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Entfernung: | 403 Kilometer |
Bereiste Länder: | Deutschland
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Zusammenfassung:
Vier Tage Tour im Herbst 2004 mit neuem Wanderer Randonneur. Hildesheim - Frankfurt (Main) hauptsächlich auf Bundesstraßen. Übernachtung in Jugendherbergen.
Vorbereitung:
Wochenende vertan, deshalb erst am Montag gepackt.
Prompt vergessen:
Socken (wurden in Höxter nachgekauft)
Schirmmütze (auf die Schutzwirkung der schützenden Schirmmütze habe ich verzichtet ==> leichter Sonnenbrand.)
Tag 1:
Wetter: Sonnig, starker Gegenwind. Mittags los in Hildesheim. B 1 Richtung Westen bis Burgstemmen. Ab dort angenehm zu befahrene Landstraße bis Gronau. In Gronau das erste Ärgernis: Z. 254 auf der Straße, die ich befahren möchte. In dem Wohngebiet, in das ich stattdessen einfahre, ist eine Schule, die gerade Schulschluß hat. Zwei Lehrer können mir eine nicht gerade intuitive Alternativstrecke durch Kleingarten- und Parkanlagen nennen.
B 240: Zunächst ein gepflasterter Radweg neben der Fahrbahn, der irgendwann glücklicherweise aufhört. Es geht in die Berge: Endlich Abfahrten, bei denen ich nicht mehr mittreten muß (Gegenwind!). Über den Ith. Mäßig befahren, landschaftlich sehr schön.
Eschershausen: Ein Schild bewirbt eine Lokalität, die als "Bikertreff" beworben wird. Hmm, es handelt sich um eine Art Container, in der Ruhr-City-Tristesse herrscht und alle Speisen, die in der Mikrowelle oder Friteuse zubereitet werden können, sowie solche, die es fertig aus Eimern gibt, serviert werden.
B 64: Jetzt geht es über den Solling. Steigungsstrecken zweispurig, stark befahren. Vor Holzminden Kraftfahrzeugstraße, der Wind hätte mir fast die Karte zerfetzt. Ausweichstrecke über Bevern.
Holzminden: Eiscafé am Marktplatz. Ich beschließe, bis Höxter zu fahren und zur Abwechslung die Strecke, die von Radweit empfohlen wird, zu nehmen. Ein Typ labert mich wegen der gerade stattfindenden Demo gegen "Hartz IV" zu. Die Bitte, zu sagen, welchen Beruf er denn
hat, damit ich auf keinsten den Fehler begehe, mich mit ihm zu solidarisieren, sorgt dafür, daß er die Fresse hält. Radweit-Strecke gefunden, nach einiger Zeit verfahren, nach einer Runde irgendwie nach Höxter.
Höxter: Aus der City JuHe angerufen, eine Bergwertung noch, da die JuHe am Stadtrand ganz oben liegt. Höxter hat merkwürdige RVA wie Radwege in Tempo-20-Zonen; es interessiert trotzdem niemand, wenn man RVA an Hauptstraßen ignoriert. In JuHe Zweibettzimmer alleine. Der Türke in der Innenstadt hat leckere Lammkottlets, Efes-Pils aus der demokratischen Dose und witzige Gäste. Die Jungs, die nach dem Essen einen rauchen wollten, haben ihre Sticks verdammt schnell verschwinden lassen, als der Polizist auf einen Veggie-Döner eingekehrt ist und anschließend gab der Wirt div. Runden Raki aus.
81 km, Schnitt 17,2 km/h.
Tag 2:
Wetter: Bewölkt, fast windstill. Nach dem Frühstück lerne ich den anderen Radfahrer in der JuHe kennen, leider will der in die Gegenrichtung. Landstraße östlich der Weser bis Beverungen, B 83 bis Bad Karlshafen.
Bad Karlshafen hat mit den Schiebewagen der Senioren *eine* Konzession an die Moderne machen müssen, ansonsten gemahnt der Ort an die Beschreibungen von Kurorten in den 50'er-Jahre-Krimis von Hansjoerg Martin. Das "Kännchen Filter Kaffee" ist lecker.
B 80: Die B 80 ist mindestens bis Reinhardshagen eine schwach befahrene, gut ausgebaute Straße durch schöne Landschaft. Immer wenn der R 1 sie begeleitet mit fahrbahnbegleitenden Radweg, der wesentlich weniger schlecht als der übliche Schrott ist. Ab Reinhardshagen stärker befahren.
Hann. Münden ist 'ne nette Kleinstadt, auch die Hauptverkehrsstraßen sind gut mit dem Rad befahrbar. In der Fuzo am Chinaimbiß eingekehrt.
Auf dem R 1, der sich zwischen B 3 und Fulda schlängelt, weiter. Der R 1 ist großteils breit und glatt asphaltiert. Hier sind auch mal reichlich andere Radfahrer unterwegs; unverständlicherweise (asphaltierter Flußradweg) handelt es sich fast ausschließlich um voll ausgestattete MTB'er. Am hübschesten fand ich den, der zusätzlich zum üblichen auch noch Protektoren trug und sich bei ca. 18 km/h mit 44-11 o.ä. abstrampelte.
Kurz vor Kassel auf die B 3, weil der R 1 wo anders hin will. Auf der rechten Seite ist ein Gebäude mit "Rohloff" beschriftet; falls das tatsächlich die Rohloff-Fabrik war, ist die kleiner, als ich gedacht habe.
Stadteinfahrt auf der B 3 sehr angenehm, überhaupt scheint Kassel ein Tip zum "wohin wegziehen" zu sein. KS hat nur wenige RVA, die zudem nicht direkt so wirken, als seien sie von VW finanziert worden. Die JuHe ist relativ zentral gelegen und groß. Ich teile mir ein 4-Bett-Zimmer mit Sebastian, der seinen Studienplatz im Losverfahren bekommen und noch keine Unterkunft hat.
Stadt angeguckt: Das Viertel am alten Hbf macht einen runtergekommenen Eindruck mit den typischen türkischen An- und Verkaufsläden, arabischen Internetcafés und deutschen Sexshops und Spielhallen. Wie zur Bestätigung werde ich Zeuge einer Schlägerei von Türken und Schwarzen. Die Innenstadt wirkt massiv überdimensioniert mit mehreren Shopping Malls und überbreiten Wegen. Die Parkplätze sind hier konsequent unterirdisch, dafür ist die Trambahn überirdisch. Am Rand der Innenstadt lockt ein Lokal mit den Aufschriften "Licher" und "Tapas". Licher Pils ist nicht im Sortiment und zu essen gibt es "zur Zeit" nichts. Zu allem Überfluß lasse ich dort noch das Buch, das ich mir 'ne Stunde eher gekauft habe, liegen. Abendessen: Türkischer Gemüseteller. Der Bistrobereich der JuHe wird abends von den Zivis mit Trash Metal beschallt, nett.
99 km, Schnitt 20,7 km/h.
Tag 3:
Wetter: Gemischt, schwachwindig. Zunächst auf breiten Straßen durch die neblige Stadt, auf der B 520 Richtung Südwesten raus. Sehr hügeliges, kleines Sträßchen und knallige Sonne auf den bergauf Strecken.
Auf Landstraßen Ri. Fritzlar. Abwechselnd eiskalter Nebel und Sonne, es geht durch kleine Dörfer auf schwach befahrenen Straßen, zusammen mit dem ständigen Klimawechsel sehr beeindruckend und landschaftlich schön.
Auf der B 450 nach Fritzlar. Hübsches Städtchen und leckerer Kuchen im italienischen Café.
B 3: Breit und dank viel Schwerlastverkehr wird hier max. 70 km/h gefahren. Möglicherweise die am besten mit dem Fahrrad zu befahrene Überlandstraße in .de. Keine anderen Radfahrer unterwegs, zwischendurch Currywurst am Bio-Imbiß und ein Schnack mit zwei Fernfahrern. Kurz vor Marburg wird die 3 KFZ-Straße, Umleitung über Cölbe mit Zweirichtungsradwegen, die man besser ignoriert. In Marburg ist sowohl die KFZ-Straße als auch die Nebenstrecke nach Gießen ausgeschildert. Ich folge der Beschilderung (laut Karte war das nicht optimal): Auf der B 255 die Stadt verlassen, Nebenstraße, kurzes Stück B 3, weiter auf Nebenstraßen. Die Alltagsradler scheinen hier eine Vorliebe für ein neues Acessoire zu haben: Warnwesten.
Abschnittweise läuft hier ein Flußradweg lang, sofort daran zu bemerken, daß plötzlich deutlich mehr Radfahrer unterwegs sind. Gießen ist seit Hildesheim die erste Stadt mit einem Übermaß an unsinnigen RVA und all den unangenehmen Nebeneffekten wie Dunkel-, Gehweg- und Gegen-die-Richtung-Radlern. Am Bahnhof ein Brötchen gegessen. Der Verkäufer ist super hektisch, springt zwischen den Verkaufsvorgängen jeweils aus dem Wagen um ein, zwei Züge aus der Lulle zu nehmen und ein paar menschenverachtende Sätze loszuwerden.
Die JuHe liegt am westlichen Stadtrand, natürlich auf einem Berg. Klein, Unterbringung zu dritt in einem 8-Bett-Zimmer. Den einen Mitbewohner habe ich gar nicht gesehen, der andere war ein sehr wortkarger Studienanfänger.
Ein Schild "Steinofenpizza" lockt mich; leider ist es eine Premiere-Sportsbar, in der volle Lautstärke ein Fußballspiel übertragen wird. Stattdessen gibt es türkische Pizza und dazu Musikvideos mit Prostituiertenchic auf MTV 2. Dann spricht mich jemand an, ob ich den Weg zur JuHe wisse. Er habe gerade seinen Studienplatz bekommen und morgen eine wichtige Vorlesung. Irgendwas stimmt nicht:
Richtig, das Alter. Er erzählt dann auch, daß er seit 10 Jahren fertiger Mediziner sei und weiß mich mit Anekdoten zu unterhalten. In dem Beruf bekomme er wegen sexistischer Diskrimierung keine Stelle, aha. In der JuHe angekommen beschließt er dann angesichts des Übernachtungspreises heute irgendwo "Platte zu machen" und das Studium nächste Woche anzugehen.
147 km, Schnitt 20,8 km/h.
Tag 4:
Wetter: Regen, schwachwindig. Beim Frühstück festgestellt: Außer ein paar Einzelgästen ist noch eine Jugendgruppe zum MTB-fahren hier. Ich fühle eine beginnende Erkältung und beschließe, die Tour einen Tag eher als geplant zu beenden. Das Fahren im Regen ist nach ein paar km recht angenehm. Stadt auf Landstraßen Richtung Süden verlassen, dann wieder auf die B 3. In Butzbach Lust auf Kuchen: Die Fahrradwegweisung ist schwachsinnig, die Eiswaffel und der Kaffee sehr lecker.
Ortsumfahrung Bad Nauheim für den Fahrradverkehr gesperrt, so daß ich statt der sicheren, kreuzungsarmen und gut ausgebauten Straße durch den Ort muß (B 275, dann erste links führt automatisch wieder auf die B 3). Die B 3 ist BTW mit Fahrradwegweisern beschildert, irgendwann muß hier der "Ironman" langgegangen sein.
Ab Kloppenheim KFZ-Straße. Ich folge der Fahrradwegweisung Ri. Bad Vilbel. Die Wegweisung ist sehr gut, die Wege sind sehr schlecht. Völlig unbefestigte Wege, Schotter und (verschmutzter) Asphalt wechseln sich ab. Zudem ist der Weg ca. doppelt so lang wie die Straße.
Ab Bad Vilbel B 521. In Frankfurt läßt sich wieder sehr gut Rad fahren. Ich finde es erstaunlich, daß es trotz Gepäck möglich ist, im Verkehr mitzuschwimmen. Am Bahnhof gibt es leider weder einen
bewachten noch sonst irgendeinen sinnvollen Fahrradstand, deshalb fällt die City-Besichtigung zu Fuß leider aus und es geht mit dem Zug nach Hause.
76 km, Schnitt 17,9 km/h.