Ciao a tutti,
Ich weiss ja nicht wie’s bei euch ist, aber bei mir ist die Tourwahl immer eine multiparametrische Sache: Schneelage, Wetterbericht, persönliche Gelüste, Fitness und Bedürfnisse, Grösse des Zeitslots, öV-Verbindungen, … – und zu all dem kommt in dieser speziellen Zeit noch die pandemische Lage hinzu.
Diese Parameter führten dazu, dass ich in etwa Folgendes anpeilte: von zu Hause aus (öV-Unlust aufgrund der Pandemie) raus aus dem Wallis (leichter Wallis-Überdruss aufgrund der Pandemie) über irgendwelche Pässe unter 2400 müM (Oktoberschnee…) 3-4 Tage (Familie, Job) irgendwohin in die Schweiz (Frankreich war Pandemie-bedingt schlecht möglich, Italien reizte mich nicht).
Der entscheidende Impuls bei dieser Tour kam von meinem Bruder: er berichtete, dass er auf dem Chasseral gewesen sei. Hm, das tönte doch irgendwie gut!
Tag 1: Savièse – Derborence – Pas de Cheville – Les Chaux – Col de la Croix – Col des Mosses – Château d’Oex 83 km, 3025 Hm.
KarteAls ich am ersten Tag losfahre, ist aber routen- und zielmässig noch nicht allzu viel klar: ich habe den Pas de Cheville vorgesehen, meinen Lieblingspass für aus dem Wallis raus. In der Nacht vor dem Start durchzuckt es mich aber: die Zufahrtsstrasse nach Derborence hat ja vielleicht schon Wintersperre? Schnell aufgestanden und im Internet gecheckt: tatsächlich… Hm, dann so ein bisschen in den Südhängen der Rhoneebene ausweichend Richtung Genfersee? Nicht so anmächelig…
Am Morgen rufe ich das Restaurant in der Derborence an: ja, die Strasse sei offiziell gesperrt, aber man komme problemlos durch. Na denn, geht doch!
Über den Pont du Diable erreiche ich Erde (so ein schöner Dorfname!)…
…und Aven:
Ein letzter Blick aufs Rhonetal…
…bevor ich ins Val Triquet reinradle. Die Strassensperre am Taleingang überquere ich mit einem eleganten Velolupf
Die Strasse führt spektakulär durch eine wunderschöne Landschaft:
Am Ende erwartet mich der Kessel von Derborence:
Ich schlaufe nach La Combe hoch…
…und werde mit einem schönen Blick auf die Spuren der Bergstürze von 1714 und 1749 belohnt. Diese habe unter anderem zum Film «Derborence» inspiriert, von dem ich jedoch ausser einer verqualmten Studiodiskussion aus den 80igern im Internet nichts gefunden habe. Generell lohnt es sich, mal ein bisschen «Derborence» zu googlen, denn beim diesem Talabschluss handelt es sich um eine klassische Schweizer Landschaftsperle.
Der Aufstieg zum Pas de Cheville ist nicht ganz einfach, aber ich liebe ihn
Auf dem Pas de Cheville angekommen gibt es als Belohnung Blumen und einen letzten Blick auf die Walliser 4000er:
Die Abfahrt auf der Waadtländer Seite ist grundsätzlich technisch einfach, aber ein bisschen Geholper muss man schon ertragen. Entsprechend sind auch die Fahrzeuge geartet, die einem entgegenkommen:
Solalex kommt in Sicht. Dort angekommen, offeriert mir ein Wirt in seinem geschlossenen Restaurant Wasser. Er ist am Mäusegift aufstellen, denn im letzten Winter haben ihm die Nager seine Schlafräume ziemlich auseinandergenommen.
In Solalex muss ich mich entscheiden: dem Avançon folgend südwestwärts ins Chablais, oder eher Richtung Norden? Ich entscheide mich für letzteres, denn die Optionen im Chablais sind wesentlich attraktiver, wenn man auch nach Frankreich rüberwechseln kann, also verschiebe ich das auf ein andermal. Purzlig geht es rüber und hoch nach Les Chaux, wo schöne Ausblicke auf den Grand Muveran und die Dents de Morcles…
…sowie auf die Dents de Midi warten. Man beachte übrigens die Wetterveränderung seit dem Pas de Cheville – das Zentralwallis ist als Sonnenstube einfach unschlagbar
Taveyanne und das Diablerets-Massiv:
Auf kleinen Alpsträsschen…
…erreiche ich die Passstrasse zum Col de la Croix. Hier der Blick Richtung Süden kurz vor dem Pass:
Der Col de la Croix hat nicht allzu viel Verkehr, entsprechend ist er wohl bei Velofahrern beliebt:
Kurz vor dem Einnachten erreiche ich Les Diablerets. Nun, nächste Entscheidung: hier übernachten und am nächsten Tag entscheiden, ob’s Richtung Norden (Col des Mosses etc.) oder Richtung Westen (Col de la Pierre du Moëllé etc.) weitergehen soll? Die Westoption ist nicht so attraktiv: zwar könnte ich da den höchsten Juargipfel der Schweiz anpeilen, den Mont Tendre – aber das würde auch eine relativ mühsame Querung des Lausanner Hinterlandes bedeuten. Also Norden? Ja! Hier Übernachten? Nein, denn die Beine wollen noch
Also checke ich auf booking.com kurz, welche Hotels in Château-d’Oex offen haben, und rufe dann bei einem der angezeigten Hotels an (der Tarif am Telefonist übrigens günstiger als bei booking.com
). Über Les Voëttes purzle ich bei einem schwächlichen Abendrot auf den Col des Mosses:
Die Abfahrt in der Finsternis ist dann kriminell-toll:
In Château-d’Oex beziehe ich mein Zimmer und esse danach ein feines Fondue im Hotel. Die Restaurants haben Pandemie-bedingt alle zu, und auch im Esssaal des Hotels ist die Stimmung solala...
Bei Berichten von Sommertouren kann man ja jeweils von schönen Abendstimmungen und dem nächtlichen Sternenhimmel schwärmen – in dieser Novembernacht geschieht aber nichts Erwähnenswertes… In dem Sinne: gute Nacht, bis zur Fortsetzung