Etappe 01
22. Juni 2024
Frankfurt – Creglingen173,5 km
1070 hm
Ø 22,2 km/h
Nachdem die Reise im vergangenen Jahr von Frankfurt nach Mailand führte, steht diesmal Budapest auf dem Plan. Für die rund 1150 Kilometer lange Strecke habe ich sechs Tage eingeplant. Der Startschuss fiel früh morgens direkt vor meiner Haustür. Es war noch frisch, doch schon bald konnte ich die Überjacke ablegen. Sobald ich die Stadt hinter mir ließ, folgte ich fast durchgehend Radwegen oder als Radweg ausgewiesenen Nebenstraßen. Das reduzierte den Kontakt mit dem Verkehr auf ein Minimum und machte das Fahren umso angenehmer. Genau so hatte ich die Route im Vorfeld geplant: Zunächst den Taubertalradweg, danach den Altmühltalradweg und schließlich ab Ingolstadt bis Budapest den Donauradweg. Zwischendurch nutzte ich Verbindungs- und Zubringerradwege, wobei ich die meiste Zeit in der Natur unterwegs war.
In Eisenbach am Main begegnete mir ein Rennradfahrer, der mich eine Weile begleitete. Wir unterhielten uns während der Fahrt – eine willkommene Abwechslung. Soweit ich mich erinnere, trennten sich unsere Wege später in Hardheim. Unterwegs passierte ich einige reizvolle Orte wie Miltenberg und Tauberbischofsheim. Am Abend erreichte ich schließlich Creglingen, wo mich ein letzter Anstieg hinauf zur Jugendherberge erwartete. Diese war mir bereits bekannt, da ich hier 2005 auf meiner Radreise von Hamburg nach Oberstdorf übernachtet hatte. Leider hat sich die Atmosphäre verändert: Damals gab es eine Bar, an der man sich traf, Geschichten austauschte und etwas trank. Diesmal erhielt ich meinen Schlüssel aus einem Schlüsseltresor. Der Vorteil daran war jedoch, dass ich stressfrei jederzeit einchecken konnte.
Schon jetzt merke ich, dass meine Fitness nicht ganz auf der Höhe ist. Die heutige Etappe war zwar ausgewogen in Bezug auf Höhenmeter, Distanz und Wegbeschaffenheit, dennoch war sie anstrengend. Ich bin gespannt, was der morgige Tag bringen wird.
Etappe 02
23. Juni 2024
Creglingen – Ingolstadt175,8 km
923 hm
Ø 21,1 km/h
Σ 349,3 km
Σ 1993 hm
Nach einem stärkenden Frühstück in der Jugendherberge in Creglingen startete ich motiviert in den Tag. Der Himmel war anfangs leicht bewölkt, doch bis zum Mittag klarte es auf, und die Sonne sorgte für angenehm warme Temperaturen. Die Landschaft präsentierte sich von ihrer schönsten Seite, auch wenn sie stellenweise etwas eintönig wirkte. Glücklicherweise war der Weg meist asphaltiert und dadurch hervorragend zu befahren. Immer wieder wechselten sich malerische Naturabschnitte mit alten Dörfern und Städtchen ab. Rothenburg ob der Tauber ließ ich bewusst aus, da ich den Ort bereits kannte, und umfuhr es. Ab dort verließ ich das Taubertal und steuerte Leutershausen an, wo ich auf den Altmühltalradweg wechselte.
Besonders schön war, wie fahrradfreundlich die Strecke gestaltet war. Es gab zahlreiche Möglichkeiten, im Schatten Pausen einzulegen. Ab diesem Abschnitt begegnete ich vermehrt E-Bike-Fahrern. Ich finde es großartig, dass so viele Menschen Freude an der Mobilität auf zwei Rädern finden. Allerdings stieß ich auf ein kleines Problem: Gruppen von bis zu 12 E-Bikes, die konstant mit 25 km/h fahren, sind schwer zu überholen. Diese Gruppen sollten sich in kleinere Einheiten aufteilen, damit man Abschnitt für Abschnitt sicher überholen kann. Andernfalls bleibt oft nur die riskante Option, in den Gegenverkehr auszuweichen. Ich unterstelle niemandem Absicht, glaube aber, dass hier ein gewisses Verständnis für die Situation fehlt.
Die Jugendherberge in Ingolstadt, mein Tagesziel, war offiziell für drei Tage geschlossen und sollte erst am nächsten Tag wieder öffnen. Dank eines Schlüsseltresors konnte ich dennoch übernachten, was eine praktische Lösung war. Allerdings hatte es etwas Unheimliches, allein in dem leeren Gebäude zu sein. Dennoch war ich froh, so flexibel einchecken zu können. Am Abend erkundete ich die Altstadt, die sich als äußerst fahrradfreundlich erwies. Auch für Fußgänger war die Atmosphäre angenehm, da der Verkehr stark reduziert war. Viele Restaurants und Bars hatten Außenbereiche, und überall lief Fußball, was eine lebendige und einladende Stimmung erzeugte. Ich bin zufrieden mit meinem Fortschritt und freue mich auf die nächsten Etappen.
Etappe 03
24. Juni 2024
Ingolstadt – Passau219,1 km
985 hm
Ø 20,2 km/h
Σ 568,4 km
Σ 2978 hm
Obwohl ich der einzige Gast in der Jugendherberge in Ingolstadt war, ließ es sich die Herbergsleitung nicht nehmen, ein liebevoll hergerichtetes kleines Buffet anzubieten, das keine Wünsche offenließ. So konnte ich mich bestens für den Tag stärken, denn die längste Etappe meiner Reise stand bevor. Bei der Planung hatte ich mir die 220 Kilometer entlang der Donau auf dem Donauradweg als entspannt vorgestellt. Diese Vorstellung wurde jedoch bald durch die Realität getrübt: Der Untergrund bestand häufig aus Kies oder sogar grobem Schotter, was das Vorankommen erheblich erschwerte. Dadurch waren Pausen kaum möglich und ich verbrachte entsprechend viele Stunden im Sattel.
Ein zusätzliches Hindernis erwartete mich später: Ein Baustellenschild, das ich ignorierte, führte mich nach etlichen Kilometern zu einem Seitenarm oder Zufluss der Donau, über den keine passierbare Brücke führte. Umkehren kam für mich nicht infrage, also balancierte ich mit meinem Rad über einen langen Stahlträger. Solche Aktionen sind natürlich riskant und nicht zur Nachahmung empfohlen – dennoch gehören solche kleinen Abenteuer wohl dazu. Zum Glück ist alles gut gegangen.
Doch der Tag hatte noch mehr Herausforderungen parat: Neben dem beschwerlichen Weg machten mir die zunehmende Hitze, der Gegenwind und die Erschöpfung zu schaffen. Als Krönung wurde ich von einer Biene gestochen, die sich in mein offenstehendes Trikot verirrt hatte. Bevor ich den Stachel entfernen konnte, war bereits fast der gesamte Inhalt der Giftblase in mir. Es war eine echte Geduldsprobe, doch schließlich erreichte ich Passau – allerdings erst nach 21 Uhr. Mein Zimmer entpuppte sich als winzige Kammer, kaum größer als eine Abstellkammer. Das Bett war so eingebaut, dass es keine freien Einstiege an den Seiten gab, und die dünnen Trennwände erinnerten an Pappkarton. Trotz allem war es das günstigste, was ich finden konnte – und dennoch nicht wirklich preiswert.
Ich hoffe, dass der nächste Tag besser wird. Die Reise führt mich nun weiter nach Österreich, und ich bin gespannt, was mich dort erwartet.
Etappe 04
25. Juni 2024
Passau – Melk199,6 km
487 hm
Ø 20,4 km/h
Σ 768,0 km
Σ 3465 hm
Trotz der beengten Stube habe ich in Passau erstaunlich gut geschlafen – wohl auch, weil die Nachbarn angenehm ruhig waren. Da ich dort nicht frühstücken wollte, machte ich mich früh auf den Weg. Nach ein paar Kilometern stieß ich auf den „Radler Treff“, wo ich das wohl beste Schmalzbrot meines Lebens genießen durfte. Es sind oft die kleinen Dinge, die den Unterschied machen: Hier war es die Liebe zum Detail und die Zeit, die sich genommen wurde. Das Brot wurde frisch geschnitten und direkt zubereitet, nichts lag stundenlang bereit. Auch meine Trinkflasche wurde mir mit Leitungswasser gerne aufgefüllt.
Im Laufe des Tages verschlechterten sich die Bedingungen: Der Wind nahm zu, und meine Knie, die noch vom Vortag angeschlagen waren, machten sich bemerkbar – eine ungünstige Kombination. Wenigstens waren die Wege in einem guten Zustand, auch wenn der Wind meinen Energieaufwand erheblich erhöhte. Besonders zu Beginn der Etappe führte die Strecke durch bewaldete Abschnitte, die Schatten boten. Die Donau schlängelte sich hier so eng, dass sie an vielen Stellen eher wie ein See wirkte.
Zusätzlich bereitete mir der Bienenstich vom Vortag Probleme. Die allergische Reaktion ließ meine linke Brust so stark anschwellen, dass es selbst durch das Trikot sichtbar war. In einer Apotheke bekam ich Creme und Tabletten, doch Kortison war auch in Österreich nur auf Rezept erhältlich. Die Apothekerin riet mir davon ab, weiterzufahren, da die Tabletten müde machen würden und ich kühlen sollte. Dennoch entschied ich mich, meine Fahrt fortzusetzen.
Leider wählte ich die falsche Donauseite, was sich als ungünstig erwies. Ein Teil der Strecke verlief zunächst über einen schmalen Seitenstreifen und später direkt auf einer Landstraße. Die Entscheidung hätte ich besser vorbereiten sollen, denn auf unterschiedlichen Abschnitten des Donauwegs kann eine Seite erheblich vorteilhafter sein. Beide Seiten gehören offiziell zum EuroVelo 6 Radweg, doch ich stieß auf schlammige Passagen und stehendes Wasser, das auf das letzte Hochwasser zurückzuführen war. Noch vor kurzer Zeit wären diese Wege unpassierbar gewesen.
Erschöpft und erleichtert erreichte ich schließlich Melk – wieder erst gegen 21 Uhr. Zum Glück bekam ich dort noch etwas zu essen, sodass ich die Jugendherberge nicht mehr verlassen musste. Der Tag war herausfordernd, aber ich bin froh, ihn gemeistert zu haben.
Etappe 05
26. Juni 2024
Melk – Bratislava182,4 km
472 hm
Ø 19,5 km/h
Σ 950,4 km
Σ 3937 hm
Die ausgezeichnete Jugendherberge in Melk bot mir die perfekte Gelegenheit, mich zu erholen. Nach einem hervorragenden Frühstück brach ich gut gestärkt auf. Der erste Teil der Strecke führte mich durch zahlreiche wunderschöne Orte. Weinberge, charmante Winzerhöfe und malerische Dörfer reihten sich wie Perlen an einer Kette aneinander. Gleichzeitig stieß ich auch auf moderne Architektur, wie die Landesgalerie Niederösterreich in Krems an der Donau – ein mutiger Kontrast für eine Region, die zum Weltkulturerbe gehört.
Die Stadt Wien ließ ich größtenteils links liegen, da ein ausführliches Erkunden zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Dennoch hätte ich gerne länger verweilt, um mehr von der Stadt zu erleben. Leider wehte auch heute wieder ein kräftiger Wind, der das Vorankommen erschwerte. Für morgen sind bessere Bedingungen vorhergesagt – und ich hoffe sehr, dass sich diese Prognose bewahrheitet. Beeindruckt hat mich jedoch, wie Wien seine Badestrände an der Donau gestaltet hat, einschließlich einer langen FKK-Zone direkt am Radweg. Davon sind wir in Frankfurt mit dem Main weit entfernt, auch wenn man beim Stand-Up Paddeln gelegentlich „aus Versehen“ im Wasser landet.
Einige Abschnitte der heutigen Strecke führten erneut über Kies- und Schotterwege, doch das eigentliche Highlight – oder vielmehr der Schockmoment – war eine Schlange, die sich fast über die gesamte Breite des Radwegs erstreckte. Da Schlangen definitiv nicht zu meinen Lieblingstieren zählen und dieses Exemplar keineswegs klein war, war ich schockiert, als ich beinahe über sie gefahren wäre. Der Gedanke, was hätte passieren können, wenn ich mittig über sie gerollt wäre, ließ mich den ganzen Abend nicht los. Ab diesem Moment verwandelte sich bei der Weiterfahrt jeder Stock in meinem Kopf in eine Schlange. Der starke Gegenwind schien plötzlich nur noch nebensächlich.
Kurz vor Bratislava fuhr ich erneut an der Ruine des ehemaligen Gebäudes des deutschen Rudervereins vorbei. Dieses historische Bauwerk wäre wirklich erhaltenswert, doch es verfällt zusehends. Heute übernachte ich in einem zentral gelegenen Hotel und nutze die Gelegenheit, nach der Dusche noch durch die touristenüberfüllten Straßen der Stadt zu schlendern. Es tat gut, einfach unterzutauchen und sich vom Strom der Menschen treiben zu lassen.
Etappe 06
27. Juni 2024
Bratislava – Budapest195,7 km
637 hm
Ø 20,5 km/h
Σ 1146,1 km
Σ 4574 hm
Angesichts der Wettervorhersage war ich mir unsicher, ob ich die geplante Strecke von Bratislava nach Budapest tatsächlich schaffen würde. Der Start in Bratislava gestaltete sich wenig angenehm, da ich mich erst durch den starken Verkehr außerhalb des Stadtkerns kämpfen musste. Nachdem ich die Stadt hinter mir gelassen hatte, folgte ich dem Donauradweg auf der linken Uferseite für knapp 100 Kilometer. Der Weg war zwar gut befahrbar, und der Wind hatte deutlich nachgelassen, doch die Strecke wirkte eintönig: Die Donau verlief hier größtenteils kanalisiert zwischen Deichen, sodass der Blick nach rechts den Wasserspiegel zeigte, während links nur die Dachfirste zweigeschossiger Häuser sichtbar waren.
Da die Monotonie zunehmend drückend wurde und es kaum Möglichkeiten gab, ohne Umweg Schutz vor Regen zu finden oder sich mit Essen und Trinken zu versorgen, entschied ich mich in Komárno, die Uferseite zu wechseln. Ich hoffte, auf der anderen Seite mehr Abwechslung und Zivilisation vorzufinden, zumal der Donauradweg auf beiden Seiten ausgeschildert ist. Leider erwies sich diese spontane Entscheidung als Fehler: Ich landete auf einer stark befahrenen Bundesstraße, die zunächst parallel zur Donau verlief und später nach Süden in Richtung Budapest abbog.
Diesen Straßenabschnitt fuhr ich etwa 60 Kilometer lang. Es war anstrengend, da die hohe Verkehrsdichte viel Konzentration erforderte und ich immer wieder Pausen einlegen musste. Gegen Ende nahm ich dann spontan einige zusätzliche Höhenmeter in Kauf, nur um der belastenden Straße zu entkommen. Die letzten knapp 20 Kilometer konnte ich schließlich fast entspannt nach Budapest rollen.
Bevor ich zur Fernbusstation fuhr, um meine Rückreise nach Frankfurt anzutreten, belohnte ich mich in der Stadt mit einem kühlen Bier und einer Pizza. Rückblickend blicke ich mit Zufriedenheit, Erleichterung und Dankbarkeit auf die letzten sechs Tage. Die Tour war eine große Herausforderung, die ich erfolgreich gemeistert habe. Während meiner Radtour habe ich online 500€ für die
BiciBus Initiative gesammelt.