Ich antworte mal Dir, aber eigentlich allen, die das Thema Gewicht / Gepäck beleuchtet haben. Das Beispiel mit der Rennradlerin, die zwei Berge zurückgehangen hat, habe ich nur gebracht, weil damals völlig offensichtlich war, dass das ein Effekt ihres Mehrgepäcks war, sie war eigentlich fitter als die anderen, und hätte mit weniger Gepäck mitgehalten. Klar war ich unsozial, aber sie hatte eine große Klappe, und wir wollten ihr eines auswischen, und es war auch irgendwie Fun. Irgendwann haben wir ja wieder auf sie gewartet, wir wollten sie ja nicht verlieren. Wenn man jung ist, dann macht man solche Spielchen. (außerdem fahr ich ja inzwischen nicht umsonst allein, da muß ich nur auf mich selbst warten). Ich hab das Bsp. nur angebracht, weil ich das beunruhigende Gefühl hatte, dass hier einige die Physik völlig negieren. Das ist zum Glück nicht so, und ja Eure Formeln stimmen, und der Einfluss des Gewichtes ist erst mal "nur" linear, da gebe ich Euch recht. "Nur" in Anführungszeichen, weil linear schon 'ne ganze Menge ist. Es gibt da aber auch second order effects wie beschleunigte Massen, aber da werde ich jetzt selbst unsicher, wenn wir in solche Tiefen oder Höhen gehen wollen, müßte ich mich erst mal belesen oder rechnen. Ich sehe auch, Ihr habt das schon 100mal durchgekaut und es gibt da wirklich wenig Sachen, die ich da noch beleuchten könnte. Aber vielleicht zwei. In Psychologie will ich mich nicht reinvertiefen, ich bin leistungsorientiert, der "flow" bei meinen Radreisen ist etwas, was nicht im Fokus steht, sondern ich will Kilometer fressen. Und es mag sein, dass einen die Psyche trotz Gepäck den Berg hochtreibt, aber dann sicherlich nicht den ganzen Tag lang, irgendwann mittelt sich das wieder, am Ende geht es um die (Gesamt)Arbeit, die die Muskeln leisten müssen. Ich bin da eher der Anhänger der Physiologie, nicht so sehr der Psychologie. Die Logik einiger Teilnehmer an dieser Diskussion ist ja erst mal raffiniert, sie schreiben, ich bin eh nicht mehr der Schlankeste, da macht es auch nichts aus, wenn ich etwas mehr Gepäck mitnehme. Da würde ich vielleicht doch milde widersprechen. Es ist Euch ja sicherlich auch nicht entgangen, dass die Bergspezialisten im Rennradsport immer ziemlich abgehungert sind. Wenn man etwas mehr auf den Rippen hat, ist man definitiv nicht der Fitteste, das -glaube ich- kann man schon sagen. Ich würde daher Eure Argumentation grad umkehren. Grad, wenn man etwas mehr Körpergewicht mit sich herumschleppt als zum Radfahren unbedingt nötig, also wenn Körperfettanteil zu hoch, hat man ja schon genug damit zu tun, sich selbst über die Berge zu bringen, grad dann wäre es ja eigentlich sinnvoll, zusätzliches Gewicht zu sparen. Also so oder so. Wäre ich dagegen der ultra-dünne Bergspezialist, dann macht Gewicht prozentual wieder mehr aus, habt Ihr ja völlig korrekt ausgeführt.
Die eigentliche Frage ist doch: Werd' ich im Sommer und unterhalb 500 Höhenmeter über dem Meeresspiegel erfrieren, wenn ich mal 'ne Nacht draußen verbringen muss, wenn ich meinen sehr dünnen Fleecepullover den ich mir ja noch leiste, und die dünne RadJacke und Ärmlinge und Beinlinge anziehe? Klar, Spaß macht das dann nicht, aber es hat ja auch nur 'ne Wahrscheinlichkeit von 1 oder höchstens 5%, dass ich mal wirklich nichts finden werde, und wegen 1% Wahrscheinlichkeit sich mit Schlafsack und Plane beschweren? Der Hinweis auf die Psyche ist daher nicht völlig unangebracht, vor allem in Zusammenhang mit Übernachtung nicht, denn wenn ich wüßte, ich roll' mich auf 'ner Parkbank zusammen, schlottere ein bißchen und um 4Uhr geht ja die Sonne wieder auf und ich kann weiterrollen, dann nimmt das vielleicht den zunehmenden Stress, wenn man 20 Uhr noch nichts gefunden hat. Zu dieser Gelassenheit muss ich vielleicht finden.
Ich muss auch zugeben, das kann zur Sucht werden. Das Glücksgefühl ist enorm, wenn man auf den letzten Drücker doch noch ein Hotel gefunden hat, und das immer Wieder-Hoch-Pockern hat vielleicht auch was mit Glücksspielermentalität zu tun...
Ich hab da übrigens mal ein tolles Buch aus der Anfängerzeit des Radfahrens gelesen, wo ein Deutscher durch Amerika geradelt ist. Für den war absolut klar, er muss nur ins nächste Kaff kommen, und, egal wie klein das ist, man nimmt ihn dort irgendwie auf und er kriegt was zu essen und mindestens nen Strohsack zum Schlafen. Er geht ins Pub (oder die Bar, weil es Amerika war), spricht den Wirt an und ihm wird geholfen. Und wenn keine Bar spricht er den erst besten an. In diese Zeiten müsste man zurück, aber mit den Straßen und der Fahrradtechnik von heute...

Christoph