Skandinavien – 10 Jahre ist es her, dass wir dort zuletzt waren. Eigentlich ein Unding, denn Schweden und vor allem Norwegen war von Beginn an unser gemeinsames Reiseland. Mehrmals mit dem Auto und Zelt und einmal im Winter in einer Hütte haben wir so erlebt, und zuletzt unsere erste richtige Radtour in Europe, das war 2003 auf Senja, den Vesteralen und den Lofoten.
Damals waren wir noch eher unerfahren und Berge waren mehr ein Schrecken als eine Herausforderung. Dieses Mal wollen wir von Göteborg über Oslo, dem Rallarvegen an die Westküste nach Bergen. So der sicher im Vergleich zu 2003 ambitioniertere Plan, den wir dann zwar doch noch recht spontan ändern, aber die Hauptrichtung bleibt erhalten.
28.7.2013 Heimat bis Northeim
Um 16 Uhr sind wir sind soweit. Alles ist gepackt, das Haus ist versorgt, der Schlüssel bei der Nachbarin und so können wir starten. Räder und Gepäck sind im Auto, und so ziehen wir, den Nachbarn noch winkend, los. Es geht an dem Abend knapp 300km nach Northeim, um die lange Strecke etwas auf zwei Etappen zu entzerren. Kurz vor halb neun sind wir dort in der Juhe.
29.6.2013 Northeim – Frederikshavn (Dänemark)
Weiter geht es auf der A7 gen Norden. Wie immer hat jemand etwas vergessen. Stephan seinen Tacho und ich mein Handtuch. Ohne Tacho geht ja noch, denn ich habe ja auch noch einen, aber ein Handtuch über 3 Wochen sich zu teilen geht dann doch zu weit. Bei Flensburg geht es somit nochmal zum Einkaufen und Tanken. Doch bald auch weiter, denn bis Frederikshavn sind es noch immer über 400 km.
Dort angekommen, fahren wir erst zur Fähre und holen die Tickets für uns und die Räder für den nächsten Tag. Früher buchen hätte uns 30 € gespart. Dafür finden wir eine Möglichkeit bei der Fährgesellschaft das Auto für 3 Wochen und faire 40 € sicher unterzustellen. So zumindest die Bedingungen zu diesen Zeitpunkt.
Beim Aufstellen des Zeltes kommt zu dem starken Wind noch Dauerregen hinzu und beides hält bis in die Morgenstunden an. Die Nacht ist somit sehr unruhig und die Befürchtung, den Sturm auch auf der Fährüberfahrt zu haben, beruhigt nicht unbedingt.
30.6.2013 Frederikshavn – Göteborg – Kungälv
Der Regen hat aufgehört und es scheint die Sonne mit einem Mix aus Wolken. Der Wind hat auch deutlich nachgelassen, so daß die Fährfahrt erträglich sein wird.
Wir stehen um 8 Uhr auf. Mein Rücken ist das Schlafen auf der Isomatte nicht mehr gewohnt und mir tun die Rippen weh. Mit vermeintlich gutem Zeitpuffer geht es in den Ort. Das Frühstück in einem Café wird zur zeitlichen Geduldsprobe, da die Bedienung hoffnungslos überfordert ist. Und da wir nicht erkennen, dass man mit dem Auto zum Ticketterminal fahren könnte, verrinnt die Zeit.
Das Unterstellen des Autos kostet auf einmal 80€ und wir haben keine Zeit mehr, eine Alternative zu finden. (Diese hätte es gegeben, aber davon erfahren wir erst am Ende der Reise. Zwei Niederländer dürfen ihr Auto einfach direkt am Terminal ohne weitere Kosten abstellen. Dies haben wir am Ende dann auch bemängelt und bis heute ist die Abrechnung nicht gekommen.)
Letztendlich ist alles gut und die Fähre geht mit uns an Bord nach Göteborg, wo wir um kurz nach 15 Uhr anlegen. Immer wieder ein tolles Erlebnis, als erstes vor allen LKWs und Autos in den oder aus dem Bauch der Fähre zu radeln. In dem Kahn schwimmt das Parkdeck in einer Brühe und es stinkt nach Fisch. Sich ja nicht hinlegen!
In Göteborg verbringen wir keine Zeit, da wir es kennen und auch Sonntag ist. Wir starten somit mit den Rädern raus nach Kungälv auf einen kleinen Campingplatz des Wanderheims. Die dortige Burg ist leider schon geschlossen, dennoch ist es ein schöner Anblick. Wir knacken noch eine Flasche Wein und schlummern ein. (26km)
1.7.2013 Kungälv – Malö
Heute ist unser erster richtige Radeltag und dieser beginnt wie gewohnt mit Kaffee, Müsli, Brötchen, weiche Eier, Marmite und Kalles (schwedischer Streichkäse). Von Kungälv geht es Richtung Westen und Marstrand, aber dann mehr oder weniger dem Cyclesparet (Nordseeküstenradweg) gen Norden, weiter nach Stengungsund und über große Brücken nach Svanvik. Wir haben guten Rückenwind, aber der starke Verkehr nervt.
Nach Ellos wird es weniger, aber so toll ist es auch nicht. Wir setzen noch mit der Fähre nach Malö über auf einen kleinen CP. Dort ist man nun in den Schären und somit landschaftlich wirklich schön. Das Abendessen hätte ich mir sparen können, denn mit dem eingelegtem Sill (Fisch) und Quark füttere ich kurz darauf die anderen noch lebenden Fische.
Das Wetter war bis auf einen kurzen Schauer trocken, aber die Sonne bleibt weg und so ist es fast kalt. (78km)
2.8.2013 Malö – Grebbestad
Am Morgen unterhalten wir uns mit einem anderen Radler und ich erkenne an ihm den Forumsbuff. Das erste Mal, daß wir einen aus dem Forum auf unseren Reisen treffen. Juewe ist sein Forumsname und wir unterhalten uns sehr angenehm. Auch ein Amerikaner trifft ein, der die Strecke hinter sich hat, die wir fahren wollen.
Wir ziehen mit tollem Rückenwind und toller Gegend weiter, setzen mit der Fähre bis nördlich von Lysekil über, und bald stehen wir an einer Staßensperre. Umgekippter Lkw und viel Blaulicht. Es soll wohl noch sehr lange andauern, aber gemeinsam mit einem schwedischen Radler, seiner besseren Karte und unserem Gps finden wir eine Alternative mit einem Trampelpfad. So umradeln wir zwar mühsam die Sperre, aber es geht weiter für uns. Über Brodalen, Nordens Ark, Svenneby nach Hamburgsund. Trotz dem starken Südwestwind ist es anstrengend, denn die Strasse macht viele Knicke, so dass wir auch den Wind von vorne und häufig von der Seite haben.
Auch die Suche nach Campingplatz bringt uns 15 zusätzliche Kilometer. Der eine ist verwaist und der andere geschlossen. So landen wir in Grebbestad, kostet fast unverschämte 30€ und man wird fast auf den Spielplatz gesetzt. Naja, den Wohnmobilfahrern geht es auch nicht besser. Nun noch einen Schluck Wein, ein bisschen lesen und dann „bubu“. (88km, kein Regen)
3.7.2013 Grebbestad – Skjeberg
Start um 10 Uhr, aber wir fahren erst einen Kilometer zu einem riesigen Sportgeschäft zurück. Ich kaufe mir noch eine warme Hose für die Abende. So geht es auf Landstraßen und der alten E6 nach Stroemstad. Dies ist eine lebhafte Stadt mit Hafen. Viele verschiedene Fähren starten hier auch nach Norwegen rüber. Wir machen eine lange Pause, auch um Postkarten zu schreiben, denn wir haben aus Versehen viel zu viele schwedische Briefmarken gekauft und wir verlassen das Land nach nur 30 km. Recht flott kommen wir weiter, wobei wir einen riesigen Einkaufscenter passieren. Fast nur Norweger, die sich dort mit für unsere Verhältnisse noch immer teuren Lebensmitteln eindecken.
2 KILOGRAMM SCHOKOLADE!!!
Über die große Svinesundbrücke geht es bei Regen nach Norwegen rein:
Es ist unser erster und auch unser letzter Regentag der Reise, und nach langen weiteren 15 km sind wir auf einem Campingplatz nähe Skjeberg. Das Gps hat uns wirklich über Schotterwege dort sicher hingeführt und wir sind froh, daß es den CP tatsächlich gibt. Leider hat es sich ganz entgegen der Wettervorhersage richtig eingeregnet, aber wir sind halt in Norwegen.
Noch ein Wort zur Streckenführung. So toll ist der Nordseeküstenradweg zumindest ab Göteborg nordwärts leider nicht, denn man muss zu nah oder auch häufig auf der alten E6 radeln und dort ist trotz der nahen und neuen E6 viel los. Es gibt auch immer wieder schöne Streckenabschnitte, aber wir hatten uns mehr davon, speziell an der Küste entlang, gewünscht. (80km)
4.7.2013 Skjeberg – Horten
Es hat lang in der Nacht geregnet. Die Wiese ist durchweicht, das Handtuch nicht trocken, die Sitzbank auch feucht. Heute gibt es nur ein kurzes Frühstück ohne Kaffee, denn den trinken wir erst in Frederiksstad beim Mac. Es ist trüb und feucht in der Luft, aber zumindest kein Regen. Ich habe heute nicht meinen besten Tag, dennoch schaffen wir es ganz gut bis nach Moss und von dort setzen wir mit der Fähre nach Holten über. Die Überfahrt dauert gut eine halbe Stunde und kostet für uns nur 72 Kronen, der Kaffee für uns beide 56 - welch ein Verhältnis! Heute gibt es einen etwas kürzeren Tag, aber mit großer Wäsche ist der Spätnachmittag schnell vorbei. So lassen wir es uns mit geräuchertem Lachs und ein paar Krabben gut gehen. (65km)
5.7.2013 Horten - Hof Eikeren
Wir starten in Horten und tun uns schwer die Route zu finden. Wir wollen die E18 vermeiden, aber unser Gps und unser Gefühl passen nicht so recht zusammen. Ich ärgere mich, dass ich die südlichste Norwegenkarte im Auto vergessen habe und diese grobe Übersichtskarte taugt nicht viel. Dennoch kommen wir auf ganz netten Nebenstraßen voran und so langsam fängt Norwegen mit seinen ersten deutlichen Anstiegen und Hügeln an. Wir merken auch die letzten Tage und so langsam wird ein ruhigerer Tag herbei gesehnt. Zudem hat der Wind gedreht und kommt deftig von vorne. So sind wir froh, nach gut 60km nördlich von Hof am wunderschönen See Eikeren zu zelten. Früh gehen wir schlafen, obwohl man bei der Helligkeit bis um 11 Uhr abends lesen könnte. (64km)
6.7.2013 Eikeren – Kongsberg
Nach einer Unterredung mit einem Einheimischen entschließen wir uns, über Kongsberg und dann das Numandalen zu fahren. Das bedeutet zwar eine starke Änderung unserer ursprünglichen Planung, über Gol zu radeln, merken aber, dass es eine gute Entscheidung ist.
Die Querung nach Kongsberg hat es in sich, speziell weil die alte ruhige Straße richtig gut hoch geht und dann ein ständiges Auf und Ab folgt. Noch ein Grund, heute wirklich kürzer zu treten und den Beinen einen halben Tag Pause zu gönnen.
Kongsberg ist eine nette Stadt und es war wegen einem Fest viel los. So bummeln wir umher und besichtigen das Heimat- und Münzmuseum. Eines war jedoch sehr ärgerlich, denn ich habe unseren Alltagsgeldbeutel liegen gelassen und nachdem ich es gemerkt habe, war er weg. Locker mal umgerechnet 100€ futsch. Zum Glück war es nur Bares und sonst keine Papiere oder Kreditkarten. Die darin liegende Adresse wurde von dem Finder leider nicht „gesehen“, aber letztendlich war ich selber schuld.
Wie gesagt, der Tag war ein kurzer Tag, somit "nur" 34km und viel Ruhe.
7.7.2013 Kongsberg – Nore
Seit gut 2 Tagen ist das Wetter perfekt – die Bewölkung der ersten Woche hat sich verabschiedet und so geht es mit gutem Gegenwind und auf der alten Straße nach Norden. Die Straße haben wir fast für uns allein, es ist sonnig und warm, und die Landschaft und alten Höfe sind toll. Speziell die alten Höfe und Nebengebäude erinnern uns an die Schweiz. Bei einem Abschnitt hätten wir uns besser für die am Sonntag eher schwach befahrene Hauptstraße entscheiden sollen. Tun wir leider nicht und müssen dies mit locker mal 300 extra Höhenmetern bezahlen, die man brav wieder verliert. Naja, das sind halt die Überraschungen auf einer Tour.
Der Tag war aber gut und wir merken, dass uns der gestrige ruhigere Tag gut getan hat. In Norefjord campen wir und die dortige Stabskirche ist ein echtes Schmuckstückchen.
Ein Problem gibt es: nicht alle im Gps und auf der Karte eingezeichneten Plätze sind geöffnet. So ist immer die Erleichterung groß, wenn der angestrebte auch existiert. Mit dem Auto ist das kein Thema, aber mit dem Rad kann das echt bitter sein. Die Steigerung zu dieser Campingplatzerfahrung werden wir später noch erleben.
Zur Belohnung gibt es leckeren geräucherten Lachs. (79km)
Warum in aller Welt bestrickt man Brückengeländer???
8.7.2013 Nore - Dagali bru
Heute steht uns einiges bevor. Zuerst geht es 15 km nach Rödberg und wir gewinnen einiges an Höhe. Irritierend ist die Ausschilderung des Radweges. Wir sind unsicher: eine Möglichkeit, das Fjell zu überqueren wäre zu einem Stausee hoch zu fahren und daran entlang zu radeln. Vermutlich die höhenmeterärmste Variante. Aber die Straße ist am Damm gesperrt. Die zweite Variante ist Schotter und merkwürdigerweise nicht der ausgeschilderte Radweg. Da die Hauptstraße (40) nicht stark befahren ist und die Norweger rücksichtsvoll sind, entscheiden wir uns für diese, auch wenn sie am meisten Höhenmeter hat.
Bis der 8km starke Anstieg beginnt, haben wir schon 40km in den Beinen. Uns ist es generell viel lieber, wenn große Anstiege schon morgens sind. Ist aber nicht zu ändern und so geht es doch recht anstrengend hoch. Fast ganz oben ist ein Cafe und wir gönnen uns einen Kaffee plus ein Eis und toller Aussicht in das Numandal.
In der ersten Senke ist zum Glück ein mini Campingplatz für nur 60Kronen (7.50€) für uns beide inkl. sauberes Plumpsklo, warmer Dusche, wundervolle Lage am Fluss und Moskitos. Es gibt wieder leckeren Lachs und das wohlverdiente Bierchen. (57km, 970hm)
9.7.2013 Dagali – Geilo
Wir merken die vielen Höhenmetern in den Beinen und so gibt es als Ruhetag nur eine kurze Etappe bis nach Geilo, der letzte größere Ort vor dem Rallarvegen. Dennoch mit 2 Anstiegen gespickt, zudem starker Wind. Wir machen Großeinkauf und sind früh auf dem Campingplatz. Haben wir uns verdient bei zwar nur 33km aber immerhin 530 hm und weiß Gott wie viel Höhenmeter in den letzten Tagen.
Jetzt ausruhen für die nächsten drei Tage Rallarvegen im Hinterland. Wetter ist sonnig und trocken gemeldet bei mäßigem Gegenwind.