gleich in mehrere meiner Touren hinein,die Geschichten leben wieder neu auf. Sehr schön dokumentiert, - auch wenn du dich mal wieder am Madeloc vor der Rampe gedrückt hast. zwinker
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
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#1312222 - 25.11.17 19:36 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
max saikels
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Was mach ich denn nun nächstes Jahr, Andalucía oder Catalunya oder Pirineos? Bin auf die Fortsetzung gespannt.
Grüße, Stephan
Touren 2024
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Off-topic #1312348 - 26.11.17 19:52 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: max saikels]
veloträumer
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In Antwort auf: max saikels
Was mach ich denn nun nächstes Jahr, Andalucía oder Catalunya oder Pirineos? Bin auf die Fortsetzung gespannt.

Einmal Spanien rundum. cool Katalonien ist ein gut Teil auch Pirineos... zwinker
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen
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#1312353 - 26.11.17 20:19 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: veloträumer]
stux
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Einmal Spanien rundherum muss bei mir leider noch drei Jahre warten, gehe erst 2021 in Rente, aber der Bericht ist klasse und macht mir den Mund wässerich........

Gruß Gerd
immer wieder gern auf Tour
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#1312361 - 26.11.17 21:15 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: stux]
max saikels
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In Antwort auf: stux
Einmal Spanien rundherum muss bei mir leider noch drei Jahre warten, gehe erst 2021 in Rente

Bei mir ist das zwar nächstes Jahr der Fall, aber einmal rundrum wär nicht so ganz sozialkompatibel. Vielleicht doch mit Pyrenäen anfangen und dann transandaluz oder so. Wobei, Galizien und Portugal tät mich auch reizen ...
Grüße, Stephan
Touren 2024
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#1312375 - 26.11.17 23:15 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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7. Tag (22.07.2016), La Seu d’Urgell – Sort
Strecke: 48 km
Fahrzeit: 3 Std. 36 min
Höhenmeter: 1150


Heute Morgen regnet es; auch, als ich gepackt habe und eigentlich losfahren will, wird das Wetter nicht besser. Der Wetterbericht ist auch nicht allzu vielversprechend. Ich finde Unterschlupf im netten Café meiner gemütlichen kleinen Pension, das ebenfalls von der rührigen älteren Wirtin betrieben wird, trinke einige Tassen Kaffee zum Zeitvertreib, während ich vergeblich auf besseres Wetter warte, und gehe schließlich davon aus, dass es heute keinen Sinn mehr macht, den Collado del Cantó in Angriff zu nehmen und ich am besten heute in La Seu bleiben sollte. Da ich den Tag ohnehin verlorengegeben habe, nutze ich die Chance, dass ich in einem für die Pyrenäen verhältnismäßig großen Ort bin, in dem ich auch einen Fahrradladen finde, und besorge mir neue Pedale, da mich seit gestern ein ständiges Knacken, das aus dem rechten Pedal zu kommen scheint, nervt. Als ich nach der Montage der neuen Pedale die alten vor dem Wegwerfen nochmal in Augenschein nehme, stelle ich fest, dass am rechten Pedal ein Kugellager fehlt – daher also das Geräusch. Glück gehabt; damit hätte ich am bevorstehenden Passanstieg keine Freude gehabt.

Am frühen Nachmittag hört der Regen doch noch endgültig auf, und ich entscheide, heute doch noch weiterzufahren. Einige Kilometer unterhalb von La Seu d’Urgell verlasse ich das Tal des Flusses Segre und biege bei Adrall auf die über den Collado del Cantó führende Passstraße ab. Auch diese Passquerung ist ein Teilabschnitt der N 260, der „Eje Pirenaico“, der ich seit gestern folge.



Obwohl mit ca. 1720 m für Pyrenäen-Verhältnisse von durchaus beachtlicher Höhe, zählt der Pass nicht zu den bekannteren in den Pyrenäen und erst recht nicht zu den Radsport-Legenden, und ich habe von ihm erstmals bei der Ausarbeitung der jetzigen Tour erfahren. Umso neugieriger bin ich. Die ersten paar Kilometer, auf denen ich durch ein oder zwei kleine Dörfer komme, haben es in sich mit knackigen 9 bis 10 Prozent Steigung. Dann wird die Steigung für den Rest der Auffahrt deutlich moderater, so dass ich den Cantó insgesamt als nicht besonders anspruchsvoll empfinde. Ich erreiche zum zweiten Mal auf der Tour die 1000-Höhenmeter-Marke



und genieße den Blick auf die Natur im Großen



und im Kleinen.



Die Fahrt hinauf zum Cantó ist nicht spektakulär, aber landschaftlich auf alle Fälle lohnenswert.



Mit dem Collado del Cantó bzw. Port del Cantó habe ich den (abgesehen von den noch vorgesehenen Wanderungen) zweithöchsten Punkt der Tour erreicht; in drei Tagen steht dann als höchster Pass der Port de la Bonaigua auf dem Programm.



Nun steht mir die verdiente, lange Abfahrt hinunter nach Sort bevor; die Freude ist allerdings etwas getrübt durch die zunehmende Bewölkung, die baldigen Regen befürchten lässt. Ich beeile mich also, um die Abfahrt möglichst trocken genießen zu können. Links im Bild erkennt man die hinabführenden Serpentinen.



Schließlich erblicke ich unten im Tal den bedeutenden Tourismusort Sort.



Er liegt an der Noguera Pallaresa, einem Nebenfluss des Segre. Das Flüsschen und generell der Ort sind ein bedeutendes Zentrum des Kanusports in den Pyrenäen.



Kaum habe ich den Ort erreicht, fängt der Regen an. Glück gehabt. Unter der Markise einer Tapas-Bar belohne ich mich für die Passquerung mit einer Cerveza und probiere aus Neugier erstmals auf meinen Spanien-Reisen Callos. Dabei handelt es sich um Innereien (Kutteln), mit einer pikanten Paprika-Sauce (die allerdings wohl der hauptsächliche Geschmacksträger ist) durchaus lecker zubereitet. Warum auch nicht – bei der Gelegenheit erinnere ich mich an eine andere zunächst gewöhnungsbedürftige, aber letztlich sehr schmackhafte Spezialität, die ich vor einigen Jahren auf einer Radreise in Spanien genossen habe, nämlich Schweineohren (oreja de cerdo) (ich meine nicht das Gebäck…).



Der Regen lässt nach, und ich finde im Ortszentrum ein preiswertes, aber sehr komfortabel ausgestattetes Zwei-Sterne-Hotel („Hotel Pey“), in dem ich mich einquartiere und mit dem ich sehr zufrieden bin (das Bild stammt bereits vom nächsten Morgen).



Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom
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#1312473 - 27.11.17 20:30 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
veloträumer
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 17.338
In Antwort auf: Tom72
Collado del Cantó ...
Obwohl mit ca. 1720 m für Pyrenäen-Verhältnisse von durchaus beachtlicher Höhe, zählt der Pass nicht zu den bekannteren in den Pyrenäen und erst recht nicht zu den Radsport-Legenden, und ich habe von ihm erstmals bei der Ausarbeitung der jetzigen Tour erfahren.

Es ist auch ein bisschen Insider-Mythos. Tatsächlich wurde der Pass von der Vuelta (Radsportfahrt der Profis in Spanien) mehrfach überquert, sogar die Tour de France war mittlerweile mal dort. Als ich 2004 das erste mal die Pyrenäen entlang des Kamms zwischen den beiden Meeren befahren habe, galt der Pass auch als "Geheimtipp". Es kamen mir auf der Passhöhe ein Gruppe mit drei Paaren entgegen - gewiss weniger Hardcore-Biker (waren Hotelfahrer, Deutsche, vielleicht auch Österreicher, weiß nicht mehr genau). Den Pass habe ich hier auch immer wieder empfohlen. Tatsächlich liegt er auf der Hauptlinie der Pyrenäen-Kammfahrer, weil er Andorra und den recht diagonalen Bonaigua-Pass ohne zu große Umwege verbindet (der neue Forumskollege mit der Pyrenäen-Tour hat das ja auch ohne Forumswissen gemacht). Auf diese Weise bleibt die Ost/West-Kontinuität ziemlich gut bewahrt, während andere Pässe in der Mitte und auch noch im Westen weitgehend Nord/Süd-Achsen beschreiben, wo man im umwegigen Zickzack erst wieder auf eine Ost/West-Achse gelangt. Zumindest für Reiseradler ist Andorra (oder auch Cerdagne ohne Andorra) - Cantó - Bonaigua - Val d'Aran - Luchon quasi die Hauptroute mit dann Anschluss an die alte Grande Route des Cols mit Tourmalet etc. im Westen.
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen
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#1312482 - 27.11.17 21:07 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Friedrich
Mitglied
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Beiträge: 2.747
Villefranche de Conflent fanden wir sehr schön, die Fahrt mit dem „Petit train jaune“zauberhaft und die Grotte des Grandes Canalettes und Grotte des Canalettes beeindruckend (und efrischen bei der vorherrschenden Bullenhitze). Und die Festungsanlagen Vaubans …
Fritz
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#1312489 - 27.11.17 21:48 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: veloträumer]
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 707
Hallo Matthias,

wie Du schon schriebst, passte der Cantó sehr gut in meine Ost-West-Planung zwischen der Cerdagne bzw. La Seu d'Urgell und dem Port de la Bonaigua und dem Val d'Aran, gerade auch, weil ich den Schwerpunkt auf der spanischen Seite setzen wollte, und ich habe ihn deshalb ausgewählt, und war mit der Wahl sehr zufrieden. Der Bonaigua (der mir sehr gut gefallen hat) kommt aber erst in der übernächsten Fortsetzung dran schmunzel
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (27.11.17 21:52)
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#1312490 - 27.11.17 23:11 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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8. Tag (23.07.2016), Sort – Esterri d’Aneu
Strecke: 34 km
Fahrzeit: 2 Std. 8 min
Höhenmeter: 354


Der morgendliche Blick aus dem Hotelzimmer gibt mir die beruhigende Gewissheit, dass ich heute nicht mit Regen rechnen muss.



Sort ist zwar eines der bedeutenderen Fremdenverkehrszentren der Pyrenäen, wirkt auf mich jedoch trotz all der großen Hotelanlagen und der zahleichen Touristen recht sympathisch.



Unter katalanischen Fähnchen verlasse ich Sort am oberen Ortsausgang auf der dem Tal der Noguera Pallaresa aufwärts folgenden C-13 (die N 260, die ich nun für einige Tage verlasse, führt in entgegengesetzter Richtung abwärts Richtung La Pobla de Segur).



Die heutige Etappe ist sowohl von den Höhenmetern als auch von der Strecke her sehr bescheiden: Es geht nur ca. 34 km sanft ansteigend entlang der Noguera Pallaresa bis nach Esterri d’Aneu.











In Llavorsí mache ich Mittagspause. Auch dieser Ort ist ein Zentrum für Kanusport und Rafting.





Weiter geht es das Tal der Noguera Pallaresa aufwärts.







Ich erreiche das relativ weite und flache Hochtal Vall d'Aneu mit seinem Hauptort Esterri d'Aneu auf ca. 950 m Höhe. Etwa 1 km südlich des Ortes schlage ich mein Zelt auf einem wunderschönen Campingplatz (La Presalla) auf, auf dem es sogar einen Swimmingpool gibt, in dem ich mich nach dem Zeltaufbau erfrische.



Für den morgigen Tag habe ich von hier aus eine ganztägige Wanderung vorgesehen, bevor es übermorgen über den nächsten Pass, den Port de la Bonaigua, geht.

9. Tag (24.07.2016), Wanderung von Esterri d'Aneu zum Mirador de Fogueruix, 2120 m

Heute lasse ich Rad und Zelt auf dem Campingplatz stehen. Den Tag habe ich mir für die erste Wanderung der Reise reserviert, so dass die mitgeschleppten Wanderschuhe erstmals zum Einsatz kommen. Anhand meines Wanderführers „Pyrenäen 3“ (dort Wanderung Nr. 13) aus dem Rother-Verlag und einer unterwegs besorgten Wanderkarte habe ich mir eine Tour von Esterri hinauf zum Aussichtspunkt „Mirador de Fogueruix“ auf einer Höhe von 2120 m zusammengestellt.

Zunächst durch Wald, dann durch offeneres Gelände erreiche ich einige Hundert Meter oberhalb des Tals zunächst das Bergdorf Jou



und genieße den Blick hinab auf Esterri und meinen im Bild im Vordergrund erkennbaren Campingplatz.



Als nächstes komme ich durch den malerischen Ort Son,



und dann geht es landschaftlich wunderschön über einsame Pfade weiter steil bergauf.









Auf einer Höhe von ca. 2000 m erreiche ich die bewirtete Berghütte (Refugi) del Pla de la Font, wo sich, obwohl es erst Nachmittag ist, bereits einige Langstreckenwanderer für die Nacht einquartiert haben und den Tag bei sonnigem Wetter in der herrlichen Bergwelt ausklingen lassen.



Für mich geht es noch ein Stück aufwärts über eine von freilaufenden Pferden bevölkerte Wiese bis zu meinem Ziel, dem Mirador de Fogueruix auf 2120 m.







Zurück am Refugi del Pla de la Font stärke ich mich mit mitgebrachtem Schinkenspeck und einem dort erhältlichen kühlen Bier. Warum diese Biermarke, die mir in der Region schon mehrfach aufgefallen ist, unter dem überhaupt nicht spanisch oder katalanisch anmutenden Namen „Moritz“ firmiert, bleibt mir ein Rätsel.



Nun ist es schon später Nachmittag, und vor mir liegen noch die gut 1000 m Abstieg, den ich mangels Alternative nicht ganz, aber weitgehend auf derselben Route bewerkstellige.

Ich erreiche meinen Campingplatz gerade noch rechtzeitig, um in den letzten Strahlen der Abendsonne, bevor sie hinter den Bergen verschwindet, noch ein Bad im Swimmingpool des Platzes genießen zu können. Anschließend gönne ich mir in Esterri ein zugegeben etwas fleischlastiges Abendessen, das ich mir aber auch redlich verdient habe. Ich fühle mich nach etwa 1100 aufwärts und wieder abwärts gewanderten Höhenmetern erschöpfter als sonst nach entsprechend hohen Passüberquerungen mit dem Rad.



Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (27.11.17 23:12)
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#1312504 - 28.11.17 08:16 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Keine Ahnung
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In Antwort auf: Tom72






Das ist ja nicht gerade leichte Kost grins . Ich hoffe, dass es am nächsten Tag zuerst einmal bergab ging ...

Danke für den schönen Bericht!
Gruß, Arnulf

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#1312532 - 28.11.17 14:04 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Keine Ahnung]
Bafomed
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Nein, das war die Vorbereitung für den am nächsten Tag anstehenden Bonaigua (2072 m), den man direkt beim Verlassen von Esterri d'Aneu anfährt.... zwinker

Geändert von Bafomed (28.11.17 14:05)
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#1312536 - 28.11.17 14:24 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Bafomed]
Tom72
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Sehr richtig cool
Gruß
Tom
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#1312537 - 28.11.17 14:29 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
veloträumer
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Ohnehin verdaut sich das Grünzeugs eher weniger gut als ein Fleischlappen ... grins
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
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#1312542 - 28.11.17 15:51 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: veloträumer]
LudgerP
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korrekt !
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#1312584 - 28.11.17 20:35 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
natash
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Servus Tom,
3 Pyrenäenberichte und jeder anders. Da sieht man mal wie verschieden man dort touren kann schmunzel.
Bei soviel anderen Pyrenäenberichten,brauche ich gar kein schlechtes Gewissen haben,das meiner nicht so recht weiterkommt,ich bin grad ein wenig eingeschränkt in der verfügbaren Zeit.
Merci also für Deinen.
Die Verschiebung des Tags nach hinten ist übrigens eine spanische Gepflogenheit,die meiner Art des Tourens und somit auch meinem Geschmack zuwiderläuft. Ich starte gerne früh und gehe früh schlafen,zumindest überwiegend. In Spanien ( Baskenland ausgenommen)heißt das dann Frühstück dann,wenn der Magen fast schon Mittag erwartet oder altbackenes,steinhartes Brot alternativ. Selten machen Läden, Bäckereien usw vor 9 Uhr,im Süden oft erst gegen 10 auf. Und wenn man dann durch keine größeren Orte mehr kommt wars das dann. Zum Abnehmen ist das toll,aber das will ja nicht jeder.
Für Nachteulen ist Spanien hingegen ideal. Die dürfen sich dann aber auch nicht über die Nachmittagshitze ärgern.
Ich selbst fand die frühen Morgenstunden eine fantastische Radelzeit. Und die verträgt sich auch nicht so gut mit einem fetten Essen um 9 oder 10 abends. Aber das ist Geschmackssache. Man kann sich auch auf die Gegebenheiten einstellen und frühstückt halt erst z.b. nach den ersten 40 km .
Gruß
Nat





Geändert von natash (28.11.17 20:37)
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#1313329 - 04.12.17 23:30 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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10. Tag (25.07.2016), Esterri d’Aneu – Vielha
Strecke: 41 km
Fahrzeit: 3 Std. 36 min
Höhenmeter: 1105


Heute geht es über den 2072 m hohen Port de la Bonaigua. Als ich die erste Informationstafel für Radfahrer erreiche, habe ich bereits ein paar hundert recht steile Höhenmeter hinter mir (meiner Erinnerung zufolge betrug die Steigung auf den ersten Kilometern ab Esterri d’Aneu 8%). Im weiteren Verlauf ist die Steigung aber verhältnismäßig moderat.



Bei fast wolkenlosem Himmel und trotz der gut ausgebauten Straße (C-28) extrem geringem Verkehrsaufkommen genieße ich die Fahrt hinauf in die wunderschöne Hochgebirgslandschaft.





Schließlich windet sich die Straße in zahleichen engen Serpentinen landschaftlich traumhaft aus dem Tal hinauf zum Pass.







Einige Kilometer vor der Passhöhe starte ich noch eine kurze Wanderung (Nr. 10 in meinem Wanderführer „Pyrenäen 3“ aus dem Rother-Verlag), die sich anbietet, weil sie direkt an der Passstraße ihren Ausgangspunkt hat. Ziel ist der Bergsee Estanyola de Gerber. Ich stelle also an einer um diese Jahreszeit verwaisten Skilift-Talstation mein Rad ab, schnüre die Wanderschuhe und mache mich auf den Weg.





Es bietet sich von hier oben ein herrlicher Blick zurück auf die bereits bewältigten Serpentinen



und auf die noch bevorstehenden. Der Pass ist ungefähr am linken Bildrand.



Weiter geht es hinauf zum auf 2035 m gelegenen Bergsee.



Im wunderschönen Estanyola de Gerber hätte ich bei dem herrlichen Wetter auch baden können; ich begnüge mich aber damit, die Füße im Wasser zu kühlen und die Aussicht zu genießen.



Für den weiteren Aufstieg zum größeren Bergsee Estany de Gerber ist es mir angesichts der noch unvollendeten Passüberquerung zu spät, so dass ich von hier wieder zu meinem Rad hinabmarschiere.

Nach einigen weiteren Serpentinen erreiche ich mit dem Port de la Bonaigua auf 2072 m den höchsten Pass der Reise. Es ist nach dem Col de la Cayolle in den französischen Alpen (2326 m) mein bisher (2017) zweithöchster Pass.





Hier oben tummeln sich zahlreiche freilaufende Rindviecher. Sie lassen sich von den Autofahrern, die auf der Passhöhe einen kurzen Aufenthalt zum Fotografieren einlegen, nicht stören; vielmehr scheinen die Touristen vor den Kühen mehr Respekt zu haben als umgekehrt.





Nun genieße ich die lange Abfahrt hinunter ins Val d’Aran nach Vielha. Ein für die engen Serpentinen überdimensionierter vor mir fahrender Reisebus hindert mich zunächst am zügigen Abwärtsrollen, bis ich ihn schließlich überholen kann.



Unterhalb des Port de la Bonaigua entspringt die Garonne, die sich einige hundert Kilometer weiter kurz vor Bordeaux mit der Dordogne zur Gironde vereinigt, die dann in einem breiten Mündungstrichter in den Atlantik fließt.



Ich erinnere mich bei der Gelegenheit an zwei Radreisen, die mich durch Bordeaux und das Médoc, die Landschaft an der Mündung der Gironde, geführt haben. Der Name des Flusses erscheint auf dem Schild in aranesischer Sprache; „era“ ist im Aranesischen der bestimmte weibliche Artikel. Im zu Katalonien gehörigen Val d’Aran hat die romanische aranesische Sprache, die sich vom Katalanischen deutlich unterscheidet, neben dem Spanischen und dem Katalanischen den Status einer weiteren Amtssprache. Mit dem Port de la Bonaigua habe ich nach der Überquerung der Cerdanya (Wasserscheide von der Têt zum Segre/Ebro) den Hauptkamm der Pyrenäen das zweite Mal überquert (Wasserscheide von der Noguera Pallaresa/Ebro zur Garonne und damit vom Mittelmeer zum Atlantik), der aber hier ausnahmsweise nicht die Grenze zwischen Spanien und Frankreich markiert. Das zwar zu Spanien gehörige, aber nördlich des Pyrenäen-Hauptkamms gelegene Val d’Aran mit seinem Hauptort Vielha war vielmehr über Jahrhunderte, bis zur Eröffnung des Tunnels Richtung Lleida Mitte des 20. Jahrhunderts und dem Bau der Straße über den Port de la Bonaigua, kulturell und sprachlich nach Frankreich, genauer auf den okzitanischen Kulturraum hin, ausgerichtet, von wo aus es über das Tal der Garonne besser erreichbar war.

Ich rolle weiter hinab ins Val d’Aran



und erreiche den sehr touristisch geprägten Ort Vielha.





Die ersten beiden Hotels, die ich auf der Suche nach einer Unterkunft ansteuere, sind ausgebucht, aber dann bekomme ich in einem Hotel mitten im Zentrum ein einigermaßen preiswertes Zimmer, mit dem ich sehr zufrieden bin.

11. Tag (26.07.2016), Wanderung von Vielha auf den Tuc de Montcorbison, 2174 m

Heute bleibe ich in Vielha und unternehme von hier aus eine weitere Tageswanderung. Ziel ist der Gipfel des Tuc de Montcorbison mit einer Höhe von 2174 m, den man auch vom Ort aus sehen kann.



Die Beschreibung der Tour in meinem Wanderführer ("Pyrenäen 3", Rother-Verlag, Tour Nr. 2) beginnt an einem Parkplatz hoch oberhalb des Tals am Ende einer Serpentinenstraße auf einer Höhe von 1600 m. Ich hätte bis dorthin mit dem Rad hinauffahren können; da ich meiner Wanderkarte aber einen Wanderweg vom Tal aus entnehmen kann, entscheide ich mich, direkt in Vielha, das auf knapp 1000 m Höhe liegt, zu starten und das Rad für heute im Hotel zu lassen.

Blick zurück auf Vielha



Am Ausgangspunkt der Tour aus meinem Wanderführer, dem kleinen Stausee Bassa d’Oles auf 1600 m, grasen in malerischer Berglandschaft freilaufende Pferde.



Eines von ihnen interessiert sich sehr für meinen Rucksack und hat wohl meine Picknick-Sandwiches gerochen. Es ist nicht ganz einfach, es davon abzubringen, den Rucksack anzuknabbern.





Einige der Pferde tragen Glocken um den Hals, wie man es sonst eher von Kühen kennt.



Nun geht es, nachdem ich bereits etwa 600 Höhenmeter seit dem Tal bewältigt habe, weitere gut 500 m ziemlich steil über nicht immer eindeutig markierte Pfade aufwärts. Außer zwei absteigenden Wanderern begegnet mir niemand. Aber der Gipfel ist bereits in Sichtweite.



Der Aufstieg ist tatsächlich recht anstrengend, aber schließlich erreiche ich die Antennen auf dem Gipfel des Montcorbison. Er ist noch ein wenig höher als der vorgestern erwanderte Mirador de Fogueruix und der höchste auf dieser Reise erreichte Punkt.



Von hier oben bietet sich ein fantastischer Blick hinab auf Vielha



und vor Allem, Richtung Südwesten, auf das Maladeta-Massiv (Macizo de la Maladeta) mit mehreren Dreitausendern einschließlich des höchsten Pyrenäen-Gipfels, des Pico de Aneto mit 3404 m. Leider ist die Fernsicht durch die im Laufe des Nachmittags heraufziehende Bewölkung eingeschränkt.



Auch der Abstieg, wenn auch auf gleicher Route, begeistert durch traumhafte Landschaftseindrücke.









Nach einem ganzen Tag in der einsamen Hochgebirgslandschaft und gut 1100 auf- und wieder abwärts gewanderten Höhenmetern erreiche ich am Spätnachmittag wieder das quirlige Vielha mit seinen zahlreichen Hotels und entspechender touristischer Infrastruktur.




12. Tag (27.07.2017), Pausentag in Vielha


Heute lege ich in Vielha noch einen Pausentag ein, weil ich online einige wichtige Angelegenheiten zu erledigen habe, wozu ich vor der Reise nicht mehr gekommen bin und wozu ich das WLAN des Hotels benötige.

Fortsetzung folgt…
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#1314282 - 11.12.17 21:59 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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13. Tag (28.07.2017), Busfahrt Vielha – El Pont de Suert durch den Túnel de Vielha

Bis Vielha hatte ich die Tour bereits vor Reiseantritt im Wesentlichen so geplant, wie ich sie dann auch gefahren bin. Alles Weitere hatte ich mir allerdings offengelassen. Also gilt es nun für den weiteren Verlauf eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen:

Zum einen könnte ich die Tour auf der Nordseite des Pyrenäenhauptkamms, auf der ich sowieso schon bin, das heißt letztlich auf der französischen Seite, fortsetzen. Das würde bedeuten, das Tal der Garona/Garonne abwärts zu fahren, über den Col du Portillon (1320 m) die Grenze nach Frankreich zu überqueren, denn über den Col de Peyresourde (1569 m) und den Col d’Aspin (1489 m). Dann käme der berüchtigte Tourmalet (2115 m). Danach würde ich in Argelès-Gazost auf die mir bereits von einer Radreise drei Jahre zuvor bekannte Strecke über den Col d’Aubisque (1709 m) treffen und hätte anschließend mit der mir ebenfalls bereits bekannten Überquerung des Pyrenäenhauptkamms über den Pourtalet erstmals seit Vielha eine Möglichkeit, wieder auf die spanische bzw. Südseite der Pyrenäen zu wechseln (wenn man von dem offenbar für Fahrräder verbotenen Bielsa-Tunnel absieht). Landschaftlich sicher eine lohnenswerte Route; für meinen verbleibenden Zeitrahmen wären das allerdings eigentlich zu viele anstrengende Pässe, zumal ich den Aubisque und den Pourtalet (die allerdings landschaftlich wunderschön sind und auch eine Wiederholung verdient hätten) schon kenne.

Zum anderen könnte ich auf der spanischen Südseite der Pyrenäen weiterfahren, was nach meiner Einschätzung mit weniger anspruchsvollen Pässen verbunden wäre und somit auch besser zu meinem nun doch recht knappen Zeitplan passen würde. Einige sicher interessante Pässe auf französischer Seite würde ich so zwar verpassen, unter anderem den legendären, aber sicher auch sehr anstrengenden Tourmalet, aber den Aubisque und den Pourtalet kenne ich ja bereits. Und ich könnte dann schließlich z. B. über den Col du Somport wieder auf die französische Seite wechseln (oder auch vorher über den Pourtalet). Allerdings muss ich für diese Variante von Vielha aus zunächst den Pyrenäenhauptkamm wieder nach Süden überqueren, was nur durch den gut 5 km langen Túnel de Vielha möglich ist.

Ich entscheide mich schließlich für die Variante auf der spanischen Seite, auf die ich irgendwie neugieriger bin. Es stellt sich also die Frage, wie ich durch den Vielha-Tunnel komme. Im Tourismusbüro in Vielha meint man, das sei mit dem Rad kein Problem und auch offiziell zulässig, man solle sich beim Tunnelpersonal melden (Meldung über die Notruf-Einrichtung beim Kontrollzentrum), und dann würde von den in meine Fahrtrichtung im Tunnel, da er in dieser Richtung ansteigt, zwei vorhandenen Fahrspuren eine speziell für den Radfahrer reserviert und für den Kfz-Verkehr gesperrt werden und über die elektronischen Hinweistafeln der Verkehr auf die Anwesenheit von Radfahrern im Tunnel hingewiesen werden. Eine offizielle Quelle dazu kann man mir im Tourismusbüro allerdings nicht angeben (lediglich den Ausdruck einer privaten E-Mail auf Katalanisch von jemandem, der seine persönliche Erfahrung mit der Tunneldurchquerung schildert), so dass ich skeptisch bleibe und mich für die mir im Tourismusbüro ebenfalls genannte Alternative mit dem Bus entscheide, in dem die Fahrradmitnahme (ohne das Rad verpacken zu müssen) möglich ist. Ich habe die Problematik "Mit dem Rad durch den Vielha-Tunnel" nach der Reise hier im Forum thematisiert. Selbst wenn die Fahrt durch den Tunnel tatsächlich möglich und zulässig sein sollte, wäre die Fahrt wegen des starken (auch Lkw-) Verkehrs auf dieser bedeutenden Pyrenäenquerung sicher sehr unangenehm gewesen.

Ich verlasse also mein Hotel in Vielha (Hotel Riu Nere), in dem ich drei Nächte verbracht habe und mit dem ich sehr zufrieden war



und finde mich am späten Vormittag an der Haltestelle ein. Der Bus, den das Unternehmen ALSA, einer der Marktführer im spanischen Überland-Busverkehr, auf der Strecke einsetzt, stellt sich als überraschend kleines Fahrzeug heraus, das aber im Gepäckraum im Heck ausreichend Stauraum für mein Rad mitsamt (abgehängten) Packtaschen bietet; es hätte auch noch mindestens ein weiteres Fahrrad hineingepasst.



Blick aus dem Busfenster hinunter auf Vielha



und auf die Landschaft nach Durchquerung des Túnel de Vielha auf einer Höhe von 1396 m (Nordportal) bis 1593 m (Südportal) auf der Südseite des Pyrenäen-Hauptkamms



Der erste Halt des Busses nach Vielha ist leider erst wieder in El Pont de Suert, ca. 28 km südlich des Tunnelausgangs und ca. 40 km südlich von Vielha auf einer Höhe von ca. 850 m. Der Preis für die doch recht lange Fahrt war, wenn ich mich richtig erinnere, einschließlich des Fahrradtransports lediglich ein einstelliger Euro-Betrag.

Für eine Weiterfahrt ist es heute zu spät, da für die nächste Etappe als Ziel Aínsa und die Überquerung von zwei Pässen (Coll de l’Espina und Coll de Fadas mit jeweils gut 1400 m) vorgesehen ist. Ich quartiere mich daher in einem netten, preisgünstigen Hotel ein



und sehe mich im Ort um. Ich befinde mich nach wie vor in Katalonien.



Eine der Sehenswürdigkeiten von El Pont de Suert ist eine architektonisch interessante Kirche aus den 1950er Jahren.



14. Tag (29.07.2017), El Pont de Suert – Aínsa
Strecke: 88 km
Fahrzeit: 5 Std. 14 min
Höhenmeter: 1263


Heute werde ich wieder der Nationalstraße N 260, der „pyrenäischen Achse“ (Eje pirenaico), weiter Richtung Westen folgen, die ich vor einigen Tagen in Sort verlassen habe. Dazu muss ich allerdings zunächst einige Kilometer zurück, aufwärts, auf der Straße fahren, auf der ich gestern mit dem Bus vom Vielha-Tunnel abwärts nach El Pont de Suert gekommen bin, um dann Richtung Westen auf die N 260 abzubiegen.

Direkt nach dem Abzweig verlasse ich Katalonien (auf Spanisch/Kastilisch (Castellano) Comunidad Autónoma Cataluña, auf Katalanisch Comunitat Autònoma de Catalunya) und komme in die Autonome Gemeinschaft Aragonien (Comunidad Autónoma de Aragón), die im Gegensatz zu Katalonien offenbar keine ausgeprägten sprachlichen Besonderheiten aufweist und jedenfalls im Wesentlichen „rein spanischsprachig“ ist.





Nun geht es, bei nicht allzu anstrengender Steigung, hinauf zum Coll de l’Espina auf 1407 m



und bald darauf, nach nur wenigen „verlorenen“ Höhenmetern, über den Coll de Fadas (1470 m).



Dann kann ich eine längere Abfahrt genießen.



In Castejón de Sos mache ich Rast. Der auf ca. 900 m Höhe gelegene Ort ist eine Hochburg des Gleitschirmfliegens. Laut meinem Reiseführer ist die kleine Gemeinde bis heute stolz darauf, dass sie 1997 die Weltmeisterschaft in dieser Sportart ausgetragen hat.



Kurz unterhalb von Castejón de Sos erwartet mich ein landschaftliches Highlight: Die N 260 verläuft mehrere Kilometer durch eine enge, tiefe Schlucht, den Congsto de Ventamillo.









Anschließend eröffnen sich wieder traumhafte Ausblicke auf die umliegenden Gebirgsmassive.



Ich folge weiter der N 260; es geht ein weiteres Mal aufwärts über den „nur“ 1020 m hohen Collado de Foradada.









Das heutige Etappenziel, Aínsa mit seiner malerischen Altstadt, ist um diese Jahreszeit, Ende Juli, touristisch ziemlich überlaufen. Viele Unterkünfte sind ausgebucht; erst nach einigem Suchen finde ich ein recht preiswertes Hotelzimmer (einen Campingplatz scheint es nicht zu geben). Das Hotel befindet sich wie auch zahlreiche weitere in dem nicht besonders reizvollen modernen Viertel unterhalb der Hügelkuppe, auf der der historische Ortskern liegt. Den eigentlichen Charme Aínsas erlebe ich dann abends oben in der Altstadt. Allerdings ist der zentrale Platz, um den sich die zahlreichen Restaurants gruppieren, derart voll von Touristen, dass ich eine Weile warten und suchen muss, bis ich einen freien Tisch finde, um den Tag mit einem Abendessen und dem Blick auf die stimmungsvoll beleuchteten historischen Gebäude ausklingen zu lassen.





15. Tag (30.07.2016), Aínsa – Jaca
Strecke: 66 km
Fahrzeit: 4 Std. 21 min
Höhenmeter: 862


Auch heute folge ich weiter der „Pyrenäischen Achse“ N 260 (Eje pirenaico). Zunächst geht es landschaftlich recht reizvoll über Boltaña nach Fiscal.







Ab Fiscal wäre die landschaftlich sicher lohnenswertere Variante über Broto und Biescas (an der vom Col du Pourtalet herabführenden Straße, wo ich vor einigen Jahren nach einer Überquerung des Pourtalet übernachtet habe) nach Sabiñánigo gewesen. Aufgrund meines nunmehr recht knappen Zeitplans entscheide ich mich aber für eine in meiner Karte verzeichnete direktere Route (weiterhin als N 260 bezeichnet) zwischen Fiscal und Sabiñánigo. Ich wundere mich aber, dass in meiner Michelin-Karte ein Stück dieser Route gestrichelt dargestellt ist.

Die von mir ab Fiscal gewählte Route stellt sich schließlich als eine ganz neue, erst 2012 eröffnete direkte Straßenverbindung zwischen Fiscal und Sabiñánigo heraus. Der in meiner Karte gestrichelt, also als im Bau befindlich, gekennzeichnete Abschnitt ist der zu meinem Glück mittlerweile fertiggestellte Túnel de Petralba. Trotz seiner Länge von ca. 2600 m gestaltet sich die Fahrt durch den Tunnel, obwohl er in meine Fahrtrichtung ansteigt, völlig problemlos, da der Autoverkehr auf dieser neuen und gut ausgebauten Strecke überraschend gering ist (zum Glück gibt es keinerlei Hinweise auf ein Fahrradverbot). Dies ist somit der neue Verlauf der N 260 in diesem Bereich; die ursprüngliche Route über Broto und Biescas wird aber offenbar nach wie vor ebenfalls unter der Bezeichnung N 260 (bzw. N 260 a) geführt.





Ich denke zurück an die mit dem Bus bewerkstelligte Durchquerung des Vielha-Tunnels vor einigen Tagen und frage mich, ob ich angesichts meiner jetzigen „positiven“ Tunnel-Erfahrung nicht doch auch die Fahrt mit dem Rad durch jenen „nur“ etwa doppelt so langen Tunnel hätte riskieren sollen, zumal ich ja Informationen hatte, wonach das grundsätzlich möglich sei. Aber auf der Strecke durch den Túnel de Vielha (bedeutende Transitstrecke durch die Pyrenäen) war eben auch wesentlich mehr Kfz-Verkehr als hier.

Nach dem auf ca. 1200 m gelegenen Tunnel geht es abwärts nach Sabiñánigo. In dem Ort, den man nicht unbedingt gesehen haben muss, mache ich eine kurze Rast.



Dann geht es weiter Richtung Westen in relativ flachem Gelände (ich habe die eigentlichen Pyrenäen nun verlassen und fahre parallel zu ihnen, mit Blick auf die Pyrenäen im Norden und die vorgelagerten Höhenzüge im Süden, bevor morgen die nächste Überquerung des Pyrenäen-Hauptkamms folgt). Ab hier ist mir die Strecke bis Jaca bereits bekannt von einer Radreise vor drei Jahren, als ich nach der Überquerung des Pourtalet hier langgekommen bin (und anschließend von Jaca weiter Richtung Westen nach Kantabrien und in die Picos de Europa gefahren bin).

In Jaca, bedeutend als erster größerer Ort am Jakobsweg nach dessen Überquerung des Col du Somport, über den mich mein Weg morgen führen wird, gibt es zwar keinen Campingplatz, aber mit Hilfe der Tourismusinformation finde ich eine preiswerte Pension. Abends lasse ich den Tag in der netten, von zahlreichen Touristen bevölkerten Altstadt ausklingen.





Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (11.12.17 22:00)
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#1314367 - 12.12.17 12:25 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
veloträumer
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In Antwort auf: Tom72
Viele Unterkünfte sind ausgebucht; erst nach einigem Suchen finde ich ein recht preiswertes Hotelzimmer (einen Campingplatz scheint es nicht zu geben).

In Aínsa gibt es einen zentrumsnahen Camping, du musst unten über die Brücke rüber, in deinem Fall wohl bei Ankunft vor der Stadteinfahrt und der Brücke scharf rechts ab, dort teils Ödland bzw. Gewerbegelände. Panoramablick auf die Stadt, gibt auch Hütten zu mieten. In der Altstadt gibt es ein Hostal - aber das kann natürlich voll gewesen sein.
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Geändert von veloträumer (12.12.17 12:27)
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#1314404 - 12.12.17 20:09 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: veloträumer]
natash
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In Antwort auf: veloträumer
In Antwort auf: Tom72
Viele Unterkünfte sind ausgebucht; erst nach einigem Suchen finde ich ein recht preiswertes Hotelzimmer (einen Campingplatz scheint es nicht zu geben).

In Aínsa gibt es einen zentrumsnahen Camping, du musst unten über die Brücke rüber, in deinem Fall wohl bei Ankunft vor der Stadteinfahrt und der Brücke scharf rechts ab

Da waren wir auch. Für eine Person ist so eine Hütte jedoch nicht ganz billig,fürchte ich.
Der Camping war aber soweit recht angenehm,eine Bar hats auch.
Gruß
Nat
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#1314445 - 13.12.17 10:48 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: veloträumer]
LudgerP
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In Antwort auf: veloträumer
In Antwort auf: Tom72
Viele Unterkünfte sind ausgebucht; erst nach einigem Suchen finde ich ein recht preiswertes Hotelzimmer (einen Campingplatz scheint es nicht zu geben).

In Aínsa gibt es einen zentrumsnahen Camping, du musst unten über die Brücke rüber, in deinem Fall wohl bei Ankunft vor der Stadteinfahrt und der Brücke scharf rechts ab, dort teils Ödland bzw. Gewerbegelände. Panoramablick auf die Stadt, gibt auch Hütten zu mieten. In der Altstadt gibt es ein Hostal - aber das kann natürlich voll gewesen sein.

In der Altstadt gibt es auch sehr schöne Ferienwohnungen.
Grüße, Ludger
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#1316714 - 04.01.18 21:33 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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16. Tag (31.07.2016), Canfranc-Estación – Oloron-Sainte-Marie (Zugfahrt Jaca – Canfranc-Estación)
Strecke: 65 km
Fahrzeit: 3 Std. 24 min
Höhenmeter: 532


Heute geht es über den Somport-Pass (1640 m) und damit zum vierten Mal über den Pyrenäen-Hauptkamm, nach der Überquerung der Cerdanya, des Col de la Bonaigua und (allerdings mit dem Bus) der Fahrt durch den Túnel de Vielha. Damit verlasse ich auch Spanien und setze die Tour auf der französischen Seite fort, auf der ich dann auch bleiben werde (abgesehen von einem kurzen Abstecher an der Küste nach Hondarrabia am Abend des letzten Tages).

Besonders interessiert mich der etwa auf halber Höhe des Passanstiegs gelegene imposante ehemalige Grenzbahnhof Canfranc an der seit Jahrzehnten stillgelegten internationalen Bahnstrecke über die Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien (Pau – Saragossa). Da die Strecke auf spanischer Seite von Jaca bis Canfranc noch in Betrieb ist (täglich zwei Regionalzugpaare), entschließe ich mich, von Jaca (auf ca. 800 m Höhe gelegen) bis Canfranc (ca. 1150 m) den Zug zu nehmen und erst ab dort mit dem Rad die restliche Passstrecke in Angriff zu nehmen; dadurch bleiben mir etwas mehr als die Hälfte der Höhenmeter zwischen Jaca und dem Somport-Pass. Ich hätte natürlich auch den gesamten Passanstieg mit dem Rad bewältigen können, aber die Möglichkeit der Zugfahrt ist zu verlockend, zumal ich mir vom unteren Abschnitt landschaftlich nicht allzu viel verspreche und mein Zeitplan recht eng ist.

Die Bahnlinie und die Straße folgen dem Tal des Río Aragón, der namensgebend für die Autonome Gemeinschaft Aragonien ist und unterhalb des Somport-Passes entspringt.

In Canfranc-Estación steige ich aus. Der Regionalzug (links im Bild im Hintergrund) wirkt winzig im Vergleich zum gigantischen, heute ungenutzten Empfangsgebäude.



Die umfangreichen, heute weitgehend ungenutzten Bahnanlagen mit dem eindrucksvollen, über 200 m langen historischen Bahnhofsgebäude wirken seltsam überdimensioniert und in dem engen Hochgebirgstal irgendwie deplatziert.

Die internationale Bahnstrecke Pau – Saragossa wurde 1928 eröffnet. Die Strecke von Frankreich aus führte durch einen ca. 8 km langen Tunnel unter dem Somport-Pass, dessen südliches Portal unmittelbar nördlich des Bahnhofs von Canfranc liegt. Der auf spanischem Gebiet gelegene Bahnhof Canfranc war die Grenzstation, in der aufgrund der unterschiedlichen Spurweiten umgestiegen werden musste – auf der einen Seite des Empfangsgebäudes endeten die normalspurigen Gleise der französischen Strecke nach Durchquerung des Somport-Tunnels, und auf der anderen (auf der auch mein Zug angekommen ist) endeten (und enden noch heute) die Gleise in iberischer Breitspur der spanischen Strecke von Saragossa über Jaca kommend. Der französische Abschnitt war, anders als der spanische, von Anfang an elektrifiziert.



Die Strecke hat während der gut vier Jahrzehnte ihres Betriebs nie die erwartete Bedeutung für den internationalen Bahnverkehr erlangt und hat sich wohl letztlich als Fehlplanung erwiesen. Sie konnte als Gebirgsbahn mit entsprechend langen Fahrzeiten im Endeffekt nicht mit den schnelleren Bahnverbindungen zwischen Frankreich und Spanien an der Atlantik- und der Mittelmeerküste konkurrieren. Deshalb nahm die SNCF den Einsturz einer Brücke infolge eines Bahnunfalls 1970 als willkommenen Anlass, die Strecke auf französischer Seite stillzulegen. Seitdem findet nur noch auf der spanischen Teilstrecke ein bescheidener Bahnverkehr nach Canfranc-Estación statt; derzeit täglich zwei Regionalzugpaare von Saragossa über Jaca.

Ich hatte im Vorfeld einiges darüber gelesen, dass das historische, nunmehr funktionslose Bahnhofsgebäude dem Verfall preisgegeben sei. Umso überraschter bin ich, als ich feststelle, dass offenbar in neuster Zeit mit der Renovierung begonnen wurde – der gesamte Dachbereich ist augenscheinlich komplett und originalgetreu erneuert worden.



Unmittelbar nördlich des Bahnhofs endet der Passtunnel der stillgelegten französischen Strecke. Die Gleise sind demontiert. Die Passstraße verläuft direkt oberhalb des Tunnelportals.



Ab hier geht fahre ich den restlichen Passanstieg zum Somport wieder mit dem Rad. Aufgrund des 2003 eröffneten Somport-Straßentunnels, der unterhalb von Canfranc beginnt und den Hauptanteil des Verkehrs aufnimmt, kann ich die Passüberquerung weitgehend ohne störenden Kfz-Verkehr genießen.

Auf den nunmehr verbleibenden ca. 500 Höhenmetern führt mich die Straße in mehreren Serpentinen durch die herrliche Hochgebirgslandschaft. Ein vor mir fahrendes Pärchen tut sich mit dem Tandem sichtlich schwer. Die Steigung ist aber recht moderat.



Kurz bevor ich den Pass erreiche, gerate ich in tief hängende Wolken, die mir den Genuss des Gebirgspanoramas zunehmend rauben, bis ich schließlich außer der Straße nicht mehr viel sehe. Ärgerlich. Der Berg nimmt es mir wohl übel, dass ich mich bis auf halbe Höhe mit dem Zug „heraufgemogelt“ habe…





Am Somport-Pass auf 1640 m angekommen, über den die Grenze zu Frankreich verläuft, gibt es bei dem Nebel nicht viel zu sehen; es gibt neben dem verlassenen Grenzübergangsgebäude ein einfaches Restaurant, in das ich aufgrund der wetterbedingten Kälte, die mich zum Anlegen langer Kleidung veranlasst, kurz auf ein Bier und einen Snack einkehre. Unten in Jaca hatte ich heute Morgen noch herrlichen Sonnenschein…



Jetzt habe ich die lange Abfahrt vor mir. Weiterhin verwehren mir zu meiner Enttäuschung die sich immer tiefer senkenden Wolken den Blick auf die Berge.





Schließlich stößt meine Passstraße wieder auf die aus dem Somport-Straßentunnel kommende Hauptstrecke; ein merklich höheres Verkehrsaufkommen kann ich aber zum Glück nicht feststellen. Entlang der Straße fallen zahlreiche Viadukte und Tunnel der stillgelegten Bahnstrecke zum Somport-Bahntunnel und nach Canfranc auf.







War ich bisher schon ziemlich frustriert wegen des durch die tief hängende Wolkendecke vernebelten Landschaftserlebnisses, muss ich nun feststellen, dass der Berg ob meiner Respektlosigkeit, die Passüberquerung nicht ganz aus eigener Kraft, sondern teils mit dem Zug zu bewältigen, offenbar noch erzürnter ist, als ich dachte: Ich werde nun auch noch durch einen langanhaltenden Regenguss „bestraft“. Hastig werfe ich mich in meine Regenklamotten und strample zügig in nun, am Fuß der eigentlichen Pyrenäen, ebener werdendem Gelände etwa 20 bis 30 km durch strömenden Regen in Richtung auf mein heutiges Etappenziel, das hübsche Städtchen Oloron-Sainte-Marie.



Ich habe das Hochgebirge nun verlassen; die Pyrenäen sind beim Blick zurück aufgrund des Nebels schließlich überhaupt nicht mehr zu sehen.

In Oloron-Sainte-Marie bin ich schließlich trotz der Regenkleidung ziemlich durchnässt und ausgekühlt und froh, als ich nach einigem Fragen und Suchen ein sehr nettes, wenn auch recht teures Hotel finde. Es wird von einer Deutschen geführt. Anschließend sehe ich mich noch ein wenig im Ort um (der Regen hat nun aufgehört) und esse in einem einfachen Restaurant ein leckeres Steak. Durch Oloron fließt der Gave d’Aspe, der in der Nähe des Somport entspringt und in dessen Tal ich heute vom Pass abwärts geradelt bin. Von einer der Brücken über das Flüsschen müsste sich eigentlich ein herrlicher Blick auf die nun einige Kilometer zurückliegenden Pyrenäen bieten (der Ort liegt auf einer Höhe von nur gut 200 m); wegen des schlechten Wetters ist davon aber leider nach wie vor nichts zu sehen.



Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (04.01.18 21:35)
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#1316758 - 05.01.18 10:36 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
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In Antwort auf: Tom72

Ich hatte im Vorfeld einiges darüber gelesen, dass das historische, nunmehr funktionslose Bahnhofsgebäude dem Verfall preisgegeben sei. Umso überraschter bin ich, als ich feststelle, dass offenbar in neuster Zeit mit der Renovierung begonnen wurde – der gesamte Dachbereich ist augenscheinlich komplett und originalgetreu erneuert worden.


Der Bahnhof wird tatsächlich restauriert und soll als Touristenattraktion dienen. Zudem habe ich gelesen, dass der Bahnhof auch einen Zugang zu einem unterirdischen Labor beherbergen soll.
Gruß, Arnulf

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#1316780 - 05.01.18 14:04 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
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In Antwort auf: Tom72
Kurz bevor ich den Pass erreiche, gerate ich in tief hängende Wolken, die mir den Genuss des Gebirgspanoramas zunehmend rauben, bis ich schließlich außer der Straße nicht mehr viel sehe. Ärgerlich. Der Berg nimmt es mir wohl übel, dass ich mich bis auf halbe Höhe mit dem Zug „heraufgemogelt“ habe…

...

War ich bisher schon ziemlich frustriert wegen des durch die tief hängende Wolkendecke vernebelten Landschaftserlebnisses, muss ich nun feststellen, dass der Berg ob meiner Respektlosigkeit, die Passüberquerung nicht ganz aus eigener Kraft, sondern teils mit dem Zug zu bewältigen, offenbar noch erzürnter ist, als ich dachte: Ich werde nun auch noch durch einen langanhaltenden Regenguss „bestraft“.


Na, da hätte ich ja anderes Wetter haben müssen, da ich nicht gemogelt habe. zwinker (Ich hatte nur mit dem Gedanken gespielt mit Zug nach Süden zu flüchten.) Und was bekam ich zur Belohnung? - richtig! - du hattest dagegen noch Schönwetter:









Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
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#1319227 - 23.01.18 21:16 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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Nachtrag zu Tag 16

Im Nachgang der Reise habe ich bei Wikipedia gelesen, dass die Bahnstrecke nach Canfranc auf französischer Seite einen knappen Monat zuvor, Anfang Juli 2016, auf dem Abschnitt von Oloron-Sainte-Marie bis Bedous, das auf etwa halber Strecke zwischen Oloron und dem Somport-Pass liegt, wieder in Betrieb genommen wurde. Sogar eine durchgehende Wiederinbetriebnahme bis Canfranc-Estación sei jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Geändert von Tom72 (23.01.18 21:19)
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#1319235 - 23.01.18 21:55 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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17. Tag (01.08.2016), Oloron-Sainte-Marie – Saint-Jean-Pied-de-Port
Strecke: 69 km
Fahzeit: 4 Std. 17 min
Höhenmeter:1064


Mir verbleibt nur noch der heutige und der morgige Tag, um Hendaye an der Atlantikküste zu erreichen; übermorgen geht es von Hendaye mit dem bereits gebuchten TGV zurück Richtung Deutschland. Der baskische Teil der Pyrenäen hätte noch viele interessante Pässe geboten; aufgrund der knappen Zeit und der noch beachtlichen verbleibenden Strecke (bestimmt ein gutes Viertel der Luftlinie zwischen Mittelmeer und Atlantik) suche ich mir jedoch anhand meiner Michelin-Karten eine landschaftlich einigermaßen vielversprechende Strecke heraus, die einen weiteren Aufstieg in die Hochlagen der Pyrenäen vermeidet, und begnüge mich damit, parallel zum Hochgebirge durch dessen nördlich vorgelagerte Ausläufer Richtung Küste zu fahren. Ich werde trotzdem noch zahlreiche Höhenmeter sammeln…

Bei nun wieder deutlich besserem Wetter starte ich von meinem sehr netten Hotel in Oloron



und fahre weitestgehend ungestört von Kfz-Verkehr auf der D 24 zunächst recht flach und schließlich über einige kleinere Steigungen, die mich aber nie über 400 m Höhe gelangen lassen, landschaftlich recht reizvoll zurück Richtung Pyrenäen. Ich werde aber, wie gesagt, aus Zeitgründen nicht mehr in die eigentlichen Pyrenäen hineinfahren, sondern mich heute und morgen nur noch parallel zum Gebirge zum Atlantik durchschlagen. Anders als beim gestrigen Mistwetter sind die Pyrenäen in der Ferne jedoch wieder zu erkennen.







Im hübschen Städtchen Mauléon-Licharre mach ich Mittagspause.



Dann geht es weiter über die ebenfalls sehr schwach befahrene D 918 über einen bescheidenen Pass, den Col d’Osquich mit 495 m.







Anschließend erreiche ich über die deutlich verkehrsreichere D 933 Saint-Jean-Pied-de-Port. Der Ort ist Ausgangspunkt der Pyrenäenüberquerung des Jakobswegs über den Ibañeta-Pass. Diese Route des Pilgerwegs vereinigt sich mit einer südlicheren Variante, die die Pyrenäen über den gestern befahrenen Somport-Pass überwindet, westlich von Pamplona in Puente la Reina zum klassischen Camino Francés. Ich bin ihn 2008 von Pamplona nach Santiago de Compostela geradelt. Von einem Schild kurz vor St-Jean grüßt ein Jakobspilger in der typischen Darstellung mit der Jakobsmuschel am Schlapphut.



In St-Jean gibt es einen sehr zentral gelegenen Campingplatz, der schon fast voll ist, auf dem ich aber noch ein Plätzchen für mein Zelt bekomme.



Von all den Wanderern und Radreisenden auf dem Campingplatz bin ich wahrscheinlich der Einzige, der nicht auf dem Jakobsweg unterwegs ist. Ich bereue rückblickend, bei meiner damaligen Jakobsweg-Radtour die Pyrenäen ausgelassen zu haben und erst in Pamplona gestartet zu sein, aber die Zeit, den Ibañeta-Pass nachzuholen, habe ich jetzt auch nicht mehr, da ja mein Zug ab Hendaye bereits übermorgen geht…

Fortsetzung folgt...
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#1319435 - 25.01.18 10:07 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
amati111
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Hallo Tom,
danke für Bericht und schone Bilder!

Zitat:
mangels regulärer Fahrradmitnahmemöglichkeit, das Rad teildemontiert und in einem Fahrradtransportsack mitzuführen, aber das bin ich seit Jahren gewöhnt.

Mich interessiert Fahrradmithahme in TGV Zugen.
Dieses Jahr starte ich neine Reise in Avignon, und paar Fragen.
Was für eine Fahrradhülle hast du? Hast du die Hülle ganze Tour mitgeschleppt?
Welche Probleme können auftreten, muss von Düsseldorf via Paris nach Avignon
Gruß Michael
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Off-topic #1319544 - 25.01.18 21:02 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: amati111]
Tom72
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Hallo Michael,

zu meiner Fahradtransporthülle habe ich in diesem Thread etwas geschrieben. Dort findet sich ein Link auf diesen Thread mit weiteren Beiträgen und Bildern von mir zu dem Thema.
Gruß
Tom
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#1321510 - 08.02.18 21:47 Re: Pyrenäen von Ost nach West [Re: Tom72]
Tom72
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18. Tag (02.08.2016), Saint-Jean-Pied-de-Port – Hendaye
Strecke: 93 km
Fahrzeit: 5 Std. 23 min
Höhenmeter: 1056


Am heutigen letzten Fahrtag gilt es das Ziel der Tour, Hendaye am Golf von Biskaya, zu erreichen. Wie schon gestern, werde ich auch heute aus Zeitgründen die eigentlichen Pyrenäen meiden und nur an ihren nördlichen Ausläufern kratzen. Gut 1000 Höhenmeter werden es heute aber trotzdem werden.

Zunächst sehe ich mich am Vormittag noch ein wenig in Saint-Jean um. Der Jakobsweg verlässt die Altstadt durch ein historisches Stadttor und über eine Brücke über die Nive.



Die Altstadt liegt am Hang zu Füßen einer Zitadelle. In den Gassen fallen natürlich die zahlreichen Jakobspilger mit der typischen Jakobsmuschel am Rucksack auf.



Ich folge zunächst landschaftlich unspektakulär der Hauptstraße (D 918) dem Tal der Nive abwärts bis Cambo-les-Bains, wo ich zum Mittagessen einkehre.



Nach Espelette verlasse ich die doch recht verkehrsreiche D 918 und überquere über die wenig befahrene D 20 den nur 176 m hohen Col de Pinodiéta. Anschließend erreiche ich über die D 305 und die D 4 den 169 m hohen Col de Saint-Ignace.





Am Pass beginnt die Strecke der historischen Zahnradbahn auf den ca. 900 m hohen Gipfel der Rhune.



Ich hätte die Fahrt mit der Zahnradbahn gerne gemacht, aber da es bereits später Nachmittag ist, habe ich dazu leider nicht mehr die Zeit. Ich habe die Zahnradbahnfahrt auf die Rhune mit fantastischer Aussicht dann aber als Auftakt zu meiner Radreise im folgenden Jahr (2017), die mich, gleichsam an die jetzige Tour anschließend, von Hendaye nach Porto in Portugal geführt hat, nachgeholt.

Leider fallen die Pyrenäen auf der atlantischen Seite wesentlich flacher zur Küste ab als am Mittelmeer, so dass es keine spektakulären, hochgelegenen und gleichzeitig küstennahen Panoramastrecken und Aussichtspunkte wie etwa die zu Beginn der Reise befahrene Straße zur Tour de Madeloc gibt (abgesehen natürlich vom Gipfel der Rhune, auf den man aber nur mit der Zahnradbahn kommt). Ein in meiner Karte verzeichneter Aussichtspunkt an einer Richtung Spanien führenden Straße (deren Nummer geht aus meiner Karte nicht hervor), der mich zu einem Abstecher von der direkten an die Küste führenden Route von einigen Kilometern und einigen hundert Extra-Höhenmetern verlockt, bietet wenigstens einen halbwegs vernünftigen Meerblick.



Schließlich rolle ich nach wie vor landschaftlich sehr schön und fast ohne Autoverkehr über die D 704 nach einem letzten kurzen Anstieg hinunter an die Küste nach Ciboure. Hier treffe ich auf die Route meiner Radreise Lyon-Kantabrien 2012 (im Bericht Tag 16 und 17) und somit auf bereits vertrautes Terrain. Ich überquere Richtung Osten die Mündung der Nivelle nach Saint-Jean-de-Luz.



Parallel die Bahnbrücke, über die ich morgen mit dem TGV auf der Rückfahrt kommen werde.



Saint-Jean-de-Luz hat mir damals sehr gut gefallen, aber da war es Anfang Oktober und Spätsaison und daher sehr angenehm und ohne Touristenmassen. Jetzt, Anfang August, zur Hauptsaison, ist der Ort nicht wiederzuerkennen und so unangenehm überfüllt, dass ich mich hier nicht länger als nötig aufhalten mag (ohnehin ist es bereits spät, und ich will ja noch bis Hendaye, und mir kommt nun auch die Sorge, dass die meisten Unterkünfte, sei es Camping, sei es Hotel, voll sein könnten – wobei Hendaye nicht zwingend wäre, ich hätte morgen auch hier in Saint-Jean in meinen TGV einsteigen können; die Unterkunftssuche wäre hier aber sicher auch nicht einfacher).



Ich fahre also wieder über die Nivelle-Brücke zurück nach Ciboure mit Blick zurück auf Saint-Jean.



Hier beginnt die entlang der Küste Richtung Westen nach Hendaye führende Corniche Basque, die landschaftlich traumhafte Straße entlang der Steilküste, die ich auf meiner Tour vier Jahre zuvor bereits gefahren bin und nun ein zweites Mal genießen darf.

Von diesem Wegweiser am Beginn der Corniche mit den für das Baskenland typischen zweisprachigen Angaben (französisch und baskisch) gibt es bereits in meinem damaligen Reisebericht (siehe Link etwas weiter oben) ein Bild; dort finden sich auch noch weitere und gelungenere Bilder der Corniche Basque als die beiden folgenden.







Hier noch zwei Handy-Fotos von der Corniche Basque, die im folgenden Jahr entstanden sind:





Als ich das an der Grenze zu Spanien gelegene und mir ja schon von der erwähnten Reise vier Jahre zuvor bekannte Hendaye erreiche, ist es schon fast acht Uhr, und meine Befürchtung, dass es zu dieser Jahreszeit mit der Unterkunftssuche schwierig werden könnte, scheint sich zu bestätigen, als sich herausstellt, dass die ersten zwei oder drei Campingplätze, an denen ich vorbeikomme, schon voll sind. Für einigermaßen preiswerte Hotels dürfte wohl das Gleiche gelten. Aber dann stoße ich auf einen Camping am Hang direkt oberhalb des wunderschönen langen Sandstrands von Hendaye, auf dem zwar sämtliche Plätze für Reisende mit Kraftfahrzeug belegt sind, dessen Bereich nur für Zelte aber noch fast leer ist. Hervorragend. Und da es zu dieser Jahreszeit, besonders so weit westlich in der Mitteleuropäischen Zeitzone, abends extrem lange hell bleibt und die Sonne noch recht hoch über dem Horizont steht, begebe ich mich, nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, noch an den Strand und kann vor Sonnenuntergang noch ein herrliches Bad in den Atlantikwellen genießen.

In der Dämmerung mache ich noch einen Abstecher auf die spanische Seite nach Hondarrabia. Das sind noch etliche Kilometer, aber die Strecke kenne ich auch bereits von vor vier Jahren. Ich überquere den Grenzfluss Bidassoa; parallel verläuft die Bahnbrücke der baskischen Schmalspurbahn (Euskotren) Richtung San Sebastián.



Die Uferpromenade von Hondarrabia, wo ich zu Abend esse



Blick von Hondarrabia über die Bidassoa-Mündung zurück nach Hendaye; der Berg im Hintergrund ist die Rhune, unterhalb derer ich vorhin vorbeigekommen bin.



Bereits bei Dunkelheit geht es dann zurück nach Hendaye zu meinem Campingplatz. Ob die 93 km, die ich meinen Aufzeichnungen für den heutigen Tag entnehme, den abendlichen, doch recht langen Abstecher nach Hondarrabia enthalten, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen.

19. Tag (03.08.2016), Rückfahrt mit der Bahn nach Erfurt

Heute geht es zurück nach Hause. Schade, auf dem Campingplatz am herrlichen Strand von Hendaye wäre ich auch gerne noch länger geblieben. Ich habe eine Zugverbindung, mit der ich es heute noch ganz bis Erfurt schaffen werde, auch wenn ich erst gegen 23.00 Uhr ankommen werde: TGV Hendaye-Paris Montparnasse, von Paris Est mit ICE mit Umsteigen in Mannheim und Fulda nach Erfurt. Zum Glück fährt der TGV erst um kurz nach halb zehn, so dass ich nicht allzu früh aufstehen muss und genügend Zeit für Zeltabbau und Packen habe.

Da mein Zeltplatz ganz im Osten Hendayes liegt und der Bahnhof etliche Kilometer weiter westlich kurz vor der spanischen Grenze, kann ich heute Morgen noch die Fahrt entlang der Küste genießen; es ist dieselbe Strecke, die ich bereits gestern Abend Richtung Hondarrabia gefahren bin.

Ich starte am zur frühen Morgenstunde angenehm leeren Strand direkt unterhalb meines Campingplatzes; in ein paar Stunden werden hier die Sonnenhungrigen dicht an dicht liegen…



Da ich zeitig losgekommen bin, kann ich gemütlich und ohne Zeitdruck die Strandpromenade entlangrollen.







Blick hinüber ins spanische Hondarrabia, wo ich gestern Abend war.



Im Bahnhof von Hendaye bin ich schon einmal für die Rückfahrt eingestiegen, und ich werde hier bereits im folgenden Jahr (2017) wieder aussteigen, um durch Nordspanien nach Portugal zu radeln.



Der TGV steht schon bereit, und ich habe genügend Zeit, um in aller Ruhe direkt vor dem Wagen, in dem mein reservierter Platz ist, mein Rad zu verpacken.







Blick aus dem Zugfenster auf die Brücke über die Mündung der Nivelle zwischen Ciboure und Saint-Jean-de-Luz, über die ich gestern zweimal geradelt bin.



In Paris komme ich an der Gare Montparnasse an. Natürlich muss ich, was beim Umsteigen in Paris immer der Fall ist und was ich bereits mehrfach praktiziert habe, den Bahnhof wechseln. Ich mache also noch auf dem Bahnsteig mein Rad wieder fahrbereit und mache mich auf quer durch die Innenstadt zur Gare de l’Est, wo mein Anschlusszug in knapp anderthalb Stunden abfährt. Ohne Stadtplan merke ich schnell, dass ich meine Ortskenntnis überschätzt habe und bin froh, einen Wegweiser zur Gare d’Austerlitz zu entdecken, die eigentlich nicht auf meinem Weg liegt, so dass ich zwar deutlich weiter östlich der direkten Route an die Seine komme; aber ab hier kenne ich mich wieder besser aus, so dass ich nun relativ problemlos zur Gare de l’Est finde.



Ich bin knapp eine halbe Stunde vor Abfahrt da. Genug Zeit, mein Rad wieder zu verpacken. Leider kann ich das nicht, wie heute Morgen in Hendaye, direkt auf dem Bahnsteig bewerkstelligen, da in Frankreich üblicher- und unverständlicherweise das Abfahrtsgleis erst kurz vorher auf den Anzeigetafeln angegeben wird. Trotzdem ist mir noch vor der offiziellen Ankündigung klar, wo ich hin muss, als ich einen ICE zwischen lauter TGVs entdecke.



In Mannheim steige ich um; der weiterführende ICE hat fast eine Stunde Verspätung, so dass der Anschluss in Fulda mehr als unsicher ist und ich mich schon seelisch darauf vorbereite, heute von dort nicht mehr weiterzukommen; in Fulda stellt sich jedoch zum Glück heraus, dass der Anschluss-ICE auch verspätet ist und zudem noch extra wartet. Aufgrund der Verspätung ist es dann schon deutlich nach Mitternacht, als ich schließlich Erfurt erreiche.





Zum Glück habe ich nach Hause nur noch eine Viertelstunde zu radeln und noch ein paar Urlaubstage, so dass ich morgen (bzw. heute) erstmal ausschlafen kann.
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