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#838350 - 20.06.12 21:43
Von Potsdam nach Basel
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Themenersteller
abwesend
Beiträge: 59
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Dauer: | 19 Tage |
Zeitraum: | 29.5.2012 bis 16.6.2012 |
Entfernung: | 2500 Kilometer |
Bereiste Länder: | Deutschland Frankreich Liechtenstein Österreich Schweiz Tschechische Republik
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Tag 1, Potsdam – Meißen, 206 km Nun geht sie also los, die längste Fahrradreise, die ich je geplant hatte. Und dazu noch gespickt mit Bergen ohne Ende. Und das als jemand, der keine Gelegenheit hat, mal eben an Bergen zu trainieren. Da meine Zeit begrenzt war – so 3 Wochen hatte ich eingeplant – wollte ich am ersten und einzig flachen Tag richtig ranklotzen. Ein bisschen kam mir die Windlage entgegen. Mit westlichen und nordwestlichen Winden, hatte ich ihn meistens eher von hinten. Spektakuläres ist am ersten Tag wahrlich nicht passiert. Meist ging es einsam und ruhig durch die Mark. Ein bisschen Tour Brandenburg, ein bisschen Elsterradweg und ganz viel Wald und Wiesen. Nach ca. 110 km kommt mir ein Radfahrer entgegen, der mich jubelnd begrüßt. Ich war wohl der erste Radler, dem er heute begegnete. Eine Umleitung auf dem Elsterradweg kostet mich etwas Zeit aber nach knapp 12,5 Stunden erreiche ich den von mir anvisierten Zeltplatz bei Meißen. Er ist sehr schön und ruhig. 8 Euro kostet mich die Übernachtung und ich kann sogar in der Campingküche mein Essen machen. Der Kocher bleibt also in der Tasche. Ich gewöhne mir gleich an, jeden Abend Tee zu kochen. Da kam ein Hauch Marokkofeeling auf. Tag 2, Meißen – bei Lipenec, 142 km Es steht die erste Bergetappe an. Bei ziemlich gutem Wetter geht es über den Elberadweg nach Dresden und dann weiter ins Erzgebirge. Hinter Freital geht es das erste mal richtig Bergauf. Nanu, seltsame schleifgeschäusche Verbreiten bei mir ein ungutes Gefühl. Ich schaue und habe keinen Plan, was es ist. In Dippoldiswalde gibt es einen Fahrradladen, der aber noch Stunden geschlossen hat. Ich beschließe weiterzufahren. Immer bei hoher Belastung war es da, aber es ging trotzdem vorwärts. In Tschechien gabs dann erst mal die verdiente Abfahrt und den ersten Blick auf den Berg Bořen, den ich als Kind mehrfach bewandert habe. Leider verpasste ich jetzt das eine oder andere Foto zu machen. An Bilina vorbeigefahren, war der Anblick nicht mehr ganz so spektakulär. Ich besorgte frisches Geld und fuhr dann weiter Richtung Süden. Einkaufen wollte ich dann in einem kleinen Dorf. So hat das ja vor einen Jahr auch gut geklappt. Aber nanu, in den Dörfern gab es ja gar keinen Coop. Sollte hier alles anders sein. Zudem dann noch der nächste Schreck, an einem besonders steilen Stück Rampe sprang die Kette hinten vom großen Zahnrad. Tatsächlich hatte sich auch da etwas verstellt. Und ich habe keine Ahnung, wie man so was einstellt. Also musste es erstmal auch ohne den „letzten Gang“ gehen. In Postoloprty, einem etwas größeren Ort, bekam ich dann alles, was ich brauchte. In kleinen Asiatischen Shops gab es alle Lebensmittel. Allerdings war es ein Anblick den ich so in Tschechien nicht kannte. Ich radelte dann noch ein bisschen und fand dann ein geeignetes Plätzchen, um mich niederzulassen. Ich machte mir so etwas Ähnliches wie Eierkuchen. Das hatte ich mir schon vor der Tour vorgenommen. Wild campen ist nicht so mein Ding, so dass der Schlaf bescheiden war. Tag 3, bei Lipenec – kurz vor Březnice, 133 km Auch an Tag 3 hatte ich zunächst gutes Wetter. Bei rund 20 Grad lässt es sich super radeln. Ich packte mein Zeug zusammen und es ging los. Im ersten Ort dann ein kleiner Konsum und so ging das auch weiter. Ja, das war mein geliebtes Tschechien. Schnell wurde an diesem Tag klar, dass es nicht einfach wird. Hier gab es nur praktisch keinen flachen Meter mehr, so dass ich eine mental höchst anspruchsvolle Etappe entwickelte. Schnell mal Richtung Süden vorankommen, war nicht mehr möglich. Über 1900 Höhenmeter sollten werden, 2 Schauer unterwegs zogen immer knapp an mir vorbei. Nur die Straßen wurden nass. Spät erreichte ich Pribram. Hier hielt ich noch Ausschau nach einem Schnellimbiss. Ich wurde nicht fündig, radelte noch ein wenig und fand dann wieder ein brauchbares Plätzchen zum wilden Campen. Ein brauchbarer Zeltplatz lag nicht auf dem Weg. Ich kochte mir was zu Essen und dann wurde es auch schon bald dunkel. Dazu kam dann der Regen. Die ganze Nacht prasselte es auf mein Zelt ein. Damit tat ich mich doch sehr schwer, so dass ich erneut nur zu wenig Schlaf kam. Tag 4, Březnice – Campingplatz Branná, 129 km Ein weiterer Tag des wilden Auf und ab Stand an. Meine Sachen hatten den Regen, der pünktlich am Morgen aufgehört hatte, gut überstanden. Heute gab es unterwegs dann wieder den einen oder anderen Schauer. So konnten die Regenklamotten zeigen, dass sie für die Tour taugen. Was den Punkt angeht, haben sie die Sachen von Vaude sehr gut geschlagen. Auch heute ging es wieder, wie in fast ganz Tschechien über verlassene Nebenstraßen, die trotzdem meist in gutem Zustand waren. Kurz vor dem Tagesende erreichte ich das wirklich hübsche Städtchen Český Krumlov. Hier war mal voll auf Tourismus ausgerichtet. Trotzdem konnte ich mich nicht durchringen, hier mal ein Stundchen zu verweilen und fein zu Speisen. Die letzten Kilometer ging es über einen wunderschönen aber auch brutalen Radweg. Hatte ich mich noch die erste Rampe ohne Absteigen am absoluten Limit hoch gequält musste ich später dann doch mal ein paar Meter schieben. Teilweise waren die Steigungen jenseits der 15 % und dann wird es eben doch auch mal unmöglich das ganze Geraffel den Berg Hochzuwuchten. Am Ende erreichte ich den sehr belebten Campingplatz bei Branná. Ich kochte mir was, obwohl der Kocher mal wieder seine Macken machte. Mit dem Multifuel von Primus hatte ich von Beginn an Probleme. Naja, am Ende habe ich dann ja doch noch mein Essen gehabt. Tag 5, Campingplatz Branná - Ried im Innkreis, 160 km Nach dem es zuletzt mit dem Schlaf nicht so weit hergeholt war, schlief ich praktisch wie ein Stein. Die Moral stimmte und wie jeden Morgen um 7 Uhr packte ich mein Zeug zusammen, nahm mein Frühstück zu mir und radelte eine Stunde später bei bestem Sommerwetter los. Rechts raus beim Zeltplatz und da war sie schon, die nächste erbarmungslose Rampe. So ging es aber trotzdem zügig Richtung Österreich. Ich deckte mich schnell noch mal preiswert mit Lebensmitteln ein und dann ging es bei ähnlichem Landschaftsbild in Oberösterreich weiter, wie Tschechien aufgehört hatte. Auf dem Grenzlandradweg dominierte aber nicht mehr ganz so viel Wald, es gab mehr Wiesen und Kühe. Die Optik wurde dadurch etwas angenehmer. Außerdem wurde ab nun fleißig gegrüßt und das wirklich den ganzen Tag lang – von Radfahrer bis Wanderern oder einfach nur Einheimischen. Irgendwann suchte ein Rennradler das Gespräch mit mir. Er hatte großen Respekt vor meiner Leistung und meinte, bald kommt die Donau und ich hätte das schlimmste hinter mir. In der Tat wurde es auch hinter der Donau, an der ich ein paar Kilometer entlang radelte, lange recht flach und das Tat mir wirklich mal ganz gut. Am späteren Nachmittag begleitete mich ein anderer Radler noch ein ganzes Stück und wir hatte ein nettes Gespräch. Dann stand noch der Wochenendeinkauf an. Gerade noch rechtzeitig stopfte ich mir die Taschen voll, um auch für den Sonntag gerüstet zu sein. Ich musste mich jetzt an die etwas knapperen Öffnungszeiten gewöhnen. Da merkt man erst mal, wie gut es uns in dem Punkt in Deutschland geht. Und so langsam wollte ich dann mal nach einem Plätzchen zum Campen Ausschau halten. Doch irgendwie wollte sich einfach keine geeignete Stelle finden lassen. Hinter fast jedem Acker war irgendwo ein Hof oder Haus. So fuhr ich weiter und weiter. Bestimmt 30 km mehr, als ich eigentlich machen wollte. Zwischendrin geriet ich noch in ein Dorf, welches wegen Spielmannszügen eigentlich gesperrt war. Ich schob mein Rad einfach zwischen 2 Zügen durch und wurde doch etwas komisch angeschaut. Irgendwann war klar, dass ich in Ried mir etwas suchen müsste. Ein Motel wurde es. Immerhin gab es eine Badewanne auf dem Zimmer. Welch ein Luxus, der mit 45 Euro aber auch seinen Preis hatte. Mensch, was ein langer Tag. 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Nicht Bus, nicht Bahn - Rikscha sollst du fahrn!
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#838351 - 20.06.12 21:53
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag 6, Ried im Innkreis – Melleck, 131 km Das Motel hatte natürlich auch etwas Gutes. Es gab ein sehr gutes Reichhaltiges Frühstück. Begleitet wurden meine Tage morgens und abends durch meinen Weltempfänger. Mit Ö3 hatte ich genau den Sender, den es braucht, um die gute Laune oben zu halten. Das musste einfach mal gesagt werden. Auch heute entwickelte sich wieder ein sehr welliger Tag nach Km 797 meiner Tour wurde ich dann mit einem ersten Blick auf die Alpen belohnt. Endlich rückte das Ziel in greifbare Nähe. Zusätzlich an diesem Sommertag gab es die wirklich traumhaft schöne Ortdurchfahrt von Salzburg. Ich war wirklich begeistert, weil man es fast nicht besser machen kann. Ein paar Fotos später ging es weiter Richtung Deutschland. Der erste Alpenberg stand nun genau vor mir. Was würde mich erwarten? Als erstes mal ein Anstieg unten hinter Fürstenbrunn mit 22 %. Nach ca. 150 Metern schieben wurde es flacher und ich nahm das Ding in Angriff. Wieder kam ein Rennradler daher und begleitete mich bis oben und ein Stückchen bei der Abfahrt. Er wusste auch genau wo „mein“ Weg dann weitergehen würde. Ich fand es immer toll, wenn Leute das Gespräch mit mir suchten. Das gab an diesen langen Tagen immer ein gutes Gefühl. Ein paar Km weiter hatte ich noch mal ein ähnliches Erlebnis. Der Radweg, der nun durchs Deutsche Eck führte, war nicht immer ganz einfach, aber auch wieder sehr schön verkehrsarm. Wenig später kam dann das, was die Wetterberichte angekündigt hatten. Unwetter brauten sich am Himmel zusammen. Hier hatte ich dann das Glück des Tüchtigen. Ein älterer Radler lud mich ein, zu sich mitzukommen. Dort konnte ich im Gästehaus übernachten. Sie wohnten direkt an der Grenze und das Haus lag wunderbar an der stillgelegten Bundesstraße. Hinter dem Haus plätscherte das Bächlein. Es war eines der Highlights meiner Fahrt, ein toller Ort für eine Übernachtung. Tag 7, Melleck – Hall in Tirol, 140 km Wie vom Wetterbericht schon seit Tagen vorhergesagt sollte es heute ein richtig schöner Regentag werden. Dazu kam dann noch der Umstand, dass praktisch 20 Grad kälter waren als noch am Vortag. Trotzdem ging ich wieder voll motiviert an den Start. Ich konnte mich am morgen noch von meiner Gastgeberin verabschieden und dann ging es los. Außer den etwas kalten Fingern ging es zunächst gut voran. Bis ich nach Söll kam. Dort führte der eigentlich wunderschöne Radweg in eine Sackgasse. Wegen Bauarbeiten an einer Brück ging es nicht weiter. Man hatte eine Umleitung eingerichtet. Hier hätte ich mein Zeug einen steilen Wanderweg hochwuchten müssen. Darauf verzichtete ich und suchte mir einen anderen Weg. Das ganze kostete mich so einiges an Nerven und Zeit. Dann ging es weiter und am Nachmittag erreichte ich den Innradweg. Ab dem Zeitpunkt konnte ich endlich mal wieder eine Weile flach durchs Land radeln. Alles war schick und das Wetter wurde besser. Jetzt sah man sogar wieder den ein oder anderen Radler. An einer vom Inn überfluteten Unterführung überlege ich kurz und denke mir, so tief wird es schon nicht sein. Tja, auf einmal war ich mit meinem Fahrrad einen halben Meter im Wasser. Na toll, hatte man durch den Regenschutz sich extra die Füße gut trocken gehalten, war das nun alles hinfällig. Ich fuhr dann noch bis Hall und quartierte mich dort auf dem Zeltplatz ein. Später fischte ich mir aus dem Altpapiercontainer noch eine alte Zeitung für die Schuhe und legte eine Flasche warmes Wasser zu den Füßen in meinen Schlafsack. So wurde alles wieder gut. Tag 8, Hall in Tirol - Pettneu am Arlberg, 117 km Heute sollte das Wetter sich wieder von seiner besseren Seite zeigen. Zwar hingen in den Bergen oft noch dicke Wolken. Aber für mich ging es ja durch das Inntal. Und da war alles Paletti. Ich genoss es, mal wieder ein bisschen flach dahinradeln zu können. So oft war das bisher ja nicht der Fall. Ich bewunderte die Landwirtschaft, die hier durch Vielfältigkeit bestach. Hier bekommt man all das im Anbau zu sehen, was man dann auch im Supermarkt findet. In Brandenburg sehe ich immer nur Raps, Getreide und Mais. Ein Stückchen begleitete mich heute eine Radlerin und wir hatten ein schönes Gespräch. Kurz vor Imst wurde dann der Radweg wellig aber auch fürs Auge noch interessanter. Nach einer Verpflegungspause in Imst ging es dann weiter in Richtung Arlberg. Wie geht es eigentlich meinem Rad? Nunja, zugegeben, seit diesem Tag war klar, dass das Mittlere Kettenblatt nicht mehr zum festen Antreten geeignet war. Ein Wechsel war unausweichlich. Aber nicht jetzt. Ich stellte mich darauf ein und fuhr noch Vorsichtiger. Für die Berge brauchte ich es ja eh nicht. Ich kam noch ein Stück gut voran und fand dann in Pettneu einen Zeltplatz, den mein Navi nicht kannte. Dort traf ich noch 2 Holländer, die ebenfalls mit dem Rad in die andere Richtung unterwegs waren. Mein Kocher war heute so gnädig und gönnte mir noch mein Abendessen. Dann ging nix mehr. So gab es Tee heute bei meinen Zeltnachbarn. Für mich war klar, jetzt muss Ersatz her.
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#838353 - 20.06.12 22:02
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag 9, Pettneu am Arlberg – Chur, 139 km Während die Holländer noch im Zelt schliefen, war ich schon wieder startklar. In St. Anton versuchte ich dann noch einen kleinen Kocher für meine Gaskartusche zu organisieren. Das klappte nicht. Im Juni habe noch viel Geschäfte hier geschlossen. Man gab mir aber den Tipp, dass ich in Bludenz gute Chancen hätte. So war es dann auch. Ab jetzt gab es keine Probleme mehr. Inzwischen habe ich auch meinen anderen Kocher in Potsdam wieder fit bekommen. Hoffentlich habe ich auf zukünftigen Fahrten mit ihm mehr Glück. Aber da bin ich guter Dinger. Optimistisch für den weiteren Tourverlauf war ich auch auf der Passhöhe vom Arlberg. Der Berg hatte hinter St. Anton ziemlich brutale Steigungen und wurde erst später etwas flacher. Auf der Abfahrt sah ich dann ein paar Fernradler beim Schieben, was mich bei den Steigungen nicht wunderte. Dazu noch einiges an Autoverkehr, das ist bestimmt nicht toll. Nach der sehr langen Abfahrt und der Pause in Bludenz ging es weiter noch Liechtenstein. In Vaduz besorgte ich mir die nun angesagten Schweizer Franken. Ich kam dann noch bis zum Zeltplatz von Chur, der sehr lebendig war. Schlafen konnte ich trotzdem gut. Tag 10, Chur – Andermatt, 105 km Ab jetzt ging es im Prinzip Schlag auf Schlag. Mit dem Oberalppass sollte heute der erste 2000er fallen. Allerdings war es noch ein ganz schönes Stückchen bis dahin. Zunächst ging es über einen kleinen Pass nach Versam. Landschaftlich war es hier wirklich wunderschön. Nach einer längeren Abfahrt begann hier ein harter Leidensweg. Der Radweg ab Ilanz war doch eher was für Mountainbikefahrer. Erst viel zu spät wechselte ich auf die Landstraße, nach dem ein Schild auf den erschwerten Weg für Velos hinwies. Bei relativ gutem Wetter gab es noch ein ganz anderes Problem. Wegen dem Feiertag Frohenleichnam hatten viele Geschäfte zu und es gab nur wenig zu kaufen. Einen Bäcker fand ich dann doch noch und so ging ich gestärkt zur Passauffahrt. Von Osten zieht sich die Auffahrt auf über 20 km. Richtig steil wird es hier nicht, so dass man doch relativ „entspannt“ hochfahren kann. Trotzdem war ich am Ende des Tages nach über 2000 Höhenmetern erstmal fertig. Am Pass oben war das Wetter nicht mehr wirklich schön. Es hieß also schnell die Fotos machen und dann runter vom Berg. In Andermatt wollte ich eigentlich auch Zelten. Allerdings war der Zeltplatz nicht wirklich toll. Ein bisschen Flatterband an der Straße mach noch keinen schönen Platz zum rasten. Ich beschloss dann, mir eine Unterkunft zu suchen. Mit 38 SFr kam ich gut bei weg schlief das letzte Mal bei dieser Reise in einem Bett. Vorher aber futterte ich, was meine Taschen noch hergaben.
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#838356 - 20.06.12 22:10
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag 11, Andermatt – Bramois, 138 km Am Vorabend hatte mir meine Gastgeberin noch einen Schrecken eingejagt. Der Furkapass sei zu dieser Zeit noch gar nicht offen, meinte sie. Internetrecherchen ergaben aber, dass der Pass seit 2 Tagen offen war. Glück gehabt! Und so ging es im strömenden Regen wieder auf die Reise. Ab Realp mussten etwa 900 Hm auf 13 km überwunden werden. Das klappte auch wieder sehr gut. Mit schönen Serpentinen war es auch die bisher schönste Auffahrt. Die Beine fühlten sich gut an und so konnte ich die Landschaft genießen. Schon relativ früh konnte ich Passhöhe erspähen, doch war die noch Kilometerweit entfernt. Wie zu erwarten war, lag noch reichlich Schnee und mit 7 Grad mir für diese Jahreszeit eindeutig zu kalt. So machte ich mich zügig auf den Weg zur Abfahrt. Jetzt peitschte der Regen noch mal richtig auf mich ein. Es war wirklich super unangenehm. Unten jedoch war es schon wieder war und die Sonne kam heraus. Ich gab ordentlich Gas und erreichte am frühen Nachmittag Brig. Bis hierhin war ich über die nicht allzu stark befahrene Landstraße gerauscht. Weiter Richtung Sion fuhr ich dann wieder über den gut ausgeschilderten Radweg. Auf dem Zeltplatz bei Bramois wurde dann zum ersten Mal auf meiner Reise französisch Gesprochen. Aber der Besitzer konnte auch Englisch und lud mich erst mal zu einem leckeren Minztee ein. Da kamen Erinnerungen an Marokko auf. Am Abend beim Fußball, die EM hatte ja heute angefangen, machte er mir sogar noch einen Tee mit frischen Minzblättern. Dafür war er extra noch zu seinem Garten gefahren. Hier fühlte ich mich wieder pudelwohl. Tag 12, Bramois - Domancy, 125 km Nach doch reichlich Regen am Vortag, stand nun wieder sommerliches Wetter auf dem Programm. Ich verabschiedete mich noch beim Zeltplatzbesitzer und machte mich dann wieder auf den Weg. In Sion hatte ich dann noch eine Begegnung mit einem Rennradfahrer. Ich richtiges Gespräch gab es nun nicht mehr, er konnte nur ein paar Brocken deutsch und ich kein französisch. Er wollte mir unbedingt den Weg durch Sion zeigen. So radelten wir ein paar Kilometer gemeinsam. Den Radweg nach Martigny konnte er nicht mitfahren, da er nicht asphaltiert war. Für mich lies er sich trotzdem entspannt radeln. Dann stand mit dem Col de la Forclaz ein Berg auf dem Programm, über den ich nichts wusste. Über die meisten großen Pässe hatte ich mich ja vorher bei Quaeldich.de belesen. Hier war nur schnell klar, dass weitere 1000 Hm zu überwinden waren. In meinen Augen war es deutlich härte als noch am Furkapass. Hier gab es keine flachen Abschnitte. So machte ich dann auch 2 oder 3 kleinere Trinkpausen, da es hier auch wenig Schatten gab. Oben angekommen kam ein Rennradfahrer vorbei, guckte auf mein Rad und rief „Chapeau!“ Das tat richtig gut. Nach einer kürzen Abfahrt ging es nach Frankreich. Die Straßen wurde nun deutlich schlechter und was ich gar nicht wusste, es stand nun noch ein weiterer Anstieg auf dem Programm. So kam ich nach Chamonix doch etwas ausgehungert. Es ist mir also tatsächlich passiert. Ich schleppte mich zum Supermarkt und wenig später an einen kleinen See. Dort genoss ich bei der Kulisse des Mont Blanc mein üppiges Mittagessen. Es dauerte dann noch ein bisschen auf der Straße, bis ich wieder richtig bei Kräften war. Und die brauchte ich auch. So führte mich mein Track über eine Schnellstraße, die ich nicht befahren konnte. So verfuhr ich mich zunächst und hatte trotz Navi so meine Probleme den richtigen Weg durch die Berge zu finden. Über Servos ging es dann zu einem Zeltplatz in Domancy. Der war sehr klein und außer mir war dort auch nur noch ein Wohnwagen. Für 3,50 Euro bekam ich alles was ich brauchte. Am Abend brachte mir der Besitzer sogar noch eine Information ans Zelt, die er aus dem Internet beschafft hatte.
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#838358 - 20.06.12 22:19
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag, 13, Domancy - Saint Remy de Maurienne, 88 km + ca. 12 km Die Information besagte, dass der Col du Galibier als Pass für Fahrräder noch gesperrt war. Nun war meine Route so nicht mehr fahrbar und außerdem war der Galibier das absolute Hauptziel von meiner Reise. Ich schaute auf die Karte und beschloss erstmal mich Richtung Col du Glandon aufzumachen. So änderte sich an meiner geplanten Strecke erstmal nicht viel nur würde es heute halt ein bisschen kürzer werden. Also quasi ein Ruhetag. Nach einem kleinen Pass direkt nach dem Start folge eine lange Abfahrt Richtung Albertville, wo ich noch mal fleißig Kalorien nachschob. Da es nun extrem flach war, kam ich sehr schnell in die Gegend, wo ich die Etappe beenden wollte. Doch statt wie geplant nach La Chambre zu fahren, lockte mich ein Mann zum Campingplatz Le Lac Bleu. So ja wirklich schick aus hier. Nur hatte die Sache einen Haken, ich hatte nun viel Zeit, es gab kein Internet oder Fernsehen und der Regen machte den ja wirklich schönen Ort an diesem Tag nicht so sehr lebenswert. Nach dem ich mein Zelt aufgebaut hatte, startete ich noch einen kleinen Ausflug nach La Chambre. Viel war dort jedoch auch nicht los und so kochte ich mir auf meinem Zeltplatz mein Süppchen, trank reichlich Tee und aß reichlich Kekse. Da es irgendwann am Abend nach 19 Uhr war, konnte ich mir noch eine Pizza bestellen. Zudem lernte ich noch einen Australischen Radler kennen, der hier in den Alpen und später noch in den Pyrenäen so ziemlich jeden bekannten Pass abfuhr. Verrückte Leute gibt es. Das Gespräch war der einzige Lichtblick an diesem verregneten Tag. Was auch nicht unerwähnt bleiben sollte, die Sanitären Einrichtungen hier waren in einem desaströsen Zustand. Es sah aus wie in einer Rumpelkammer. Als ich dann im Dauerregen in mein Zelt kroch, passierte mir noch ein schrecklicher Fehler. Ich musste noch mein Tagebuch aus einer Tasche holen und es im Zelt schreiben. Die Tasche vergas ich aber wieder zuzumachen und so waren einige Sachen am nächsten Tag nicht mehr zu gebrauchen. Tag 14, Saint Remy de Maurienne - Bourg d'Oisans, 105 km Auch am morgen plätscherte es noch etwas auf das Zelt. Trotzdem raffte ich mich wieder auf, in der Hoffnung, dass alles besser wird. Und das sollte es auch. Ich verabschiedete mich vom Australier und machte mir beim Supermarkt die Taschen voll. Unter anderem gab es leckeren französischen Minztee her. Es war der gleiche, den ich auf dem Zeltplatz bei Bramois getrunken habe und freute mich daher schon auf den Abend. Allerdings gab es davor noch ein bisschen Arbeit. Mit dem Col du Glandon stand nun der bisher längste und steilste Anstieg auf dem Programm. Gleich untern konnte ich mich meiner Regenklamotten entledigen, denn jetzt kam die Sonne heraus und es wurde wieder wärmer. Bei etwa der Hälfte gönnte ich mir eine Essens- und Trinkpause. Die restlichen über 700 Hm gab es dann in einem Ritt. Dabei sind gerade die letzten 3 bis 4 km zu unfassbar steil, dass ich schon überrascht war, dass ich das ohne Pause durchgehalten habe. Ein Rennradfahrer vor mir musste ab und an mal ein Stück schieben. Oben auf dem Glandon lerne ich ein paar andere Deutsche Rennradler kennen, von den ich erfahre, dass man doch schon nach oben zum Galibier fahren kann, wenn auch nur vom Lautaret aus. Das waren für mich höchst erfreuliche Nachrichten. Nun ging es schnell noch Col de la Croix de Fer, der durch einen flachen 2,5 km langen Anstieg vom Glandon zu erreichen war. Eine zwei vorne bei den Passfoto sieht einfach mal besser aus als eine eins. Insgesamt fühlte ich mich gut und der Tag war ja noch lang und so liebäugelte ich damit, heute noch ein weiteres Highlight anzugehen. Allerdings war der Weg noch recht weit und die Abfahrt vom Glandon war mit saftigen Gegenanstiegen gespickt. Trotzdem gab ich gut Gas, machte nur eine kurze Pause und verlegte die Nahrungsaufnahme nun in die Fahrt. Das habe ich auch nur dieses eine Mal auf der gesamten Rundfahrt gemacht. Aber diese vielen Rennfahrer hier, die schönen Berge und die Landschaft – es kam Tour de France – Stimmung bei mir auf. So erreichte ich Bourg d'Oisans am Nachmittag bei bestem Wetter. Im Supermarkt holte ich mir noch eine Orangina und dann ging es auch schon los: ab nach Alpe d'Huez. Sofort wurde es ordentlich steil. Aber nach etwas Gewöhnung fand ich meinen Rhythmus und konnte es genießen. Letztlich gibt es hier so viel zu sehen, dass einem gar nicht erst langweilig werden kann. Ein Lieferwagen bot mir an, mich nach oben mitzunehmen. Aber bitte, ich fahre doch nicht durch halb Europa, um dann mit dem Auto nach Alpe d'Huez zu fahren. Nach mehr als der Hälfte der Strecke hatte ich auf einmal 2 andere Tourenradler im Blick. Sie waren etwas langsamer unterwegs und so konnte ich irgendwann aufschließen. Es waren Chelsey und Erik aus den USA, die einen Monat in Europa unterwegs sind. Nun war meine Spaßlevel auf dem Höhepunkt angekommen nach ein paar Kilometern brauchten sie eine Pause, ich führ aber weiter, weil ich komplett durchfahren wollte, was dann auch gelang. Nach 2 Stunden erreichte ich das Ortseingangsschild, wenn auch auf dem „falschen“ Weg. Wir waren an einer Kreuzung falsch abgebogen und kamen von hinten in den Ort. Ich schaute mich noch kurz in der Geisterstadt, und fuhr dann zurück zum Ortschild, wo die beiden schon fleißig am Fotos schießen waren. Während sie oben blieben fuhr ich zurück nach Bourg d'Oisans, quartierte mich auf dem Zeltplatz ein und genoss im Restaurant bei einer leckeren Lasagne das Ende des schönsten Tages der Tour. Es war der Höhepunkt und besser konnte es nicht mehr werden.
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#838359 - 20.06.12 22:25
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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WOW! Tolle Reise - mein Traum: die Welt liegt vor der Haustür. Danke für deinen guten Bericht und für die wunderschönen Bilder.
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#838361 - 20.06.12 22:27
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag 15, Bourg d'Oisans - Bourg d'Oisans, 95 km In der Nach grübelte ich, während der Regen auf mein Zelt prasselte, wie ich diesen Tag am besten angehen sollte. Ich entschied mich dazu, meine Sachen im Zelt zu lassen und nur mit dem Nötigsten hoch zum Galibier zu fahren. Ein Blick am morgen hoch zu den Bergen verriet, dass es geschneit hatte. Hoffentlich gibt es keine Sperrungen, denke ich mir und mache mich im strömenden Regen auf dem Weg. Aber schon nach wenigen km kam wieder die Sonne raus. Trotzdem behielt ich die Regensachen dieses Mal an, denn wirklich war sollte es heute nicht werden. Bis zum Col du Lautaret vergingen Stunden. Wirklich steil wird es hier nie. Rückenwind hatte ich auch, lediglich ein langer komplett unbeleuchteter und sehr enger Tunnel stellte das größte Hindernis da. Ich und auch andere Radfahrer waren froh, dort wieder heraus zu kommen. Umso bitterer war, dass ich hier noch einmal durchfahren musste. Ab dem Lautaret konnte ich mir bei teils eisigem Wind die bemalten Straßen anschauen. Das gab es zwar auch schon nach Alpe d'Huez. Nur dieses Mal war der Bezug zur Tour de France höher und ich konnte mehr damit anfangen. Landschaftlich war es einmal mehr ein Genuss hochzufahren und zum Glück waren die Straßen frei. Oben musste ich dann etwas warten, bis ich meine Fotos bekam. Inzwischen hatte Schneetreiben eingesetzt. Auf der Abfahrt peitschten dann die Eiskristalle ins Gesicht. Mehr kann man im Juni einfach nicht erwarten. Die Rückfahrt nach Bourg d'Oisans verlief ohne Probleme. Nur war das Wetter dort genauso wie am morgen – es regnete. Vor dem Zelt wurde es langsam schlammig. Bei Büchsenravioli und Tee genoss ich den erfolgreichen Tag und die Radsportatmosphäre auf dem Zeltplatz. Tag 16, Bourg d'Oisans - Le Bourget-du-Lac, 139 km Nach einer recht kühlen und trockenen Nacht, musste es am morgen wieder regnen. Das schien auf dem Zeltplatz in Bourg d'Oisans einfach im Preis mit drin zu sein. Die großen Berge lagen nun hinter mir. Nach Grenoble gab es eine lange Abfahrt und so kam ich trotz einer recht späten Abfahrtszeit wieder zügig voran. Ach dann bleibt es noch lange relativ flach. Mit dem Col du Granier hatte ich am späten Nachmittag dann aber noch einen Berg auf der Strecken, von dem ich nun gar nix wusste, außer dass er 9 km lang war. Dass es am Ende über 800 Höhenmeter wurden, hatte mich vollkommen überrascht. Von seiner Giftigkeit konnte er sehr gut mit dem Glandon mithalten. Und so wurde es wieder ein harter Kampf. Da man fast nur durch den Wald fährt und wenig zu sehen bekommt, ist es auch für den Kopf nicht ganz so leicht hier. Irgendwann konnte ich sogar meinen Atem sehen, es wurde gefühlt auf einmal recht frisch. Heilfroh war ich, als ich dann endlich oben war. Da der Berg noch mal gut Zeit gekostet hatte, kam ich recht spät auf dem Zeltplatz. Die Sonne war schon hinter dem Berg verschwunden und es wurde recht kühl. Vorne im Restaurant schauten sich viele Gäste Deutschland gegen Holland an. Die Zeit hatte ich nicht. Es hieß wieder Essen und Tee kochen und auf den nächsten Tag vorbereiten.
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#838363 - 20.06.12 22:37
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Tag 17, Le Bourget-du-Lac – Gex, 115 km Die gefühlt kälteste Nacht lag hinter mir. Dadurch schlief ich schlecht und kam am Morgen nicht so recht aus dem Pott. Trotzdem musste es ja weiter gehen. Dann und wann hatte ich jetzt schon den einen oder anderen mentalen Hänger, jetzt wo die Highlights alle schon hinter mir lagen. Eigentlich hatte ich gehofft nun entspannt um den See zu radeln. Dem war aber nicht so. Auf der westlichen Seite wurde es wieder bergig. Die Beine fühlten sich gut an. So dass ich den Anstieg recht zügig angehe. Irgendwann überhole ich sogar einen älteren Rennradfahrer. Reichlich Adrenalin schießt nun durch meinen Körper. Natürlich habe ich keinen Plan, wie lange es hier bergauf geht. Ich halte zwar durch, da ich hier auch den Pass nicht bis oben fahren muss, aber trotzdem schleppe ich mich in der Folge über die Straße. Völlig sinnlos war das, denke ich mir. Spaß gemacht hat es trotzdem. In der folge blieb das Profil extrem wellig. Immerhin bin ich heute meist auf verkehrsarmen Straßen unterwegs. Am Nachmittag in einem kleinen Laden in Chancy wundere ich mich über die teuren Preise und an der Kasse wurden Schweizer Franken verlangt. Manchmal ist es schon verrückt, da merkt man gar nicht mehr, dass man in ein anderes Land fährt. Meinen Tageseinkauf erledige ich aber dann wieder in Frankreich. Da hat man einfach mehr vom Geld. Für den Zeltplatz in Gex verlasse ich meinen GPS-Track um 10 km. In der Abendsonne kann ich endlich mal mein Zelt trocknen. Ich trinke wieder reichlich Tee. Es war der erste trockene Tag seit langem. Und die Sonne schien auch reichlich. Tag 18, Gex - Colombier, 127 km Die Zeit des Frierens ist nun endgültig vorbei. Stattdessen ist Sonnencreme angesagt. Es wurde nun schon sehr heiß. Und ja, ich liebe so ein Wetter. Trotzdem war es noch mal schwer sich für diesen Tag aufzuraffen. Nach einer schönen Abfahrt blieb es meist recht wellig. Einmal mehr war es sehr schön über die tollen Radwege der Schweiz zu radeln. Die Ausschilderung ist schon top. Das es jetzt auf diesem Streckenabschnitt nicht mehr die ganz großen Highlights gab, lag wohl daran, dass man durch die Alpen sehr verwöhnt war. Diese tauchten immerhin den ganzen Tag im Hintergrund auf. Das Beste an diesem Tag waren aber Felder mit Zuckererbsen, über die ich hergefallen bin. Ich machte mir die Lenkertasche voll und konnte so auch noch am Abend schlemmen. Vergessen waren die Probleme mit dem Fahrrad, denn die Schaltung mochte die Kette vorne nicht mehr auf das große Kettenblatt legen. OK, da es dem Ende zuging, war es nicht so tragisch, auch wenn man bei leichten Abfahrten jetzt nur noch Rollen lassen konnte. Tag 19, Colombier – Basel SBB, 141 km Am letzten Tag stand noch mal eine richtige Hitzeschlacht auf dem Programm. Voll motiviert stand ich pünktlich um 8 Uhr bei der Campingplatzrezeption auf der Matte, um für 22 SFr meinen Personalausweis freizukaufen, den ich am Vortag als Tausch für eine Chipkarte, mit der ich hier die Sanitären Anlagen benutzen konnte, abgeben musste. Damit hatte ich immerhin auf diesem Gebiet noch mal einen neuen Höchstwert erreicht. Als hätte das Velo nicht schon genug Macken, sollte heute noch den ganzen Tag das linke Pedal knacken. Wenn schon, denn schon. Mit dem Col de la Vue des Alpes stand am Anfang noch ein richtiges Klotz auf dem Programm. Nie so ganz steil aber bei dem Wetter allemal fordernd saugte er mir schon die Kräfte aus dem Körper. Danach ging es über wunderschöne Radwege weiter Richtung Nordost. Die Landschaft ähnelte jetzt sehr dem, was ich in Oberösterreich gesehen habe. Quasi ritt ich oben am Bergkamm entlang, was noch mal reichlich Höhenmeter einbrachte. Ob ich Basel heute wirklich noch erreichen kann? Ich hatte da lange meine Zweifel. Zudem dauerte es 80 km, bis ich einen geöffneten Supermarkt auf dem Weg fand. Ich deckte mich noch mal mit reichlich vorwiegend Zuckerhaltigen Lebensmitteln ein. Dazu gab es noch 2 Tessinerbrote, welche ich sehr tief in mein Herz geschlossen habe. Der zweite Teil des Tages war insgesamt noch mal sehr, sehr schön – flache Strecken und tolle Radwege. Selbst auf den großen Straßen gab es oft noch Radwegemarkierungen. Mit viel Rückenwindunterstützung erreichte ich gegen 18.30 Uhr Basel Badischer Bahnhof. Ich hatte keine Probleme noch für die CNL nach Berlin zu buchen. Wegen Bauarbeiten musste ich aber zum Basel SBB. Die Rückfahrt im Zug erfolgte ohne Probleme, nur in Berlin gab es die alte Leier - „Zug nach Potsdam fällt aus“. So gab es noch eine kleine Ehrenrunde durch den Grunewald. Gegrüßt hat nun keiner mehr der unzähligen Rennradler.
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#838366 - 20.06.12 23:04
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Schöner Bericht und tolle Fotos! Schade um den vielen Regen. Hattest du 2 verschiedene Kameras dabei?
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#838378 - 21.06.12 06:08
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Auch von mir ein dickes Dankeschön und tausend Komplimente. Chapeau für diese tolle Tour. Ein großer Radfahrer muss halt nicht groß schrauben. Zum Beispiel an der Schaltung. Aus dem brandenburgischen Sand und mit dem vielen Gepäck einen gigantischen Pass nach dem anderen unter die Räder zu nehmen ... das klingt nach großem Kino. Ich würd mal sagen: Eine beneidenswert souveräne Vorstellung. Ich labe mich noch an den vielen guten Bildern und träume so vor mich hin ...
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#838410 - 21.06.12 08:40
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Klasse Bericht, tolle Fotos und noch tollere Reise. Absolut klasse und Hut ab, vor Deiner Leistung.
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#838418 - 21.06.12 09:22
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Toller Bericht und echt respektable Leistung
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#838425 - 21.06.12 09:56
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: AlexP]
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Schade um den vielen Regen. Hattest du 2 verschiedene Kameras dabei? Das mit dem Regen war schon OK. Das gehört bei den Alpen einfach dazu. Deswegen ist ja dort alles so schön grün. In der Tat hatte ich 2 Kameras dabei. Die gute Spiegelreflex habe ich nur ab und an herausgeholt. Während der Fahrt mit der kleinen Kamera ein paar Fotos zu machen spart Zeit. Außerdem würde es mir nicht gut tun, am Berg viele Fotopausen zu machen. Es dauert dann immer ne Zeit, bis man wieder im Tritt ist.
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#838598 - 22.06.12 05:52
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Das mit dem Regen war schon OK. Das gehört bei den Alpen einfach dazu. So spricht ein wahrer Meister und erhält dafür meine neidlose Bewunderung.
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#838710 - 22.06.12 14:05
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Moderator
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...........und dazu noch gespickt mit Bergen ohne Ende ......bei dem Titel von Potsdam nach Basel war ich doch sehr überrascht, in der ersten Zeile zu lesen, wohin es dich wirklich treibt. Meine Achtung vor Deiner Leistung stieg sozusagen von Gipfel zu Gipfel
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° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° Reisen + | |
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#839382 - 25.06.12 06:59
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Respekt auf der ganzen Linie; Eine lange und schwere Tour, gespickt mit Schlechtwetterabschnitten - mehr geht wohl nicht. Für mich immer wieder erstaunlich zu sehen, dass Leute selbst bei widrigsten Bedingungen nicht an Abbruch denken, na ja, vielleicht doch daran denken aber es nicht tun. Ich gehöre eher zur Fraktion der Schönwetterfahrer . Und was ich noch fragen wollte: Du hattest also die Rückfahrt noch nicht im Voraus gebucht? Was kostete die einfache Fahrt Basel - Berlin mit Fahrrad? Du scheinst ohne Fahrradhose gefahren zu sein - warum? Ansonsten wünsche ich dir bei deiner nächsten Tour ein oder zwei mehr regenfreie Tage.
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#839459 - 25.06.12 12:11
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Reiseleiter1]
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Abbruch? Nein, solche Gedanken hatte ich nicht. Und Regen tut ja nun wirklich nicht weh. An diesem Punkt ist es für mich eine Frage der Ausrüstung. Mit guten Klamotten passt alles. Eine Radhose habe ich sehr wohl getragen. Allerdings ziehe ich ne normale Sommerhose immer noch drüber. Und die Bahnfahrt ist für mich als Bahncard 100 - Besitzer kein Problem. Ich habe nur noch 10 Euro Zuschlag für den Ruhesessel zahlen müssen. Allerdings sollte ich wohl nicht mehr mit einer Kette auf eine solche Reise gehen, die schon 11.000 km auf dem Buckel hat
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#839659 - 25.06.12 21:00
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Mein lieber Scholli. Sportlich beeindruckend, in Folge derartige Tageskilometer ohne Unterbrechung, mit den Steigungen und dem Gepäck, alle Achtung...
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#842029 - 04.07.12 17:33
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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eine schöne, ambitionierte Tour! Wetten, dass Du den Arlbergpass, hätte er später auf der Tour gelegen, einfach gefunden hättest? Bist du außerdem zufällig Katzenfan? Da sind Dir nämlich wirklich ein paar hübsche Aufnahmen von den Viechern gelungen.
Gruß Nat
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#842097 - 04.07.12 20:33
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: Radschabe]
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Unterwegs in Deutschland
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Chapeau zu Deiner Leistung, und Danke für den tollen Bericht und Fotos. Ich beneide Dich, weil ich solche Reisen aufgrund meines Handycaps nicht mehr machen kann, und mehr im Flachland unterwegs bin.
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LG Jochen Du kannst deinem Leben nicht mehr Tage hinzufügen, also füge Deinen Tagen mehr Leben hinzu.
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#842839 - 06.07.12 23:18
Re: Von Potsdam nach Basel
[Re: joey_66]
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Unterwegs in Mexiko
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Ich kann noch gar nichts schreiben - mir fehlen immer noch die Worte... allein wenn ich die KM Zahlen betrachte, fasse ich es kaum. Wow. Mehr dazu später... wenn ich wieder klar komme
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Bike4Peace wie immer. Neues Ziel Patagonien, aktuell in Mexico. | |
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